Vertrauen und Verhalten nachdem Hund gebissen wurde

  • Oje, das klingt wirklich schrecklich. Es tut mir sehr leid was euch passiert ist. Gute Besserung an Diego. Auch wenn es schwierig ist, ich wünsche euch, dass ihr das erlebte bald verarbeitet habt. Möglichst nach vorn schauen um wieder ohne Angst spazieren gehen zu können ist natürlich das Beste. Aber das braucht Zeit. Ich wünsche euch alles Gute dabei! =)

  • Vielleicht hilft es dir, wenn du mal in Begleitung eines Trainers oder eines anderen, souveränen Hundebesitzers (ohne dessen Hund) spazieren gehst?
    Aus eigener Erfahrung kann ich sagen, dass man seine eigene Angst oder Unsicherheit ganz wunderbar überträgt, auch wenn man meint, das kognitiv im Griff zu haben :hust: .
    Gute Besserung für den armen Kerl!

  • Du bist an nichts schuld, das weisst du auch. Aber dennoch drängen sich manchmal Gedanken auf, ich kenne das, und es ist typisch für Opfer.

    Du scheinst sehr robust und vernünftig, schieb diese aufkommenden Gedanken weg.

    So wie du das geschildert hast, war das ein Angriff in Tötungsabsicht.
    Ihr beide tud mir unendlich leid. Ich wünsche niemanden solch eine Erfahrung. Ja, es ist Vergangenheit. Ja, natürlich musst du nach vorne schauen. Und ihr könnt das auch schaffen.

    Und deinen Plan, dies anzugehen, finde ich sehr gut.

    Gute Besserung, der Seelen und Wunden...bei euch allen

  • Eins noch: hast DU denn übergrosse Angst mit deinem Hund spazieren zu gehen? Oder hat der Hund Angst?

  • Mein Sohn wohnt seit einiger Zeit wieder bei mir und meinen 5 Hunden. Er hat vor einigen Jahren einen American Stafford - Sharpei Mix auf der Strasse ausgesetzt gefunden und mitgenommen. Bruta ist der liebste Hund der Welt mit Menschen, Rüden und auch mit Shiva gibt es kein Problem. Bruta hat sie aufwachsen sehen.

    Wenn mein Sohn nicht da ist ist Bruta in einem abgetrennten Teil des Garten da ich dem Hund nicht traue. Nach und nach haben wir versucht sie zu integrieren und es schien auch zu klappen bis sie eines Tages vor ein paar Monaten meine Kyra angriff. Was der Auslöser war weiss ich nicht. Ich war in der Küche und hörte den Lärm im Garten. Ich musste Bruta mehrmals mit der Faust auf die Nase schlagen bis sie Kyra endlich loslies. Ich dachte sie wäre tot. Bruta hatte ihr den Hals aufgerissen und wie sich im nachhinein rausstellte die Speiseröhre durchlöchert.

    Meine TA hat sich in einiger 2-stündigen OP wieder zusammengeflickt und danach habe ich dann ein paar Wochen Krankenschwester gespielt. Gassigehen war natürlich nicht. Sie hatte Probleme mit dem atmen und auch den selbstgekochten Hühner-Reis-Brei hat sie erst 3-4 Tage nach dem Angriff angenommen und auch nur in kleinen Mengen von meiner Hand.

    Mittlerweile sind alle Wunden verheilt, das Fell ist nachgewachsen und physisch haben wir nur eine verrauchte Stimme nachgehalten (a la Bonny Taylor). Bruta darf jetzt nur noch rein wenn mein Sohn da ist und er sie im Auge behält. Kyra zeigt aber keinerlei Angst und auch im Garten beschnüffeln sie sich durch den Zaun.

    Hunde leben zum Glück in der Gegenwart und nicht in der Vergangenheit. Wenn Du Deinen Hund allerdings streichelst wenn er Angst hat wirst Du nur erreichen dass er denkt, oh toll, Angst haben ist gut dann krieg ich Aufmerksamkeit. Am besten ist sich normal zu verhalten und das ist oft das grösste Problem. Ich haben heute mehr Angst wenn Bruta und Kyra in einem Raum sind als Kyra.

  • Man kann Angst nicht durch Mitgefühl verstärken. Das ist ein älteres Denkmodell.

  • Ich denke hier sollte man mal Mensch und Tier ganz klar trennen. Das sind einfach zwei Paar Schuhe.

  • Ich denke hier sollte man mal Mensch und Tier ganz klar trennen. Das sind einfach zwei Paar Schuhe.

    Ich sehe beide eher als linken und rechten Schuh, welche ein Paar sind.

    Oben in meinem 1. Beitrag habe ich Vorschläge zum Handling des Hundes gemacht
    Unten die Gefühle der Halterin aufgegriffen, bzw. mich hineinversetzt.

    Der Hund ist traumatisiert. Das zeigt das beschriebene Verhalten. Ob das nun in eine posttraumatische Störung übergeht ist noch nicht absehbar.

    Die TE als Halterin ist zumindest geschockt, auch das kann man als Trauma beschreiben. Ihren Umgang damit, beschreibt sie mehr als vernüftig.

  • Wir hatten die Situation fast genauso wie du vor Ca 3 Jahren. Hund an der Leine, kommt ein fremder viel größerer von hinten angeschossen und direkt meinen ins Maul gepackt und geschüttelt wie einen Hasen :( Das war der schlimmste Moment in meinem Hundeleben bisher, weil es auch absolut plötzlich war, ich hab den fremden Hund getreten, er ließ nicht ab, dann schrie mich noch die Besitzerin an usw. Anzeige, TA, das ganze Drumherum. Und dann saß ich da mit meinem zarten Seelchen, das völlig fertig war und wimmerte.

    Es gab daraufhin auch ein paar brenzlige Situationen. Einmal hat mein Hund bei Dämmerung einen Schrecken vor 3 aus der Seitenstraße kommenden bekommen und rannte quer über die Straße. Einmal hatte er Angst vor 2 Hunden und lief weg, wurde gejagt. Ich hab ihn 1km weiter weg gefunden.

    Das ging dann so einfach nicht weiter, ich war wahrscheinlich mehr traumatisiert als der Hund. Und der vertraute mir überhaupt nicht mehr und nahm dann doch lieber die Beine in die Hand.
    Bei mir hat es dann irgendwann klick gemacht - mein Hund kann mir nur vertrauen, wenn er merkt, dass ich auf ihn aufpasse. Also hab ich angefangen ihn ganz genau zu "lesen". In dieser Zeit hab ich eine unglaublich starke Bindung zu ihm aufgebaut und echt Lehrgeld bezahlt. Wennwir auf andere zugingen, dann kam erstmal die Leine dran und dann hab ich geschaut, wie der Hund reagiert. Wenn er Schiss bekam, begann ich ihn zu verteidigen (Brust raus, Beine breit, in den Weg stellen, nicht an meinen Hund ran lassen, evtl auch sehr bedrohliches "Nein" oder auch mal auf den Boden stampfen). Ich hab da auch einfach keine Kompromisse mehr gemacht, wenn mein Hund nicht will und der andere es auch im Ansatz nur nicht versteht- dann spring ich ein. Und wenn's hart kommt, dann trete ich zu, zwar mit Ansage, aber ohne zu zögern.

    So, ich wurde also selbstbewusster un kompromissloser (hatte ja auch Erfolge), Hund hat gaaanz langsam gecheckt "ok, Frauchen ist ja voll straight und schafft das für mich, ich bin wohl sicher bei ihr" und dazu viele viele nette Hundebegegnungen und ein ganz tiefes Verhältnis - und dann hats auch beim Hund irgendwann Click gemacht.

    Heute ist sie noch viel selbstbewusster als vor dem großen Beißvorfall und sie nutzt auch meine Deckung, wenn ihr was unheimlich ist. Ich achte immer mehr drauf, dass sie sich nicht bei mir versteckt, sondern wenn ich die Situation als gut einschätze, dann muss sie da durch... Nach Ca 1 Jahr wurde es definitiv sehr viel besser.
    Inzwischen mobbt mein Hund auch gern mal die, die genauso sind wie er mal war. Altes Egoschwein :mute: Und die Kleine zeigt auch ganz genau, was sie noch ok findet und wo es definitiv reicht.

    Also: seht diesen Beißvorfall nicht als Rückschlag, sondern als neue Herausforderung, an eurer Bindung zu arbeiten und noch mehr zusammen zu wachsen. Es lohnt sich !

  • @Rateros und @Czarek Das was ihr da beschreibt klingt wirklich verdammt furchtbar! Und es freut mich undendlich zu hören, dass ihr eure Angst und die Ängste eurer Hunde so super verarbeitet habt und so gut daran gearbeitet habt, dass es nun wieder entspannt ist! Total klasse! Ich hoffe, dass es mit Diego und mir auch irgendwann wieder so ist.

    @Liv Als Angst würde ich das bei mir nicht bezeichnen, nicht wenn es grade raus geht, wenn kein Hund da ist. Das ist wirklich soweit (bis auf das ständige umdrehen) locker.

    Kommt ein anderer Hund bin ich einfach unsicher und ob Diego nun unsicher ist, weil ich es bin oder ich, weil er es ist...ja da überträgt sich vermutlich einiges. Das ist nicht gut, ich bin da ein bisschen verwirrt wie ich solche Situationen am besten einschätzen kann und nehme Abstand dazu. Versuche das aber fröhlich und locker zu machen, lobe ihn viel wenn er mir folgt und nicht wegzieht. Zieht er weg beruhige ich ihn (und nein ich streichel ihn dann nicht. Nicht weil ich da Ängste übertragen könnte, sondern weil ich es in dem Moment einfach nicht passend finde mich mitten auf die Straße zu hocken und meinen Hund zu streicheln). Zur Zeit bin ich etwas stark auf ihn fixiert, beobachte sein Verhalten und dadurch macht sich dann vielleicht doch eine Anspannung bemerkbar?

    Oh man, da muss ich tatsächlich dran arbeiten. Hier zuhause wird er nun nicht betüddelt (also nicht mehr als sonst :D ) weiterhin gibt es Regeln und es bleibt so normal wie es vorher war, außer, dass Elmo ihn in Ruhe zu lassen hat, er neuerdings in der Box schläft, die er vorher nicht interessant fand. Er zieht sich etwas zurück, aber das liegt an den körperlichen Schmerzen und ist auch normal.

    Deshalb fällt es mir auch grade schwer, da zu differenzieren: was macht mein Hund weil er wirklich Angst hat und sehr unsicher ist aufgrund der psychischen Belastung (und ich hätte nicht gedacht, dass Hunde "paranoid" sein können oder mal ab von den normalen Träumen solche Alpträume haben können) und was macht er, weil er eben noch verletzt ist und sich nicht wohlfühlt, da eingeschränkt.

    Wird sich denke ich zeigen, sobald er wieder auf dem Damm ist, welche Probleme sich dann von "alleine" gelöst haben und welche vielleicht bleiben und eine Lösung brauchen.

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