Verängstigter Junghund, wie soll ich damit umgehen?

  • Wenn man sich einen 6 Monate alten Junghund aus dem osteuropäischen Ausland holt, kann man doch fast damit rechnen, einen verstörten, ängstlichen Hund zu bekommen (was nicht wertend in Bezug auf Osteuropa gemeint ist, aber der Hund wird schon einen Grund haben, nach Deutschland verbracht zu werden!)


    Meine Strategie wäre: In Ruhe lassen. Abgesehen davon mit Sicherheitsgeschirr (!!!) (würde ich anlassen, weil An- und Ausziehen im Moment einfach nur Stress für den Hund bedeuten)mehrmals täglich an ruhige Stelle rausgehen, geschäftliches verrichten, danach still und mit Super-Leckerlie belohnen. Also wenig mit Körperkontakt (empfindet sie sicher noch nicht als "Lob" und schon gar nicht mit "Juchuuu!!!"


    Lasst ihr Zeit, drängt Euch nicht auf, lasst sie selber feststellen, dass ihr als Zweibeiner eigentlich ganz ok seid ;)

  • Das Rausgehen können wir aber erstmal dann in Angriff nehmen, wenn sie Vertrauen in uns gefasst hat. Momentan kann sie die Leine noch nicht vertragen. Sie rastet wirklich völlig aus und schnappt auch nach uns. Ich möchte erstmal das Vertrauen gewinnen und sie so haben, dass sie sich auch traut durch die Wohnung zu wuseln. Und dann kann ich ihr nach und nach die Leine zeigen.


    Mit dm Geschirr und einem Halsband ansich hat sie wirklich keine Probleme, erst wenn die Leine hinzu kommt.


    Das Gras wächst leider ich schneller wenn man ran zieht.

  • Hmmm... wär es nicht sinnvoller (nur!) Deine Freundin baut zu einem derartig verängstigtem Hund erstmal einen Kontakt und eine Bindung auf?


    Letztendlich wirst Du ja weniger vor Ort sein in dieser Eingewöhnungsphase, die Tage/ Wochen / Monate je nach Naturell des Hundes dauern kann, da Du Dich ja auch um Deinen Hund kümmern mußt.


    Ich denke, in Fremder Welt, furchteinflößender Umgebung... ist EIN fremder Mensch erstmal genug....

  • Nacht 2:
    Ich wollte meine Freundin damit nicht alleine lassen, also habe ich mit meinem Hund im Wohnzimmer und sie mit der kurzen im Schlafzimmer geschlafen.


    Haben uns dazu entschieden, das Schlafzimmer zu ihrer neuen ,,Hundebox" umzufunktionieren und haben da die Tür geschlossen. Wenn sie so ängstlich und sensibel ist, war es meiner Meinung nach das Beste, ihr erstmal einen neuen geschlossenen Raum zu präsentieren indem sie sich sicher fühlen kann um ihr von dort aus den Rest der Wohnung langsam zu zeigen.


    Anscheinend erfolgreich.
    Sie ist heute Nacht viel im Schlafzimmer herumgelaufen und hat alles unter die Lupe genommen. Meine Freundin hat Zeitung dort ausgelegt wo sie immer ihr Geschäft verrichtet. Die kleine hielt dies wohl nicht für nötig und hat die Nacht damit verbracht die Zeitung in kleine Schnipsel zu verarbeiten die sie dann im Schlafzimmer verteilt hat.
    Eine kleine Albernheit, die uns allerdings irgendwie doch sehr gefreut hat.


    Auf geht's in den nächsten Tag.

  • Den letzten Tag hat sie mit meiner Freundin alleine verbracht. Irgendwann hat sich die kleine Lou aus dem Zimmer getraut und ist auf's Sofa zu meiner Freundin gegangen und hat sich dort hingelegt. Natürlich hat sich meine Freundin riesig gefreut, hat die kurze aber dennoch erstmal Ignoriert um ihr zu zeigen das ihr nichts passiert.


    Nachts ist sie dann durch die Wohnung getapst und hat eine Blume umgeschmissen und weiter Zeitung zerkleinert. Hat uns schnell sehr positiv gestimmt.


    Heute ist eher ein Rückschrit. Ich war arbeiten und sie war wieder mit meiner Freundin alleine und sitzt seit heute morgen unter dem Bett. Nun ist es natürlich auch heute auch sehr windig draußen und es pfeift durch die Türen und Fenster ganz leicht. Eventuell ist das das Problem. Ansonsten muss es irgendein Auslöser gegeben haben oder ähnliches. Meine Freundin ist natürlich ziemlich traurig und es wird langsam super schwer für mich ihr immer wieder Mut zu machen. Sie überlegt schon ob sie die kleine Lou unter dem Bett rausholen soll und Tagsüber die Tür schließen soll damit sie am Alltagsleben teilnehmen kann.


    Ich brauche eure Ratschläg, bin ein wenig hin und hergerissen. Einerseits halte ich es für richtig sie im Schlafzimmer zu lassen wenn sie sich dort anscheinend sicherer fühlt als anderswo in der Wohnung - andererseits ist es vielleicht garnicht so schlecht sie ein wenig einen Ruck zu geben. Was ist jetzt die bessere Entscheidung?


    Würde mich über eine Antwort freuen.

  • Hallo,


    das Verhalten ist leider für Hunde, die von der Strasse kommen, normal. Es muss nicht mal schlechte Erfahrung sein, sondern kann auch keine Erfahrung mit Menschen und Leine sein.


    Meine Hündin kam auch mit 6 Monaten aus der Türkei direkt von der Straße zu mir. Sie hatte panische Angst vor allem : Menschen, Hunde, Leine, Autos, Räumen, Treppen, Geräuschen.


    Sie lag ca. 8 Wochen still in einer Ecke auf ihrer Decke. Ich habe ab und zu wie selbstverständlich mit ihr gesprochen ohne sie anzuschauen und mich ihr zu nähern. Ansonsten habe ich ihr einfach Zeit gelassen Vertrauen zu bekommen.


    Inzwischen ist sie 6 Jahre, freut sich über alle Menschen, hört gut, hat keine Angst vor Hubschrauber, Feuerwerk und Zügen. Sie ist inzwischen geprüfter Rettungshund des DRK und war schon in zahlreichen Einsätzen.


    Lasst Eurem Hund viel Zeit. Er wird langsam Vertrauen fassen. Das ist eine Sache von Wochen und Monaten, nicht von Tagen. Kein Zwang, der Hund muss freiwillig zu Euch kommen.


    Wichtig : Habt keine Erwartungen, dann werden Eure Erwartungen auf jeden Fall übertroffen.


    Viel Erfolg mit dem neuen Familienmitglied.


    Grüße Bernd



    PS.: Wer einem Tier aus dem Tierschutz ein neues Zuhause gibt, der verändert nicht die Welt, aber für dieses eine Tier verändert er die ganze Welt.

  • Danke für deine schnelle nette Antwort.


    Ich frage mich halt nur, ob ich sie in allem was Sie tut komplett ignorieren soll oder ob ich ihr halt kleine Aufgaben zum brechen einer Angstbarriere stellen soll. Wir haben hin und wieder mal ein wenig Fleischwurst in der Wohnung geteilt. Es hat nicht lange gedauert bis sie sich alle geholt hat. Natürlich mit einem riesigen Abstand von uns. Sollte ich das überhaupt tun?


    Ich habe natürlich Geduld und möchte ihr Zeit geben. Erwartungen habe ich nicht wirklich. Ich bin halt nur etwas durcheinander bezüglich Ihres plötzlichen kompletten versteckens. Vorher war ihr sicherer Ort ja die Decke und nun ist es schon unter dem Bett. Ist halt echt schwierig dieses hoch und tief auszuhalten.


    Wie sollen wir das mit dem Futter handhaben? Momentan bekommt sie 3 mal täglich 100 Gramm. Es dauert natürlich aber immer eine Weile bis sie frisst. Sollen wir den Napf stehen lassen bis sie gefressen hat oder ihn nach 10 Minuten wegräumen?

  • Bitte entmutige dich nicht wegen diesem Rückschritt!
    Heute ist es wirklich sehr windig und du musst bedenken: Dein Hund hat Angst, weil er in einer neuer Situation steckt und dann kommen nun diese für ihn heftige Geräusche von den Böen.
    Der Hund hört das ja viel lauter als wir Menschen! (meine Hündin hat sich ebenfalls heute verkrochen).
    Also hat euer Hund gerade mehr Angst bekommen und da ist es natürlich, dass sie sich noch mehr verkriecht. Sobald es draußen nicht mehr so laut ist und sie sich wieder beruhigt hat, wird es sicher wieder vorwärts gehen^^.
    Wie meinst du kleine Aufgaben? O.o?
    Ich würde sie ganz in Ruhe lassen und ihr Zeit geben von sich aus zu mir zu kommen. Das mit der Fleischwurst halte ich für eine gute Idee^^. So verknüpft sie das herumlaufen in der Wohnung als etwas possitives!
    Wegen dem Futter: Lass es erstmal da stehen. Sie muss jetzt erstmal Vertrauen gewinnen und braucht wahrscheinlich der Überwindung wegen so viel Zeit bis sie was frisst (muss ja schauen, ob da nicht jemand lauert, der es ihr wieder wegnimmt bzw. sie reinlegen möchte oder so).
    Lg,
    Desiree

  • Mit,, kleine Aufgaben" meine ich das Auslegen von Fleischwurst.


    Angst ist ein angeborener Schutzreflex der in ihrem Hirn verankert ist. Ihre Angst ist nicht erlernt sondern von grundauf da. Sie sieht eine Fleischwurst in der Wohnung und möchte dahin. Sie hat aber Angst den weg dorthin auf sich zu nehmen und somit ja eine Barriere in ihrem Kopf die ihr sagt:,,Geh nicht! ". Ich meine wenn sie es schafft diese Barriere zu brechen ist das ja schon eine gewaltige Aufgabe für sie.

  • Ach so. Ich weiß ja nicht, was deine Auffassung von "kleiner Aufgabe" ist. (Hätte auch so etwas sein können wie: Annäherung- das hätte ich nicht so gut gefunden)
    Ja gut, dann finde ich, wie ich das schon geschrieben habe, eine gute Idee.
    Würde das aber nicht all zu oft am Tag machen.
    Lg,
    Desiree

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!