Besuch einer Besserwisserin...

  • Danke Patrick für die Aufheiterung an diesem Morgen :D

    Und ich drücke dir die Daumen, dass deine Sorgen bald verflogen sind!!!

    Liebe Grüße, Katja

    P.S. Hast du gesehen? Brinchen ist wieder da!!!

  • Der Inspecteur meldete sich telefonisch im Krankenhaus an.

    Die Schriftstellerin war wohlauf, unter Bewachung und erholte sich zu-
    sehends.
    Ja, Fragen könne sie beantworten.

    Das Café am Rathaus lag auf dem Weg und le Jazz setzte sich an einen
    ruhigen, kleinen Ecktisch.
    Er bestellte sich heisse Schokolade und Erdbeerkuchen. Frisch!

    Dieser Fall machte ihn ganz wuschig.
    Am meisten beschäftigte es ihn, dass er nicht auf das Motiv kam.
    Warum hasste die B. diese Frau so sehr?

    So sass le Jazz da, beobachtet die Leute um ihn herum, die sich nett
    unterhielten, fröhlich waren und ihren Kaffe genossen und grübelte nach.

    Gerne hätte er noch eine Portion bestellt, aber wie immer hatte er sich
    am ersten Schluck der Schokolade die Zunge verbrannt und so beliess
    er es bei dieser einen Köstlichkeit.

    Er bezahlte und ging -noch immer in Gedanken versunken- hinaus.

    Er ahnte nicht, dass sich in den nächsten Sekunden sein ganze Leben
    ändern würde.

    Er trat vor die Türe und stolperte über etwas.

    'Putain de Merde!'... schimpfte er und sah sich um.

    Am Trottoir vor dem Café sass ein alter Mann auf einer Pappe.
    Er hatte einen Borsalino vor sich liegen und auf einer Decke einen
    jungen, grossen völlig abgemagerten Hund neben sich.
    Dieser schlief. Er sah aus wie tot.

    Le Jazz war wie vom Donner gerührt.

    'Edouard... bist Du das?' 'Edou?'

    Der Alte Mann sah auf, schien ihn aber nicht zu erkennen.
    Le Jazz beugte sich herab.
    Da blitze etwas in den Augen des Mannes, gefolgt von tiefer Resignation.
    Der Alte hob die rechte Hand und berührte le Jazz' Gesicht.

    'Jungchen, was machst denn Du hier? Mensch Gérard, Dich hätte ich
    hier niemals erwartet. Oh Mann, nach all den Jahren.'

    Es war in der Tat Edouard le Guen. Alias Sir Charles Witherspoon.
    Alias Friederich von Blumtritt. Bekannt und berüchtigt als Geldschrank-Ede.
    Jahrzehntelang wurde nach ihm gefahndet.
    Er kam via Strassbourg nach Deutschland und knackte die Tresore
    mehrerer Spielcassinos. Baden-Baden, Wiesbaden, Koblenz.

    Er war ein Phantom. Ein Genie. Keiner der Tresore wies jemals Spuren
    von Gewalteinwirkung auf. Nicht mal einen Kratzer. Er öffnete die Stahl-
    türen mit blossen Händen in kürzester Zeit, egal wie kompliziert der
    Mechanismus auch war.
    Alles was man fand, waren die Fingerabdrücke Edouard's, die er wie
    Visitenkarten hinterliess.

    Le Guen raubte Millionen.

    Dann kam es während eines Bruches in einer Frankfurter Bank zu einer
    tödlichen Schiesserei, deren Hintergründe niemals bekannt wurden. Un-
    erklärlich, da le Guen niemals Gewalt anwendete.

    Seine Komplizen blieben unbekannt.
    Alleine die Leiche von Marie Belleé blieb am Tatort zurück.
    Sie war le Guen's Verlobte und Gehilfin

    Man fand sie leblos, eine Kugel im Kopf, an die Tresortüre der Frank-
    furter Bank gelehnt. Der Tresor war leer. Es fehlten 7,5 Millionen Mark.

    Seither war le Guen wie vom Erdboden verschluckt.
    Immer wieder gab es Gerüchte, er wäre gesehen worden, aber niemals
    wurde er gefasst.
    Es hiess, er hätte sich nach Mittelamerika abgesetzt und würde dort die
    puppen tanzen lassen.
    Gerüchte...

    Und jetzt sass er da vor Inspecteur le Jazz, auf einer Pappe auf dem
    Boden und bettelte, einen halbtoten Hund neben sich.
    Le Jazz hatte mit ihm zu tun, als er noch ein ganz junger Polizeianwärter
    war und später noch als junger Polizist.

    Le Guen hatte ihn immer 'Jungchen' genannt, was ihn damals unendlich
    ärgerte.

    Der Inspecteur sah sich le Guen genau an.
    Alt. Sehr alt. Er trug einen Massanzug, der ihm jetzt viel zu gross war.
    Italienische Slipper, die sich le Jazz niemals leisten werden könnte, aller-
    dings abgelaufen und angestossen.
    Alles wies darauf hin, dass dieser alte Mann einmal grosse Zeiten erlebt
    hatte, jetzt aber am Ende doch gescheitert war.

    'Edou. Warum machst Du das?'

    'Betteln?'

    'Ja. Passt nicht zu Dir. Und wo ist all das Geld geblieben?'

    'Weg Jungchen. Alles weg. Stell Dir vor, ich alter Esel habe mich zum
    Schluss von einer schönen jungen Frau reinlegen lassen. Sie hat mich
    erkannt. Wie auch immer, sie wusste wer ich bin.
    Sie hat mich erpresst. Weisst Du, wo ich all die Jahre war? Cuba.
    Das war schon immer mein Paradies. Ich lebte dort wie ein Fürst, trotz
    aller politischen Umstände.
    Ich hatte mich arrangiert. War angesehen. Niemand kannte meine Ver-
    gangenheit.
    Dann kam Isabella.
    Sie hätte mich verraten. Und so schön Cuba ist, die Gefängnisse sind
    so-lala. -Er lachte-

    Ich konnte noch ein paar tausend Dollar abgreifen und bin dann weg.

    Seit einem Jahr bin ich jetzt hier und hab' ne kleine Wohnung in der
    Unterstadt. Ich bin sparsam, die Wirtin stundet mir immer wieder die
    Miete, dafür reaprier' ich ab und an mal was. Du weisst ja, ich hab'
    geschickte Hände.
    Hin und wieder mach ich mal ein Geschäftchen *lol* dann geht's wieder
    ein Weilchen.

    Doch jetzt... er deutete auf den Hund ...hab ich ihn hier am Hals. Da hab'
    ich gedacht, versuch's mal mit schnorren. Weisst Du Gérard, er ist krank
    und ich kann den Tierarzt nicht bezahlen.'

    'Wo hast Du ihn her? Was hat er?'

    'Er kann nicht richtig laufen. Frisst nicht. Er stammt aus Griechenland.
    Abfall. Eine Bekannte der Wirtin hat ihn aus dem Urlaub mitgebracht.
    Mitleid. Er ist erst vier Monate alt.
    Doch hier hat er sie nur gestört. Er hat Angst und ist nicht umgänglich.
    Er ist verwirrt und weiss nicht wo er ist. Er wurde immer nur herumge-
    stossen und versteht die Welt nicht mehr. Auch zu mir hat er kein Zu-
    trauen. Er ist ein Reisender und noch nirgends angekommen.

    Der Freund von der Bekannten wollte ihn erschlagen. Da hab ich ihn
    genommen.'

    'Merde! Warum immer ich'. schimpfte le Jazz.
    'Komm Edouard steh' auf. Die Rolle steht Dir nicht. Man bettelt nicht im
    Massanzug.'

    Le Jazz half dem Alten auf. Dann gingen sie zusammen ins Café zurück.
    Der Hund humpelte willenlos hinterher. Er trug einen Strick um den Hals
    an dem le Guen ein Stück Wäscheleine befestigt hatte.

    Der Inspecteur spendierte Kaffee und Kuchen satt.
    Dann gingen die drei langsam zu le Jazz' FIAT.
    Sie fuhren in die Armehöfe-Gasse zu le Guen's Wohnung. Unterwegs
    hielt le Jazz an der Bank. Dann rief er im Krankenhaus an.
    Er würde später am Abend kommen.

    In le Guen's Wohnung, begann dieser Kleidungsstücke in eine alte Luft-
    hansa-Tasche zu packen.

    'Was soll das?'

    'Nimmst Du mich nicht mit?'

    'Nein.'

    Warum?'

    'Wie alt bist Du, Edouard?'

    '86 Jahre, Jungchen. Sechsundachtzig.'

    'Hast Du damals Marie erschossen?'

    'Lieber wäre ich selbst gestorben. Kein Tag seither, an dem sie mir nicht
    gefehlt hat.'

    'Der Schütze...'

    '...ist tot.'

    'Gut. Damit ist die Sache für mich erledigt.'

    Le Jazz griff in seine Tasche und holte den Umschlag heraus, den er vor-
    hin aus der Bank mitgebracht hatte.

    'Saukerl! schimpfte le Guen. Ich nehm' nix von Dir. Willst Du mir meine
    letzte Ehre nehmen? Ich brauch kein Mitleid!'

    'Halt's Maul, Trou de Cul! Ich schenk' doch Dir nix. Vollidiot. Da den Hund.
    Den will ich dir abkaufen. Du bist ein alter Sack, wie lange denkst Du
    denn, dass Du Dich um ihn kümmern kannst? Und dann? Mitleid. Ich? Pah!'

    Le Guen sah ihn an. Er senkte den Blick.

    'Du hast ja recht Jungchen. Ok. Verkaufen tu ich ihn Dir. Die Miete wird ja
    wieder fällig... gibst Du mir 100...?'

    'Hundert? Du bist ja nicht bei Sinnen. Hast Du seine Augen gesehen?
    Pures Gold. Da!'

    Le Jazz drückte ihm den Umschlag in die Hand.

    'Nimm und halt's Maul.'

    Er ging zu dem Hund, der sich auf dem alten Sessel zusammengerollt
    hatte. Dieser wich so weit wie möglich zurück, hatte offensichtlich grosse
    Angst. Da nahm le Jazz ihn einfach auf den Arm und ging zur Türe.

    'Mach's gut Edouard.'

    'Du auch Gérard.'

    Die beiden Männer sahen sich nicht an.

    'Du verpfeifst mich nicht?'

    'Traust Du mir das zu?'

    'Nein.'

    'Ich komm Dich ab und zu mal besuchen.'

    'Ich würde mich freuen.'

    Sie gaben sich die Hand ohne sich anzusehen. Dann ging le Jazz hinaus.

    'Mitleid. Ich. Hast Du so einen Scheiss schonmal gehört?' fragte er den
    Hund.
    Da fiel ihm auf, dass er nicht einmal wusste, wie der Hund heisst.

    Er fuhr zum 'Fressnapf' und kaufte ein schönes Geschirr, eine Leine,
    einen grossen Korb mit Zubehör, Futter und bissle Spielzeug.
    Dann steuerte er die Praxis von Dr. Tierlieb an, der der Haus-Tierarzt
    von le Jazz' Katzen war.

    Der TA sah sich den Hund an, untersuchte ihn gründlich. Dann röntgte er
    ihn.

    'Also. Wir haben hier einen grossen, jungen, gesunden Rüden. Dazu ca.
    200 Flöhe, einen grösseren Trupp Ohr-Milben und mehr Würmer als in
    einem Rosenbeet. Der linke Hinterlauf weist einen schlecht verheilten
    Bruch auf. Er hat Schmerzen. Ist nicht geimpft.
    Man müsste...'

    'Bitte keine Details. Machen Sie was nötig ist.'

    'Ja-ha, aber das kostet locker...'

    'Machen Doc. Nicht palavern. Einmal das Rundum-Sorglos-Paket bitte.
    Wann kann ich ihn abholen?'

    'Nicht vor morgen Nachmittag.'

    'Bis dann Doc.'

    Le Jazz streichelte zum Abschied über den Kopf des Hundes. Und zum
    ersten Mal sah dieser ihn an. Dann ging der Inspecteur, ohne sich noch-
    mals umzudrehen.

    Er fuhr zum Krankenhaus.
    Ganz langsam. Er wurde sogar angehupt, weil er so schlich.
    Er dachte nach.
    Er wusste nicht, warum er das getan hatte.
    Aber er fühlte, dass es richtig war. Und er fühlte sich glücklich.

    Nach dem Gespräch mit der Schriftstellerin würde er nach Hause fahren
    und dem Hund einen schönen Platz einrichten.
    Dann würde er sich einen Gin Tonic herrichten und sich einen schönen
    Namen überlegen.

    Eines wusste er aber.
    Nach diesem Tag würde sein Leben nicht mehr so sein wie bisher.

    Was wird die Schriftstellerin berichten können?
    Kennt sie das Motiv?
    Wie wird der Hund heissen?
    Und wird er ganz gesund?
    Wird Edouard über die Runden kommen?
    Und hat le Jazz noch Eiswürfel für seinen GinTo?

    Näheres erfahren sie hier.

    gutmütige Grüsse ... Patrick :^^:

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