Frustrationstoleranz, Impulskontrolle und Co - wirklich so fundamental wichtig?

  • Hier gibts kein Deckentraining. Brauche ich nicht, die Hunde auch nicht. Und ich bin zu faul, was zu trainieren, was wir nicht brauchen.


    Impulskontrolle bzw. Selbstregulation wird hier natürlich trotzdem abgefragt. Als Beispiele: Lilly mit ihrer Panik musste lernen, mit Angst anders umzugehen und nicht in blinde Panik zu verfallen. Die wirrköpfige Hüpfpudeline musste lernen, dass man mit „auch mal langsam und konzentriert“ bessere Erfolge erzieht. Frust aushalten müssen beide auch - Lilly darf z. B. fremde Menschen und Hunde nicht mit lautem Gebrüll aus ihrem Dunstkreis vertreiben, Momo darf weder Wild noch Katzen hetzen. Hat aber beides nix mit Bällen oder Decken zu tun.


    Im guten Zusammenleben ist es für uns wichtig, dass Jeder sich mal zurücknehmen kann und öfter mal in der Lage ist, kurz über das nachzudenken, was er tun will/soll. Dafür braucht es bei Mensch wie Hund Impulskontrolle und Frustrationstoleranz. Wie man das übt, da gibts verschiedene Ansätze, je nach beteiligtem Mensch und beteiligtem Hund.

  • Ich finde es sehr wichtig, dass Hunde lernen, Frust auszuhalten und damit umzugehen sowie nicht jedem Impuls direkt nachzugehen. Das Wort "Selbstregulation", das hier schon paar Mal fiel, gefällt mir da ganz gut als Überbegriff.


    Ich finde viele künstliche Übungssituationen da aber auch nicht so wirklich zielführend in vielen Fällen. So was wie Hund muss sitzen, bis man auflöst, ehe er sein Futter aus dem Napf fressen darf - joa, schadet meist wohl nicht, aber es wird vielen Hunden auch nicht dabei helfen zu lernen, nicht jedem Bewegungsreiz sofort nachzugehen oÄ.

    Deckentraining mag für manche Hund-Menwch-Teams sinnvoll sein, ich persönlich brauche das nun zB weniger und denke, dass da in vielen Hundeschulen auch zu sehr nach "Schema F" gearbeitet wird, ohne auf individuelle Bedürfnisse Rücksicht zu nehmen. Deckentraining ist sicher kein Allheilmittel und oft würden gerade Halter von Junghunden wahrscheinlich eher davon profitieren, wirklich individuelle Anleitung für das Zusammenleben mit ihrem Hund zu erhalten als im Gruppenkurs Deckentraining zu machen, auch wenn das Hund A vielleicht maximal frustet und Hune B viel zu aufgeregt ist, um in der Situation wirklich was zu lernen.

    Meiner Ansicht nach finder das Lernen fürs Leben in erster Linie eh im Alltag statt.

  • Als Emil im Junghundealter war hatte er als schneller, reizoffener Hüti natürlich auch ein Thema mit Frustrationstoleranz und Impulskontrolle. Und in meiner Huschu wurde dann sowas gerne mit Reizangel, Fressnapf, an den man nicht ran darf, etc geübt. Auf dem Platz konnte Emil das immer mega gut, weil das für ihn halt nicht Alltag war, das hatte er schnell raus, war halt "nur" Training. Daher hab ich schnell gemerkt, dass uns das im Alltag genau gar nicht hilft. Dennoch hat uns sein WTP bei diesen Themen natürlich auch im Alltag geholfen, aber es brauchte halt Zeit und Anleitung.

    Lucifer fehlt es noch immer sehr an Impulskontrolle und das macht uns das Leben schon manchmal schwer. Aber auch er kann im Haus vor dem Napf sitzen und auf Freigabe warten, kein Ding. Rennt aber draußen eine der Nachbarskatzen an ihm vorbei, geht er brüllend in die Leine.


    Ja, meine Hunde warten kurz vor dem Napf, bis ich sie freigebe. Aber das dient letztendlich nur mir, ich möchte beide Näpfe einfach in Ruhe auf den Boden stellen, ohne dass mir die Hunde da reinspringen.


    Ich schicke meine Hunde auch mal auf die Decke. Aber auch das ist kein Training um des Trainings willen, sondern entweder sie sollen "aus dem Weg", wenn ich wische zb, oder Besuch soll nicht vom Collie geknutscht werden, oder ich trainiere mit beiden irgendwas und der, der warten muss, ist dann auf der Decke.


    Ich finde es wahnsinnig individuell und vom Hundetyp abhängig, wie schnell man diese Themen bearbeiten kann, oder ob man das überhaupt muss. Mein alter Rüde hatte diese Themen so gut wie gar nicht.

  • Es gibt da nicht den einen Hund. Manche Hunde neigen stark zu Frustaufbau, andere viel weniger. Frustaufbau ist bei einigen Rassen auch völlig erwünscht, wieder andere sind in dem Bereich einfacher. Und dann ist es auch innerhalb der Rasse charakterlich verschieden.


    überlege sogar, nach dem Studium eine Ausbildung zur Hundetrainerin

    Ich würde empfehlen erstmal selbst unterschiedliche Hunde zu führen und auszubilden, bevor man andere Leute trainieren möchte. Der normale Hundetrainer trainiert in erster Linie Menschen und muss sich in diverse Hundetypen reindenken können. Dafür braucht es einiges an Erfahrung und weniger das Mindset „das finde ich doof, und das würde ich niemals machen, und jenes ebenfalls nicht“. Im Vordergrund steht es Hundehaltern zu helfen und nicht die eigenen Ideologien zu verkaufen.


    Hundeausbilder wird man dann eher dadurch, dass man Hunde in einem Bereich erfolgreich durchprüft und weiterveräußert. Hier wendet man selbst mehr Handwerkszeug an.

  • Ich habe erst als der Zweithund hier einzog gemerkt, wie hilfreich Impulskontrolle und Frustrationstoleranz sind. Und dass der Ersthund keine hat(te)....

    Das war anstrengend, und gefühlt hatte ich plötzlich zwei Welpen, um die ich mich kümmern musste.


    Zu meiner Verteidigung: Der Ersthund ist aus dem Tierheim, war wohl in einer überforderten, großen Familie mit Kindern und kam mit null Komma null Erziehung usw. zu uns. Einiges konnte er noch lernen, anderes nicht. Aber er ist ein total freundlicher Hund (außer bei unkastrierten Rüden, naja).

    Zu Menschen, v.a. wenn sie gebrechlich oder schwach sind, zu kranken Hunden, zu Kindern - immer lieb.

    Da wir ihn wenig mitnehmen mussten und er daheim sehr ruhig war, fiel das mit der fehlenden Impulskontrolle und Frustrationstoleranz eben nie so auf.


    Naja, als dann der Welpe kam, auch noch ein Pudel (die ja oft ein wenig drüber sind), musste ich mich dann sortieren. Beim Welpen habe ich von Anfang an wirklich darauf geachtet, dass er im Alltag lernt zu warten und sich zurück zu nehmen. Einfach nebenbei. Nicht einfach zur Türe rausrennen, wenn man sie zum Lüften aufmacht, Frauchen nicht bedrängen, wenn sie Futter zubereitet, nicht jedem Spielzeug blind hinterher rennen. Das hat echt gut geklappt, weil es einfach von Anfang an so lief.

    Der Ersthund musste mächtig nachholen. Bei ihm war es schwieriger.

    Ich habe mal gelesen, dass Hunde "echte" Impulskontrolle im Erwachsenenalter nicht mehr wirklich lernen können. Also in dem Sinne, dass es ihnen wirklich nicht mehr viel ausmacht, sich zurück zu nehmen. Letztendlich kann man da nur noch über Signalkontrolle (Gehorsam) gehen.

    Ich lasse das mal so stehen, kann diese Aussage aber für meinen Ersthund zu 100% unterschreiben.


    Mit ihm habe ich die schwierigen Situationen über klare Regeln gelöst. Also tatsächlich viel Körbchentraining, aber ganz klar: Im Körbchen ist Ruhe, da passiert überhaupt nichts mehr.

    Ähnlich läuft es, wenn er sitzen soll.

    Wenn er die Katze im Garten sieht oder es klingelt, soll er zu mir kommen (das hilft ihm, weil er einfach einen festen Ablauf hat und sich vom Reiz entfernt).

    Diese Regeln bzw. Abläuft haben irgendwann tatsächlich dazu geführt, dass er dann schnell runter fährt.


    Es hat zwar schon so ein Jahr gedauert, aber mittlerweile läuft es echt super. Und er ist schon 12 Jahre alt.


    Der mittlerweile dreijährige Pudel reagiert schon immer auf Bewegungsreize, aber durch das Üben von Anfang an schafft er es, selbst den schlimmsten Reizen (wegrennende Katz im Garten, vorbeilaufende Maus) zu widerstehen. Das wird der Ersthund nicht mehr lernen, zumindest nicht in so krassen Situationen.


    Fazit: Es kommt auf die Lebenssituation an. Hätte ich nur einen kleinen Hund, der warum auch immer an der Leine ist, wäre es mir nicht so wichtig wie jetzt mit zwei Hunden, die schon aufgrund ihrer Rasse reizoffener sind.

  • Ich finde es enorm wichtig und merke immer wieder, dass meine Hunde in bestimmten Bereichen eine gute Impulskontrolle haben und in anderen wiederum wenig.

    Aktuell übe ich Erwartungshaltungen abzubauen bzw. zu verringern. Zum Beispiel zum Gassi gehen fertig machen und dann doch wieder ausziehen und noch eine halbe Stunde warten oder Knabbersachen hinlegen und dann doch wieder wegräumen. Das hat meine Hundetrainerin beides als Tipp mitgegeben. Heute habe ich außerdem bevor es den Knabbersnack gab diesen noch ein bisschen im Zimmer verteilt und an den Hunden vorbeigeworfen, mal hingehalten, aber noch nicht freigegeben.

    Ich weiß nicht, ob sich das auf alle Bereiche des Hundelebens auswirken kann.


    Zumindest hat mein junger Beaglerüde dadurch auch recht schnell gelernt wann er nicht dran ist und konnte schon als recht Kleiner abwarten, während ich mit meinem älteren Rüden trainieren konnte und ich musste ihn nicht anleinen oder die Tür vor ihm zu machen.

    Ich versuche auch draußen nun vermehrt Impulskontrollübungen einzubauen, aber außer mal Pausen machen und stehen zu bleiben, bin ich da noch nicht ganz so kreativ geworden. Habt ihr da noch Ideen?

    Wo auf jeden Fall noch quasi 0 Impulskontrolle vorliegt sind Wildspuren bei meinem Jungspund und Hundebegegnungen findet er auch sehr aufregend.

  • Meine 2 Cents zu dem Thema:
    Es ist nicht möglich, nicht an Frust und Impulskontrolle zu arbeiten ( weder für Hund noch für Menschen).
    Jede menschengemachte Belohnung basiert auf warten und Impulse unterdrücken, weil Hund ein gewünschtes Verhalten zeigen oder unerwünschtes vermeiden soll um Belohnung zu erhalten.
    Egal ob Leinenführigkeit, Signale ausführen oder nicht die Nachbarskatze jagen.
    Das fängt alles mit dem Umgang von Frust und Impulskontrolle an.
    also ja: es ist fundamental wichtig, da sonst ein entspanntes und hundgerechtes zusammenleben und zusammenarbeiten nicht möglich ist.

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