Wie gehe ich mit aversiven Methoden in der Hundeschule um?

  • Hi zusammen,

    vor ein paar Wochen hatte ich hier einen Beitrag zum Thema Leinenführigkeit und dem Einsatz aversiver Methoden geschrieben. Vielleicht erinnert sich der eine oder andere noch daran. Seitdem hat mich das Ganze nicht so richtig losgelassen, und ich möchte ein kleines Update geben.

    Ich habe im Nachgang noch einmal ausführlich mit unserer Physiotherapeutin gesprochen, und sie hat den Leinenruck als sehr problematisch eingeschätzt. Zum einen wegen der direkten Belastung auf die Luftröhre, zum anderen aber auch, weil durch den plötzlichen Ruck Wirbel blockieren oder Verspannungen entstehen können, die im schlimmsten Fall sogar in einem Bandscheibenvorfall enden. Das hat mich natürlich in meinen Bedenken bestärkt.

    Nur einen Tag später kam dann in der Ankündigungsgruppe der Trainerin die Nachricht, dass die Stunden der nächsten zwei Tage ausfallen, weil sie mit ihrem eigenen Rüden in eine Spezialklinik muss: Verdacht auf Bandscheibenvorfall. Genau mit diesem Hund hatte sie mir den Leinenruck vorgeführt und auch eine weitere Übung, bei der der Hund seitlich am Halsband gezogen wurde.

    Die Nachricht hat mich ehrlich gesagt richtig getroffen. So ein Stich ins Herz. Ich bin danach erst einmal zu unserem Bretonen gegangen und habe mich für das Training entschuldigt. Das habe ich vorher schon getan, aber das Gefühl, ihm Unrecht getan zu haben, sitzt tief.

    In diesem Zusammenhang ist mir auch wieder bewusst geworden, dass sie ihren Hund im Training getreten hat. Nicht hart mit der Fußspitze, sondern eher von unten mit dem Mittelfuß, aber die Reaktion des Hundes sprach Bände. Es wirkte nicht so, als wäre das ein einmaliger Ausrutscher gewesen.

    Zusätzlich wurden sowohl ihr als auch unser Hund wurden ins Sitz gedrückt. Als sich unser Hund dagegen gewehrt hat, wurde mir eine bestimmte Stelle gezeigt, auf die ich drücken sollte. Und tatsächlich ist er daraufhin regelrecht in sich zusammengeklappt wie ein Campingstuhl. Da habe ich direkt gesagt, dass ich das nicht machen möchte, und das wurde dann auch akzeptiert.

    Und obwohl wir inzwischen keine weiteren Einzelstunden mehr bei ihr planen, geht mir das Thema einfach nicht aus dem Kopf. Immer wieder kommen Erinnerungen hoch, auch an andere Hundeschulen, in denen wir zuvor waren. Das Werfen der Leine auf Hunde war im Junghundekurs fast schon Standard, besonders im Hundekontakt. Da wurden teilweise schwere Leinen mit Sicherheitskarabinern geworfen. Man war stolz darauf, "konsequent durchzugreifen", "Lieber einmal richtig korrigieren als wochenlang halbherzig, wir sind ja keine Positiv Petras" Dass die Leinen Woche für Woche erneut flogen, hat niemanden gestört. Unser Bretone war davon nie betroffen, weil er eher ein zurückhaltender Typ ist und genau deshalb habe ich mir damals wohl auch keine Gedanken gemacht.

    Ich bin aktuell total aufgewühlt und würde mich freuen, wenn jemand das für mich ein wenig einordnen kann. Das waren völlig normale Hundeschulen, in die Menschen mit Familienhunden gehen. Sind diese Methoden heute noch üblich? Wäre es angemessen, solche Methoden beim Vet-Amt zu melden? Ist das überhaupt zielführend?

  • Ich würde mich da tatsächlich - am besten mit recht genauer Beschreibung wann (Datum) genau welches Verhalten gegenüber den Hunden angewendet worden ist - ans VetAmt wenden, dass die das mal prüfen mögen. Zeugen aus dem Kurs können deine Aussage untermauern, vielleicht kannst du dir jemanden zur Unterstützung suchen?

    Viel mehr kannst du vermutlich nicht tun, das beste, was du für dich und deinen Hund machen kannst, hast du ja schon unternommen: du gehst da nicht mehr hin.

    Evtl. hat sie ja bei Social Media Kanälen was gepostet, das darauf hin deutet, wie sie so trainiert, ggf. ist da Material dabei, was man dem VetAmt direkt mitliefern kann.

    Ich kann sehr gut verstehen, dass dich jetzt dein schlechtes Gewissen quält. Mir geht es auch so, dass ich mich in Gedanken immer mal wieder bei meiner nun seit fast 15 Jahre toten Hündin dafür entschuldige, was sie mit mir erdulden musste, weil ich dumm und unerfahren und leichtgläubig oder ungeduldig war. War jetzt kein systematisches Sclechtbehandeln, mir war früher einfach nur nicht so viel klar wie heute und heute würde ich ganz viele Dinge anders machen.
    Du warst da ja viel schneller als ich!

  • Ehrliche Meinung?

    Es gibt zig Methoden. Schon allein zum Thema Leinenführigkeit. Die Kunst ist Methoden zu hinterfragen und zu entscheiden, ob diese Methoden der Weg sind, den man selbst gehen möchte. Wie sinnvoll dies für sich und den eigenen Hund sind. Du hast für dich deine Antwort gefunden. DEIN Weg ist es nicht.

    Im Nachgang aber nun zu spekulieren, ob der Hund auf Grund des Trainings krank ist ohne alle Infos zu haben finde ich übergriffig.

    Klar kannst du das melden. Hast du Beweise? Wenn nicht, im Zweifel für den Angeklagten. Solange keine Tierschutzwidrigen Methoden wie Strom, Stachler etc. die du auch noch beweisen kannst, würde ich die Sache gedanklich abhaken. Und ja für dich abharken, dass du einen Fehler gemacht hast. Nämlich blind zu vertrauen und ohne hinterfragen Methoden anzuwenden, die nicht in deinem Sinne waren.

  • Klar kannst du das melden. Hast du Beweise? Wenn nicht, im Zweifel für den Angeklagten. Solange keine Tierschutzwidrigen Methoden wie Strom, Stachler etc. die du auch noch beweisen kannst, würde ich die Sache gedanklich abhaken. Und ja für dich abharken, dass du einen Fehler gemacht hast. Nämlich blind zu vertrauen und ohne hinterfragen Methoden anzuwenden, die nicht in deinem Sinne waren.

    Finde ich ganz schön hart.

    Leinenruck, hängen lassen und Fußtritte - egal wie gut dosiert - sind einfach tierschutzwidrig. Sowas kann maximal Ausdruck von Überforderung sein, sollte aber nichts sein, was man Kunden beibringt. Unter solchen Methoden leidet ein Tier im Sinne des Tierschutzgesetzes.

    Und die TE hat ja nicht blind vertraut. Ja, sie hat erstmal mitgemacht - da stand aber auch jemand vor ihr, der das beruflich macht und dafür bezahlt wird. Außerdem noch andere Teilnehmer, die das auch alles mitmachen. Da neigt man erstmal dazu, Dinge zu tun, die einem hinterher hirnrissig vorkommen. Ja, schützt einen nicht davor, dass man Mist baut und man kann sich nicht gänzlich aus der Verantwortung ziehen. Und an anderen Stellen kriegt man wieder Vorwürfe, dass man nicht gemacht hat, was irgendeine Autorität einem gesagt hat.

  • Im Nachgang aber nun zu spekulieren, ob der Hund auf Grund des Trainings krank ist ohne alle Infos zu haben finde ich übergriffig.

    Ich möchte an dieser Stelle weder spekulieren noch konkret diese Trainerin irgendwo melden. Das war vielleicht missverständlich, aber danach habe ich auch nicht gefragt.

    Es sind eher allgemeine Gedanken, die mir seitdem im Kopf herumgehen und die ich für mich sortieren muss, um künftig einen klaren Plan zu haben, wie ich mit solchen Situationen umgehen möchte. Mir liegt es völlig fern, irgendwelche Diagnosen zu stellen oder nachträglich Ursachen zu konstruieren. Aber die zeitliche Nähe der beiden Ereignisse (das Gespräch mit unserer Physio und nur etwa zwölf Stunden später die Nachricht vom Bandscheibenvorfall ihres Hundes) hat mich einfach extrem aufgewühlt und viel in mir angestoßen.

  • Manchmal bin ich echt froh in meiner rosaroten Wattebäuschchenwerferwelt zu leben. Niemals nicht würde jemand in meiner Anwesenheit am Hinterteil meines Hundes rumdrücken oder gar die Leine auf ihn werfen. Gewalt - und das inkludiert auch Schreckreize, einschüchtern o. ä. - hat nichts im Training von Hunden verloren.

  • Falls du nochmal eine HuSchu oder einen Verein besuchen möchtest, schau dir, nach Absprache mit dem Veranstalter, das mal ohne Hund an.


    Dann kannst du dir überlegen, ob die Arbeit für deinen Hund und dich passt.

  • Verstößt jemand dagegen, kann man es beim Veterinäramt anzeigen.

    Im Tierschutzgesetz ist die Formulierung (§ 3 Absatz 5), dass es verboten ist "ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind"

    Da gibt es natürlich Interpretationsspielraum aber diese Hürde ist wohl weder bei Schreckreizen noch beim Runterdrücken zum Sitz noch bei der Fußaktion (so wie du sie beschrieben hast, schreibe ich bewusst nicht "treten") genommen.

    Der Leinenruck ist wahrscheinlich tierschutzrelevant - wenn da eine Kausalität zur Verletzung hergestellt wird.

    Ich kenne nur deine Beschreibungen - es kann natürlich sein, dass es in Realität deutlich heftiger war. Aber nach eben diesen Beschreibungen, sehe ich da eine Art des Trainings, die ich nicht wollen würde - aber wenig Grund für eine Anzeige.

  • Verstößt jemand dagegen, kann man es beim Veterinäramt anzeigen.

    Im Tierschutzgesetz ist die Formulierung (§ 3 Absatz 5), dass es verboten ist "ein Tier auszubilden oder zu trainieren, sofern damit erhebliche Schmerzen, Leiden oder Schäden für das Tier verbunden sind"

    Da gibt es natürlich Interpretationsspielraum aber diese Hürde ist wohl weder bei Schreckreizen noch beim Runterdrücken zum Sitz noch bei der Fußaktion (so wie du sie beschrieben hast, schreibe ich bewusst nicht "treten") genommen.

    Das sollte der Hund entscheiden, nicht der Mensch. Wenn für einen Hund durch die Berührung durch einen Fremden die Welt untergeht, dann ist das so. Und für diesen Hund wäre damit die Grenze zu erheblichem Leiden und womöglich auch Schäden überschritten.

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