Hund hat Angst vor dem Autofahren

  • Hallo liebe Hundeexperten / vllt auch Leidensgenossen,


    ich habe ein sehr großes Problem mit unserem Golden Retriever Rüden. Vorher muss ich aber noch einiges über seine Vorgeschichte berichten:
    Letztes Jahr im Oktober haben wir einen 6jährigen Golden Retriever aus dem Tierheim geholt. Er stammte aus einer Tierenteignung. Dort lebte er wohl mit mehreren Katzen in einem Messi-Haushalt. In "seiner" Stadt war er schon bekannt, da er wohl des öfteren seinen Besitzern abhaute und von der Polizei eingefangen werden musste. Als wir ihn aus dem Tierheim holten war er sehr ängstlich und ließ sich von Fremden nicht anfassen. Er war dabei aber nie böse oder ähnliches. Nun haben wir ihn seit knapp einem halben Jahr bei uns und er ist wirklich ein Goldschatz! Fremden gegenüber (vor Allem Männern) begegnet er noch immer mit Skepsis, man merkt allerdings, dass er doch interessiert an ihnen ist, sich nur nicht ganz traut. Die erste Woche mit ihm im neuen Zuhause war auch sehr schwierig. Er traute sich nicht in unser Haus, und er versuchte sich die ersten Wochen unter den Zaun durchzubuddeln usw. Dieses Verhalten legte er aber ab und man hat nun das Gefühl er ist gern bei uns und vertraut uns auch.


    Nun zum eigentlichen Problem:
    Autofahren ist mit ihm absolut unmöglich! Aus dem Tierheim konnten wir ihn nur abholen, indem wir ihn mit 3 Personen in das Auto verfrachtet haben. Auf der Fahrt starrte er nur nach unten, bewegte sich nicht und Leckerlies - selbst Leberwurst hat er nicht mehr angenommen. Nun sind wir schon so weit, dass er mit Hilfe eines Heuballens vor dem Kofferraum hineinsteigt, Sitz macht und dann seine Leckerlies bekommt. Auch Hinlegen klappt und sogar ein Stück entfernen, ohne dass er sofort rausspringt kann ich mich auch. Aber die Kofferraumklappe bekommen wir einfach nicht zu. Sobald die Klappe so weit runter ist, dass er merkt er kommt nicht mehr raus - das gleiche Verhalten wie bei der Autofahrt aus dem Tierheim. Obwohl noch jemand mit ihm drin sitzt. Es scheint so, als habe er Angst vor eingeschlossen werden, vllt hat er bei seinen alten Besitzern schlechte Erfahrungen gemacht und wurde im Auto für Stunden eingeschlossen, oder es liegt an den Erfahrungen mit der Polizei, die ihn immer wieder eingefangen haben und ins Auto gesteckt haben. Er verweigert Futter und sitzt total gelähmt da. Wir kommen an diesem Punkt einfach nicht weiter, schon seit Monaten. Natürlich geht die Klappe sofort wieder auf sobald er sein Futter verweigert, aber was sollen wir bloß noch tun? Irgendwann ist es vielleicht mal dringen von Nöten dass wir zum Tierarzt müssen, aber auch er liebt lange Waldspaziergänge - alles unmöglich ohne Autofahren.
    Ich hoffe es hat jemand Tipps für uns oder hat selbst diese Probleme, ich würde mich über jede Antwort freuen! :smile:


    Liebe Grüße, Kim

  • Hmpf. Armer Kerl. Gut möglich, dass er von solchen Fahrten, die damals mit ihm unternommen wurden, so traumatisiert ist.


    Und jetzt kommt ein Satz, den ich hasse und vermeide wie die Pest:


    Da muss er durch.


    Wenn ihr die Klappe jedes Mal sofort wieder aufmacht, weil er seine Leckerlis nicht mehr nehmen kann, ändert sich nichts.


    Ihr habt immerhin schon erreicht, dass er einsteigt und bei offener Klappe auch mal drin bleibt. Wunderbar.


    Jetzt muss die Klappe auch mal zu -wenn auch nur für kurze (zu Anfang seehr kurze) Zeit.
    Damit seid ihr vom Losfahren noch weit entfernt, aber so gewöhnt er sich daran, dass die Klappe zwar zugeht, aber auch wieder auf. Belohnungsparty gibt es immer erst hinterher, wenn die Klappe wieder offen ist. Bei geschlossener Klappe kann er - vorläufig auf alle Fälle - eh nichts nehmen.


    Kleine Schritte bei diesem Training. Und nicht zu oft und auch mal offen lassen wie gehabt, damit er nicht wieder komplett das Einsteigen verweigert.


    Wenn das irgendwann besser geworden ist: Motor starten und in den nächstgelegenen geilen Wald zu einem suuuuuuuper Abenteuergassi.


    So in etwa wäre mein Vorschlag. Immer mit Bauchweh, da ich den Hund nicht kenne.

  • Ich muss öfter mal Tierschutzhunde von A nach B bringen, auch große Hunde.
    Manche Hunde habe ich auch in Pflege, die dann regelmässig mit mir Autofahren müssen.


    Ich habe da noch nie viel geübt.
    Die Hunde werden freundlich ins Auto bugsiert. Bei großen Hunden lege ich ein Leckerlie ins Auto, wenn die Vorderbeine drin sind, hebe ich die Hinterbeine hinterher, ein freundliches Lob, Klappe zu, fertig.


    Zitat


    Nun sind wir schon so weit, dass er mit Hilfe eines Heuballens vor dem Kofferraum hineinsteigt, Sitz macht und dann seine Leckerlies bekommt. Auch Hinlegen klappt und sogar ein Stück entfernen, ohne dass er sofort rausspringt kann ich mich auch. Aber die Kofferraumklappe bekommen wir einfach nicht zu.


    Wenn noch jemand mit hinten sitzt, soll er den Hund ablenken und festhalten, fröhlich loben und Du fährst einfach ein kleines Stück, dann wieder zurück, Hund ordentlich loben und wieder raus lassen.


    Nach meiner Erfahrung kommt man mit freundlicher, sanfter Entschlossenheit weiter.
    Unsicherheit überträgt sich auf den Hund.

  • Vielen Dank schonmal für die Antworten.


    Zitat


    Die Hunde werden freundlich ins Auto bugsiert. Bei großen Hunden lege ich ein Leckerlie ins Auto, wenn die Vorderbeine drin sind, hebe ich die Hinterbeine hinterher, ein freundliches Lob, Klappe zu, fertig.


    Das klappt leider bei uns nicht so einfach. Wenn man ihn anfässt unter hinter ihm steht wird er vollkommen panisch und windet sich so doll, dass er raus kommt. Auch geht er manchmal nur ins Auto, wenn man wegschaut oder einen Schritt zurück macht. Es geht wirklich nur wenn jemand drin sitzt, Leckerlies, und gleichzeitig von innen Klappe zu.
    Auch wenn er drinnen sitzt und man steht davor und hebt die Hand nur 10 Zentimeter springt er sofort raus, weil er weiß ich will die Klappe zumachen. Auch wenn die Klappe fast zu ist springt er gegen die fast geschlossene Klappe und quetscht sich noch raus.


    Ich habe mir jetzt halt auch gedacht dass wir das nächste mal die Rückbank umklappen, einer setzt sich mit rein und hält ihn am Halsband fest, weil sonst versucht er sofort rauszuspringen und das wird ja auch gefährlich wenn einer die Klappe zu macht, und dann macht ein anderer halt zu. Kurze Zeit zulassen und wieder auf, wie schon vorgeschlagen. Wir haben wirklich langen Atem, aber wenn man einfach nicht weiter kommt schwindet langsam wirklich die Motivation :( :

  • Was mir jetzt ganz spontan einfällt. Wenn ihr die Rückbank umklappt, kann er doch zur Seitentür aussteigen.
    Wenn ihr ihm das jetzt zeigt, also durch die Heckklappe einsteigen und durch die Seitentür wieder raus, dann
    fixiert er sich nicht so auf die Heckklappe. Vielleicht ist es dann möglich die Klappe zu schließen, denn der
    Ausstieg erfolgt durch die Seitentür.
    Dann erst die Seitentür öffnen wenn die Heckklappe zu ist bis ihn das schließen der Heckklappe nicht mehr
    ängstigt.
    Dabei sollte aber jemand mit im Auto sein und ihn halten, damit er nicht nach vorne durch springt.


    Dabei ganz ruhig und gelassen vorgehen. Es passiert ja auch gar nichts schlimmes oder aufregendes. Auch
    nicht übertrieben beruhigen wollen oder mit Leckerli ablenken wollen. Auch keine große Party wenns geklappt hat
    und er ruhig geblieben ist. Die Party könnt ihr dann ohne ihn feiern ;)

  • Zitat


    Ich habe mir jetzt halt auch gedacht dass wir das nächste mal die Rückbank umklappen, einer setzt sich mit rein und hält ihn am Halsband fest, weil sonst versucht er sofort rauszuspringen und das wird ja auch gefährlich wenn einer die Klappe zu macht, und dann macht ein anderer halt zu. Kurze Zeit zulassen und wieder auf, wie schon vorgeschlagen.


    Das ist doch eine gute Idee.
    Unsichere oder ängstliche Hunde sollte man immer kurz festhalten oder festbinden, bis die Klappe zu ist. Genauso vor dem Öffnen der Klappe beim Aussteigen, den Hund kurz sichern, damit er nicht einfach herausspringt.


    Später kann man dann das Wort "warte" trainieren, damit der Hund nie ohne Aufforderung aussteigt.

  • Mein Ansatz wäre wohl: Hund ins Auto, ich mit rein (mit Buch oder sonst was) und warten. Im Moment lernt er nichts, weil seine Angst jegliche Lernprozesse blockiert. Ich würde warten bis er wieder aufnahmefähig ist und ihn belohnen sobald er aus seiner Schockstarre erwacht. :ka:

  • Zitat

    Mein Ansatz wäre wohl: Hund ins Auto, ich mit rein (mit Buch oder sonst was) und warten. Im Moment lernt er nichts, weil seine Angst jegliche Lernprozesse blockiert. Ich würde warten bis er wieder aufnahmefähig ist und ihn belohnen sobald er aus seiner Schockstarre erwacht. :ka:


    !!!!



    Und dann ?
    Würdest du dann einfach ignorieren wie der Hund sich weiter verhält ?
    ( Nehmen wir mal an, du sitzt dann eben am Steuer und achtest hoffentlich auf das Verkehrsgeschehen )

  • Soweit sind wir doch noch gar nicht. Für mich wäre es erstmal wichtig das der Hund versteht das ihm nichts passiert im Auto. Und das kann er nicht, solange er sich in Schockstarre befindet. Dann ist das Hirn nämlich auch nicht da, wo es hingehört: Angeschlossen. :) Sobald er fähig ist im Auto etwas anderes als Panik wahrzunehmen, würde ich ihm das Teil ganz einfach schmackhaft machen. :) Soll Leute geben die ihren Hunden im Auto die Hauptmahlzeit geben, damit die Hunde das Auto mit etwas sehr tollem verbinden. Wenn der Hund freiwillig ins Auto geht, mit geschlossener Heckklappe kein Thema hat und nicht zur Salzsäule erstarrt, kann man das ja ausweiten. Motor starten, aber stehen bleiben, Stück fahren (vielleicht auch nicht unbedingt allein) etc usw.


    Ich habe nun keine Angsthunde, aber meine Hunde haben ihre Unsicherheiten dadurch überwunden, weil sie sich mit der Situation konfrontieren mussten. NICHT in dem Moment wo die Angst das Hirn gelähmt hat, sondern als die Angst gewichen ist und der Drang zu erkunden eingesetzt hat.


    Mag ein falscher Weg sein. Ich bin kein Tierpsychologe.

  • hallo
    du wirst schon einen Weg finden


    was ich nicht verstanden habe:
    wo steigt denn der Hund ein ?
    An der Seite oder hinten ?
    ( Ich frag das wegen der kleinen tricks, weisst eh als Hundehalter ;) )


    Grüße

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