Silvester 2016 - Der Angsthundethread

  • @lolzi : Dass man Hunde in ihrer Panik ignorieren soll, das ist sowas von überholt ...
    Es geht ja gar nicht darum, dass man den Hund bedauert und noch zusätzlich verrückt macht. Das soll natürlich nicht sein. Aber dem Hund Nähe und Schutz bieten, sofern er das sucht, ihn wahrnehmen und einfach nicht allein lassen mit diesen großen Ängsten - das ist soziales Verhalten, das auch innerhalb eines Rudels gepflegt wird.

    Ah okay, datt wusste ich noch nicht :) ... Es ist irgendwie schwer (für mich zumindest) sich in der Angst-Situation des Hundes richtig zu verhalten :(


    Wenn der Hund aber merkt, dass es draußen knallt und sich aus Angst hinter dir versteckt ... merkt er dann nicht, dass du keine Angst hast und beruhigt sich?
    Also quasi: Du bist sein Fels in der Brandung und er nimmt sich seine Sicherheit von dir? Er schaut es vom Rudelführer ab und überwindet seine Angst ?
    (das ganze natürlich nur sofern die Angst keine Krankheit ist sondern einfach allgemeine Schüchternheit)

  • Ist gar nicht schwer. Sei einfach für Deinen Hund da, setz' Dich neben ihn, leg' einen Arm um ihn, wenn er das mag oder in dem Moment braucht. Oder sprich' leise auf ihn ein, in einem normalen Tonfall. Beobachte ihn, was ihm hilft, ruhiger zu werden, dann wirst Du das schon hinbekommen.
    Die Nähe hilft, soweit es in dem Moment möglich ist. Bei nur leichten Ängsten wird das viel sein. Einen richtigen Paniker wird man dadurch nicht angstfrei bekommen, aber es ist ihm auf jeden Fall eine Unterstützung.

  • Ich habe eben beim TA nach Alprazolam für den Notfall gefragt. Sie hat mir etwas anderes empfohlen: Pexium, eigentlich ein Antiepileptikum, das aber angstmindernd wirken soll. Kennt das jemand ?

    Ich zitiere mal aus dem Blogbeitrag von Rückert (vorher bereits schon einmal verlinkt ;) ) :
    Eine Alternative zu Benzodiazepinen, die unter Kolleginnen und Kollegen als gut wirksam gilt, mag das Antiepileptikum Imepitoin (Handelsname "Pexion") darstellen. Ich habe damit bisher keine eigenen Erfahrungen gemacht. Mit der Gabe muss allerdings in sich steigernder Dosierung bereits fünf Tage vor Silvester begonnen werden. Da das Präparat für die Behandlung der Epilepsie zugelassen ist, handelt es sich bei der Anwendung gegen Geräuschangst um einen sogenannten Off-Label-Use.

  • Wir haben im letzten Jahr auch trainiert (das war mit den Pillen überhaupt erst möglich) und machen das dieses Jahr natürlich auch. Das geht bei Geordy wirklich prima und für mein Gefühl nimmt er auch was mit und macht Fortschritte.

    Wie trainiert ihr?


    Wir kannten es vom Pferd, dass das Tier immer soviel Angst hatte wie der Besitzer ausstrahlte ...

    Ich kenne sehr wenige Pferde, bei denen um 24 Uhr nachts ein Besitzer anwesend ist. :D
    Die stehen so gut wie immer alleine oder in der Herde und haben genauso normale und instinktsichere Panik wie auch die Wildtiere. Dafür braucht es keinen ängstlichen Besitzer, das ist einfach angeborener Selbsterhaltungstrieb.


    Wie du deinen Hund unterstützen kannst, falls er Angst haben sollte, steht z.B. hier: Easy Dogs / Warum Sie Ihren ängstlichen Hund trösten sollten – und was Sie dabei unbedingt beachten müssen, Ulrike Seumel

  • @lolzi: Sicherlich hat das Verhalten desMenschne auch Auswirkungen auf den Hund. Aber man kann darauf nicht alles schieben. Wir hatten bisher 4 Hunde in der Familie, 3 waren tiefenentspannt, Lilly dreht am Rad. Die ist als Laborhund aber auch grottig sozialisiert und wenn die Stress hat, ist sie auch direkt ziemlich psycho.


    Pexium kenne ich nicht. Ich kann aber nach 2 Tagen Alprazolam sagen, dass es die richtige Entscheidung war. Lilly ist fröhlich (die als Nebenwirkung bekannte Albernheit ist auch da, sie hat gestern nen Teddy geschreddert und heute Brot von der Heizung geklaut, sowas macht sie ja sonst gar nicht), entpannt und deutlich weniger geräuschempfindlich. Gestern Abend war ich nicht da, und mein Vater konnte problemlos mit ihr raus. Das wäre vor 3 Tagen undenkbar gewesen!

  • Bei uns gibt es diese Jahr kein Fest am Dorfplatz, von dem wir nicht weit entfernt wohnen. Außerdem gibt es seit letztem Jahr ganz viele neue Hundebesitzer, ich hoffe also auf weniger Knallerei.
    Da Batman nur seeehr laut bellt wenns knallt und zum Glück sonst keine Angstzeichen zeigt, kriegt er, wenns laut wird (meist ab 22:00 Uhr) wie jedes Jahr einen großen Fleischknochen zum nagen. Damit sind wir bis jetzt gut gefahren.

  • Ich reihe mich hier mal ein... hab Rex ja damals im Frühjahr gekriegt und Silvester ging einigermaßen, aber etwas Schiss hatte er schon. Dann gab es ein paar Mal übers Jahr verteilt Feuerwerke und somit Geknalle auf dem Sportverein schräg gegenüber unserer Wohnung und beim Gassi ist er dann ziemlich ausgeflippt vor Angst... hat nur noch an der Leine gezogen und wollte weg bzw. nach Hause. Ich schätze, dieses Silvester wird er sich schon ziemlich fürchten :/


    Wahrscheinlich gehe ich die letzte Runde schon möglichst früh. Werden Silvester eh daheim verbringen, vllt. hilft ihm ja etwas Musik oder Kuscheln unter der Decke. Und die Tage vor und nach Silvester ist Freilauf hier gestrichen, das hab ich aber schon letztes Jahr so gehalten.

  • Wie trainiert ihr?

    Wenn ichs schaffe, click ich in einzelne Knaller direkt rein (plus Würstchen). Das wird aber mit zunehmender Knallerei sowieso schwierig. Von daher ist es größtenteils ein Schönfüttern. Knall - Würstchen rein. Im letzten Jahr wurden dabei die Fütterzeiten immer kürzer und er hat sich selbstständig anderen Dingen (unterwegs halt schnüffeln und Co, zuhause simples auf dem Teppich liegen) zugewendet. Solange er mir auf dem Hacken stand oder unter den Pullover wollte - gabs Würstchen. Er hat entschieden, wann es reicht. Ob das mit einem verfresseneren Hund funktionieren würde, weiß ich nicht.



    Dabei müßte man halt eigentlich sehen können, wie haltlos dieser Hund mit zunehmender Knallfrequenz ohne medikamentöse Unterstützung ist bzw. war und das so ein Vorgehen überhaupt nicht machbar war. Übers Jahr kam es jetzt sehr darauf an, wieviel so gewesen ist. Bei ersten auftretenden Knallgeschichten hat er sich immer erinnert, Leckerchen eingefordert, positive Grundstimmung. Eine bestimmte Anzahl Schüsse oder ähnliches- kein Problem. Aber das ist halt noch nicht sehr strapazierfähig. Ist irgendwie wie Schwimmenlernen und Bronze, Silber, Gold machen. Und leider gehören eben die Rückschritte dazu, weil Leben nicht planbar ist.

  • Mal eine ganz doofe Frage: Wir kannten es vom Pferd, dass das Tier immer soviel Angst hatte wie der Besitzer ausstrahlte ...
    Der Besitzer weiß also, dass es bald knallen wird und hat schon vor 24 Uhr Angst, dass der arme Hund Angst bekommen wird.
    Das spürt der Hund und bekommt natürlich auch sofort Angst.
    Hilft es an Silvester da nicht eher den Hund abzulenken und so zu tun als wäre nichts?


    Natürlich kann ein ängstlicher oder gar panischer Mensch das auf seinen Hund übertragen, und es ist logischerweise ratsam, in solchen Situationen (und auch schon vorher) möglichst ruhig zu bleiben. Aber in den seltensten Fällen wird es so sein, dass die Angst des Menschen ursächlich für die Angst des Hundes verantwortlich ist.
    Ich bin z. B. ein sehr ruhiger Mensch, und keiner meiner Hunde hatte bisher ein nennenswertes Problem damit, aber jetzt habe ich so einen Hund. Bei ihr verhalte ich mich aber nicht anders als bei den anderen.


    Man muss sich bewusst machen, dass diese Angst eigentlich ganz natürlich ist. Ein Wildtier würde in der Regel flüchten und/oder sich verstecken.



    Wenn der Hund aber merkt, dass es draußen knallt und sich aus Angst hinter dir versteckt ... merkt er dann nicht, dass du keine Angst hast und beruhigt sich?
    Also quasi: Du bist sein Fels in der Brandung und er nimmt sich seine Sicherheit von dir? Er schaut es vom Rudelführer ab und überwindet seine Angst ?
    (das ganze natürlich nur sofern die Angst keine Krankheit ist sondern einfach allgemeine Schüchternheit)


    Angst ist Angst und Schüchternheit (meinst du Unsicherheit?) ist es nicht. Das kann man überhaupt nicht vergleichen. Es ist leider nicht so einfach, einen Hund aus seiner Angst (oder Furcht) herauszuholen geschweige denn sie nachhaltig zu therapieren.
    Wenn ein Hund sich hinter dem Halter versteckt und nicht panisch flüchten will, dann hat man schon eine Menge erreicht! Es ist natürlich gut, wenn der Hund dem Halter tief vertraut, und er wird dann sicher auch davon profitieren, wenn der Halter gelassen bleibt. Gleiches gilt für andere Hunde. Aber meist reicht das leider nicht, leider - sonst wäre es ja einfach.



    Zusätzlich:
    Wenn man das Hundetier streichelt und lobt wenn es zittert bekommt es doch noch viel mehr Angst und weiß, das die Angst berechtigt ist?


    Nein. :smile:
    Stell dir mal vor, du bist ein kleines Mädchen und hast vor etwas schreckliche Angst, z. B. vorm Gewitter. Du sitzt verängstigt mit deiner Mutter auf dem Sofa, sie nimmt dich in den Arm, kuschelt sich vielleicht mit dir zusammen in eine Decke ein, beruhigt dich, indem sie sagt: "Du brauchst keine Angst zu haben, das ist nur ein Gewitter! Das sind elektrische Entladungen, die du siehst und hörst". Vielleicht schaut sie zwischendurch noch interessiert aus dem Fenster und kommt dann wieder zu dir zurück zum Kuscheln. Und vielleicht macht sie dir noch eine warme Honigmilch, obwohl du schon Zähne geputzt hast.
    Hast du dann mehr Angst?


    Jetzt stell dir vor, du liegst bei Gewitter allein im Bett und läufst ins Schlafzimmer deiner Eltern. Und die tun so, als seist du gar nicht da. Oder schicken dich zurück ins Bett und sagen: Stell dich nicht so an!
    Hast du dann mehr Angst? Schon eher, oder? Sicher nicht weniger.


    Sicher, Hunde sind keine Menschen, aber der sogenannte social support, also die soziale Unterstützung ist für sie sehr wichtig (von den unerschrockenen oder den gestörten, die nichts und niemanden in ihrer Nähe ertragen können, mal abgesehen).
    Und diese soziale Unterstützung gibt es, wie jemand schon schrieb, auch unter den Hunden!


    Was ich oben beschrieben habe ist die Tatsache, dass man eine negative Emotion wie Angst nicht mit einer positiven Emotion verstärken kann. Mit einer weiteren oder anderen negativen Emotion allerdings sehr wohl!
    Das heißt: Wenn ein Hund Angst hat, dann ist alles erlaubt, was dem Hund gut tut. Empfindet er streicheln und betüddelt werden nicht als positiv, dann sollte man das natürlich auch nicht machen. Und man muss es auch nicht übertreiben (und den Hunden, die sowieso nichts runterkriegen, eine warme Honigmilch reinzwängen ;) ).
    Manche Hunde wollen sich nur verkriechen und in Ruhe gelassen werden. Aber wenn ein Hund zum Besitzer kommt und die Nähe sucht, dann wäre es schon fast ein Verbrechen, ihm diese zu verweigern.


    Ah, da fällt mir ein: Neulich hat es spätabends geknallt, und Feli hat sich das erste Mal nicht unterm Bett versteckt, sondern kam ins Bett gesprungen. Schlief eingekeilt zwischen meinem Freund und mir und Ylvi in der Besucherritze. War das schön!

  • Wir haben auch zwei Angsthunde an Sylvester. Die eine hat "nur" Angst, die andere Panik. Das ist echt nicht schön, ich habe echt Bedenken, dass sie sich selbst verletzt. Beim letzten starken Gewitter hat sie sich in ihrer Panik auf dem Hinterläufen stehend versucht durch die Wohnungstür zu kratzen. Knapp 35 kg panischer Hund entwickeln ganz schöne Kräfte...
    Für den Panikhund gibt es Diazepam.
    Für die andere habe ich Sileo bekommen, da es ein neues Medikament ist gibt es ja nicht wirklich Erfahrungen. Aber vielleicht hat es ja doch schon jemand angewendet?

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