Echte Wölfe und blöde Fragen

  • "Sie ist tot. Es ist sinnlos, Wortwendungen zu verwenden. Die Bauern sind harte Leute, es gibt wenig zu tun, aber sie werden nicht so geboren, sie werden eins. Sie erleben jeden Tag, dass alles vergänglich ist, auch das Leben. Dies bildet eine Rüstung für Sie, sodass der Schmerz darunter schwer zu verstehen ist. Ich beschließe, es mit diesem Ding zu versuchen, das die Macht gegeben hat, mit jedem Idioten zu sprechen, der jederzeit auf dem Stuhl sitzen kann, ohne den Titel zu haben: Social Media.

    Ich möchte Ihnen sagen, dass sie bequem in ihrem Strohbett liegend gestorben ist, aber sie ist es nicht. Sie war eine Kriegerin und sie kämpfte, sie gab ihr Leben, um sie zu beschützen.

    Als ich ankam, erbrach sie Blut, sie war am ganzen Körper zerrissen, sie atmete schluchzend. Als er mich hörte, wedelte er mit dem Schwanz und versuchte, den Kopf zu heben, aber er schaffte es nicht, er sah mich nur an. Ich streichelte sie und war glücklich, als ich ihren letzten Atemzug auf meiner blutbefleckten Hand spürte, denn dieser Schmerz war zu groß. Zu viel für alle. Und weil ich mich schuldig fühlte, weil ich ihr nicht helfen konnte.

    Die anderen Hunde hatten einige Kratzer und hatten diesen Kampf gewonnen, Schafe und Kälber waren alle in Ordnung, aber nicht ihr."

    Mach es gut, Nebbia. Du hast für Deine Herde gelebt und Du bist für Deine Herde gestorben. God bless you.

    Nebbia war eine Maremmano-Hündin. Die Übersetzung ist nicht so gut, aber ich denke, es kommt rüber, was für eine enorme Belastung das für die Tierhalter ist.

    Diese Hunde sind mitarbeitende Familienmitglieder. Loyal bis in den Tod. Wir Halter können uns tausendprozentig auf sie verlassen.

    Sie werden in einen unfairen Krieg geschickt, als Naturschutzkrieger, denn egal, wo man sich als Tierhalter aufhält, so, wie Herdenschutz sein müsste, mit einer entsprechenden Anzahl an Hunden, werden wir Tierhalter NIEMALS schützen können. Weil irgendwer immer was dagegen einzuwenden hat und Naturschutz dann auf einmal doch nicht mehr so wichtig ist, wie immer getan wird.

    Tierhalter, die bereits Herdenschutz betreiben, haben i. d. R. weit weniger Probleme mit den Wölfen an sich, als mit der von aussen auf sie zugetragenen Unmöglichkeit des Herdenschutzes.

    Auch Nebbias Halter konnte nicht so viele Hunde halten und einsetzen, wie nötig gewesen wären.

    An Nebbias Tod ist weniger der Wolf Schuld, als eine Gesellschaft, die nicht weiss was sie will und Natur- und Artenschutz unter dem Motto "Wasch mich aber mach mich nicht nass" fordert. So eine Gesellschaft kann mich mal kreuzweise.

  • Mir geht das extrem an die Nieren. Weil es so viel widerspiegelt was in mir vorgeht, wenn ich an Wolf und Hund denke. Vieles schreibe ich hier garnicht weil ich die ständigen Beschwichtigungen die dann kommen Leid bin.

    Die Panik die ich manchmal habe wenn sein Signal sich zu lange an einem Standort aufhält. Oder wenn man in einem "wolfsfreien" Gebiet während der Jagd über Wolfsfährten stolpert.

    Alleine die Vorstellung einen unserer Hunde irgendwann zerrissen im Wald zu finden weil er einem Wolf in die Quere gekommen ist, lässt mich manchmal Wutheulen und an schlechten Abenden nicht schlafen.

    "Erlegt mehr Wildschweine, ASP ASP ASP, schafft eure Streckenlisten", immer und immer mehr Druck von Bund und Ländern, aber wehe, wir fragen wie wir uns und die Hunde schützen sollen.

    "Unser" Schäfer hat jetzt übrigens aufgegeben. Der kann nicht mehr, auch nicht mit HSH und zig Zaunvarianten.

  • Ja, die ewige - und ewig lächerlich gemachte - Angst ist wirklich das Schlimmste. Wenn mir jemand 1992, als meine Stute tragend von Island zu mir kam, prophezeit hätte, dass es gegen Ende ihres Lebens eine realistische Option sein würde, dass sie lebend von Wölfen zerrissen wird und sowas keinen kümmern würde, hätte ich vermutlich schleunigst irgendeinen psychiatrischen Notdienst alarmiert...

  • Hier ist ein sehr interessantes, weil sehr sachliches Interview mit einer Pferdehalterin, die alles ,alles richtig gemacht hat, in ständiger enger Abstimmung mit dem Wolfsberater. Richtig und noch sehr viel mehr darüber hinaus - nur geholfen hat es nicht:

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  • Die Frau erzählt das so ruhig ,dass einem die Ungeheuerlichkeit der Situation erst mit Verzögerung klar wird, aber stellt euch das bloß mal vor: Zwei in Panik aufgelöste Großpferde verladen müssen, in unmittelbarer Nähe einer Bundesstraße - und noch näher an mehreren Wölfen ,die völlig angstfrei aus unmittelbarer Nähe zusehen und auf ihre Chance zum Zugriff warten...

  • Die Wölfe können da genauso wenig für, wie die Tierhalter.

    Ich bin jetzt auch nicht der best buddy vom Wolf - aber ich akzeptiere sie. Sie sind, wie sie sind und wie wir Menschen sie sein lassen.

    Bevor die HSH kamen, hatte ich ja ähnliche "Momente", nur, dass es bei Rindern länger dauert, bis sie ihren Stress wirklich nach aussen umsetzen.

    Hier hatte ich das mal beschrieben:

    McChris
    25. Januar 2019 um 22:14

    Seit die Hunde da sind und alles eingespielt ist, ist meine Sorge vor Ausbrüchen unendlich gegen Null geschrumpft.

    Die Hunde beruhigen die Rinder allein durch ihre Anwesenheit, das könnte ich als Mensch gar nicht so leisten. Das ist ein viel unterschätzter Aspekt beim Einsatz der Hunde.

    Meine Flächen sind vom Schnitt her leider vollkommen blöd in Sachen Herdenschutz, weil sie wie ein langer schmaler Schal geschnitten sind, die Rinder Ereignissen am Aussenzaun also nur unzulänglich ausweichen können.

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