Überzogene (?) Erwartungen an Hunde aus dem Auslandstierschutz

  • schickt mir die Leute rüber, ich will auch mal gebauchpinselt werden xD :headbash:
    Ne im Ernst, ich hab bisher keine großen Rückmeldungen von wegen "schön, dass du den armen Hund gerettet hast" bekommen. Im Verein kommen eher mitleidige Blicke und sowas wie "klar gibts mit TH und Auslandshunden nur Probleme". Dass neben der bei mir Schutz suchenden Flora der vor Angst pöbelnde Zuchthund sitzt wird dann glatt über sehen :pfeif:
    Ich kam zu Flora wie @SanSu zu ihrer Hündin - wir hatten eine Vorstellung was wir wollten, wollten den Hund kennen lernen bevor wir ihn nehmen und haben so gezielt nach Hunden in Deutschland auf PS oder im TH geguckt. Dass Flora im deutschen TH aus Spanien kommt, haben wir auch erst erfahren nachdem wir gesagt haben, dass wir sie nehmen :p
    Ich glaube, die Vorurteile, die @Cindychill genannt hat, spielen eine große Rolle (im dt TH sitzen nur schwierige Hunde) und die Leute wollen das Gefühl haben, sie 'tun dem Tier was gutes'. Letzteres hat bei uns - abgesehen davon, dass ich mich nicht für eine Rasse entscheiden konnte :ugly: und wir einen erwachsenen Hund suchten - natürlich auch eine Rolle gespielt, nicht umsonst sind unsere Meerschweinchen auch von Notstationen.
    Tja, und dann kommt es, genau wie beim Kauf eines Rassehundes eben drauf an, ob die Leute sich nur vom Äußeren leiten lassen, ob sie sich selbst und ihre Möglichkeiten, die sie einem Hund bieten können, gut einschätzen können - und natürlich auch auf eine Orga, die dann eben direkt sagt, dieser Hund hat Angst vor Männern oder mit jenem Hund werden sie kein Fahrrad fahren können :headbash: und dann muss man eben realistisch sein, schlucken, sich bedanken und weiter suchen, oder ernsthaft bereit sein, Abstriche machen. Wie bei der Rassehundewahl auch |)

  • Ein TS-Hund war hier lange geplant - dass der dann aus dem Ausland kam war eher Zufall. Ich unterscheide da nicht, jeder Hund braucht ein Zuhause, egal wo der herkommt oder aktuell sitzt. Erwartungen hatte ich keine.
    Ich hab den Hund praktisch als unbeschriebenes Blatt gesehen und wir sind dann halt vom ersten Tag an gemeinsam unseren Weg gegangen und ich hab mit dem gearbeitet was er mir angeboten hat.
    Wie hier glaube jemand schon schrieb, erwarten sollte man nichts, aber mit allem rechnen.

  • Ich selbst habe kein Problem mit Hunden aus dem Auslandstierschutz. Generell wäre meine persönliche Bedingung: Aufenthalt in einer Pflegestelle hierzulande vor der endgültigen Übernahme. Sich in ein Foto aus einer Art Katalog zu "verlieben", das könnte ich wohl nicht. Und ich glaube, genau das geht auch oft schief.
    Ich möchte den Hund, der möglichst jahrelang mit mir leben soll, leibhaftig sehen und kennenlernen, bevor ich ihn bei mir aufnehme.

  • Nachrag: Eine Freundin von mir hat jetzt so einen Katalog-Hund aus Spanien genommen. Ein süßer Kerl, aber was kann man nach vier Wochen schon sagen? Er zieht wie ein Ochse an der Leine, ist futterneidisch, sehr verspielt, ein Ball-Junkie (war die einzige angebotene Beschäftigung für ihn). Abgegeben vom Jäger wegen "nicht jagdtauglich". Was alles heißen kann. Nicht schussfest, nicht abruf- oder steuerbar oder was auch immer. Für mich wäre das nichts. Zudem kommt er aus der Tötung. Das heißt, sein Käfigplatz ist jetzt leer und ein weiterer Kandidat kann "einziehen". Also tatsächlich nichts von Nachhaltigkeit. Im Gegenteil: sehr oft machen die Betreiber solcher Tötungsstationen auch noch Geld mit den rausgekauften Hunden.

  • Als Pflegestelle hatte ich vielleicht bisher Glück mit den Interessenten. Da waren die Erwartungen zum Teil sogar eher negativer, als es wirklich war (sie erwarten oft sehr traumatisierte Hunde, die schlimmes erlebt haben, und ich hatte eher immer offene, freundliche Hunde bewusst als Pflegis ausgesucht). Aber das liegt sicher oft am Verein und an der Herangehensweise! Schon wie die Vermittlungsanzeigen formuliert sind, macht viel aus (diese Tränendrüsen-Texte, am besten noch in Ich-Form geschrieben, meide ich wie die Pest) :hust:


    Was aber bei mir ganz oft kam, und hier ja auch schon genannt wurde: Die Auslandshunde sind ja alle so sozial und verträglich, weil sie immer mit Hunden zusammen waren. Dass viele Hunde nicht friedlich als Straßenhunde lebten bis zur Ausreise, sondern dazwischen oft im Shelter zwangsweise über Wochen oder Monate mit 30 oder mehr Hunden auf engstem Raum zusammengepfercht sind, vergessen viele. Da wird gemobbt, um Futter gekämpft, und hin und wieder leider auch ein Hund totgebissen. Steckt jeder Hund anders weg, sowas.


    Hier muss man sich auch schon fast dafür schämen wenn man jemandem, der selbst einen geretteten Auslandshund an der Leine hat, sagt, dass der eigene Hund vom Züchter ist.

    Und genau DAS ist der Grund, warum ich zu vielen Tierschützern Distanz halte, obwohl ich ja selber Pflegestelle bin.


    Ich würde nicht ausschließen, später irgendwann einen Welpen vom Züchter zu holen, wenn ich sehr genaue Vorgaben habe, was in mein Leben passt und keinen erwachsenen Hund möchte (aktuell ist einfach beides nicht der Fall). Und ich rate das auch Leuten, die nicht so flexibel sind, sich auf einen Hund mit allen möglichen Macken oder z.B. Jagdverhalten einzustellen. Und das kann eben bei einem Auslandshund passieren - gerade bei Welpen, bei denen man nicht weiß welche Rasse drin steckt und was sie in ihrer ersten Prägephase erlebt haben. Außerdem freue ich mich sehr, wenn ich Hunde eher seltener Rassen treffe, und mag diese Vielfalt auch.


    Dazu ist meine Hündin nicht kastriert.


    Beides sorgt regelmäßig für Diskussionen mit Tierschützern und ich bin es echt leid, dass man sich immer rechtfertigen muss. Hier im Forum zum Glück nicht, darum bin ich so gern hier :herzen1:

  • Ich durfte mir zu Beginn auch immer anhören, wie unheimlich dankbar mir Finya sein muss. Gleich gefolgt von "Sie Tierquälerin! Ein Hund, der nicht gscheit laufen kann, ghört eingschläfert!!"


    Aaaaargh :motzen:

  • Naja, es geht doch hier gar nicht um pro und contra von Auslandshunden (oder im Vergleich zu Züchterhunden). Oder dass es wunderbare Hunde gibt.


    Es geht doch einfach um die seltsamen Vorstellungen der Leute. Allerdings bemerke ich die auch bei Welpenkäuferin (Vermehrer oder Züchter). Hört nicht, aber tut bestimmt nichts...
    Ist halt oft, aber bei weitem auch nicht immer, nicht so schlimm/gefährlich, wie z.B. ein beschönigter Herdenschutzhund.


    Ich habe keine Ahnung ob es Trend ist und was man dagegen machen kann. Vermutlich nur Aufklärung wie hier im ersten Beitrag. Aber wie schon dort angedeutet hören die Leute halt oft nur was sie wollen.


    Ich sehe übrigens gar keinen extremen Trend hier. Es gibt beides. Da ich nicht nur von der Herkunft verschiedene Hunde habe, sondern auch von Rasse/Charakter/Aussehen werde ich meistens nur nach einem von beiden gefragt. Und das ist dann auch okay so.


    Wenn im Auslandstierschutz mal zum Teil (!) ehrlicher gearbeitet würde, dann wäre das eine echt tolle Sache (so auch, aber so manchmal halt auch nicht so gut).

  • Hund aus dem Ausland? Ja, immer wieder. Oskar kommt aus Spanien, Babett aus Ungarn.


    Als mein Labbi gehen musste, war mir am nächsten Tag klar, ohne Hund will ich nicht leben. Also sind wir noch an diesem Sonntag in ein privat geführtes TH zum Schauen. Ich wusste, welchen Hunden ich in meiner gegenwärtigen Situation nicht gerecht werden könnte, also keine Welpen, keine Hündin (Babett ist mit Hündinnen nur sehr begrenzt verträglich), kein Kleinsthund, kein Listie und kein Schäferhund.


    Und da saß seit ein paar Tagen Oskar, frisch aus einem spanischen Labor in D angekommen. Mir war vollkommen klar, auf was ich mich einlasse. Angsthund, kannte nichts, aber so süß und charmant. Und zum Charakter könnte niemand was sagen.


    Jetzt lebt Oskar seit 2 Monaten hier. Wir hatten und haben Schwierigkeiten, aber es wird besser. Wir lernen uns immer besser kennen, ich kann ihn mehr einschätzen. Aber es braucht Zeit und Geduld, das muss ich vor allem lernen.


    Oskar kam aus einem deutschen TH, da ich nicht wochen- oder gar monatelang auf Hund warten wollte. Ansonsten hätte ich auch nach Foto einen Hund geholt. Babett kam auch direkt aus Ungarn. Charakterliche Eigenschaften sind immer schwierig einzuschätzen, die Vermittler der Orgas kennen die Hunde oft auch nicht und können nur berichten, was sie gehört haben. Ü-Eier sind die meisten.


    Ich denke, man sollte alle Erwartungen an das Tier auf ein Minimum reduzieren, dann kommen alle viel einfacher miteinander zurecht. Werden die Erwartungen übertroffen, ist gut, wenn nicht, ist man nicht enttäuscht.


    Und man sollte bereit sein, sich auf das Lebewesen einzulassen und es zu nehmen, wie es ist. Und Zeit geben, Zeit, Zeit.


    Auch sollte man bereit sein, auch selbst einmal zurückzustecken. Für mich ist das selbstverständlich, auch wenn ich gerne mal wieder einen Nachmittag auf dem Golfplatz verbringen würde. Aber Oskar ist noch nicht so weit, also verzichte ich, damit er nicht auch noch nachmittags allein sein muss.

  • Eben, ich glaube das hat nichts mit dem Auslandshund zu tun, sondern mit der Einstellung zur Hundehaltung an sich bzw. ist auch einfach eine Typfrage und auch eine Frage der selbstkritischen und realistischen Einstellung.


    Die Welpenthreads hier handeln auch immer von den selben Themen, gerade bei Ersthundehaltern. Die Gelassenheit kommt mit der Erfahrung und mit der Erfahrung kommt auch bei der Suche nach erwachsenen Hunden der Blick für mögliche Probleme, Sachen die einem wichtig sind,...


    Das sieht man ja sogar bei Müttern, oft werden beim ersten Kind noch viele Fehler gemacht und viele machen dann einiges beim 2. Kind völlig anders, bzw. sind da deutlich gelassener.




    Wenn man keine Hundeerfahrung hat, kann man sich einfach kein Bild davon machen, wie sehr ein Hund das Leben verändert, auf was man achten sollte,...
    Das ein Welpe Zeit braucht zum Stubenrein werden weiß jeder und auch die Geschichte mit der Beißhemmung. Was der Schlafentzug,... dann aber letzendlich mit einem macht, wird erst die Situation zeigen.
    Manche sind gelassen, andere zermürbt es.


    Und die meisten melden sich in einem Forum an, um Problemfragen zu stellen, das verzehrt und in der Hundeschule sieht man auch meist eher die, die eventuell Probleme haben.


    Hier bei uns ist alles dabei. Wie gesagt, 60 Hunde trifft man hier regelmäßig, vom Züchter bis zum Auslandshund ist alles dabei.
    Bei den meisten läuft alles super, es gibt einen Auslandshund der sehr panisch ist, ich hätte den nicht hier her vermittelt, wenn er sich vorher schon so gezeigt hat. Bei den Zuchthunden läuft es auch, auch wenn da gelegentlich die falsche Rassewahl mal auftritt, bzw. die Besitzer vom Temperament ihres Junghundes teils überfordert sind.
    Einen Sch****verlängerungshund haben wir auch, einen Owtscharka, der inzwischen nur noch mit Maulkorb und an kurzer Leine geführt wird - der tut mir einfach leid.
    Der Rest sind völlig normale Mensch-Hund-Teams, die halt langsam zusammen wachsen.


    Die Masse an Problemfällen wie man sie hier im Forum liest, findet man bei uns in der wirklichen Welt nicht, weil im Forum einfach Problemfälle konzentrierter auftreten.


    Wenn alles super läuft erstelle ich keinen Hilfe-Thread, wenn alles super läuft gehe ich nicht zwingend in eine Hundeschule.


    Der Großteil der Hunde ist nett und völlig unproblematisch, Erziehung ist ja dann nochmal ein anderes Thema.

  • Wenn im Auslandstierschutz mal zum Teil (!) ehrlicher gearbeitet würde, dann wäre das eine echt tolle Sache (so auch, aber so manchmal halt auch nicht so gut).

    Das ist eine Aussage, die ich so nicht stehen lassen möchte.


    Die meisten Orgas und Vermittler arbeiten nach bestem Wissen und Gewissen. Aber fast alle arbeiten ehrenamtlich, um Tieren zu helfen. Und das meist neben Beruf, Familie, eigenen Tieren (und sehr oft haben die Vermittler noch kranke oder alte oder schwer zu vermittelnde Tiere in Pflege) und Haushalt.


    Und sehr oft kennen die Vermittler die Hunde gar nicht persönlich, sondern können nur das weitergeben, was ihnen erzählt wird. Die meisten Vermittler reisen höchstens einmal im Jahr an die Orte, an denen ihre Vermittlungstiere sitzen.


    Und nicht vergessen darf man einen ganz wichtigen Aspekt: Vor Ort sind oft schon Tierschützer, die das beste für die Tiere wollen. Aber überall sind eben auch Mitarbeiter, die eben einen Job machen, um Geld zu verdienen, bei denen jegliche Empathie für Hunde fehlt. Und durch wen Infos nach D erfolgen, ist eben Glückssache.


    Wichtig ist mir noch zu betonen, dass die Vermittler die Interessenten meist nicht persönlich kennen, sondern nur telefonisch oder per Mail. Sie verlassen sich leider zu sehr auf so genannte Vorkontrolleure, die die Kontrollen durchführen, ohne eigentlich zu wissen, auf was sie achten sollten.


    Sicher gibt es gute und weniger Orgas, die im Auslandstierschutz arbeiten. Aber grundsätzlich "ehrlichere Arbeit" einzufordern, ist doch sehr oberflächlich gedacht.

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