Hund rastet aus, sobald er irgendwo warten muss!

  • Hallo ihr Lieben,

    ich bin erst seit kurzem hier im Forum wieder aktiv und hoffe sehr, dass der ein oder andere mir ein paar Tipps bezüglich des Verhaltens meines Hundes geben kann. ;-)

    Erstmal eine kurze Vorstellung: Ich (24 Jahre) habe vor ca. 2 Monaten einen Hund aus dem Tierschutz bei mir aufgenommen. Nachdem ich mein Leben lang immer einen Familienhund hatte (und auch noch habe, mittlerweile stolze 14 Jahre alt :cuinlove: ), war ich mir der Arbeit und der Verantwortung also bewusst und habe ich mir mit dem ersten eigenen Hund also einen Herzenswunsch erfüllt.

    Mein "Neuer" heißt Koda, ist ca. 1 Jahr alt und schätzungsweise ein Pointer-Mischling. Er kommt meines Wissens nach nicht aus dem Ausland, wurde aber im Alter von ca. 7 Monaten aus schlechter Haltung befreit. In seinem ersten Zuhause war er täglich 10-12 Stunden alleine, eingesperrt in einem kleinen Bad. Er war nicht stubenrein, kannte keine Leine und auch nichts vom Leben außerhalb seiner Wohnung/seines Zimmers. Danach hat er knappe 2 Monate mit 8 anderen Hunden auf einer Pflegestelle zusammengelebt, bis ich ihn übernommen habe. Wo er ursprünglich herkommt ist nicht bekannt.

    Nun zu unserem größten Problem: ich kann ihn nirgendwo anbinden und mich wegbewegen, ohne dass er absolut ausrastet. :(
    Geplant war es eigentlich, dass er mich nach Eingewöhnung täglich auf die Arbeit begleiten kann und nur selten mal alleine ist. Ich mache ein duales Studium und arbeite 20 Stunden/Woche auf einem Reiterhof und habe sehr entspannte Chefs, die auch immer Problemhunde aus dem Ausland hatten und somit sehr verständnisvoll sind. Aussage war, dass ich meinen Hund also jederzeit mitbringen kann, wenn er mich nicht zu sehr von der Arbeit abhält. Nun ist es wenn ich Arbeite aber so, dass Koda auch mal 1-2 Stunden am Rand der Reithalle liegen und warten muss, wenn ich Unterricht gebe. Vorher waren wir natürlich immer groß im Wald spazieren, haben Kopfarbeit gemacht und ich hatte immer gehofft, dass er dann vielleicht mal müde ist. Ich lege ihn dann also immer auf seiner Hundedecke ab, stelle Wasser dazu und seinen Kauknochen gibt es auch dazu.
    Und dann geht es los: ich habe mich gerade umgedreht und bin keine 2 Schritte weg, fängt er an leise vor sich her zu wimmern. Dabei bleibt es aber leider nicht. Er gibt Töne von sich, die habe ich in meinem ganzen Leben noch nicht von einem Hund gehört. Es klingt fast so, also würde er schreien...irgendwie wie ein zittriges Jaulen - und das in einer Lautstärke, dass man sein eigenes Wort nicht mehr versteht. Er steigert sich da richtig rein und ist in dieser Situation absolut nicht mehr ansprechbar, bis ich wieder bei ihm bin. Ich habe es immer versucht so gut es ging zu ignorieren und ihn zu loben, wenn er ruhig ist...leider kommt das nur vor wenn er zwischendurch mal was trinken muss um seine Stimme zu ölen :fear: ! Er hat es letzte Woche sage und schreibe 90 min durchgezogen und war danach vollkommen fertig, weil er so gestresst war. Unabhängig davon, dass ich ihm momentan anscheinend auch keinen Gefallen damit tue, ihn mitzunehmen, darf ich es momentan auch nicht mehr, da er einfach die Abläufe zu sehr stört und andere verständlicherweise einfach extrem genervt von dieser Geräuschkulisse sind.

    Daraufhin habe ich mich um eine "Hundetagesstätte" mit sehr kompetenter Betreiberin gekümmert, wo Koda an 2 Tagen/Woche während meiner Arbeitszeit mit anderen Hunden spielen und sich auspowern kann. Die übrigen Tage ist dann alleine zuhause, da ich mir die Betreuung einfach nicht täglich leisten kann. Ich bin eben davon ausgegangen, dass jeder Hund das mit dem mitnehmen auf den Reiterhof sicher lernen kann, bei ihm bin ich mir da allerdings echt nicht mehr sicher. Ich könnte ihn auch nie zb mal kurz vor dem Bäcker anbinden, um Brötchen zu holen...er würde mir die ganze Straße zusammenheulen.

    Da ich es sehr schön finden würde, meinen Hund doch irgendwann mit auf die Arbeit nehmen zu können, möchte ich gerne an diesem Problem arbeiten. Ich weiß allerdings nicht, wie ich das am besten anstellen soll bzw. was die Gründe für sein Verhalten sind. Wichtig vielleicht noch zu sagen, dass er generell ein sehr "mitteilungsbedürftiger" Hund ist. Sobald in irgendeiner Weise nervös ist, fängt er an zu fiepen. Wenn ich im Bad verschwunden bin, wenn es an der Ampel zu lange dauert, wenn er andere Hunde sieht und nicht hin darf, wenn Besuch kommt, einfach nur so... ich ignoriere es und lobe ihn immer bzw. komme erst aus dem Bad raus, sobald er ruhig ist. Zuhause alleine bleiben klappt mittlerweile problemlos, ich bin aber i.d.R. nur 4 -max. 5 Stunden außer Haus.

    So, entschuldigt den langen Text, ich hoffe sehr, dass irgendjemand vielleicht auch so einen Kandidaten zuhause hat und mir Erfahrungen und Tipps geben kann, wie ich damit am besten umzugehen habe. :hilfe:

    Liebe Grüße,

    Nici & Koda

  • Oh ja, das Verhalten hat Diego am Anfang auch gezeigt.

    Wie ich üben würde:

    Hund anbinden, einen Keks geben (weil er sich hat anbinden lassen, bei uns seeehr wichtig ^^), dann ein Wort sagen,womit er verknüpfen kann, dass du definitiv wieder kommst, umdrehen, nicht zurück gucken, einen Schritt weg gehen, umdrehen und zum Hund zurück gehen. Keks geben, loben und Übung beenden.

    Das sooo oft wiederholen, bis 1 Schritt ok, dann varial steigern. ;)

    Viiel Arbeit, aber es lohnt sich. Diego kann mittlerweile ertragen, dass ich mich von ihm entferne. :)

  • Ich denke auch, da bleibt nur viel üben. Bin eher der Typ "da muss der durch", aber wenn er rumbrüllt, is das natürlich schwierig. Immer wieder kurz wo anhängen, immer andre Situationen. Einfach daneben stehen, sms tippen, whatever.... Ich würde ihn dabei aber gar nicht weiter beachten.

    Zwei Monate sind auch noch nicht sehr lang, meine waren anfangs auch immer besonders klebrig. Manches gibt sich auch mit zunehmendem Vertrauen und Alltag.

    Wie groß is er denn? Geht's in einer Box vielleicht leichter?

  • Hat er in anderen Bereichen auch Probleme mit Frust ertragen?

    Dann würde ich vielleicht erst innerhalb der einfachen Bereiche stellvertretend trainieren und erst dann in dem eigentlichen Konflikt.

    Solange er da sofort so massiven Stress hat, kann er gar nichts lernen. Und während der Arbeit geht das ja auch nicht immer, das 100%ig durchzuziehen.

    Hilfreich wäre sicher, gewisse Rituale einzuführen, damit der Hund weiß, was gleich passiert.

    Zusätzlich insgesamt Nähe und Distanz zu dir strukturieren und auch mal Distanz bewusst einfordern.

    Zum Beispiel, erst mal beibringen, auf seinen Platz zu gehen und da ruhig zu bleiben. Wenn das geht, kannst du mal kurz um die Ecke und sofort wieder auf der Bildfläche erscheinen.

    Groß mit Leckerchen oder Lob würde ich in diesem Bereich nicht arbeiten, um der ganzen Sache gar nicht so viel Bedeutung beizumessen und um nicht versehentlich in den reinen Dressurbereich abzurutschen.

    Lieber Übungen so oft wie es geht machen, variantenreich üben, also auch zeitnah in immer anderen Umgebungen usw.

  • Danke erstmal für eure Antworten und Tipps.

    Also er ist wie gesagt generell ein "Fieper"...wenn ich zb mal mit ihm schimpfen muss und ihn auf seinen Platz schicke liegt er da und fiept. Wenn es an der Tür klingelt, muss er auch auf seinen Platz gehen....da das selbe, er liegt da und fiept sich einen ab. Oder ganz aktuell, ich habe ihn heute aus der Hundebetreuung abgeholt. Wenn er mich sieht steigert er sich sofort wieder total rein und fängt an zu jammern, bis er zu mir kann.

    Zu euren Fragen:
    Er hat meiner Meinung nach relativ sicher eine sehr niedrige Frustrationstoleranz, er regt sich immer gleich auf. Habt ihr Tipps wie man daran arbeiten kann?

    Er ist etwa 55 cm groß. Über eine Box habe ich auch schon nachgedacht, aber die kann ich ja auch nicht überall mit hinnehmen^^ Aber zumindest für den Hof wäre das sicher eine gute Idee.

  • ich hätte jetzt eher auf trennungsangst getippt. aber wenn er problemlos alleine bleiben kann. :ka:

    würd ichs wohl so wie @gorgeous2000 beschrieben hat, machen.
    mit der tür vielleicht auch kleinschrittiger aufbauen?
    dass du ihn vielleicht zu beginn nicht so weit weg schickst, sondern nur hinter dich und dann, wenn das klappt, immer weiter weg?

  • Er steigert sich da richtig rein und ist in dieser Situation absolut nicht mehr ansprechbar, bis ich wieder bei ihm bin.

    Dadurch wird er gelernt haben, dass das Schreien dazu führt, dass du wiederkommst.
    Ich würde es gezielt an einer menschenleeren Stelle üben: Anbinden, weggehen, in Sichtweite irgendwas machen und wenn er ruhig ist, hingehen.

  • Ich habe auch so ein Exemplar Zuhause. Bodo "schreit" auch richtig, wenn er irgendwo warten muss und ich mich dann auch noch entferne - Katastrophe. Bei ihm ist es eine Mischung - nehme ich an - aus Trennungsangst und sehr niedriger Frustrationstoleranz. Wir üben eigentlich immer wieder im Alltag..Zum Beispiel schreit er richtig wenn wir im Auto irgendwo angekommen sind und nicht sofort aussteigen. Daher bleibe ich jetzt oft mit ihm sitzen, clickere sobald er ruhig ist (dauert oft ziemlich) und steigere das langsam. Klappt eigentlich ganz gut. Dann bleibe ich auf Spaziergängen oft mal stehen, er fängt an zu fiepen, wieder clickere ich bei Ruhe und dann geht's weiter.. Als nächstes üben wir jetzt länger auf der Decke zu bleiben, auch wenn ich weggehe.. Das klappt bisher noch nicht so gut, ohne mich zu sehen hält er nur 5 Minuten ca aus. Anfangs ging das aber auch gar nicht.. Naja und ansonsten machen wir halt viele Sachen wo er einfach abwarten muss, beim Futter warten bis ich es freigebe, beim anleinen erst ruhig sein bevor wir los gehen. Das haben wir alles so nach und nach eingeführt und machen im Alltag immer mehr Fortschritte. Jedoch haben wir Bodo auch "schon" 10 Monate. Es geht halt sehr kleinschrittig voran, aber es ist schön zu sehen, dass er immer entspannter und ruhiger wird. Auch merke ich, je entspannter und ruhiger ich mit ihm bin, desto einfacher ist es für ihn. Fällt mir aber auch manchmal schwer, wenn er zB das ganze Auto zusammen schreit. Jedoch arbeiten wir auch gemeinsam mit einer Trainerin und sie wollte bald mit uns auch irgendwas Entspannungsmäßiges einbauen..Ich lass mich mal überraschen wie gut das bei uns klappt :smile:

  • Bodo "schreit" auch richtig, wenn er irgendwo warten muss und ich mich dann auch noch entferne - Katastrophe. Bei ihm ist es eine Mischung - nehme ich an - aus Trennungsangst und sehr niedriger Frustrationstoleranz.

    So schätze ich das bei meinem auch ein. Ich bin nur eigentlich nie außer Sichtweite wenn er das macht, also selbst bei der Arbeit kann er mich immer sehen, ich bin nicht weit weg, er kann halt nur in dem Moment nicht zu mir.

    In anderen Situationen abzuwarten klappt eigentlich ganz gut,er muss auch vor dem Fressen warten bis ich es freigebe oder bevor es aus dem Haus geht.


    Wie hast du das denn bisher trainiert?


    Ich habe ihn jetzt immer 1x pro Woche mit auf den Hof genommen (vormittags, wenn nichts weiter los ist). Da war ich dann meistens mit einer weiteren Person alleine in der Reithalle, die auch einen Hund hat und kein Problem damit hatte. Ich habe ihn WIRKLICH konsequent ignoriert, und wie oben beschrieben, er hat sein Gejammer dennoch 90 min bis zur völligen Erschöpfung durchgezogen.

    In anderen Situationen, wenn ich wirklich arbeiten muss, geht das natürlich nicht ihn hundertprozentig zu ignorieren, da versuche ich natürlich in erster Linie den Hund ruhig zu bekommen. Zur normalen Arbeit nehme ich ihn aber nun eben nicht mehr mit, nur einmal die Woche zum üben, da ich es da eben konsequent ignorieren kann. Aber trotzdem - er hört einfach nicht damit auf und es wird eher schlimmer als besser.

    Die Hundetrainerin gab mir außerdem den Tipp, ihm beim Gassi gehen immer mal irgendwo anzubinden und ein paar Meter wegzugehen und halt erst wiederzukommen, wenn er sich ruhig verhält. Das übe ich jetzt auch mit ihm, allerdings muss man da seeeeeehr viel Zeit für die Spaziergänge einplanen, da er eben nicht so schnell aufgibt. Ich clickere auch mit ihm, werde das jetzt auch mal versuchen in die Übungen einzubauen.

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