Und ewig lockt der fremde Mensch (Fremde begrüssen und anspringen wollen)

  • Ich würde da ganz massiv an meinem eigenen Auftreten arbeiten und den Hund mehr abschirmen. Wenn ich "Finger weg!“ sage, dann sind die Finger wieder weg, sonst packe ich den Arm dazu nachdrücklich, bevor sie am Hund sind. Hund wird immer so positioniert, dass keiner an ihn ran kommt. Ein Maulkorb sieht dazu abschreckend aus.


    3-4x die Woche Freilauf ist zu wenig, ebenfalls nur auf einer Wiese.. Gehst du nie mit dem Hund einfach einen Feld- oder Waldweg entlang gleichförmig spazieren und ihr macht einfach paar Kilometer zusammen, während der Hund auch frei um dich bewegen kann?

  • Ich würde da ganz massiv an meinem eigenen Auftreten arbeiten und den Hund mehr abschirmen. Wenn ich "Finger weg!“ sage, dann sind die Finger wieder weg, sonst packe ich den Arm dazu nachdrücklich, bevor sie am Hund sind. Hund wird immer so positioniert, dass keiner an ihn ran kommt. Ein Maulkorb sieht dazu abschreckend aus.


    3-4x die Woche Freilauf ist zu wenig, ebenfalls nur auf einer Wiese.. Gehst du nie mit dem Hund einfach einen Feld- oder Waldweg entlang gleichförmig spazieren und ihr macht einfach paar Kilometer zusammen, während der Hund auch frei um dich bewegen kann?

    hm ja das mit dem Auftreten stimmt sicher. Boah, finde ich das schwer. ich übe jetzt täglich lautes Nein vor dem Spiegel. Ohne Witz jetzt. In allen Sprachen, für den Urlaub. Aber wenn jemand von hinten kommt wie an der Drogeriekasse? Klar gibt es dann kein minutenlanges wildes Anspringen, weil ich es gleich unterbinde, aber 1-2 Hüpfer sind schon drin.


    Und zum Freilauf, was meinst du denn genau alles? Also wir sind täglich etwa 2h in der Natur und da ist sie immer an der Schleppleine. Wenn niemand entgegen kommt, lass ich das Leinenende los und sie trabt / läuft so wie die will. Einfach mit Leine dran, damit ich im Notfall agieren kann (wie kürzlich, als ein Reh den Weg kreuzte und ich sofort auf die Leine trat). Sie bleibt aber im Radius von max 15m.

    Wenn uns Leute entgegen kommen, halte ich die 5 oder 10m Schleppleine am Ende fest und dirigiere sie stimmlich was sehr gut geht ausser eben jemand spricht sie an und lockt sie so zu sich. Dafür halte ich ja aber eben das Leinenende, weil sie da losstürmen will und auf das Abbruchsignal nicht mehr hört (oder ich gebe es zu spät weil ich menschlich-soziale Hemmungen habe)

    Es klingt jetzt wohl alles dramatischer als es im Alltag ist. Im Alltag lässt sie sich echt super leiten, nur mit Stimme an der Schlepp. Meistens halt!

  • Mit Freilauf meine ich konkret: Sie läuft oder rennt nie ganz ohne eine Leine wie wild und im 50-100m Radius so wie viele Eurer Hunde wohl. Weil sie dann in ihrem Rennflash eben zu jedem Menschen hinrennen und denn an- oder umspringen würde

    Wild rennen und toben darf sie nur auf ausgewählten Wiesen, die sicher sind. Ich will echt nicht, dass sie mir ein Kleinkind umbolzt vor lauter Freude

  • Achso, ich habe da explizit danach gefragt und in der Antwort darüber kam es so an, als würde sie nur an der kurzen Leine gehen und 3-4x die Woche Freilauf auf einer Wiese bekommen. Das gibt es ja durchaus, deswegen meine Nachfrage dazu.

  • Ich würde tatsächlich den Hund nicht so oft in solche Situationen bringen.

    Muss der Hund denn mit in die Drogerie?

    Und im Bus - wenn es sich nicht vermeiden lässt, dann Maulkorb drauf und Aufpassen und den Hund so kontrollieren, dass sie eben auch keine 2 Schritte mal eben zu jemandem hin laufen kann.


    Versteh mich nicht falsch - ich kriege keine Vollkrise, wenn ich im Bus mit dem Hund bin und jemand den mal streicheln will. Alles halb so wild. Mein Hund weiß aber, dass jeder erst mal an mir vorbei muss.

    ABER für euch, so wie es jetzt ist, ist es eben schwierig, ich würds erst mal vermeiden.


    Ach ja: Und ganz viel Kontaktaufnahme lässt sich verhindern, wenn man selbst alle Leute ignoriert und gelangweilt-ignorant guckt. Der Hund schaut sich das ab.


    Ich hab ja auch so ein Exemplar. Der ignoriert alle, weil er das so gelernt hat. Wenn ich aber jemanden anspreche oder auch nur anschaue, zieht er sofort den Schluss daraus, dass dieser Mensch ihn "was angeht".

  • Meine Kleinpudelhündin Cara war auch lebenslang sehr an Menschen interessiert. Das war für mich eine große Umstellung, denn meine beiden früheren Hunde waren höflich-zurückhaltend (Schäferhündin) bzw regelrecht scheu (Sheltie) gegenüber Fremden gewesen. Caras ausgeprägte Kontaktfreude war mir zunächst wesensfremd, aber ich habe gelernt, damit umzugehen.


    Daß man nicht einfach auf jeden Menschen zulaufen und mit ihm kontaktieren darf, war in Caras Jugend eines unserer wichtigeren Erziehungsthemen. Als Junghund neigte sie zB dazu, sich schon von Leuten eingeladen zu fühlen, die lediglich mit dem Handy telephonierten. :roll:
    Mit 16 Monaten war das Thema auch bei uns noch lange nicht durch.


    Das Verhalten kann verschiedene Ursachen haben. Meiner Meinung nach ist es aber keineswegs immer ein Konfliktverhalten.

    Pudel sind bekanntermaßen "Menschen"hunde, in dem Sinne, daß Menschen als Sozialpartner für sie die allerwichtigste Rolle spielen. Wenn ich mit Cara in die Welpenstunde ging oder mich mit Hundebekannten zum Spaziergang traf, begrüßte sie die Menschen stets zuerst und danach eventuell auch die Hunde.

    Cara genoß es lebenslang, von Menschen, auch Fremden, beachtet und bewundert zu werden. Und natürlich taten ihr viele den Gefallen. Wenn sie zB in der Straßenbahn zu meinen Füßen saß, scannte sie aktiv die Gesichter der Leute und wer sie dann anlächelte, der hatte verloren wurde angeflirtet. Mit seelenvollem Augenaufschlag, an-die-Beine-Schmiegen, das ganze Programm. Nach kurzer Zeit hatte Cara dann genug, wandte sich wieder ab und gegebenenfalls der nächsten Person zu oder sie zog sich zu mir zurück.

    Wichtig war ihr, das lernte ich im Laufe der Zeit, den Kontakt nach ihrem Wunsch zu beginnen und auch wieder zu beenden.


    Das alles war aber kein Stressverhalten oder Fiddeln, sondern eher Unterhaltungsprogramm für meine Pudeline. (Auch genannt: "das Partygirl".) :hust:


    Da dieser Wesenszug einfach zu ihr gehörte, auch wenn ich zunächst sehr damit gefremdelt habe, wollte ich ihr diese Kontaktfreude auch nicht komplett aberziehen, das wäre gegen ihren Charakter gegangen. Ich habe aber intensiv und auch erfolgreich daran gearbeitet, es unter Kontrolle zu bringen. Sie durfte gelegentlich flirten, wenn ich es erlaubte, nach Absprache mit den Betreffenden. Aber nicht immer und überall, und Ein "Platz", "Halt" oder "Nein" galt auf jeden Fall auch wenn jemand noch so nett Dutzidutzi flötete.

    (Auch wenn das Gegenüber mich bösen Hundequäler dann nicht mehr liebhatte. :roll:)


    Was im Welpen und Junghundealter noch recht wahllose Aufdringlichkeit war, wurde mit der Zeit immer weiter differenziert, siehe Beispiel oben. Ich konnte es erlauben oder verbieten, je nach Situation. Cara ist auch nicht eskaliert und den Leuten vor lauter Aufregung ins Gesicht gesprungen, daher konnte ich Kontakt zulassen, ohne die Leute zu verschrecken. Die handliche Größe ist da natürlich auch ein Vorteil.


    Obwohl das Anbiedern bei Fremden seinen Ursprung sicherlich im aktiv/unterwürfigen Welpenverhalten hat, hat Cara im Laufe der Zeit einen durchaus erwachsenen Umgang damit erlernt.


    Diese Neigung hat ja auch positive Aspekte. Man macht Menschen Freude. Es war oft berührend, die Leute lächeln zu sehen, und viele nette Gespräche haben sich dadurch ergeben. In den letzten Jahren waren Cara und ich ein ehrenamtliches Besuchshundeteam in Seniorenheimen. Dafür sind menschenfreundliche Hunde gesucht. Davor waren wir schon in einer ähnlichen Tätigkeit, haben Schulklassen besucht und Kindern den Umgang mit Hunden vermittelt.


    Man muß natürlich dabei gut unterscheiden, ob der Hund fiddelt, also soziale Annäherung als Konfliktlösung zeigt, oder ganz unbefangen Kontakt sucht.


    Ich hoffe, meine Erfahrungen machen dir etwas Mut. Ein Hund von 16 Monaten ist schon so groß und wirkt schon so erwachsen, daß man gelegentlich zu viel von ihm erwartet, gerade was Themen rund um Selbstkontrolle und sich zurücknehmen betrifft. Manches dauert aber doch etwas länger und dann ist Durchhalten die Parole. In dem Alter konnte ich auch von Cara einiges noch nicht verlangen, was später eine Selbstverständlichkeit war, zb ohne Leine an ballspielenden Kindern vorbeigehen. Da hätte ich in dem Alter niemals erwartet, daß das mal kein Thema mehr sein würde.


    Aber die 1-2 x pro Woche (oder auch weniger, das kommt auf die Woche draufan, sind auch mal 0 Mal) sind die unvermeidbaren. Also zum Beispiel jemand fragt ob er sie streicheln darf, ich sag nein und trotzdem ist die Hand schon auf ihrem Kopf. Oder aber ich sitze auf einer Bank und schreibe SMS, eine Frau geht ruhig vorbei und auf meiner Höhe lockt sie Tara plötzlich und streichelt sie.


    Da mußt vor allem du selbst noch an dir arbeiten. Beide Situationen waren vermeidbar. Vorausschauend und aufmerksam agieren ist aber Übungssache.

    Den Hund so platzieren, daß du immer zwischen dem Menschen und deiner Hündin stehst und blitzschnell entweder Hund oder Mensch blocken kannst.


    Mit deiner Hündin kommunizieren und nicht mit dem Smartphone. ;)

    Das meine ich übrigens in keiner Weise ironisch. Es ist mir zur zweiten Natur geworden, draußen immer mindestens ein Auge am Hund zu haben. Das funktionierte prima, auch wenn ich mit Bekannten unterwegs war und mich lebhaft mit ihnen unterhielt, also geistig nicht 100 % beim Hund war. Meine Cara hielt auf Spaziergängen stets guten Kontakt, achtete auf mich und blieb in meiner Nähe, ein richtig braver Hund.


    Eine Zeitlang wollte ich aber ein Smartphone-Spiel namens Ingress spielen, bei dem man sich draußen bewegt und an bestimmten Punkten Spielaufgaben erledigen muß. (Ein direkter Vorgänger von Pokemon Go.)

    Und meine so toll erzogene Hündin merkte, daß meine Aufmerksamkeit komplett weg war - mit beiden Augen am Smartphone - , sagte sich "das kann ich auch", machte sich selbstständig und ging ihren eigenen Interessen nach. Ich hab das Spiel dann sein gelassen, denn ständig anleinen wollte ich Cara auch nicht.

  • dagmarjung , das hast Du sehr schön geschrieben, vor allem den positiven Aspekt, Menschen zum Lächeln zu bringen.


    Ja das kann Chilly auch sehr gut und er tut manchen Menschen einfach richtig gut. :smiling_face_with_hearts:

  • Cara genoß es lebenslang, von Menschen, auch Fremden, beachtet und bewundert zu werden.

    Solche Hunde kenne ich auch. (Habe sogar ein solches Exemplar.)


    Es ist aber aus meiner Erfahrung in meiner Hundeschule so, dass Mischlinge aus Pudel und Retriever leider tatsächlich oft genetisch bedingt ein Stressproblem mit fremden Menschen haben und sie dieses Verhalten aus Übersprung und als gefühlt "notwendig, damit einem nichts passiert" zeigen.


    Meiner Erfahrung nach ist es bei solchen Hunden wichtig und hilfreich zweigleisig zu fahren und zu üben, dass sie sich immer so schnell wie möglich aus dem Kontakt zu einem Menschen zurückziehen. Kontakt beginnt dann, wenn der Hund es "fühlt". Also, er sich gedanklich damit beschäftigt. Das ist weit vor irgendeinem Körperkontakt. Das übe ich über bergeweise Belohnung, etabliere dann aber im Trainingsverlauf auch Zurückweisung durch mich über aversive Methoden. Aber auch hier macht einem der Retriever dann gerne mal das Leben schwer, weil mancher auf Strafe mit überdrehtem Anspringen irgendeines Auslösers reagieren möchte. |)

  • Kaya ist auch grundsätzlich kontaktfreudig und an Menschen interessiert. Mein Ziel war nicht, dass sie völlig ignorant wird, sondern dass sie sich dabei benehmen kann. Ich habe hier ja Dorfsituation, d.h. man kennt sich zumindest von sehen und völlig fremde Leute laufen hier selten rum. Konsequent unterbunden von klein an habe ich jegliches Anspringen. Bei mir selbst und bei anderen. Wenn ich nicht wollte, dass sie zumindest hinläuft und abcheckt, ob sie ein paar Streicheleinheiten oder noch besser Lecker abstauben kann, musste als Junghund die Leine dran, sonst hätte sie nicht gehört, weil Menschen sind sehr interessant.

    Mit dem Älterwerden hat sich trotzdem eine weitgehende Ignoranz entwickelt. Sie ignoriert Spaziergänger und Passanten, will auch nicht hin, wenn ich stehenbleibe und kurz plaudere. Wenn sie aber jemand lockt, dann reagiert sie meistens, aber da dann beide Seiten offenbar Kontakt wollen, Kaya ruhig und gesittet ist, ist das für mich okay. Sie wendet sich auch recht schnell wieder ab.

    Bei Kindern muss ich ein Hinlaufen aktiv verbieten, sonst hätten gerade die Kleinen eine Zunge im Gesicht. Kaya ist ein menschenfreundlicher Hund und mir gefällt das auch an ihr.

    Sie ist auch als Junghund mal hingelaufen, weil ich geschlafen habe, auch zu Leuten, die das nicht so prickelnd fanden, aber da hat jetzt bei ihr keiner gleich mit dem Ordnungsamt gedroht, wenn man sich entschuldigt hat und erklärt, dass der Hund noch jung ist und noch lernt.

    Wie restriktiv man mit dem Thema umgeht, kommt für mich auf den Hundetyp, die örtlichen Gegebenheiten und ein bisschen auf die eigene Einstellung an. Für manche aus dem Forum sehe ich das wahrscheinlich zu locker, aber Kaya ist jetzt Fünf und ich hatte deswegen nie ernsthaften Ärger, auch nicht als sie noch jünger und kontaktfreudiger war.

  • Ich übe das hier etwas anders, bzw offenbar ähnlich wie Kaya.

    Immer im Hinterkopf behalten, ich lebe nicht in Deutschland und bewege mich in Regionen mit wenigen Menschen.


    Ich gehe nicht über die Schiene "keinen Kontakt erlauben", sondern übe mit Yara, wie ein Kontakt positiv aussieht.


    Anspringen geht gar nicht, aufdringlich sein auch nicht, aber nett Kontakt aufnehmen ist OK. Insbesondere wenn das von den Menschen gewünscht ist.

    Dh ich hocke oft neben ihr helfe ihr sich runter zu fahren und so ihre neuen besten Freunde zu beglücken.

    Es wird langsam besser mit ihr. :pfeif:


    Meine Theorie ist, nicht nur zu verbieten was unerwünscht ist, sondern zusätzlich erklären was erwünscht ist.


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    Die haben wir an der Seilbahn getroffen. Es wurden immer mehr Mädchen, Yara hat sich geräkelt und hat niemanden umgebombt. Kinder und Hund waren verzückt.

    Ich fand das ein positives Erlebnis für alle (außer für die Betreuer der Jugendgruppe, die wollten weiter 😂).

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