Besuch einer Besserwisserin...

  • Oh MAN! Da ist eine Mail da, dass es in diesem Thread einen neuen Beitrag gibt... da denkt doch jeder, dass Inspecteur le Jazz wieder einen neuen Auftrag hat. Und nu ist es gar nicht so.
    Mist.

  • Le Jazz hatte sich einige Tage Urlaub genommen.
    Das bereits erwähnte Boot sollte endlich fertig werden.

    Er hatte das havarierte, ehemalige Fischerboot komplett gereinigt, entrostet und neu gestrichen. Den geborstenen Rumpf hatte er unter Anleitung des Hafenmeisters Yves fachmännisch repariert.
    Die Kajüte wurde umgebaut, wohnlich eingerichtet und mit den modernsten Navigationsgeräten ausgestattet.

    Insgesamt waren die Arbeiten weitestgehend abgeschlossen.
    Es war ein hübsches, neuwertiges Ausflugsboot aus dem alten Schiff geworden. Hochseetauglich und leicht zu manövrieren.

    Le Jazz hätte sich auch ein Sportboot zulegen können.
    Aber was ihn einfach reizte, war die Arbeit an dem alten Holzwrack und vor Allem die traditionelle Optik des Schiffes.

    Was jetzt noch fehlte, war der Antrieb.
    Der ursprüngliche Perkins-Sabre-Marine-Motor war bei der Havarie durch einen Wasserschlag zerstört worden. Eine Überholung wäre bei dem alten Eisenhaufen nicht rentabel gewesen.
    Also hatte le Jazz sich nach einer geeigneten Maschine umgesehen und sich unsterblich in einen Volvo-Penta-Sechszylinder verliebt. :cuinlove:

    Die Liebesbeziehung zerbrach jedoch beim studieren der Preisliste. :(

    Yves gab ihm den Tip, dass eine grosse Werft in Cherbourg immer wieder gebrauchte Antriebe an privat verkaufte. Er kannte den Betriebsleiter und meldete le Jazz bei diesem an.

    Dort wurde er auch rasch fündig.
    Er kaufte eine überholte, relativ neue Iveco-Marine-Maschine. N60 M37 Sechszylinder mit 270 PS.
    Der Preis war akzeptabel und war inklusive frachtfreier Zufuhr.

    Diesen Brocken galt es nun in den noch offenen Rumpf des Bootes zu hieven. Dann anschliessen, das Deck zumachen und auf geht’s zum ersten Probelauf.

    So war es angedacht.

    Als Helfer hatte le Jazz den Kran der Hafenmeisterei, zwei Kästen Bier und
    seinen englischen Freund Henry Fox engagiert.
    Anfangs war es ein Kinderspiel.
    Den Motor an den Haken gehängt, schön über dem Bootsrumpf zentriert und dann vorsichtig abgelassen. Astrein.
    Henry hatte schon einige Tage vorher die Motorlagerungen eingebaut, während le Jazz die Bordelektrik installierte.

    Der Antrieb schwebte nun langsam von oben rein und… passte nicht auf die Motorenlager.
    Umgehend wurden zwei Flaschen Bier zu Rate gezogen.
    Dann wurde nachgemessen.
    Zwei weitere Biere halfen dabei.

    Doch sie konnten machen, was sie wollten.
    Der Motor ging einfach nicht am vorderen Querspant vorbei. Hinten stand er bereits am zweiten Spant an.
    Quer und schwenken? –Dafür war das Boot zu schmal.

    Auch nach zwei weiteren Bieren.

    Die ersten Flüche wurden hörbar. Werkzeuge wurden bissle umhergeworfen oder weggekickt.

    ‚Gérard.’

    ‚Was…?’

    ‚Die Maschine ist zu gross für Dein Schiff.’

    ‚Niemals!’

    ‚Hmmm… tja. Vielleicht hast Du recht. Möglicherweise ist das Boot auch nur zu klein für den Motor.’

    ‚Henry!’

    ‚Yep?’

    ‚Halt’s Maul!’

    Henry nahm sich ein Bier und beriet sich mit ihm. Dann stapfte er davon und holte Yves den Hafenmeister.

    ‚Salut Gérard. Was gibt’s?’
    ‚Nichts Schlimmes. Schau selbst.’

    Yves kletterte in den Rumpf und verlangte nach einem Zollstock.
    Er vermass. Rechnete. Bat dabei von einem Bier unterstützt zu werden und mass nochmals nach.

    ‚Und?’ …fragte le Jazz.

    ‚Ich würde sagen… passt nicht.’

    ‚Ach nee. Da sind wir ja noch gar nicht drauf gekommen.. Klasse! Und was sollen wir jetzt nach Ansicht des Herren Hafenmeisters machen? Rudern?’

    ‚Hah! Was frägt der Herr Kriminalrat da mich? Hätte der Herr Ermittler vorher mal über die Maße nachgedacht… und überhaupt! Ist ja schon schlimm genug, dass du so ein italienisches Auto fährst. Aber das hier ist ein ehrenwertes französisches Schiff. Das weigert sich halt so nen Spaghetti-
    Motor in sich aufzunehmen.
    Iveco. Pffft…
    Sowas gehört sich einfach nicht.’

    ‚Ach was! Aber mein deutsche Bier stört den Herrn Hafenmeister Allwissend nicht, wenn er es hier auf meinem französischen Boot säuft, was?!’

    ‚Nein Herr Polizeipräsidenten-Anwärter. Keineswegs. Gib lieber noch eines
    rüber, alter Geizkragen.’

    Yves setzte sich in die Kajüte und zog einen kleinen Block aus der Brusttasche. Er zeichnete, rechnete und murmelte vor sich hin. Dann steckte er sich eine Gauloises Mais ins Gesicht und zog genüsslich dran. :joint:

    ‚Wenn die beiden Herren Ingenieure mal ihre Aufmerksamkeit dem verehrten Herren Hafenmeister zuwenden würden… bitte.’

    ‚Jetzt schiess schon los und mach es nicht so spannend.’

    ‚Also. Ihr müsst den Motor mit einer Neigung von ca. zehn Grad nach Achtern einbauen. Dazu müsst ihr den vorderen Spant aussägen und später
    wieder mit einer noch anzufertigenden Stahlbrücke verstärken.
    Die hinteren Motorenlager müsst ihr entsprechend absenken und dazu wahrscheinlich eine Aussparung in den Kielspant sägen. Muss man messen.
    Dann sollte es gehen.’

    ‚Ach, und wie stellt der Herr Hafen-Admiral sich das so vor? Dazu muss die Maschine ja wieder komplett raus.
    Den Spant von der Maschinenraumseite her aussägen ist ja kein Problem.
    Aber von der Kabinenseite her… da müsste ja alles wieder raus!
    Und die Motorenlager… ja wissen der Herr Lord Nelson-Verschnitt, was das Arbeit macht. Meint ihro Gnaden vielleicht ich hab’ Urlaub bis Weihnachten?’

    ‚Der Herr Polizei-Generalissimo braucht nicht ausfallend zu werden. Er möge sich lieber in Arbeit ergehen, so dass er noch fertig wird mit seinem Luxus-Entenköpfer, bevor die nächste Eiszeit kommt. Meine Schuld ist es schliesslich nicht, dass seiner-einer zu doof ist, einen Zollstock zu benutzen und gleichzeitig ein Augenmass wie eine Blindschleiche hat.
    Und jetzt reiche er mir ein Abschieds-Bierchen, welches ich mir als Wegzehrung mitzunehmen gedenke.’

    Zerknirscht warf le Jazz ihm eine Flasche zu und sah dann Yves mürrisch nach, wie er zum Hafenbüro hinüberging.

    ‚Ach Herr Bootseigner-Generaldirektor. Was ich noch bemerken möchte.
    Meine Berechnung bezieht sich auf den Rumpfmotor, wie er da am Haken hängt. Haben seine hochwohlgeborenen Geistigkeit mal über die Platz-
    Verhältnisse siniert, wenn der Luftfilter, die Kühlung und die Auspuffanlage noch montiert werden sollen?
    Also. Viel Spass noch!’

    Yves prostete le Jazz zu und verschwand laut lachend in seinem Büro. :lachtot:

    Henry betrachtete schmunzelnd seine Finger und beobachtete konzentriert seine Fingernägel beim Wachsen.

    ‚Henry.’

    ‚Hmm…?’

    ‚Halt blos die Klappe!’

    ‚Hmm.’

    Frustriert tranken le Jazz und Henry noch ein letztes Bierchen. Dann räumten sie das Werkzeug zusammen und schlurften übellaunig davon.
    Das würde morgen ja heiter werden.
    Soo viel Arbeit stand ihnen noch bevor. Und le Jazz hatte schon von der ersten Ausfahrt am übernächsten Wochenende geträumt. *seufz*

    Er fuhr Henry nach Hause.

    ‚Danke Dir Kumpel. Könntest Du mir vielleicht morgen noch bissle zur Hand gehen…?’

    ‚Klar doch. Und Übermorgen. Und nächste Woche.’ –Er feixte. Dann ging Henry Fox zu seinem Haus. Am Tor angekommen, winkte er le Jazz kurz zu und verschwand dann auf seinem Grundstück.

    Henry… dachte le Jazz. Henry Fox. Damals hätte er sich nicht vorstellen können, mit diesem Mann befreundet zu sein. Damals, als Fox ihn mit der Waffe bedrohte und um den schwer verletzten Loomis bangte.

    Der Fall Henry Fox. Aber davon berichten wir das nächste mal.

    Passt der Motor doch irgendwie in das Boot?
    Gelingt der Umbau?
    Und schwimmt das Ganze dann auch?
    Oder wird ein U-Boot draus?
    Droht einen neue Eiszeit?
    Und reichen die örtlichen Biervorräte bis dahin?

    Demnächst mehr…

    Liebe Grüsse von der Schiffswerft … Patrick :^^:

  • :2thumbs: Klasse Einstieg!

    Patrick, :bussi: Genial, dass es weitergeht! Oder zweiter Band oder was auch immer!

    Und ein Vorschlag: Magst Du nicht für diesen Teil einen neuen Thread eröffen, mit der abgeschlossenen Kurzgeschichte von le Jazz in Frankreich vorweg?

    Dann haben Neueinsteiger es viel leichter!

    =)

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