Wann ist eine Kastration (Rüde) für euch vertretbar?

  • Ich glaube, letztlich muss das wirklich jeder für sich und seinen Hund entscheiden und auch selbst darüber entscheiden, ob man eine Kastra aus Grund X oder Y für gerechtfertigt hält.

    Genau das wollt ich auch gerade schreiben. Man kann hier noch so oft hören, dass User XY mit dem Verhalten problemlos zurechtkommen würde - was nützt es einem? Nicht User XY muss mit diesem Hund leben, sondern man selbst.
    Wenn man den Eindruck hat, der Rüde leidet (oder schaltet eben dermaßen auf taub, dass er sich selbst in Gefahr bringt) finde ich es vertretbar, eine Kastration in Erwägung zu ziehen. Ich sehe das Thema kritisch, aber ich finde auch nicht, dass man auf Biegen und Brechen seinen Hund intakt lassen muss.
    Gerade beim Rüden hat man einen gewaltigen Vorteil - man kann den Kastraten ausprobieren und bei Nichtgefallen zurückgeben ;) Bevor es endgültig schnippschnappt, kann man den Rüden chippen lassen und schauen, ob das Verhalten sich bessert oder es sogar Verschlimmerungen gibt und kann entsprechend handeln.

  • Das Ganslosser/Strodtbeck-Büchlein ist leider eines der wenigen deutschsprachigen Bücher zum Thema. Er ist sehr polemisch geschrieben, teilweise unfundiert und Quellenangaben zu so manch mutiger Aussage sucht man im Text häufig vergebens.
    Das Pamphlet, in dem praktisch ausschliesslich von der Kastration abgeraten wird und häufig irgendwelche Horrorszenarien aufgezeichnet werden, hat meiner Meinung nach noch nicht einmal die Bezeichnung 'populärwissenschaftlich' verdient. Ich hätte von zwei an sich kompetenten Autoren wirklich mehr erwartet, denn es gäbe es durchaus international anerkannte, verwertbare - auch kritische - Studien zum Thema.


    Lesen sollte man das Buch nur, wenn man ohnehin schon der Meinung ist, Kastrationen seien grundsätzlich unnötig.

    Stimmt, es ist nicht sehr neutral geschrieben. (Dass ich diesen Anti-Kastra-Hype selbst nicht gut finde, schrieb ich oben ja schon. )


    Als Überblick übers Gesamtthema für Interessierte inkl. "Was gibt's da eigentlich noch für Hormone außer Testosteron und Östrogen und wie wirken sie?" find ich es sehr brauchbar.


    Gibt es denn mittlerweile eigentlich irgendwelche brauchbaren Studien zur Kastrationsfrage?

  • Ich hab zwei Kandidaten hier.


    Finn hat mich wirklich bis ans nervliche Ende getrieben, es gab sogar Momente, wo ich einfach nur geheult habe. Er war draußen kaum ansprechbar, abgehauen ist er mir aber nur einmal. Was für uns aber das größte Problem war, er hat aufgehört zu fressen. Teilweise 3-6 Tage die Woche, er hat auch nix anderes genommen.
    Er bekam immer häufiger Durchfall, hat Erbrochen. Zu dem Zeitpunkt wusste ich nicht, dass es damit zusammenhängt.
    Ich hab mir also zwei Trainer nachhause geholt, wir haben ohne Ende an seinem Verhalten gearbeitet. Seine Hormone standen ihm aber immer im Weg. Als es ihm gesundheitlich immer schlechter ging (1kg abgenommen, extrem schlechte Blutwerte) hat mir mein (Contra-Kastra)-Tierarzt den Chip ans Herz gelegt. Nach wochenlangem vor-mir-herschieben, mich als Versager fühlen etc. habe ich mich dafür entschieden.
    Es war die BESTE ENTSCHEIDUNG, ever!
    Der Hund wurde gesund, trainierbar und ansprechbar. Vieles aus der Zeit hat sich etwas ritualisiert, aber es hat wieder Spaß gemacht.


    Peanut ist da entspannter. Er geht sogar mit @MaYaLs Hündin in den Stehtagen Gassi. Klar, er schnüffelt mal. Aber er steigert sich nicht rein. Er nimmt Futter und reagiert noch auf Ansprache. Da hab ich viel dran gearbeitet (viel mit läufigen Hündinnen unterwegs gewesen), aber es ist ein ganz anderer Typ Rüde. Draußen leckt er auch und markiert, aber trotzdem funktioniert es. Da hab ich keine Kastra im Kopf. Aber ich würde lügen, wenn ich dafür verantwortlich wäre. Er hats mir leicht gemacht, weil er 20fach sensibler ist als Finn.


    Man muss also von Fall zu Fall gucken, was passt. Ich war früher übrigens extrem gegen Kastras, durch Finn hat sich meine Sichtweise geändert. Ich habs sogar ewig herausgezögert, er war halt erst knapp 2. Das fand ich viel zu früh. Ich verurteile niemanden, der seinem Rüden den Stress nimmt, solange man es nicht Erziehung verwechselt.
    Ich fühle mit euch! Ich weiß, dass Erziehung alleine nicht alles ist.

  • Die Frage ist halt immer, ob denn eine Kastration überhaupt etwas bringen würde. Ich weiß von vielen Rüden, die dann schließlich doch kastriert wurden, aber dann immer noch die gleichen unerwünschten Verhaltensweisen gezeigt haben wie vorher. Oder, noch schlimmer, irgendein "Ersatzverhalten" (z.B. Jagen) entwickelt haben. Und dann bereuen es die Besitzer oft.


    Mein Rüde hat wie gesagt auch immer öfter mal, gerade wenn es sehr kalt ist, oder dann eben im Frühling alles beginnt zu "blühen", mit den Hormonen zu tun... Da gibt es halt dann zur Not mal einen Leinenspaziergang oder, wenn es länger anhält, wird eben wieder die Schleppleine ausgepackt...


    Ich denke mir immer, ich wollte einen Rüden und dann muss ich halt auch irgendwie gucken, dass ich mit den "geschlechtsspezifischen" Eigenheiten zurecht komme.

  • Naja, es ist immer einfach, wenn man einen schnüffligen Rüden hat, der sonst keine Probleme macht. Hätte ich Pea zuerst gehabt, würd ich auch denken, dass man mit "den geschlechtsspezifischen Eigenheiten" zurecht kommen muss. Und der läuft - wie gesagt - mit Hündinnen in den Stehtagen Gassi.


    Wenn ein Hund kaum frisst, nur noch gestresst ist etc pp., dann ist auch irgendwann mal gut.
    Bei uns gibts bei der Kastration eigentlich nur positive Folgen, bis aufs Kastrafell und das schnelle Zunehmen. Damals wollte ich mit dem Hund nicht mehr vor die Tür, wenn du dich dumm und dämlich trainierst, erzieht, Trainer ranholst und alles auf der Erde versuchst und nix wirkt, joa. Das ist für mich nicht mit nem Leinenspaziergang geklärt. Aber muss jeder für sich wissen. ;)


    Möchte niemanden zur Kastration überreden, sondern nur beipflichten, dass ich es total nachvollziehen kann und beides zuhause habe!

  • jap ich hatte so einen kastrierten Rüden. Es war so schlimm das ich sogar zum Tierarzt bin und gefragt habe ob er nicht doch noch einen Hoden hat xD
    Es war ein lipom in der leistengegend xD
    War sehr peinlich und ich wusste das meine Erziehung gefragt ist. Für mich wäre das ein Grund für die hundeschule nicht für eine kastration.

  • [...]
    Mein Rüde hat wie gesagt auch immer öfter mal, gerade wenn es sehr kalt ist, oder dann eben im Frühling alles beginnt zu "blühen", mit den Hormonen zu tun... Da gibt es halt dann zur Not mal einen Leinenspaziergang oder, wenn es länger anhält, wird eben wieder die Schleppleine ausgepackt...


    Ich denke mir immer, ich wollte einen Rüden und dann muss ich halt auch irgendwie gucken, dass ich mit den "geschlechtsspezifischen" Eigenheiten zurecht komme.

    So ist`s hier auch.
    Das ist MEIN Anspruch und ich aber stelle den nur an mich und an meinen Hund, und das auch nur wenn wir (aber primär der Hund) das leisten können.

  • Und jetzt hauen wir uns alle die Rübe ein - es hatte nämlich mal jemand einen Rüden, bei dem das über Erziehung lösbar war; während jemand anders einen hatte, dem die Kastration half. Nu, wer hat jetzt recht?
    Da jeder Hund unterschiedlich ist und nicht bei jedem Hund dieselbe Methode wirkt, bin ich weiter auf dem Standpunkt, dass die TS selber einschätzen muss, was für ihren Hund das Beste ist. Wahlweise kann sie auch würfeln, ob sie nun weiter erzieht oder kastrieren lässt, nur weil User A die Erfahrung X und User B die Erfahrung Y gemacht hat.

  • So ists mit Peanut auch, der kann halt mit läufigen Hündinnen Gassi. Aber ich weiß, dass das niemals mit Finn gehen würde (vor der Kastra), da hätte ich alles auf der Welt versuchen können. Man kann nicht alle Rüden in einen Topf werfen und sagen "trainier mal ein bisschen mehr, dann geht das schon".

  • Es gibt Halter die ihren Hund einfach mal auf den OP-Tisch legen, weil sie Kastration als optimal empfinden.


    Und es gibt die, die es eigentlich nicht toll finden. Ich selbst gehöre zur 2. Gruppe und mein Mann und ich haben es lange rausgezögert. Und vorher hat das Zwergel einen Hormonchip bekommen.


    Probiert den Chip aus und ihr entscheidet dann reinen Gewissens mit pro oder contra.


    Wir waren dann für Kastra und haben bis auf das Ende des Stresses beim Hund keine anderen Veränderungen im Verhalten bemerkt.

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