Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Rehden: Überwachungskamera zeigt zwei Wölfe auf Firmengelände | Rehden

    Ein Bericht, der doch jeden nachdenklich stimmen sollte. Das ist schon eine de-luxe-Einzäunung, die der Betrieb da als Truppenerbe hat und der juckt die Wölfe auch nicht.

    Zum Luchs: In jedem Bericht, der in jüngerer Zeit von Luchsen in Menschennähe oder von Rissen berichtet hat, hieß es: "sehr selten". Das wird nicht anders, als beim Wolf. Mir war der bislang lieber, aber ich gebe zu, dass mir neu war, dass es auch durch einen einzelnen Luchs zu erhelblichen Schäden durch Surplus-Killing kommen kann und dass das früher scheinbar nicht selten war.

  • Ich habe bei der Einführung von HSH noch ein anderes Problem. Neben der organisatorischen und finanziellen Komponente sehe ich auch das Problem, daß wir über Hunde reden, die auf den Status eines Elektrozaunes reduziert werden könnten. So, wie Wachhunde früher lebende Alarmanlagen waren, die ihr erbärmliches Leben an der Kette fristeten, sofern nicht ihr Besitzer ein persönliches, emotionales Verhältnis zu ihrem Hund entwickelten.

    Chris, Du beschäftigst Dich aus eigenem Interesse mit den Mc und förderst sie aus der Sicht und mit dem Anspruch eines Hundeliebhabers, der sich neben dem Wolfsschutz auch individuell mit den Hunden abgibt. Aber lange nicht jeder Weidetierhalter ist ausgemachter Hundefreund, nicht mal jeder Schäfer ist es, der so ausgesprochen auf seine Hunde angewiesen ist.

    Was kann also Hunden blühen, die en masse als Herdenschutz "installiert" werden sollen, aber womöglich nicht einwandfrei funktionieren? Oder die irgendwann ihren Job nicht mehr ausüben können? Werden die dann wie das übliche alte, kranke Nutzvieh behandelt und bekommen weder medizinische Versorgung, noch "Gnadenbrot"? Wir reden hier perspektivisch immerhin über tausende Hunde!

    Das ist ein ganz, ganz wichtiges Thema.
    Und ich hoffe, dass man das in meinen Berichten auch rauslesen kann, dass die Hunde eben kein "Material" sind, sondern Lebewesen, mit denen man sich beschäftigen muss, die ihre Ansprüche und Besonderheiten haben und die zwar vieles einfach so aus ihrer Bestimmung heraus können, die aber dennoch Ausbildung und Anleitung benötigen.

    Ja, es ist so, dass einige HSH-Halter diese Hunde rein als Mittel zum Zweck sehen und die Hunde entsprechend behandeln. Das spiegelt sich in verschiedenster Weise wieder - sei es, dass man am Tag keine 3 Minuten Zeit aufbringen will, um die Fütterung der Hunde zu überwachen, wenn ein Ressourcenverteidiger dazwischen ist, sei es, dass man von einem 4 Monate alten Welpen erwartet, dass er allein auf sich gestellt in Wolfsanwesenheit die Herde beschützt, sei es, dass man die so wichtige Bindung zum Menschen nicht erreichen kann/will und es so zum Problem wird, wenn der Hund einen popeligen Dorn in der Pfote hat und per Distanznarkose flachgelegt werden muss, damit die Pfote behandelt werden kann.
    Diese Hunde sind im Grunde künstlich deprivierte Geschöpfe, bei denen die Sache mit "der Hund muss bei der Herde aufwachsen" zuungunsten einer grundlegenden Bindung zum Menschen gnadenlos übertrieben worden ist.

    Wenn solche Hunde angleblich nicht "funktionieren", gibt es nur einige wenige Menschen, die diese Hunde soweit ins Leben zurück holen können, dass man sie anderweitig unterbringen oder korrigieren kann. Fehler sind schnell gemacht im Herdenschutz mit Hunden - das Ausbügeln der Fehler ist oft schwierig und langwierig, manchmal aber auch lächerlich einfach.

    Es gibt keine "Gnadenhöfe" für ausser Dienst gestellte HSH, die so aufgewachsen sind, in normale Hundehaushalte kann man sie in den seltensten Fällen integrieren.
    Das IST ein riesengrosses Problem, das tatsächlich aber nur entstehen kann, wenn Menschen, die nicht für die Arbeit mit Herdenschutzhunden geeignet sind, im Grunde von aussen dazu regelrecht genötigt werden und weiterhin ein Umgang mit den HSH propagiert wird, der den Ansprüchen hier in Deutschland vollkommen widerspricht.

    Es gibt glücklicherweise zahlreiche HSH-Halter, die es um Klassen besser machen - und es gehört gar nicht mal so viel dazu, um eine gute Bindung zu den Hunden aufzubauen, auch nicht im harten Schäfer-Alltag, die es möglich macht, z. B. einen verletzten Hund mit nach Hause zu nehmen, bis er wieder fit ist oder die einfach das alltägliche Handling der Hunde erleichtert.
    Da ist es normal und wesentlich leichter, die alten Hunde in den Alltag am heimischen Hof zu integrieren, bzw. da einzusetzen, wo sie einen geruhsamen "Job" haben, denn viele dieser Hunde sind kreuzunglücklich, wenn sie nicht wenigstens ansatzweise mit ihren Tieren zu tun haben.

    Die Tierhalter, die ihr Nutzvieh nicht anständig behandeln, sei es aus Kosten- oder sonstigen Gründen, werden mit den Hunden auch nicht besser verfahren, da braucht man sich keinen Illusionen hingeben. Da wird im Zweifel bei nicht mehr vorhandener Einsatzfähigkeit eingeschläfert oder der Hund stirbt bei seiner Herde.

    LG, Chris

  • Danke, Chris.

    Ich kann Dir nur zustimmen. Wenn ein grundlegendes Interesse an Hunden vorhanden ist und ein Bewußtsein für ihre Ansprüche existiert, kann es klappen und ein Baustein im Herenschutz darstellen.

  • @mittendrin: Ja, die Zahlen in dem Text, Artikel kann und will ich das Geschmiere nicht nennen, sind mehr als veraltet und alles ist ja nur darauf ausgelegt zu sagen "Wolf ist toll, wer das nicht weiß ist blöd!".


    Das IST ein riesengrosses Problem, das tatsächlich aber nur entstehen kann, wenn Menschen, die nicht für die Arbeit mit Herdenschutzhunden geeignet sind, im Grunde von aussen dazu regelrecht genötigt werden und weiterhin ein Umgang mit den HSH propagiert wird, der den Ansprüchen hier in Deutschland vollkommen widerspricht.

    Das genötigt werden sollte man eigentlich groß und fett schreiben.
    Hunde sind kein Allheilmittel, aber hey, bis das endlich "die Masse" rafft wird es vielen Hunden ziemlich schlecht ergehen.
    Man kann garnicht soviel essen wie man kotzen will bei der ganzen Scheiße um den Wolf.

  • Ich gehöre ja auch zu den Leuten, die darauf hinweisen, was mit einem dauerhaft kranken oder alten HSH geschehen soll, oder auch mit einem ungeeigneten Junghund. Man kann sich dann allerhand Unsinn anhören. Die könnten doch dann als Wachhund auf den Hof aufpassen. Selbst wenn man dann erklärt, dass nicht jeder einen Hof hat und dass die Steuerregeln das nicht ermöglichen, wird das einfach ausgeblendet oder gar bestritten, denn wenn irgendein Nutztier hat, muss zwangsläufig einen Hof haben. Das Bild in den Köpfen einer Mehrheit von Menschen ist so stereotyp und festgefahren ...

    Mit den HSH wurde insgesamt viel zu spät angefangen. Es wäre schön, wenn wenigstens die hindernden bürokratischen Hürden abgebaut würden. Was soll ein Schäfer denn machen, der schon Hunde hat, aber die Ortssatzung keinen weiteren Hund mehr gestattet. Auch Regelungen zu Lärmbelästigung etc. müssten getroffen werden. Ganz wichtig wäre langfristig für die sichere Aufnahme und Betreuung der ausgemusterten Tiere zu sorgen. An der Stelle müssten HSH-Notvereine mit Geldmitteln ausgestattet werden, die den Ankauf geeigneter Räumlichkeiten, die Ausbildung von Pflegepersonal etc. gestattet, denn wenn man schon Hunde als Arbeitsmittel zum Schutz vor dem Wolf etabliert, dann muss klar sein, dass es ohne einsatzfähigen Hund nicht geht, wenn die ersten den Job nicht mehr machen können. Werden die Halter dann aber nicht unterstützt, dann bringen wir die Tierärzte in Bedrängnis, weil die Alten nicht einfach euthanasiert werden dürfen. Das ist alles nicht durchdacht.

  • Ist in Sachen Wolf überhaupt irgendwas durchdacht? *seufz*

    Das ist das Schlimme daran, aber das wird der nicht direkt betroffenen Bevölkerung verschwiegen. Bei Wolf, Luchs, Bär und einigen Vogelarten wird auf ein demokratisches Prinzip gepocht, dass einseitig alle Lasten und Gefahren verteilt, aber gefälligst von der die Lasten zu tragenden Minderheit so hingenommen zu werden hat.

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