Rauferei - Unterwerfen

  • Ich denke, der andere hat überschießend reagiert. Er war nicht souverän, sonst hätte er die Halstacker nicht gesetzt. Schwitzkasten und Festnageln auf dem Boden sind eigentlich schon deutliche Ansagen.
    Aber man steckt nicht drin, vielleicht hat der Rüde wg der zwei läufigen Hündinnen hormonell überschießend agiert.

    Dass der anderen unten liegende Hund ruhig liegen bleibt und dabei seine Kehle offen präsentiert, ist eine mögliche Verhaltensweise, die er zeigen kann. Flüchten oder auch fighten sind ebenso möglich. Das sind gleich berechtigte Verhaltensweisen, die (aktive) Unterwerfung ist eine mögliche, nicht "die beste". Der Hund wird das Verhalten zeigen, was ihm bisher am besten durch die (oder eine ähnliche) Situation gebracht hat, zB Weglaufen.
    Dass die Unterwerfung die bestmögliche Verhaltensweise ist, ist meines Wissens nach eine überholte Ansicht. Wie der Hund sich verhält, hängt maßgeblich von seinen Erfahrungen ab, auf die er aufsetzt.

  • Zur Frage, ob der Hund sich aktiv oder passiv unterwirft: Ich kenne beide.

    1x legt sich der Hund selbst in die Rückenlage, präsentiert dem anderen seinen nackten Bauch. Oft leckt er auch die Lefzen des anderen, oder will es. Er kann auch unter sich lassen in der Situation.
    - Kenn ich so von Welpen und Junghunden.
    Sie bieten dieses Verhalten an, auch in "vorauseilendem Gehorsam", deutlich signalisierend, dass von ihnen keine Angriffsabsicht ausgeht.

    Oder ein Hund wird vom anderen von den Füßen geholt, mit einem Prankenschlag, und sich dann zurecht gelegt. Der unten liegende Hund wird in seine Rückenposition "gekugelt"/"gekegelt". Er hat dann die Wahl, einzufrieren, sich zu wehren bzw. zu kämpfen oder zu flüchten. - Da ist eine Verhaltensweise nicht besser als die andere, wie ich schon schrieb, sondern hat eher mit den Vorerfahrungen des Hundes zu tun. Das ist ja eine Stressreaktion für den Hund, da denkt der nicht groß nach, sondern nutzt praktisch "die meist befahrene Nervenbahn" in seinem Kopf.


    Wegen Corinnas Überlegung, dass Kehlbiss bzw. -tacker Sequenzen aus dem Jagdverhalten waren:
    Waren die Hunde unterschiedlich groß?
    (Mein Eindruck ist, dass diese Wechsel ins Jagdverhalten bei Groß vs Klein schneller vorkommen - bzw. dann ist es ungleich gefährlicher.)
    Welche Rassen waren beteiligt (sofern man es weiß)?


    Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass dein Hund demnächst versuchen wird, schneller/vorher abzuhauen, bevor er von den Füßen geholt wird. Dass er eine gewisse negative Erwartungshaltung entwickelt.
    Sprich: Sicher ihn gut, halte ihn mental (oder mittels Anleinen) bei dir, wenn ihr eine Hundebegegnung habt, die ihn an diese erinnert. - Nicht, dass er dir kopflos wegläuft und dabei zB in den Verkehr gerät.
    (Spreche aus leidvoller Erfahrung.)
    Leider generalisieren Hunde so was "gerne" und bauen Ängste vor ähnlich aussehenden Hunden und Situationen auf.

  • Hey

    Leider gibt es bestimmte Regel auch bei Hunden, die unter ganz speziellen Bedingungen gelten, die aber gerne verallgemeinert werden, wie „Welpenschutz“ oder die „Beißhemmung“ bei „passiver Unterwerfung“ usw.

    Hunde sind keine echten Rudeltiere mehr (Rudel = Familie/Großfamilie), ihr Verhalten hat sich durch die künstliche Zuchtwahl/Selektion daher teils drastisch verändert.

    Zitat:
    „… der Mensch hat das Sozialverhalten von Hunden tief greifend verändert. (D. U. Feddersen – Petersen, Tierärztin und Verhaltensbiologin).“

    Deshalb kann man auch nicht so einfach bei unseren Haushunden von normalem Verhalten (was immer das sein mag) sprechen. Denn dazu müsste man normal definieren können, was aber nur bedingt möglich ist.

    Auch Eingriffe des Menschen in die Physiologie der Hunde, Stichwort: Kastration trägt dazu ihren Teil bei, dass Hunde sich nicht unbedingt artgerecht verhalten können.

    Ein weiterer Punkt, unter anderen, der oftmals nicht erkannt und daher leicht unterschätzt wird. Was wir Menschen beobachten, ist für uns, aber auch zum Teil für die Hunde, keine Kommunikation, sondern Interaktionen, die zwangsläufig zu Missverständnissen führen müssen/können. Dessen sollten wir uns immer bewusst sein.

    Nun zu deiner Beschreibung, die sich so anhört, dass dein Hund/Rüde von dem anderen Rüden „passiv unterworfen“ wurde.
    Intuitiv denken wir aber anders, denn dein Rüde wurde ja von dem anderen unterworfen.
    Dagegen meint aktive Unterwerfung, das der sich unterwerfende, dies von sich aus also somit aktiv selbst tut.

    Warum diese Unterscheidung eine Bedeutung haben könnte?

    Dein Rüde hat in der Interaktion auf die Drohung des anderen Rüden nicht deeskalierend reagiert, oder gar keine Zeit gehabt das zu tun usw.

    Es wäre mühsam herausfinden zu wollen, warum das Ganze so ausgegangen ist.

    Zu der Annahme es könnte in eine Jagdmotivation umgeschlagen sein, ist sicherlich falsch. Hunde, die einen Ernstkampf mit Beschädigungsabsichten austragen, wovon du hier ausgehen kannst, versuchen in aller Regel ihren Kontrahenten zu schütteln, das ist bei Hunden ganz normales Kampfverhalten.
    Das weiß ich z. B. aus eigenen Beobachtungen, auch wissen Hunde schon, dass ihr Kontrahent keine Beute, sondern ein Hund ist.

    Leider ist es zu einer gängigen, aber falschen Annahme und Ansicht geworden, dass das Dominanzverhalten von Hunden nicht normal und/oder gar asozial (was immer das sein mag) sei.
    Dem ist nicht so, denn Dominanz ist/kann situationsbedingt, ein natürliches Beziehungsmerkmal zwischen Hunden sein.
    Auch ist die Annahme, dass es bei Wölfen keine Dominanzhierarchie gäbe, falsch, wird aber auch gerne so von Wolfskennern verbreitet.
    Dominanzhierarchien in einem Wolfsrudel haben ihre Berechtigung, da so unnötige Kämpfe vermieten werden.
    Was Dominanzhierarchien aber nicht sind, sie sind kein unterdrückerisches tyrannisches System, in einem Wolfsrudel, wie früher oftmals angenommen wurde, hauptsächlich durch Beobachtungen an Gehegewölfen. Diese Fehlinterpretationen wurden aber längst schon korrigiert.

    Dazu sollte man wissen, nicht erst heute, wie gerne angenommen durch Bloch und Co, denn diese Erkenntnisse sind nicht nur schon einige Jahrzehnte alt, sondern auch von Wolfsforschern/Kynologen (z. B. von Aldington) publiziert worden.

    Überraschenderweise entsteht also Dominanz durch das Verhalten des untergeordneten Tieres! (Aldington/1986).

  • Ähm, du hast aber schonmal was von displacement activity gehört? Bzw. dem aktivieren verschiedener emotionaler Funktionskreise ausserhalb des Kontexts bei steigendem Erregungsniveau?

    Flying Paws Erklärung klingt plausibel und ist konsistent mit den derzeitig etabliertesten Erklärungen von Verhalten.

  • Ich finde es eigentlich unmöglich solch einen Ablauf beurteilen zu wollen, ohne ihn selbst gesehen zu haben. Da es unter Hunden die unterschiedlichsten Strategien, Verhaltensweisen, Verhaltensveränderungen durch die aktuelle Situation geben kann und jeder Hund mit verschiedenen Hunden auch verschieden in der Heftigkeit interagiert, sollte man mit Beurteilungen, ohne dabei gewesen zu sein, doch eher zurückhaltend sein.

    Denn die Schilderungen die wir über unsere Hunde und stattgefundene Situationen ins Netz stellen können, sind logischerweise immer ein ganzes Stück weit von der Realität entfernt, (Kein Vorwurf, sondern Tatsache) denn wir sehen und beurteilen ja niemals objektiv.

    Das Einzige was ich sagen kann ist, daß es sicher eher ungeschickt war, den Hund zu zwei ins Spiel versunkende Hunde preschen zu lassen. Aber das passiert. Ich würde an Deiner Stelle nicht krampfhaft versuchen das Geschehen zu analysieren, sonder beim nächsten Mal den Auslöser weglassen, denn dann schien ja immer alles gut zu funktionieren. Denn ansonsten müßte man auch berücksichtigen - wie waren die vorher im Umgang miteinander, auch vom Alter her gesehen, gab es früher schon Spannungen die keiner gesehen hat usw, das kriegt man hier gar nicht hin.

    Sei froh daß nicht mehr passiert ist und da sieht man mal wieder - wir alle lernen nicht aus... ;)

  • Zitat

    (...)
    Zu der Annahme es könnte in eine Jagdmotivation umgeschlagen sein, ist sicherlich falsch. Hunde, die einen Ernstkampf mit Beschädigungsabsichten austragen, wovon du hier ausgehen kannst, versuchen in aller Regel ihren Kontrahenten zu schütteln, das ist bei Hunden ganz normales Kampfverhalten.
    Das weiß ich z. B. aus eigenen Beobachtungen, auch wissen Hunde schon, dass ihr Kontrahent keine Beute, sondern ein Hund ist.
    (...)


    Muss ich leider widersprechen: Hunde können andere Hunde sehr wohl für Beute halten, bis hin zum Abgriff und Töten der Beute - bzw. des (oft wesentlich kleinerem) Hund.

    Ich habe das 1. Mal in meinem Leben mit 8kg einen kleinen Hund und musste das auch schon erleben: Wenn mein Hund sich wie ein Hase verhält und entsprechend wegrennt, womöglich noch Haken schlagend, hat das zB Windhunde und Schäferhunde schon den Jagdmodus fallen lassen.
    Gerade Nackenbiss und "Totschüttel"-Geste lassen mich aufhorchen, ob es Jagdverhalten ist.


    Wie groß die Beschädigungsabsicht hier war, vermag ich nicht zu sagen. Ok, es gab Löcher, aber eben auch "nur" Löcher. Ein Hund mit Beschädigungsabsicht kann erheblich größeren Schaden anrichten. Warum es Löcher gab, nicht mehr und nicht weniger, kann ich nicht sagen.


    Und übrigens ist für mich das Forum hier auch eine Lernplattform. Nicht für eine Prüfung oder so, aber halt doch zum Dazulernen. Nur zum Foto beschauen und "Oh wie süß"-Posts bin ICH nicht hier :smile:

  • Mein Hund ist ein Labrador Dalmatiner Mix (25 kg) und der andere Rüde ein Golden Retriever (35 kg).

    Also nicht die klassische Konstellation bei der ich an Jagdverhalten gedacht hätte, ich finde den Aspekt aber durchaus interessant. Es ging ja auch mehr darum ob diese Sequenz des Schüttelns an der Kehle aus dem Jagdverhalten heraus entsteht.
    Aber ist es nicht so, dass Hunde die in ernsthafter Beschädigungsabsicht miteinander kämpfen dies auch zeigen würden?

    Ich weiß dass man die Situation im Nachhinein nicht mehr aufklärt und aus der Ferne schon gar nicht. Aber ich hab schon wieder viel gelernt ( ;) ) aus euren Kommentaren und es hilft mir außerdem auch ein bißl die Situation zu verarbeiten. Natürlich mache ich mir Vorwürfe, dass ich die Situation falsch eingeschätzt habe und ich war einfach auch ziemlich geschockt. Und da hilft es schon, wenn man am Ende verschiedene Möglichkeiten hat, wie man das Verhalten einordnen kann - ohne dass ich mich jetzt überhaupt auf eine Version final festlegen muss.

    Zitat

    Ich könnte mir übrigens vorstellen, dass dein Hund demnächst versuchen wird, schneller/vorher abzuhauen, bevor er von den Füßen geholt wird. Dass er eine gewisse negative Erwartungshaltung entwickelt.
    Sprich: Sicher ihn gut, halte ihn mental (oder mittels Anleinen) bei dir, wenn ihr eine Hundebegegnung habt, die ihn an diese erinnert. - Nicht, dass er dir kopflos wegläuft und dabei zB in den Verkehr gerät.
    (Spreche aus leidvoller Erfahrung.)
    Leider generalisieren Hunde so was "gerne" und bauen Ängste vor ähnlich aussehenden Hunden und Situationen auf.

    Danke für den Tipp, ich werde drauf achten. Wir waren ja direkt am nächsten Tag nochmal mit den beiden alleine unterwegs. Mein Hund kam dann immer zu mir, wenn es ihm mit dem anderen zu nahe wurde, ansonsten war alles wie gehabt und sie haben sich ignoriert. Aber er hatte natürlich auf jeden Fall Flucht-Tendenzen. Ob er das auch auf andere Hunde überträgt kann ich nicht sagen, aber der Hinweis war auf jeden Fall gut. :gut:

  • OT: Weil Du schreibst, er hat 2 Löcher: warst beim Doc? Oft sehen solche Wunden außen ganz harmlos aus, aber sind trotzdem recht tief, und innen entzündet sich alles ganz fürchterlich. Man denkt, das heilt aber schön, und auf einmal schwillt das ganze Ding fürchterlich an oder so. Würd ich lieber mal checken lassen...

  • Ja, war ich, danke dir! Das eine Loch ist tief und heilt auch grade schlecht. Muss morgen nochmal zur Kontrolle.
    Ein Hund von einer Bekannten hat auf dem Weg ein Auge verloren, seither bin ich da lieber vorsichtig :/

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