Zum Thema "Rudelführer und Rudel"

  • Ich habe nun gefühlt alles an "Methoden" durch bzw. gesehen.
    Von Klicker über Rudelstellungstheorie a la Barbara Ertel bis zu Rüttelflasche etc.
    Immer beeinflusst durch (ehemals) befreundete Hundehalter.


    Mittlerweile lautet meine Methode: Bauchgefühl und liebevolle, durchschaubare Konsequenz.
    Ich lerne gerade ganz viel Geduld, gehe sehr ruhig mit meinen Hunden um und dennoch bekommen sie natürlich klare Grenzen. Sie sind leider etwas abgestumpft aber es wird von Tag zu Tag besser und die Hunde sensibler auf mich.
    Mein kleines Rudel ist seitdem unglaublich tiefenentspannt geworden! Untereinander keine Spannungen, sehr freudige Hunde, die einfach Spaß haben und stellenweise mit dem Echo ihrer Taten umgehen müssen.
    Ich bin die letzte Instanz, die die das Rudel schützt und sagt wo es lang geht. Kann man Rudelführer nennen, muss man aber nicht.


    Das schlimmste was mir in dem Kontext untergekommen ist, war übrigens definitiv die Rudelstellungstheorie ... nie wieder!

  • Hier leben fünf sehr unterschiedliche Hunde und mehrere Menschen zusammen.


    Hier lebt Rambo Hudson, der auch mit 11 Jahren, immer noch gerne die Menschen testet, immer noch gerne mit Zahn und Körpereinsatz seine Bedürfnisse zeitnah befriedigen will und dabei, ähm, nichts für animositäten übrig hat.


    Dann june, Chefin unter den Hunden. Sie ist der ruhende pol. Sie setzt sich mit Selbstbewusstsein und wenn es sein muss, einer beherzten kurzen Maßregelung durch.


    Reeba, ist junes rechte hand. Sie ist oft schlechter Laune und verlangt ein geordnetes und höffliches verhalten. Die Erziehung dazu, überläst sie june. Sie erklärt nur, wenn es ihr nicht passt.


    Nevis, ist das Baby. Und so behandeln ihn alle. Er darf fast alles, bei den althunden. Und er verhält sich auch wie das Baby. Er ist ein sehr sensibles Hündchen. Seine Kritikfähigkeit ist im Minus Bereich anzusiedeln. Eine Maßregelung von einem anderen Hund und er fällt in "Ohnmacht". Ein lautes Wort von mir und er ist total verunsichert.


    Shee shee, ist die Prinzessin. Regeln sind ihr ein Fremdwort und sie ist der ultimative Freigeist. Unter den Hunden hat sie ihren Platz, aber da sie es mit irgendwelchen regeln so gar nicht hat, pocht sie nur auf ihre individualdistanz und ist sonst ein ziemlicher Sonnenschein.


    Über diesen Haufen, von mir der einfachheitshalber "Rudel" genannt, probiere ich, mehr oder weniger erfolgreich, die Oberhand und die Kontrolle zu haben, zu behalten und immer wieder zu bestätigen.
    Ganz vieles ist positiv, wird positiv aufgebaut und positiv bestärkt (ja nach Hund). Aber es gibt hier Konsequenzen für Regelverletzungen und andere Dinge, die ich nicht möchte. Ich bediene mich da am liebsten meiner Stimme und die reichte auch bis jetzt immer. Verliere ich mal die Nerven? Wird seltener, aber klar, kommt vor. Können die Hunde damit umgehen? Ja, klar. Sie selber reagieren auch mal über.


    Ich leite die Truppe, sage was erwünscht ist und was nicht. Konsequenzen gibt es prompt, Lob auch.
    Es ist nicht immer alles lustig und toll. Rudelführer und Rudel benutze ich nur der Einfachheit nach. Trotzdem gibt es hier keine Demokratie. Die Hunde entscheiden gar nichts. Ich entscheide, ohne Abstimmung vorher. Ich verwalte Ressourcen, ich entziehe Freiheiten, ich regele unser Zusammenleben. Ich lobe, ich maßregele, ich bestimme. Untereinander dürfen die Hunde auch selber gewisse Dinge klären,Aber nur im eigenen Rudel und mit ganz engen Freunden. Mit fremdhunden nicht.


    Ich bin kein Hund und kann darum kein rudelführer sein. Allerdings führe ich meine hundegruppe. Anders geht das nicht.


    Ich benutze die begrifflichkeiten Rudel und rudelführer trotzdem manchmal. Wobei rudelführer selten. Den Begriff Rudel, ersetze ich vermehrt durch meine "Gruppe, oder Hundegruppe". Ich meine damit meinen sauhaufen an Hunden.


    Lg

  • Einem souveränen Rudelführer passiert so etwas nicht (und er wirft auch nicht mit Flexileinen, er maßregelt auf eine Art, die wir niemals auf die Kette bekommen können und verzeiht schneller, als wir es je könnten)!

    Ich glaube nicht, dass der imaginäre Rudelführer sich dafür interessiert, ob der Beta Gamma Omega im Gebüsch verschwindet.


    Das ist doch der springende Punkt. Das was wir von unseren Hunden wollen, hat doch keinerlei Parallelen in irgendeiner frei imaginierten Rudelwelt, sei es von Wölfen oder Hunden.


    Unter Wölfen oder freilebenden Hunden sieht das Zusammenleben vollkommen anders aus, als zwischen Mensch und Hund. Der wichtigste Unterschied ist die totale Abhängigkeit des Hundes vom Menschen.


    "Echte" Rudel sind Gemeinschaften auf Zeit, die Jungtiere verlassen sie mit dem Erwachsenwerden, müssen sie sogar.
    Und Gruppen, die sich zeitweise aufgrund des Nahrungsangebots etc. zusammenschliessen, ob man das nun Rudel nennt oder nicht, können vom Individuum verlassen werden oder Individuen werden vertrieben, wenn Konkurrenz entsteht oder ein stärkerer eine Ressource beansprucht.


    Der Hund kann nicht gehen. Auch wenn sich der Mensch noch so sehr als der stärkere beweist, was eigentlich zur Folge hätte, dass sich der Unterlegene verkrümelt, er muss bleiben. Türen, Leinen, Zäune sorgen dafür. (Und eine angezüchtete Abhängigkeit vom Menschen).


    So gesehen ist der Mensch eher der Gefängniswärter als ein Rudelführer....


    Diese ganze romantische Sch*** vom Rudelführer (und ich meine jetzt nicht den umgangssprachlichen Gebrauch, der einfach nur meint, man ist halt der Manager und Brötchengeber der Truppe) verschleiert nur die Tatsache, dass der Hund sich nun mal nicht aussuchen kann, ob er bei uns bleibt oder nicht.


    Und ja, mein Hund ist auch sehr anhänglich und menschenbezogen. Ich finde es aber mehr als naiv, zu glauben, das läge an meiner Wahnsinns-Rudelführer-Ausstrahlung. Es liegt vor allem mal an der Domestikation und der Rasse.


    Dass Erziehungsmethoden sehr individuell sind (ich kann nicht mit Sachen schmeissen, dafür ist der Hund viel zu schnell...) ist unbestritten und einfach ein ganz anderes Thema.

  • Von den m. E. äußerst brutalen - ich nenne sie mal "Hundeplatzmethoden" - halte ich gar nix!

    Und ganz ehrlich - nur mit SchmusiBusi würde das weder hier noch woanders klappen.

    Ich kann mir ehrlich gesagt weder unter "Hundeplatzmethoden" noch unter "SchmusiBusi" noch unter Wattebäuschen was vorstellen. Wovon redest du eigentlich?


    Ich meine, es ist ja super, wenn es alles toll klappt bei euch. Zum eigentlichen Thema trägt das nix bei, und eine Vorstellung, wie genau du deine Tiere erziehst, hab ich auch nicht. Muss ich auch nicht. Ich frag mich nur, was du bezweckst?


    Hier mit irgendwelchen Klischees rumzuwerfen, ist doch ziemlich sinnfrei. Und, wie man sieht, es zerschiesst jeden Ausstausch. Sofort bilden sich Fronten. Schade.

  • Das Wort Wattebäuschchenwerfer fand ich schon kacke als T. Baumann anfing es ständig in seinen Vorträgen zu benutzen, übrigens in meiner Erinnerung um die Animal Learn Leute zu verunglimpfen. (Ich bin auch kein Fan von denen, mag es aber nicht andere mit sowas herabzustufen).


    Nur weil jemand nichts von Haltis und Leinenruck ( verzeihung, Leinenimpulsen) hält muss das nicht schlecht sein.


    Sorry für OT, aber mich nervt das genauso wie das Wort Gutmensch.

  • Ich glaube nicht, dass der imaginäre Rudelführer sich dafür interessiert, ob der Beta Gamma Omega im Gebüsch verschwindet.


    Das ist doch der springende Punkt. Das was wir von unseren Hunden wollen, hat doch keinerlei Parallelen in irgendeiner frei imaginierten Rudelwelt, sei es von Wölfen oder Hunden.
    ...

    Danke frauchen07, ich würde deinen Beitrag am liebsten ein dutzendmal liken! :applaus:


    Seit Jahrzehnten verfolge ich die Verhaltensforschung an Wölfen und anderen Caniden mit brennendem Interesse und ja, ich lerne dadurch auch viel über Hunde, wo die Wurzeln ihres Verhaltens liegen, auch die oft großen Unterschiede und Abwandlungen.


    Aber Rudel- und Dominanztheorien führen im Hundetraining und in der Hundeerziehung regelmäßig in die Irre, aus genau den Gründen, die Frauchen07 genannt hat.


    Dazu kommt, daß das jeweilige Erziehungsproblem von einem Sachproblem - Hund hat XY noch nicht oder noch nicht gut genug gelernt, also ist es meine Aufgabe, es ihm beizubringen - zu einem emotionalen Problem des Halters wird: mein Hund ist frech, aufsässig, testet mich aus, stellt mich und meine Autorität grundsätzlich in Frage. Er verletzt mich also in meiner Persönlichkeit. Also muß ich mich energisch durchsetzen, und ganz schnell beginnt hier die Gewalt. Das ist das eigentliche Problem mit dem Rudelführeransatz in der Hundeerziehung.


    Dagmar & Cara

  • Ich mag diese beiden Zitate nochmal hervorheben:

    Dazu kommt, daß das jeweilige Erziehungsproblem von einem Sachproblem - Hund hat XY noch nicht oder noch nicht gut genug gelernt, also ist es meine Aufgabe, es ihm beizubringen - zu einem emotionalen Problem des Halters wird: mein Hund ist frech, aufsässig, testet mich aus, stellt mich und meine Autorität grundsätzlich in Frage. Er verletzt mich also in meiner Persönlichkeit. Also muß ich mich energisch durchsetzen, und ganz schnell beginnt hier die Gewalt. Das ist das eigentliche Problem mit dem Rudelführeransatz in der Hundeerziehung.

    und aus dem Lob und Tadel Thread:



    das schöne am Loben ist - es macht einen selbst glücklich und auch zufriedener, weil man nicht so drauf schaut, was der Hund alles nicht macht, sondern sich freut was er alles kann :smile: .


    Bei mir wars genauso.
    Ayu kam mit 1000 Baustellen und voller Aggressionen in mein Leben. Ich hab aufs Schöne geschaut (etwas anderes blieb mir kaum) und es hat alles, alles, alles zum Guten verändert. :herzen1:
    Ich sehe die ganze Welt viel lichter, als in der Zeit ohne Tiere.
    Überall gibt es Schönes zu bestaunen.
    Jaaa, es macht glücklich. Vielleicht mehr als irgendwas sonst. :dafuer:

  • Nur mit Loben kommt man aber nicht ans Ziel.
    Jeder Hund verletzt auch schonmal Regeln, ob bewußt oder unbewußt.
    Mir war es immer wichtig, meine Hunde gut zu führen, so, daß sie Niemanden belästigen oder verletzen.


    Und eines möchte ich klarstellen: ich brülle meinen Hund nicht an.
    Unsere Kommunikation läuft fast wortlos ab. Wir sind ein eingespieltes Team. Mein Hund weiß was ich von ihr erwarte und benimmt sich danach (ausser wenn sie wieder ihre Terrierflausen im Kopf hat), im Gegenzug hat sie alle erdenklichen Freiheiten.


    Und so muß es sein. Ich führe meinen Hund und gebe die Richtung vor. Sie weiß, daß ich sie vor angriffslustigen Hunden beschütze und sie das nicht regeln muß, sie weiß, daß ich sie keiner Gefahr aussetze, sie kann sich auf micht verlassen.
    Die Verlässlichkeit erwarte ich aber auch von ihr, das sind die Spielregeln.

  • Ich Frage mich nur wieso loben und Grenzen setzten sich ausschließen. Ich bezweifle, dass hier nur mit Leckerchen um sich geworfen wird.
    Ich muss bei Henry ruhig und bestimmt Grenzen setzten und nicht mit anbrüllen und auf dem Boden stampfen. Da denkt er sich, die Olle spinnt. Sache nach ihm werfen hat ihn am Anfang beeindruckt, nun juckt es ihn nicht und er macht munter weiter obwohl er getroffen wurde.

  • nicht mit anbrüllen und auf dem Boden stampfen.

    Wer macht das denn hier? Hab ich nichts von gelesen.


    Ich traf zuletzt abends im Dunkeln einen anderen HH, samt Hund. Er hatte seinen Hund frei laufen, irgendwas mit Schäferhundmischling.
    Als er uns sah, brüllte er seinen Hund im Kasernenhofton zu sich heran, selbst als sein Hund schon angeleint neben ihm ging, ging das Gebrülle weiter mit "FUß".


    Ich hab ihn höflich gefragt, ob sein armer Hund taub wäre. Dann hat er wohl bemerkt, wie bescheuert sein Verhalten war und er konnte im normalen Ton mit seinem Hund reden.

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!