Rassehundezucht = Die heilige Kuh? Fragen zur Rasseneugründung und gezielten Mischlingszucht

  • Erstmal:
    Ich freue mich sehr über die rege Beteiligung an der Diskussion und hoffe, dass es so schön sachlich bleibt! :bindafür:

    Einige Punkte, die mir ich nochmal aufgreifen/zusammen fassen möchte, weil ich sie persönlich gut nachvollziehbar finde, sind zum Beispiel der Gedanke an Zucht (im Bezug auf die Neugründung einer Rasse) als Projekt, dass in der heutigen Zeit aus ethischen und wirtschaftlichen Gründen kaum mehr möglich ist.

    Ein Haufen F1 Mischlinge machen keine Rasse, aber um wirklich in kurzer Zeit eine neue, auf welche Eigenschaft auch immer, selektierte Rasse zu züchten bedarf vieler, vieler Würfe. Diese alle vernünftig aufzuziehen und die 'Überbleibsel', die eben nicht dem angestrebten ZZ entsprechen gut unterzubringen ist als Einzelperson mit einer fixen Idee wohl nicht möglich.
    Das wir hier die ganze Zeit rein hypothetisch und von VERANTWORTUNGSVOLLER (im Bezug auf die Gesundheit zB) Zucht reden, sollte klar sein. Ich meine mit diesem Thread nicht Leute, die einfach irgendwelche Hunde Verpaaren fürs Geld, weil sie halt so einen Welpen haben wollen oder warum auch immer.
    Außerdem finde ich es befremdlich, dass einige beispielweise einen Doodle Züchter, der auf ausgewählte, gesunde Elterntiere und verbünftige Aufzucht achtet, in die selbe Kategorie (namentlich "Vermehrer") stecken, wie die Produzenten der Welpen, die man vom Polenmarkt kaufen kann.
    Nochmal: Ich sehe die ganze Doodlei auch kritisch, aber die Welt ist nicht ausschließlich schwarz-weiß.

    Viele scheinen zu denken, dass Sporthunde weniger geliebt werden, nur weil sie für den Sport angeschafft (oder halt gezüchtet) werden. Ein ambitionierter Hundesportler wird sich auch jetzt einen Hund entsprechender Rassen und mit entsprechenden Erwartungen kaufen.
    Mal ganz davon abgesehen, lieben die meisten Hundesportler ihre Hunde sehr und sehen sie keinesfalls nur als Sportgeräte, eigentlich eher das Gegenteil.

    Aufs Agi bezogen (das Thema kam ja auch auf), gibt es im Large sicherlich mit dem Border schon DEN Sporthund. Und da innerhalb der Rasse wie schon angesprochen dann entsprechende Zuchtrichtungen auf noch optimalere Sporteignung. (Auch hier will ich jetzt nichts bewertend dazu schreiben)
    Bei den kleinen ist die Sache da anders. Viel heterogener. Da scheint ja in Amerika z.B. Border x Papillon für Mini Border sehr im Trend zu sein. :ka:

    Die Frage habe ich mir tatsächlich gestellt. Dann habe ich mir gedacht: Nein, du züchtest keine Agihunde sondern Bergers und die Natur hat sich schon was beim Standard seiner Rasse gedacht und ich halte nichts davon darin in Form von Größe reinzupfuschen.


    Das Statement fand ich irgendwie lustig. Die Natur hat sich doch beim Standard garnichts gedacht. Die Größe ist vom Menschen so raus gezüchtet und dann halt irgendwann mal schriftlich als Standard so festgehalten worden. Beim Berger vielleicht, weil sich Hunde in der Größenklasse eben am Besten für die Arbeit am Tier/in bestimmten Terrain/was auch immer geeignet haben.
    Außerdem sagst du:

    Fellbeschaffenheit usw wären bei mir hingegen zweitrangig, liegen ja eh alle auf der Coach und müssen nicht mehr draußen schlafen.

    Einem Showlinienzzüchter (jetzt nicht speziell auf den Berger bezogen) ist vielleicht dafür genau das wichtig. Die Tendenz zu immer massigeren Fellbergen zieht sich in Showlinien ja durch viele Rassen und das hat dann idR mit Funktionalität und Standardgerechten Hunden im Sinne der ursprünglichen "Gebrauchbarkeit" der meisten Rassen auch nichts mehr zu tun.
    Sofern also keine gesundheitlichen Einschränkungen (zB durch Zwergenwuchs) zu befürchten sind, finde ich *persönlich* es nicht verwerflich, Hunde am unteren Ende des Standards zu züchten, um zum Beispiel coole Sporthunde zu züchten.

    Als Welpenkäufer mit Interesse am Sport finde ich es schon Interessant zu sehen, wie die Verwandschaft so läuft. (Ist aber kein K.O. Kriterium für mich persönlich)
    Ich weiß auch nicht, mit was für Leuten die meisten hier verkehren....aber ich behaupte jetzt mal in MEINEM Sport (Agility) schon etwas rum gekommen zu sein und ich kann jetzt (aus rein persönlicher Erfahrung) nicht die Empfindung bestätigen, dass ständig Hunde abgegeben werden, die halt 'nicht taugen', eigentlich eher im Gegenteil.

  • Es gibt aber Hunde, die nicht zufrieden sind, mit nur auf dem Sofa liegen und dreimal am Tag tatagehen.Mit denen muß man arbeiten, sei es jetzt im Hundesport/Schutzdienst oder sonst irgendwas.

    Das macht den Hund doch aber nicht zum SportGERÄT.

    Es ist ein Unterschied, ob das Lebewesen Mensch und das Lebewesen Hund gemeinsam (und evtl.auch erfolgreich) etwas machen, was beiden Spaß macht - oder ob das Lebewesen MENSCH eine Funktion in den Vordergrund stellt, bei der das Lebewesen, welches diese Funktion erfüllen soll, einfach in den Hintergrund gerät.

    Das passiert mMn z.B. bei diesen Mix-/Zuchtversuchen in Richtung auf Flyballtauglichkeit, weil andere (rassetypische) Merkmale dabei zu sehr in den Hintergrund geraten.

    Auch ich mache Sport mit meinen Hunden :smile:

  • Ja nur Zucht geht weit über die F1 Generation hinaus und endet nicht mit selbiger. Es bleibt bei dem Gedoodle also beim Vermehren.

    Zudem habe ich bei so einer Aktion eben nicht den Griff auf den Pool von Daten wie ich in bei der Zucht im VDH habe. Ich kann also nicht sehen, welche Krankheiten oder Verhaltensauffälligkeiten bei den Urgroßeltern und weiter vorn waren..... sondern hab nur die Elterntiere.

    Nutzt mir aber nix, wenn Uropa väterlicherseits aber ein übersteigertes Aggressionpotenzial hatte oder Tante mütterlicherseits Erbkrankheit xyz ......

    Und dann wundert man sich, das da plötzlich ED, HD oder ähnliches auftaucht oder die Hunde ein absonderliches Verhalten zeigen oder Jagd- bzw. Hütetrieb zeigen, den Lieschen Müller dann eben doch nicht gebacken bekommt.

  • Es ging hier aber auch nicht speziell um Doodles, sondern um Zucht außerhalb der aktuellen Bestimmungen der Rassehundevereine generell.

    Wenn man es vernünftig macht, mit Untersuchten Tieren und Ahnennachweiß etc., und genau davon rede ich ja, nicht von Lieschen Müller, deren Pudel mal Mama werden soll, soll das ja grade nicht passieren.

  • Ich bin im ZHS unterwegs, beziehe mich also im Weiteren hauptsächlich auf Hounds und co, die dort "gezüchtet" werde.

    Es stellen sich aber immer mehrere Fragen: Welche Vorteile hat die Mischung tatsächlich gegenüber vorhandenen Rassen?

    Hounds, egal welcher Schlag, sind auf den in Europa üblichen Distanzen einfach deutlich schneller als die "reinrassigen". Das Tempo, in dem viele (nicht alle!) "reinrassige" unterwegs sind würde mich auf Wettkämpfen ehrlich langweilen, selbst mein 40+cm Jagdhund ist da deutlich schneller.

    Neben verschiedenen Hound-Schlägen wird auch noch der Alaskan Husky und Greyster eingesetzt, neben einer bunten Rasse(mix)-Vielfalt.


    Ich finde es ganz furchtbar, wenn Hunde auf Leistung im Sport gezüchtet werden.

    Damit wird nur das Bedürfnis des Menschen, sich mit einer Sportskanone profilieren zu können, bedient.

    Das Lebewesen Hund wird damit zum Produkt, und DAS wird ihm nicht gerecht.

    Ich persönlich brauche keinen Hund, der speziell für meinen Sport gezüchtet wurde. Ich brauch aber auch keinen Hund, der keinen Spaß an meinem Sport hat. Damit wird bei mir ganz klar selektiert wer einzieht. Nämlich jemand der die selben Interessen hat wie ich, in dem Fall Tempo und Rennen.
    Warum sollte ich mir jemanden auf's Sofa setzen, der von vorne herein keinen Spaß an meinem Lebensstil hat? Dann werde ich dem Hund nicht gerecht, oder?

    Wenn jemand Spaß und Ambitionen am ZHS hat und meint einen gezüchteten Welpen zu brauchen, dann würde ich eher zu den "Mixen" raten, als zu "reinrassigen".
    Zumindest im Mono-Sport stellen Mensch und Hund ein Team dar das so stark ist, wie das schwächere Mitglied.
    Warum also einen Hund nehmen, der dann "schwächer" ist, als der menschliche Partner? Wenn es auch anders geht?

  • @LouMaus ich kann am Handy leider nicht so ganz zitieren, deshalb fasse ich mal zusammen.
    Ich glaube schon, dass sich die Natur was bei der Größe denkt. Warum sind Herdenschutz Hunde groß und warum Gesellschaftshunde klein? Daher glaube ich schon, dass so etwas auf Dauer zu gesundheitlichen Problemen führt, wenn man damit Rum experimentiert. Viele Bergers, die man im Agi sieht, sind komplett aus dem Standard draußen, da viel zu klein. Das wissen nur viele nicht. Meine Hündin wird in Agi Kreisen immer als groß betitelt. Nein, ist sie nicht, sie ist komplett mittig im Standard.
    Zum Thema Fell: ich kann mir nicht vorstellen, dass es gesundheitlich schlimm ist, wenn sich Fell verändert. Wobei ich auch diesen mega Plüsch schon schrecklich finde aufgrund der Ausstellungen.
    Wenn man sich viele Rassen von vor 100Jahren anschaut und heute ist es ein Trauerspiel, was der Mensch draus gemacht hat und damit meine ich jetzt nicht die typischen "Agirassen", dennoch bin ich gespannt, wo uns der Sport hinführt. Mir schwebt schon böses vor, da es nie gut ist, wenn der Mensch in irgendwas optisches oder funktionelles eingreift.
    Klar, schaut man, was Nachzucht macht auch in Hinblick auf Sport, warum auch nicht. Dennoch ist das keine Garantie, dass mein Welpe später auch so wird.
    Zum Thema abgeben: es kann sein, dass ich da etwas gebrieft bin, da mit der Schwester von meiner genau das passiert ist. Ich möchte gar nicht sagen wer es war. In ihrem jetzigen Zuhause geht es ihr bestens, daher alles gut, trotzdem irgendwie traurig....
    Aber da muss sich nicht der Standard der Hunde ändern, sondern die Regeln des Sports, was meiner Meinung nach eh schon längst überfällig ist....

  • Herdenschutzhunde sind groß, weil große Hunde Wölfen etwas entgegen zu setzten haben. Der Mensch nimmt die größten, furchtlosesten Exemplare mit an die Herde. Und wenn er nicht gezielt auf die Gebrauchsfähigkeit selektiert, macht es halt der Wolf, der die zu kleinen/zarten Exemplare zum Frühstück frisst.

    Ebenso beim Gesellschaftshund. Der Mensch will etwas leibliches, kleines, für den Schoß. Also werden nur die kleinsten, nettesten Individuen verpaart.

    Extreme tun keiner Rasse gut. Extrem groß, extrem klein, extrem viel Fell, extrem wenig Fell.
    Und ist die Tierart Hund an sich nicht das beste Beispiel für den Eingriff des Menschen? Den perse als schlecht anzusehen, würde ich so nicht unterschreiben.
    Extreme und übertypisierung sind das was Rassen kaputt und Tiere krank macht.

  • Es ging hier aber auch nicht speziell um Doodles, sondern um Zucht außerhalb der aktuellen Bestimmungen der Rassehundevereine generell.

    Wenn man es vernünftig macht, mit Untersuchten Tieren und Ahnennachweiß etc., und genau davon rede ich ja, nicht von Lieschen Müller, deren Pudel mal Mama werden soll, soll das ja grade nicht passieren.

    Ahnentafeln muss man lesen können und die Informationen dazu wissen, die nicht drin stehen. Und das nicht nur die 4 oder 5 Generationen, die im Stammbaum stehen.
    Übrigens haben die meisten Hunde beim Gedoodle keine Zuchtzulassung vom VDH.

    Grad heute schönes Beispiel: Großpudel aus dem VDH vermehrt sich munter über Ebay Kleinanzeigen beworben und deckt alles, was nicht bei drei auf dem Baum ist. Dass da Morbus Addison hinter steht und die Hunde dahinter ein gelinde gesagt nicht ganz pudeltypisches Wesen haben, sieht man der Ahnentafel nicht an. Geworben wird mit der Vdh Ahnentafel. Der Hund ist aber Kryptorchide und würde nie eine formale Zulassung bekommen, mal abgesehen davon, dass die ersten beiden Punkte eh schon nicht toll sind und den Rüden auch ohne formale Fehler für die Zucht disqualifizieren sollten.

    Herzlichen Glückwunsch, jetzt macht mit dem Hund schön weiter, da kommen garantiert bessere Mischlinge raus. Und wenn eine Nachzucht krank wird, sind die Rassehunde und "die Zucht" Schuld.

  • Möchtest du mir nicht zuhören?
    Nochmal, ich rede von verantwortungsvoller Zucht. Was du beschreibst ist eben genau das nicht.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!