Jagdhunde in Nichtjägerhand - möglich, sinnvoll?

  • Übrigens sind viele Vertreter von Jagdhunderassen in dem Sinne auch keine "richtigen Jagdhunde" mehr, besonders, wenn sie seit Generationen auf "stilvoller Familienhund" gezüchtet wurden. Denen fehlt es an den nötigen anlagen, oder der Passion, oder sehr oft am Nervenkostüm.

    ... ach und ein ganz wichtiger Punkt noch: das Durchhaltevermögen!

    Genauso ist es.
    Deswegen finde ich es auch so schade, dass die bestandene Jagdprüfung bei vielen (den meisten/allen??) Jagdhund-Rassen gar nicht Voraussetzung ist, um zur Zucht zugelassen zu werden.
    Da geht dann schon viel an "charakterlicher Qualität" unter Umständen verloren.

  • @naijra
    Ja, stimme dir in deinen Ausführungen zu.
    Aber im Umgang finde ich es dennoch recht ähnlich: der Hund muss dementsprechend ausgelastet und erzogen werden.

    Ich kenne zum Beispiel viele Picards mit ausgeprägtem Bedürfnis zu Jagen (um es nicht Trieb zu nennen). Viele kommen gar nicht auf die Idee ihren Hund im Wald ohne Leine laufen zu lassen. Und auch sonst haben viele nur an gewissen stellen Freilauf. Habe ja selbst so einen. Der geht wunderbar auf Spur, steht vor, Sichtlaut und ist dann auch in einem absoluten Tunnel und lässt sich nicht abbringen. Für die Jagd brauchbar wären die wenigstens weil sie einfach dazu noch sehr eigensinnig sind.
    Damit will ich nur sagen, dass es nicht nur ein Jagdhundproblem ist. Man könnte da auch allgemein diskutieren, ob ein Hund, den man da so einschränken muss, glücklich ist...

    @pawtastic

    Deutscher Jagdterrier würde mir da auf Anhieb einfallen. Westfalenterrier, einige Bracken-Arten...

  • Was sind denn da so Rassen wo man als normaler Mensch die Finger von lassen sollte ohne den Hund unglücklich machen zu wollen?

    In erster Linie Hunde aus reiner Leistungszucht. Klar kann es da immer mal wieder Versager, jagdliche Nieten geben, aber ich rede da vom erwachsenen und gut integrierten Hund, wo man das auch einschätzen kann. Dann besonders die hochspezialisierten Rassen, weil man für die oft keine adäquate Ersatzbeschäftigung findet, ohne den Hund zum einzigen Lebensinhalt zu machen. Es ist zB fast unmöglich, einem Leistungspointer einen passenden Ersatz anzubieten - der kann in D/CH auch jagdlich kaum passend geführt werden, weil es schlicht das Wild und den Habitat für ihn nicht mehr gibt. Aber auch ein Spezialist für Schwarzwildjagd passt nicht, weil Hunde, die für so wehrhaftes Wild spezialisiert sind, für normale HH im Alltag eher unangenehm zu händeln sind, bzw ihre Vorzüge nicht unbedingt in die Wohnsiedlung passen.

    Vorsicht geboten ist auch bei allen Bracken, obwohl das sehr oft sanfte und weiche Hunde sind. Aber da ist Freilauf oft schwierig, weil der Radius nicht zu den hundebuchmässigen 10 m Schleppleine passt, und die Ersatzbeschäftigung oft auch ein Problem ist. Denn für viele dieser Spezialisten ist Mantrailing ein ganz armseliger Ersatz für die Jagd auf echtes Wild.

    Ditto bei den echten Jagdterriern - denen kann man selten was passendes bieten. Bei den Vorstehern kommt es auf die Rasse und den Hundeführer an - die auf Härte gezogenen reinen Leistungsrassen würde ich nicht empfehlen, auch wenn sie im Ausland inzwischen als reine Showhunde gezogen werden. Aber bei Vizsla, Setter, nicht-leistungsgezogenen KLM kann man durchaus fündig werden. Ebenso bei den Spaniels, Retrievern - nur vom Wachtel sollte man die Finger lassen.

  • Ich bekomme hier echt einen Anfall, wenn ich all die Vorurteile gegen Jäger lese. Bei denen, mit denen ich befreundet bin, sind die Hunde genau so geliebtes Familienmitglied, wie bei mir auch. Schlafen im Bett, fahren mit in Urlaub und sind immer dabei. Und sie begleiten auch zur Jagd. Das ist genau so, als würde ich sagen, alle Schutzhundler halten ihre Hunde im Zwinger. Da gibt es wahrscheinlich auch solche und solche. Es gibt nette und weniger nette Menschen. Und von beiden Sorten gibt es welche mit Jagdschein.

    Dem kann ich mich nur anschließen, die Jagdhunde in Jägerhände, die ich kenne werden genauso "betüdelt" wie der Pudel von nebenan :gut:
    Zum Anfangsthema: Die Retriever werden oft auch in der Showlinie gezüchtet, als Nichtjäger wären diese vielleicht eine gute Alternative zu der Arbeitslinie, wenn man gerne diese Rasse möchte.
    Die tatsächlichen Arbeitslinien würde ich nur Jägern empfehlen, allein im Interesse des Hundes. Mantrailen funktioniert sicher auch nicht schlecht, aber dafür gibt es auch andere tolle Rassen ...
    Natürlich gibt es auch Drahthaar, Münsterländer usw., die kaum Jagdtrieb haben und als reine Familienhunde glücklich sind, aber das sind die berühmten Ausnahmen, mit denen man beim Welpenkauf nicht rechnen darf.
    Halter und Hund werden beide davon profitieren, wenn man dem Hund seine angedachte Aufgabe machen lässt ;)

  • Theo ist ja auch ein Jagdhund-Mix. Irgendein Vorsteher ist da auf jeden Fall drin und ich liebe ihn. Ich liebe Jagdhunde generell. Ihre entspannte und ruhige Art, für alles zu haben und immer gut drauf.
    Leider gibt es da noch den Jagdtrieb :ugly: Bei Theo habe ich leider irgendwie versagt und er kann aktuell im Wald nur an der Schlepp laufen. Im Feld lasse ich die Schleppleine meistens schleppen, im Wald habe ich sie in der Hand. Er ist mir schon lange nicht mehr abgezischt, aber es fällt mir trotzdem extrem schwer, ihm draußen zu vertrauen :ka:
    Hätte ich, als ich ihn bekommen habe, mehr über Jagdhunde gewusst hätte ich vieles anders gemacht: nicht von den Wegen runter, von Anfang an kleiner Radius, Belohnung für jedes Orientieren zu mir.
    Das machen wir im Nachhinein jetzt alles, aber ich wünschte ich hätte es schon früher gewusst.
    Theo darf ansonsten viel im Garten flitzen und wir machen Such und Schnüffelspiele, damit ist er sehr zufrieden.

    Ich hätte liebend gerne wieder eine Jagdhundrasse gehabt, aber die Vernunft hat gesiegt, da ich eigentlich nicht noch einmal Lust habe, mich so intensiv mit dem Jagdtrieb des Hundes auseinander zusetzen.
    Klar kann einem viel Jagdtrieb bei jedem Hund passieren, aber bei einer Jagdhundrasse ist das schon etwas wahrscheinlicher :)

  • Laufhunde und Schweisshunde sind mMn nur in Jägerhand richtig. Ich kenne allerdings auch keinen Züchter von Schweizer Laufhunden, der die Tiere in Nichtjägerhände gibt.
    Deutscher Jagdterrier.

  • Wie ist denn die Meinung der Fachleute hier zu den Bretonen :D ??? Hab hier doch gerade in einem Avatar gesehen, oder?

    Ja, ich liebe Bretonen. Nein, ich suche sie irgendwie nie freiwillig aus. Die erste war eine alte Hospiz Pflegehündin mit Krebs, ausgebildete Jagdhündin sozusagen " in Rente", wir hatten 3 schöne Jahre und sie hat mir viel beigebracht.

    Meine kleine Bretonin -Prinzessin hab ich als Notfall -Pflegehund aus Spanien mit 6 Monaten übernommen ... und sie dann doch behalten.

    Als sie noch Welpe war hat mich eine ehemalige Jagdhundzüchterin aus der Nachbarschaft komplett zusammengestaucht. " So ein Hund können sie nicht halten und führen, ist kein Familienhund, das geht garnicht, gehört nur in Jägerhand". Ich bin kleinlaut nach hause gegangen und hab mich dann wieder aufgerappelt . Ich bin mit Dackeln und Terriern aufgewachsen und unser grosser hütehundmix hatte mehr jagdtrieb als alle Hunde, die ich kannte, einschliesslich einiger reinrassiger Jagdhunde. Muss doch möglich sein .Abruf üben, üben, üben.

    Wir haben die Jaghund züchterin ein Jahr später wieder getroffen, die Frau ist Jules grösster Fan. Jules entspricht wohl so allen Rassestandards, da wird wohl nix anderes gemixt sein, auch wenn sie keine Papiere hat. Und sie sass offline vor uns. Mitten in der Feldmark. Abrufbar, zufrieden und artig. Die Züchterin war super nett und hat zugegeben, dass es möglich ist mit einem Jagdhund im Alltag als Familien/Begleithund. Wenn man viel Arbeit und Zeit investiert und nie vergissst, wofür dieser Hund eigentlich mal gezüchtet wurde.

    Klar gibt es bestimmt auch Tage, an denen meine Bretonin nicht genug "Arbeit" als ALternative zum Jagen hat, aber mal ganz ehrlich - haben alle Hütehunde jeden Tag in ihrer Familie genügend Auslastung als Alternative zum Hüten? Sind alle Schutzhunde in einer Familie, die nicht Alles in der Nähe des Gartenzauns endlos verbellen dürfen, immer zufrieden? Ganz viele Hunderassen wurden mal für viel mehr Arbeit gezüchtet, als sie jetzt noch haben.

    Ich denke, man muss mit den meisten "Gebrauchshunderassen" den Spagat schaffen, zwischen dem, wofür sie gedacht sind, und dem was man selber machen kann.

    Ich kenne einige Jäger, mit denen ich mich gerne über Hunde unterhalte. Gerne widersprechen, wenn ihr nicht der Meinung seid: Von vielen habe ich gehört, dass es mit reinen Vorstehhunden etwas einfacher ist. Und es passt zu meiner Erfahrung.
    Wenn ich Jules Spuren verfolgen lasse, bis gerade eben ans aufscheuchen heran, und sie dann abrufe , hat sie einen Teil ihres Jobs getan und ist dann mit einer Belohnung sehr zufrieden. Erfordert aber volle Konzentration von meiner Seite. Wenn ich weiss, dass ich das gerade nicht hinbekomme,wird sie angeleint oder muss frei bei Fuss gehen.

    Lg, Elzbeth

  • ich denke nach wie vor das es auf den einzelnen ankommt

    jagen fängt nicht beim hinterherhetzen an und auch vorstehen ist kein anfangsanzeichen für jagen.... wir haben gelernt das es viel viel früher anzeichen dafür gibt,man muß sie nur als mensch erkennen.
    wie hier schon erwähnt,ist abrufbarkeit sehr wichtig und zwar in möglichst jeder situation.
    oder eben auch ein abolutes ablegen auf entfernung.so wie das down bei den jägern.

    leider heißt es von deren seite das dies nur über schmerz o. angst zu ereichen ist... einen anderen weg gibt es laut ausage nicht um das als absoluten abbruch zu trainieren.


    mir stellt sich noch die frage;
    ein hund,der nie wild kennengelernt hat und nie hinter einen stück wild hinterher ist,warum muß dieser hund nur glücklich sein wenn er wild jagen darf........nur weil er als jagdhunderasse geboren ist und weil menschen das so sehen,eben weil bestimmte genetik mitgebracht wird?

    ein hund,der spuren nachläuft weiß doch ,ohne das er gelernt hat um was für ein tier es sich handelt, garnicht um welches es sich handelt...sicher hat er genetisch jagdeigenschaften im blut,aber diese müssen auch zum größten teil erst geweckt werden(warum bekommen denn schon welpen in jägerhand tote hasen,fuchs o. rehbeine zum üben ?)..........wie eben auch beim hütehund,der zwar die vorraussetzungen dafür mit bringt,aber trotzdem darin geschult werden muß.

    unser hütehund nimmt bei schafen sofort hütestellung ein,das heißt aber noch lange nicht das er es auch beherrscht.

    und unsere klm würde wohl erst bemerken das sie eine hasenspur in der kleinen hundenase hat wenn sie den hasen anstupst.
    sie ist da total unbedarft,bisher nichts zu merken von raubzeugschärfe wie sie angeblich ihre mutter haben soll.... ihr bruder hat bereits die erst jagdliche prüfung....

  • Ich denke auch, es ist ein Unterschied ob man sich eine Jagdhunderasse aus einer jagdlichen Zucht holt oder nicht, wobei ich denke, dass diese Züchter ihre Welpen gar nicht an Nicht-Jäger abgeben.

  • Lotte steht super vor, das hatte ich bei einem Mix aus zwei Vorstehern auch erwartet. In knapp fünf Jahren ist sie dreimal einem Hasen hinterher (jeweils nur bis zur Ackergrenze - zweimal waren wir dabon mit dem Fahrrad unterwegs. Das ist meinem Teamworker offenbar nicht eng genug, einmal habe ich ein Quitschie das zweite Mal geworfen - laangweilig).
    Zum Glücklich sein braucht sie aber Rennen und in großen Kreisen laufen. Dabei scheucht sie natürlich auch Wild auf - dafür sind die Rassen schließlich auch gezüchtet worden. Sie schaut dann - haste gesehen und kommt auf Pfiff zurück (lässt sich auch von aufspringenden Hasen abrufen, toitoitoi).
    Aus der Tötung raus zu sein und ein zuhause zu haben ist schon super, aber sie liebt es richtig arbeiten zu dürfen.
    Bretonen finden mittlerweile wohl schnell ein zuhause, Tötungsbretonen brillieren wohl auch häufig bei der Jagd.
    Vor Lotte hatte ich eine Wachtel, den konnte ich nie ableinen.

    Ich finde schon, dass alle Hunde rassespezifisch ausgelastet werden sollten. Als Biologen-Begleithund bzw Spürhund muss/darf Lotte viel mehr arbeiten als normal jagdlich geführte Hunde.
    Viele Jagdhundrassen wurden auf Freundlichkeit gg Hunde und Menschen selektiert - das macht sie auch unausgelastet zu wesentlich netteren Nachbarn als viele andere Rassen.

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