Besuch einer Besserwisserin...

  • Jetzt galt es, die Dinge ins Laufen zu bringen.

    Le Jazz übergab den Verkauf seines Häusschens in die Hände des bekannten Maklerbüros Abgriff & Raff.
    Seine Einrichtung verkaufte er zum Teil via ebay. Einiges warf er weg.
    Den grössten Teil, der guten Sachen schenkte er jedoch Edouard le Guen.

    Er hatte Edouard gefragt, ob er nicht auch zurück nach Frankreich siedeln wolle. Er würde ihm auch beim Umzug helfen.
    Aber Edou wollte nicht.

    Zum Einen war er in französischen Polizeikreisen noch immer prominent und die Gefahr erkannt zu werden und die restliche Zeit seines Lebens im Knast zu verbringen, war ihm denn doch zu gross.
    Zum Anderen hatten er und seine Wirtin anscheinend einen Narren aneinander gefressen und der alte Speckjäger schien recht zufrieden zu sein, dort wo er jetzt war.

    Le Jazz half Edouards Wohnung zu renovieren und brachte ihm dann die Möbel und stellte sie auf.
    Die Sachen passten prima und es sah sehr gut und gemütlich aus.

    Edouard freute sich auch sehr darüber.

    ‚Ja ja. Typisch Bulle. Das alte Geraffel hier bei mir abstellen, damit er sich die Kosten für’s Verschrotten spart. Saukerl, verdammter!’

    ‚’Tja, weißt Du. Ich dachte wenn ich das Zeug zu Dir tue, fällt gar nicht gross auf wie alt der Plunder ist, wenn Du ins Zimmer kommst. Du alter Sack. Neben Dir wirkt ja sogar Nofretete noch wie eine Jungfrau.’

    Die Beiden verstanden sich eben. :roll:

    Als die Wohnung fertig tapeziert, gestrichen und eingerichtet war, tranken die Beiden noch ein paar Cuba Libre, liessen den Massimo Lider hochleben
    und erzählten sich blödes Zeug aus vergangener Zeit.

    Dann verabschiedeten sie sich.
    Sie gaben sich wortlos die Hand und sahen sich in die Augen.
    Le Guen nickte und lächelte.
    Eine kurze aber heftige Umarmung, dann drehte sich le Jazz um und ging zu seinem Auto, ohne sich nochmals umzudrehen.

    Er wollte Edouard so in Erinnerung behalten. Stolz und zufrieden. Mit stahlhartem Blick.
    -Nicht als winkenden Greis.
    Er wusste, dass er Edouard niemals mehr wiedersehen würde. :|

    Zuhause organisierte er den Transport der restlichen Möbelstücke, die er mit nach Frankreich nehmen würde. Dazu kamen noch einige Kartons mit Büchern und sonstigen Dingen des täglichen Bedarfs.

    Er selbst würde bereits am nächsten Tag in sein Heimatdorf reisen.
    Er wollte sein altes Haus renovieren.
    Inzwischen würden die Habseligkeiten aus Deutschland nachkommen.
    Dann bräuchte er nur noch vollends einzurichten und zurückfahren um Fidél zu holen.
    Und vielleicht auch Maria.

    -Vielleicht.

    So ging er dann rüber zu Maria.
    Sie hatte ein vorzügliches Abendessen bereitet und Fidél war’s zufrieden bei ihr. Wie immer begrüsste er le Jazz freudig, um dann aber sofort wieder in die Küche zu verschwinden, wo Maria mit Leckerli und Streicheleinheiten nicht geizte.
    Während des Abendessens, schaute sich le Jazz Maria immer wieder an.

    Sie war nicht unbedingt die klassische Schönheit.
    Ein hübsches Gesicht, immer lächelnd und freundlich.
    Eine üppige Figur, gekrönt von enormen Brüsten, die zum Verweilen geradezu einluden.
    Sie wirkte irgendwie robust, lebenslustig und ein klein Bisschen verdorben.

    Le Jazz fand sie einfach überwältigend. :herzen1:
    Einfach schön.
    Einfach begehrenswert.

    Wenn er nur die Worte finden würde…

    Irgendwie brauchte er Hilfe.
    So ging er rasch zu sich, in das fast leere Haus und holte aus einem der Kartons, zwei Flaschen Diane de Begrave.
    Den schnabulierten die Beiden dann zum Abendessen: Lammkeule. Pfefferminzsosse. Grüne Bohnen. Salzkartoffeln. –Ein Gedicht.

    Und sie unterhielten sich lange. Sehr lange… :reden:

    Am nächsten Tag –später als geplant- fuhr le Jazz in sein Heimatdorf.
    Offiziell hatte er Urlaub. Sein Gehalt würde weiter bezahlt werden, bis er seinen neuen Posten als Polizist in seinem Dorf antreten würde.

    Zuerst hatte das Polizeipräsidium sich dagegen gesträubt und versucht le Jazz ins Leere laufen zu lassen.
    Doch er hatte vorgesorgt und die Verhandlungen dem Anwalt Gero von Bock überlassen.
    Von Bock war ein alter 68er Revoluzzer. Ein linker Weltverbesserer und ein Arschloch vor dem Herren. Aber als Anwalt in Sachen des Arbeitsrechts unschlagbar.
    Er sah es stets als seine Aufgabe, dem unterdrückten Proletariat wider den verbrecherischen Arbeitgebern, zu seinem Recht zu verhelfen.

    Dies konnte er in le Jazz’ Fall um so besser, als dieser wusste, wo seine Vorgesetzten ihre Leichen im Keller vergraben hatten. Und das hatte er von Bock auch en Detail erzählt.
    Von Bock wusste dieses Wissen bei den Lohnfortzahlungs-Verhandlungen auch gar trefflich anzuwenden, was schlussendlich dann zu dem gewünschten Ergebniss führte.

    Eigentlich hatte sich Gero von Bock anfänglich geweigert le Jazz, einen Vertreter der Staatsgewalt, zu vertreten.
    Aber da le Jazz auch wusste, wo von Bock seine Leichen im Keller hatte…

    Man kam, als Gentlemen, darin überein, dass es doch wohl besser wäre, die Anwaltskammer nicht mit solchen… Kleinigkeiten … zu belasten.
    Und so kam es. Dass von Bock ihn ebenso vehement, als auch erfolgreich vertrat.

    Unterdessen hatte le Jazz bei seinem Chef in Cherbourg gekündigt und um Versetzung als Dorfpolizist in seinem Heimatstädtchen gebeten.
    Nach anfänglichem Zögern, hatte man dem zugestimmt. Schliesslich kannte
    le Jazz auch seine französichen Vorgesetzten sehr gut. Und auch die Lage der Leichen in deren Kellern.

    Und während Fidél es sich bei Maria gut gehen liess, richtete der ehemalige Inspecteur liebevoll ein schnuckeliges Nest in seinem alten Haus ein.
    Er fühlte sich fröhlich und zufrieden, hatte er doch alles, was er zum Glück
    brauchte.
    Die Heimat. Das Meer. Ein schönes Häusschen. Einen Job. Einen lieben Hund. Und vor Allem die Aussicht auf die Frau seiner Träume.

    Bleibt es bei der Aussicht?
    Oder wird ihn Maria begleiten?
    Mag Fidèl das Meer?
    Oder ist er wasserscheu?
    Wird le Jazz interessante Fälle haben?
    Oder wird es nichts mehr zu berichten geben?

    Man wird sehen, was die Weihnachtszeit so bringt.

    auswandernde Grüsse … Patrick :^^:

  • Die Zeit verging.
    Le Jazz hatte sich wieder gut eingelebt.
    Er versah seinen Dienst und war damit zufrieden.

    Von seinen ehemaligen Kollegen hatte er nichts mehr gehört.
    Es war ihm aber auch egal. Er vermisste nichts.
    Sein Haus war verkauft, alles Andere abgewickelt. Die Brücken abgebrochen.
    Maria hatte ihr Haus behalten aber le Jazz nach Frankreich begleitet.
    Sie sah es als einen Versuch an und nahm einfach ihren Jahresurlaub um zu sehen, ob das mit ihnen was werden könnte.

    Und sie wurde überrascht.
    Le Jazz zeigte ihr das ganze Cotentin.
    All die Schönheiten, die Sehenswürdigkeiten, die wunderschöne Landschaft.
    und die liebenswerten Städte.
    Er bot alles auf, was Küche und Keller seiner Heimat hergab und verwöhnte
    Maria nach Strich und Faden.
    Das alte, typisch normannische Steinhaus hatte er perfekt in Schuss gebracht und sauber renoviert.
    Die Einrichtung war gemütlich und liebevoll gestaltet. Das ganze Haus strahlte eine Wärme und Ruhe aus.

    Le Jazz hatte in La Rochelle ein verunfalltes, altes Fischerboot gekauft und in den heimatlichen Hafen schleppen lassen. Ein traditionelles Holzboot. Das restaurierte er jetzt, wozu er sich im Hafengelände auf der Schiffswerft eingemietet hatte.

    Dort verbrachte er mit Fidél nach Feierabend viel Zeit und Maria kam oft angeradelt und brachte einen prall gefüllten Picknik-Korb mit.
    Dann sassen sie in dem Boot auf dem Dock im Trockenen, bei Leckereien und Rotwein und le Jazz schwärmte ihr vor, wo er mit ihr und Fidél überall
    hinschippern würde, wenn das Boot endlich fertig wäre.

    Eines abend schlemmten sie wieder auf dem Boot.
    Le Jazz hatte weisse Farbe im Haar und Schmieroel an der Backe.

    ‚Gérard. Das hätte ich von Dir nicht erwartet.’

    ‚Hmm… was?’

    ‚Na, dass Du so bist, wie Du bist.’

    ‚Hab’ ich was falsch gemacht, Maria?’

    ‚Nein. Im Gegenteil. Ich hätte nicht erwartet, dass Du knurriger, vorlauter
    alter Nasenbär so liebenswürdig sein kannst. Du weißt genau, was eine Frau sich wünscht…’

    ‚Ach. Hätte ich jetzt nicht gedacht. –gib mal die Salami, bitte- Dabei hat mir eine Bekannte erst mal gesagt, ich hätte keine Ahnung von Frauen.’

    ‚So. Wer denn?’

    ‚Na, die Heike war’s.’

    ‚Schau schau. Die Heike.’ –Maria lächelte.
    ‚Jedenfalls habe ich mich entschlossen, hier zu bleiben. -Natürlich nur wegen der Landschaft und dem Meer. Und Fidél.’

    ‚Natürlich. Weswegen denn sonst.’ –Le Jazz zwinkerte Maria zu. ;D

    An diesem Abend wurde nicht mehr an dem Boot weitergearbeitet…

    Seither war ein Jahr vergangen.
    Ruhiger geregelter Dienst bei der Gendarmerie municipal. Nichts aufregendes. Hier und da ein Verkehrsunfall. Bissle Viehdiebstahl. Ab und an mal eine Prügelei. Ärger mit Touristen. Hauptsächlich die Holländer machten zeitweise Probleme. Aber alles im grünen Bereich.

    Auch Trauriges blieb nicht aus. Ein Selbstmord mit einem Auto im Hafen.
    Ein junger Mann hatte sich nachts bei Flut ins Hafenbecken gefahren.
    Ein schwerer Unfall mit drei jungen Burschen. Stockbesoffen. Alle tot, bevor sie noch neunzehn Jahre alt wurden.
    Ein kleiner Bub ertrank im Überlauf des Jacht-Hafens.

    Doch das waren die Ausnahmen. Unfälle. Absonderheiten. Dinge die im Beruf eines Polizisten vorkommen.

    Ansonsten gab es keine erwähnenswerte Vorkommnisse.

    Dann stürzte eines Morgens Madame Dubonnet, die Gattin des Bürgermeisters in die Wache.
    Es war ein nasskalter, unfreundlicher Novembermorgen.
    Le Jazz kochte gerade Kaffee.

    ‚Commandant! Ich brauche Hilfe. Bitte! Warum kochen Sie Kaffee und helfen mir nicht?’ –Sie wirkte etwas hysterisch.

    ‚Auch ne Tasse? Es ist halt gerade die Zeit dafür. Was gibt’s denn?’

    ‚Nein danke. Keinen Kaffee. Es ist schlimm. Ludovic. Er wurde entführt!
    So tun sie doch was. Warum unternehmen Sie nichts.’

    ‚Ruhig Madame. So jetzt setzen Sie sich erstmal. Dann geben Sie mir mal
    ein paar Informationen.’

    ‚Was für Informationen?’ -Sie setzte sich schniefend in einen der Bürosessel.

    ‚Na ja. Zuerst mal: Wer ist Ludovic?’

    Madame Dubonnet griff in ihre Handtasche und holte ein Foto und einen Pass hervor. Sie gab le Jazz die Sachen.
    Ihre Hände zitterten. Fahrig und nervös versuchte sie sich eine Zigarette anzuzünden.

    ‚So. Jetzt mal gaanz langsam.’ –Le Jazz gab ihr Feuer, richtete ihr einen reichlich vollen Becher heissen Kaffee und holte aus seinem Schreibtisch eine Flasche Calvados (für Notfälle) hervor.
    Er schenkte ihr in einem Wasserglas von der bernsteinfarbenen Flüssigkeit ein.
    Er kannte seine Pappenheimer.

    Madame Dubonnet protestierte nur schwach, nahm dann einen grossen Schluck Calva und löschte mit dem Kaffee nach. Dann sog sie gierig an ihrer Zigarette.

    Sie wurde zusehends ruhiger.

    Le Jazz sah sich das Bild und den Pass an.
    Ein gutaussehender junger Herr. Lange Haare, aber sehr gepflegt.
    Etwas kleingeraten vielleicht und krumme Beine.
    Ludwig von der Sommeralm. –Ludovic.

    ‚Netter Bursche. Langhaardackel, nicht wahr? Reinrassig. Aus Bayern.’

    ‚Ja. Er ist mein Schatz! Mein Baby!’ –Sie schluchzte.

    ‚Seit wann wird er vermisst?’

    ‚Gestern Abend. So gegen 18.00 Uhr habe ich ihn zuletzt gesehen. Im Garten. Pipi machen.’

    ‚Vielleicht stiften gegangen?’

    ‚Ludovic!? Niemals! –entrüstetes Aufkreischen. Dazu liebt er die Mama viel zu sehr!’

    ‚Mama?’

    ‚Mich.’

    ‚Ach.’

    ‚Ja.’

    ‚Aber wieso entführt? Wer klaut hier einen Dackel? Viel zu selten, die Rasse hier. Wo doch jeder jeden kennt… da klaut doch keiner ausgerechnet den Hund des Bürgermeisters.’

    ‚Touristen…’

    ‚Madame… es ist keine Saison.’

    ‚Ach…’ schluchzen ‚…ich weiss auch nicht. Ich vermisse ihn soo.’

    ‚Und Monsieur?’

    ‚Wie meinen?’

    ‚Na, der Herr Bürgermeister. Vermisst er Ludovic auch, oder wäre es gar möglich, –ich muss das fragen- dass er, nun ja… eine Unverträglichkeit *räusper* ... Differenzen?’

    ‚Niemals!’ Ihre Augen blitzten böse. ‚Das würde er sich niemals trauen! Wehe wenn…!’

    Sie zündete eine weitere Zigarette an.

    ‚Hätten sie noch einen…’

    ‚Kaffee?’

    *Hüsteln*

    ‚Ach so. Natürlich.’

    Le Jazz goss noch einen Calva auf. Zum Glück war die Gattin des Bürgermeisters zu Fuss da.

    ‚Hören Sie, Madame. Gehen Sie nach Hause. Informieren Sie die umliegenden Tierheime und Tierärzte. Die Jäger und die städtischen Arbeiter. Das kann ja ihr Gatte für sie tun.
    Ich werde mich der Sache annehmen. Lassen Sie mir bitte das Foto und den Heimtierpass da. Sie werden von mir hören.’

    ‚Versprochen?’ –Sie sah ich an, wie ein kleines Mädchen, dass einen Lolli will.

    ‚Versprochen! Und nun gehen sie heim und dann sehen wir weiter.’

    Madame Dubonnet kurvte hinaus. An der Türe stolperte sie bissle und kicherte ein Wenig. Sie winkte le Jazz zu und trippelte dann davon.

    Die nächsten Tage hielt le Jazz Ausschau nach dem verschwundenen Ludovic, ohne sich besonders grosse Hoffnungen zu machen. Er hatte den Kollegen Bescheid gegeben, aber nirgends war auch nur eine Dackelspur
    zu finden.

    Wahrscheinlich wäre die Entführung des Ludovic niemals aufgeklärt worden, wenn der berühmte Kommisar Zufall nicht mitgeholfen hätte.

    Dieser Zufall kam le Jazz frühmorgends in Form eines riesigen Renault-
    Traktors entgegen. Ein ARES 836 RZ. Unbeleuchtet auf der Route National.
    Auffallend war die recht kurvige Fahrweise, zumal der Streckenverlauf kerzengerade war.
    Er stoppte die Landmaschine.

    Wie befürchtet, sass wieder einmal Louis Malherbe am Steuer.
    Als le Jazz die Kabinentüre öffnete, musste er feststellen, dass sich wesentlich mehr Alkohol- als Sauerstoff-Atome in der Atemluft befanden.

    ‚Guten Morgen Louis. Wohin des Weges?’

    ‚Auf’s *hicks* Feld natürlich, Du Saftnase *ups* wohin denn sonst. Nach den Früchten sehen. *ups*.’

    ‚Früchte? Im November?’

    ‚Klugsch*ups*eisser!’

    ‚Ja von wegen Louis. Du befindest Dich gerade mal so 15 Kilometer von Deinen Feldern entfernt. Und Du fährst in die entgegengesetzte Richtung.
    Also: Berichte!’

    ‚Na guuut. *hicks* Die Alte macht wieder blöd rum. Da bin ich halt *ups* ssschpatzieren gefahren. *rülps*

    ‚Natürlich Louis. Wie immer. Und mit Eurem grössten Trecker. Und besoffen. Und wie immer seit 45 Jahren, ohne Führerschein.’

    ‚Ohhh Mann! Scheisse Mann! Alles geht doch schief zur Zeit! *hicks*
    Scheiss-Weiber – Scheiss-Bullen – Scheiss-Köter aufdringlicher!’ *ups*

    Le Jazz wurde hellhörig.
    Dass Louis Malherbe mit Mathilde eine ebenso hässliche wie bösartige Gattin geehelicht hatte, war ja hinlänglich bekannt.
    Auch sein gespanntes Verhältnis zur Gendarmerie war kein Geheimnis.

    Aber was meinte er mit aufdringlichem Hund?
    Malherbe hatte mit Marinette eine bildhübsche Rottweiler-Hündin. Und da konnte man dem Alten nix nachsagen. Marinette war eben so gepflegt wie
    wohl erzogen. Niemals würde Louis so über sie reden.

    ‚Was ist das mit dem Hund, Louis?’

    ‚Ja Scheisse! So ein *ups* kleiner, stinkender Stopelhopser. Belagert unseren Hof jetzt schon fast ne Woche. *hicks* Marinette ist läufig und diese pelzige Wanze will *ups*… na, Du weißt schon was.
    Und da hilft kein kaltes Wasser und kein fliegender Hausschuh *hicks*.
    Die Ratte lässt sich nicht vertreiben.
    Und wenn ihr Scheiss-Bullen mir nicht meine gute, alte Schrotflinte abgenommen hättet, dann wäre der Giftsssswerg schon lange *ups* Gessschichte. *hicks*’

    ‚Tja siehste, hättest Du mal nicht auf die Scheiss-Bullen geschossen…’

    ‚Ach was! Weicheier! Die Patronen waren ja noch nicht mal mit Schrot geladen.
    Nur mit Reissnägeln und groden… growen… *ups* grobem Salz! Das hätte ja nur bisssssle *hicks* gejuckt.’

    ‚Na klar Louis. Juckpulver. Ich weiss. So jetzt komm mal da runter und steig mal bei mir ins Auto. Und bring den Schlüssel mit. Ich fahr’ Dich jetzt nach Hause und guck mir den Belagerer mal an. Und Malherbe! Wehe Du bröckelst mir in den Wagen. Ich schwör Dir, ich lass Dich die Karre sauber lecken!’

    ‚Tscha *ups* lecken kansss Du mich auch. Sackgesicht. *hicks*’

    Als le Jazz und Maherbe ausstiegen, wurden sie bereits von Mathilde und ihrem Reisigbesen erwartet.

    ‚Was hat er schon wieder ausgefressen?’

    ‚Das Übliche.’ Le Jazz warf Mathilde den Traktor-Schlüssel zu. ‚Ist der grosse Renault. Steht auf der National bei der Abfahrt nach La Haye. Kommt noch bissle Beamtenbeleidigung dazu.’

    Mathilde zischte Louis an: ‚Rein da!’

    Malherbe nahm Anlauf und versuchte unbehelligt an ihr vorbei ins Haus zu flitzen. Aber er berechnete den Radius des Besens falsch und wurde mit einem mächtigen Hieb von Mathilde ins Haus befördert.

    ‚Saukerl, versoffener!’

    Ja, Mathilde war ein Fall für sich. Was ihr an Lieblichkeit fehlte, ersetzte sie durch Tatkraft. Und le Jazz wäre nicht verwundert gewesen, wenn sich an ihrem Besen ein Kickstarter befunden hätte. -Für Rundflüge. :hexefies:

    ‚Sag mal Mathilde, habt ihr hier zufällig nen Dackel gesehen?’

    ‚Ja. Dort drüben am Tor sitzt die Töle und giert Marinette an. Scheisstöle!
    Typisch Mann. Widerlich!’

    ‚Danke Mathilde.’ :roll:

    Le Jazz ging rüber zum Tor und da sass Ludovic.
    Er war abgemagert. Nass. Er zitterte. Klapperdürr war er. Mit fiebrigen Augen starrte er hinüber zum Bauernhaus, wo Marinette zum Küchenfenster hinaus zu ihm hinüber sah. Sie schien zu grinsen.

    Le Jazz hob Ludovic auf. Dessen Schniedel war größer als der ganze Hund!
    Und als le Jazz mit ihm zum Auto ging, fing Ludovic an zu zetern und keifen und schnappte und biss um sich.

    Rasch stopfte er Ludovic ins Fahrzeugheck und fuhr mit dem liebeskranken Krummbein davon.
    Dieser stand im Kofferraum, starrte zum Heckfenster hinaus und jaulte wie eine Sirene.
    Im Rückspiegel konnte man Marinette erkennen. Mathilde hatte sie wohl rausgelassen, jetzt wo keine Gefahr mehr drohte.
    Und le Jazz hätte schwören können, dass Marinette lauthals lachte.

    Kurz darauf läutete er bei den Dubonnets.
    Madame öffnete ihm. Sie trug einen dünnen, süssen Morgenmantel und hielt einen halbgefüllten Sektkelch in der Hand.

    ‚Sie wünschen? –Ach sie sind’s! Haben sie etwa… Ludovic!?’

    Le Jazz machte die Kofferraumklappe auf und drückte der Bürgermeisters-
    Gattin den ausgezehrten Dackel in die Arme.

    Was war das für eine Wiedersehens-Freude!
    Madame Dubonnet küsste und knuddelte den kleinen Bayuvaren und dieser wedelte wie ein Bekloppter mit der Rute.
    Als Madame ihn aber in die Wohnung schickte, schien er zu erkennen, dass sein Ausflug zu den fleischlichen Freuden erfolglos war und er weiterhin im Zölibat ausharren musste. So schlich er von dannen und liess die Flügel Hängen, respektive die Ohren.

    Madame hingegen bedankte sich bei le Jazz in einer Art und Weise, die einer sexuellen Belästigung recht nahe kam. Was le Jazz allerdings in nicht allzu grosse Depressionen stürzte.

    Als der Bürgermeister kurz darauf aus dem ersten Stockwerk herunterkam, zeigte dieser sich ebenfalls hocherfreut über die Heimkehr Ludovics.
    Er nahm le Jazz mit in sein Büro und goss beiden einen Cognac ein.

    ‚Mein Lieber, sie machen mich glücklich! Ich meine der Hund… na ja. Verzogene Töle. Aber meine Gattin! Die war untröstlich! Hat ihren Kummer ertränkt und nichts mehr gegessen und sich auch sonst …verweigert. Zum Glück hat das nun ein Ende.’

    Dabei hatte der Bürgermeister einen fiebrigen Blick, den le Jazz erst kürzlich schon einmal gesehen hatte. :cuinlove:
    Ach ja. Bei Ludovic, dem Liebeskranken.
    Na, da waren sich Hund und Herr wenigstens in einem Punkt sehr einig.

    Ja, das sind so die Fälle, die le Jazz jetzt bearbeiten muss.
    Nichts besonderes, aber er macht es gerne.
    Denn die Menschen, denen er damit hilft, sind trotz aller Eigenheiten sehr liebenswert, freundlich und dankbar.

    Und sollten sie irgendwann mal in das kleine Städtchen am grossen Atlantik kommen, versäumen sie nicht nach dem Polizisten Gérard zu fragen.

    Wenn er hört, dass Sie aud Deutschland kommen, wird er sich freuen, sich mit Ihnen unterhalten zu können.
    Und wenn es Wochenende ist und sie ihm sehr sympathisch sind, wird er sie vielleicht einladen, auf sein Boot.
    Ja, das da, das hübsche weiss-blaue. Und dann wird er ihnen die Schönheit seines Landes zeigen. Die Klippen, die Inseln und das blaue Meer.
    Und vorne am Bug wird Fidél stehen, und wedelnd die Wellen anbellen.

    Ach, und sind Sie bitte so nett und grüssen ihn von mir.

    A bientot! :winken:

    schippernd Grüsse … Patrick

  • Oh Patrick, das hast Du wieder einmal wunderbar geschrieben...

    aber soll das tatsächlich das Ende sein :( Was machen wir ab jetzt? Im neuen Jahr? Was sollen wir machen ohne Deine Gute-Nacht-Geschichten???

    Bitte bitte lass uns nicht hängen :knuddel: Du kannst so wunderbar schreiben - WIRKLICH

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