Gerne dabei oder doch eher Kontrolletti?

  • Ich habe hier schon viel über kontrollierende Hunde und kontrollierendes Verhalten gelesen und würde das gerne mal etwas sortieren, um es besser zu verstehen. Garnicht unbedingt weil ich glaube das mein Hund kontrolliert , sondern eher weil ich es gedanklich einfach noch nicht ganz durchstiegen habe, was hier in vielen Beratungs-Threads so verteilt an Tipps und Hinweisen kam :)


    Gibt es Hundetypen, die besonders zum kontrollieren neigen? Unterscheidet sich die Form des kontrollieren je Hundeart?

    bisher habe ich verstanden:

    => Hütehund neigen zum kontrollieren (=hüten)

    => Wachhunde neigen zum kontrollieren (=wachen)

    => Hunde mit Schutztrieb neigen zum kontrollieren (=Schützen)

    Das sind verschiedene Motivationen die hinter dem Kontrollieren stehen. Äußert sich das dann in anderem kontrollierenden Verhalten?


    Apropros kontrollierendes Verhalten: was ist denn alles kontrollierendes Verhalten? Vorauslaufen beim Gassi gehen (?), in der Wohnung nachlaufen, immer in der Nähe liegen, auf dem Platz mit der besten Übersicht liegen? Wo ist da die Grenze zu "ist halt gerne beim sozialen Verband"? Oder gibt es das garnicht?


    Und: Wo muss man aktiv unterbinden und warum? Immer irgendwie in der Nähe liegen und schlafen finde ich eigentlich nett. Aber wenn ich das zulasse - verliere ich dann die Weltherrschaft? (genauso wie beim Sofa :winking_face: ) Klar, wenn man selbst wie eine Ressource verteidigt wird ist es schief gelaufen, aber ab wann kippt es? Gibt es da nur Schwarz oder weiß oder auch einen (hundeabhängigen) Grauton, der noch vertretbar ist?


    Ich hoffe auf einen spannenden Austausch mit euch Erfahrenen. Gebt mir was zu lesen :nerd_face:

  • => Hütehund neigen zum kontrollieren (=hüten)

    => Wachhunde neigen zum kontrollieren (=wachen)

    => Hunde mit Schutztrieb neigen zum kontrollieren (=Schützen)

    Mmh, das ist nicht ganz richtig.


    Hüten = Jagen = Beute unter Kontrolle halten, damit man sie packen und töten kann. Wenn Hütehunde ihren Menschen permanent nachlaufen, hat das nichts mit Hüten zu tun, sondern basiert darauf, dass sie für die Arbeit am Vieh darauf selektiert sind immerzu bereit für ihren Job zu sein und ständig fragen was zu tun ist, wenn man das nicht unterbindet.


    Wachhunde müsste man noch unterscheiden. Meinst Du Hunde, die ihre Sozialpartner schützen? Die müssen eine enge Bindung zu denen eingehen, damit das überhaupt funktioniert. Sie sind immerzu in der Nähe um bewerten zu können, ob Gefahr auftaucht.


    Wachhunde, die auf ein Gelände bezogen wachen, sind eigentlich eher autark. Nur, wenn man sie mit nach draußen nimmt, richten sie sich am Besitzer aus, zeigen dort aber nicht ein solches Territorialverhalten wie auf ihrem Territorium. Es sei denn, man hält sich länger an einer Stelle auf. Dann gehen die aber auch das Gelände erkunden um zu wissen wo die Grenze ist.


    Schutztrieb ... ich vermute, damit meinst Du das Verhalten eine Beute zu verteidigen? Oder hast Du das, was man früher "Schutzdienst" nannte im Kopf - also den Sport? Diese Hunde sind im Jagdverhalten auf eine bestimmte Beute - den Ärmel.

  • Hüten = Jagen = Beute unter Kontrolle halten, damit man sie packen und töten kann. Wenn Hütehunde ihren Menschen permanent nachlaufen, hat das nichts mit Hüten zu tun, sondern basiert darauf, dass sie für die Arbeit am Vieh darauf selektiert sind immerzu bereit für ihren Job zu sein und ständig fragen was zu tun ist, wenn man das nicht unterbindet.

    Ich hatte verstanden, das zum Hüten auch dieser Aspekt des "Bestimmen, wo sich wer/was befindet" gehört, also Weg abschneiden u.ä. Das hatte ich jetzt auch unter kontrollierendem Verhalten einsortiert. Hüten als Form des Jagens hatte ich jetzt garnicht auf dem Schirm, interessant!


    Wachhunde müsste man noch unterscheiden. Meinst Du Hunde, die ihre Sozialpartner schützen? Die müssen eine enge Bindung zu denen eingehen, damit das überhaupt funktioniert. Sie sind immerzu in der Nähe um bewerten zu können, ob Gefahr auftaucht.


    Wachhunde, die auf ein Gelände bezogen wachen, sind eigentlich eher autark. Nur, wenn man sie mit nach draußen nimmt, richten sie sich am Besitzer aus, zeigen dort aber nicht ein solches Territorialverhalten wie auf ihrem Territorium. Es sei denn, man hält sich länger an einer Stelle auf. Dann gehen die aber auch das Gelände erkunden um zu wissen wo die Grenze ist.

    Ich meinte jetzt die "klassischen" Wachhunde die Gelände, Höfe usw. bewachen bzw. früher mal dafür verwendet wurde. Also diese Gruppe um Spitz, anteilig auch Sennenhunde, ChowChow usw.


    Schutztrieb ... ich vermute, damit meinst Du das Verhalten eine Beute zu verteidigen? Oder hast Du das, was man früher "Schutzdienst" nannte im Kopf - also den Sport? Diese Hunde sind im Jagdverhalten auf eine bestimmte Beute - den Ärmel.

    Mit Schutztrieb dachte ich an das "Herrchen verteidigen". Diese Bezeichnung kam ja auch viel in den ganzen Mali- und anderen Gebrauchshunde-Threads immer wieder vor. "Schutzdienst" ist soweit ich das verstanden habe eine Möglichkeit, einen Hund mit Schutztrieb auszulasten und ihm Gerecht zu werden, aber nicht zwangsläufig die einzige.

    Mmh, das ist nicht ganz richtig.

    Ich sach ja, es kommt in vielen Threads vor, aber ich hab das Puzzle noch nicht fertig :face_with_monocle:

  • Apropros kontrollierendes Verhalten: was ist denn alles kontrollierendes Verhalten? Vorauslaufen beim Gassi gehen (?), in der Wohnung nachlaufen, immer in der Nähe liegen, auf dem Platz mit der besten Übersicht liegen? Wo ist da die Grenze zu "ist halt gerne beim sozialen Verband"? Oder gibt es das garnicht?

    Ich kann nur darauf eingehen, weil meine Hündin eigentlich all diese Verhaltensweisen zeigt. Sie hat Verlustängste, basierend auf einer zu frühen Trennung von der Mutter und eine leider unsichere, aber trotzdem starke Bindung zu mir. Da habe ich die ersten Jahre viele Kleinigkeiten falsch gemacht und irgendwann waren wir in einer Art blödem Kreislauf festgehangen.


    Die Verlustangst äußert sich stark beim alleine bleiben, sie heult zum Beispiel herzergreifend, wie man eben heult, wenn man seinen sozialen Verband verliert und denkt, er kehrt nie mehr zurück. In Kombination mit nervösem Suchen und Hecheln, also wirklich Stress


    Zuhause verfolgt sie mich gerne auf Schritt und Tritt, wenn ich sie lasse und liegt immer bei mir, am liebsten direkt danaben. Einen Platz 'abseits' wählt sie nicht von alleine, dann könnte sie mich ja aus den Augen verlieren und ich verschwinde zufällig. Da muss ich sie schon oft wegschicken und finde es tatsächlich schwierig, bei Verlustangst die richtige Balance zwischen Abstand und Nähe zu finden. Vor allem, weil ich außer am Wochenende nicht sehr viel Zeit daheim verbringe.


    Beim Gassi lief sie schon immer voraus, schnüffelt, macht Hundedinge. Was eigentlich die meisten Hunde tun, die ich kenne. Sie hält aber immer mal wieder Rücksprache oder geht phasenweise neben mir. Das würde ich jetzt mal total unäbhing sehen von Verlustangst oder Kontrollwahn.

    Sie geht auch als erste zur Haustür raus, weil sie sich wahnsinnig auf Spaziergänge freut. Ich könnte sie auch ohne Probleme vorher platzieren und sie erst nachträglich holen.


    An strategisch wichtigen Plätzen wie z. B. vor der Terrassentüre mit Blick zum Hof liegt sie immer mal wieder, wenn sie sich sicher sein kann, dass ich in der Nähe bin, Hausarbeit nachgehe etc. Denn fernab ihrer Verlustängste kann sie auch sehr territorial sein und wacht gerne, wenn man sie nicht davon abhält.


    Hier wird quasi kontrolliert wohin ich gehe und wo ich mich aufhalte und dass ich nicht verschwinde. Und dieses Kontrollieren basiert m. M. nach auf der Verlustangst.

    Deswegen denke ich, dass das eine das andere nicht ausschließt.


    Im normalen Alltag, egal bei was oder wo wir sind, ist meine Hündin absolut unkompliziert. Auch mit Artgenossen oder ihrer Umwelt.


    Einen Hund mit einer sicheren Bindung (ohne Kontrollzwang oder Verlustangst) erkenne ich einfach daran, dass er erst mal kein grundlegendes Problem damit hat, entspannt alleine zu bleiben, wenn er es muss.

    Ob er nun deshalb Zuhause lieber in der Nähe seiner Menschen ist, wenn er wählen darf, als erstes zur Tür rausgeht oder beim Gassi vorne läuft, hat damit für mich nichts zu tun.


    Die Gene versch. Rassen tun sicher auch ihren Teil dazu, aber eben genauso die Aufzucht und Erziehung.

  • Ich finde den Begriff auch schwierig, weil er schon quasi eine Interpretation und Wertung des Verhaltens (quasi des Motivs des Hunds) in sich enthält und nicht einfach beschreibt, wie der Hund sich (beobachtbar) verhält. Den Menschen „kontrollieren“ im Sinn davon, dass Mensch sich in den Augen des Hunds nicht adäquat verhält und Hund was dagegen tun möchte, zeigt sich für mich da, wo der Hund den Menschen räumlich bedrängt, eingrenzt, treibt, gezielt Wege verstellt…


    Weder Kontaktliegen noch Vorauslaufen noch Verfolgen heißt für mich per se, dass der Hund kontrolliert, all dem können auch ganz andere Motive zugrunde liegen. Wie ChatSauvagee ja schon beschrieben hat.

  • Ich meinte jetzt die "klassischen" Wachhunde die Gelände, Höfe usw. bewachen bzw. früher mal dafür verwendet wurde. Also diese Gruppe um Spitz, anteilig auch Sennenhunde, ChowChow usw.

    Hm, "kontrollieren" heißt ja auch "steuern" - also Überwachen in der Ansicht, eingreifen zu wollen, sobald etwas nicht nach dem eigenen Idealbild läuft, und natürlich auch das Handeln von jemand anderem aktiv beeinflussen. Ist jetzt meine Interpretation.


    Mein Chow kontrolliert mich nicht. Der "kontrolliert" in dem Sinne auch Fremde nicht.

    Sie sind immerzu in der Nähe um bewerten zu können, ob Gefahr auftaucht.

    Das trifft es eigentlich sehr gut. Er ist nie weit entfernt, meist an einem idealen "Wachposten", um zu schauen, ob alles in meinem Sinne (= nach dem Plan der Bezugsperson) läuft. Hat er das Gefühl, es läuft etwas nicht in meinem Sinne, alarmiert er lieber, statt selbst einzugreifen.


    Beispiel: Ich bin in meinem Büro am Schreibtisch, die Tür ist zu. Mein Mann sitzt an seinem Schreibtisch im Wohnzimmer. Es klingelt an der Tür. Mein Mann lässt sich immer sehr viel Zeit mit dem Aufstehen, wenn's klingelt - der Chow schlägt an. Einmal, dann nochmal, um mich zu alarmieren (+ erhöhte Dringlichkeit durch das zweite Bellen!), dass es geklingelt hat und der Mann sich nicht drum kümmert. Gehe ich an die Wohnungstür, schicke ich ihn hinter mich, wo er den Wachposten im Gang einnimmt, bis ich wieder zurück in der Wohnung bin. Seine Aufmerksamkeit liegt dabei immer noch auf mir. Er kontrolliert mich aber nicht, um eine Situation "in seinem Sinne" und "unter seiner Kontrolle" zu erzeugen, sondern er kontrolliert lediglich als "Co-Pilot" die Lage, um sicherzustellen, dass die Situation "in meinem Sinne" bleibt.


    Natürlich muss ich vorher für ihn definieren, was "in meinem Sinne" ist, zum Teil schaut er sich das auch ab. Er hat auch angefangen, meine zahlreichen Handywecker zu melden, wenn ich die überhöre, ignoriere oder nicht da bin (und mein Handy vergessen habe). xD Das macht er aber üblicherweise ohne Bellen (niedrige Dringlichkeit) und holt mich mit einem Motzen, um mir das Handy zu zeigen. Oder er meldet (wieder leises motzen + Blickkontakt), wenn es anfängt zu regnen und ich die Polster draußen vergessen habe.

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