Echte Wölfe und blöde Fragen

  • Iss scho recht. Ich bin dann auch mal weg hier.

    Bitte nicht!

    Es tut so gut, zwischen dem ganzen Schwarz und weiß Denken auch eine Stimme für die Grau Töne (passt ja zum Wolfsthema e viel besser) zu hören.

    Du sprichst mir bei vielem aus der Seele, ich könnte es nur nicht so treffend ausdrücken!

  • Ich finde die Grautöne auch unheimlich wichtig, man muss nur auch akzeptieren, dass für manche Grau einfach tatsächlich nicht passt. Die alten Leute, die zusätzlichen Aufwand für ihre paar Schafe scheuen, der Almbauer der nicht noch im 24 Stunden Betrieb Wachhirten beschäftigen kann- woher auch nehmen, bei uns findet man ja schon nichtmal Personal zum Spargel ernten zb und bei aller Freude zur Natur muss ein Betrieb auch einfach am Ende des Tages schwarze Zahlen schreiben.

    Ich habe hier im Berliner Umland einen Betrieb, der auf 300Hektar etwa ökologische Weidetierhaltung betreibt. Absolut vorbildlich. 1e Grossvieheinheit pro Hektar, Blühstreifen, Baumallen anlegen, Steinhaufen, Asthaufen usw usf.. Dieser Betrieb wird seit Jahren vom Nabu und den Grünen verklagt, wo nur möglich, umso absurder die Gründe umso eifriger stürzen sie sich drauf. Warum? Sie wollen diese Flächen der Natur zurück geben. Urwald vor der Berliner Stadtwohnung. Was dadurch an Lebensräumen verloren ginge und überhaupt erst geschaffen wurde.. ich bin kein studierter Biologe aber ich kann nur den Kopf schütteln. Die Anwaltskosten für den Betrieb sind exorbitant.

    Dieser Betrieb fällt auch unter Grau. Eigentlich müssten sie Wolfsschutzzaun stellen. Praktisch gestaltet es sich schwierig. Die Zäune sind auf 60cm unterste Litze gebaut, damit man mit Maschine frei mähen kann. Auf 20cm, dass würde bedeuten, dass sie 300Hektar mit Motorsense frei mähen müssten. Das Personal haben sie nicht und können sie auch nicht finanzieren. Was für mich mit meinem Hektar und ein bisschen Idealismus machbar ist, ist es eben für einen Betrieb der einige Mitarbeiter ernähren muss und schon unsinnige Kleinkriege mit denen führt, die ihn eigentlich unterstützen sollten, eben nicht machbar. Aber wie jetzt die Wölfe dran hindern auf die Koppeln zu kommen? Es ist ein Dilemma..

    Die Lösung weiß ich auch nicht aber zu sagen, mit genug Anstrengung und Idealismus kann es jeder, ich denke damit kommen wir nicht weit. Das wäre wie zu sagen, mit genug Anstrengung kann jeder in 2Std Marathon laufen- ne kann er nicht. Es gibt einfach Menschen die überdurchschnittlich engagiert sind und dafür ganz, ganz viel persönlich zurück stecken. Dass kann man nicht von jedem erwarten. Es gibt Menschen die interessiert es null was vor ihrer Haustür passiert, nur sie. Die wird man nicht ändern, selbst wenn man sie kopfüber in Misthaufen steckt. Wen man aktuell aber sehr vergräzt, sind die, die schon viel tun aber einfach nicht bereit sind, dies bis zur völligen Selbstaufgabe zu tun. Was ich auch legitim finde.

  • Das Problem ist doch immer Theorie und Praxis.

    Ich denke auch dass Herdenschutz grundsätzlich überall möglich ist. Da hängen aber so viele kleine Themen dran (Kosten, Zeit, Umwelt,..) dass es oft durchaus nachvollziehbar ist warum die Leute aufgeben und lieber einfach die Viehhaltung einstellen.

    Nicht jeder hat das Geld und nicht jeder hat die Zeit und die Nerven die nötig wären.

  • Es kommt immer darauf an, welche persönliche Sicht man auf die Dinge hat.

    Chris hat HSH und Rinder und erlebt, dass das funktioniert.

    Nun gibt es aber auch andere Rinderhalter oder "Viehhalter" generell, die einen anderen Erfahrungshorizont haben. Die wollen Rinder/Schafe/Pferde halten - kein mittelgroßes Hunderudel mit nicht ganz unkomplizerten Hunden.

    Die können dann also keine Tierhaltung mehr betreiben?

    Sicher geht sowas wie Herdenschutz irgendwie immer. Die Frage ist nur: um welchen Preis? Mit welchem Aufwand? Und: warum sollte man diesen Riesenaufwand betreiben - man bekommt doch eh den Finger gezeigt, wenn dann mal was passiert. Dann hat man einfach noch nicht genug Aufwand betrieben - ätschbätsch, was ist man auch so faul.

    Dann hast du zwar (im Ort) vielleicht nen wolfsabweisenden Zaun für deine 20 Schafe gebaut, aber wenn der Wolf dann trotzdem rüber geht, hättest du wahlweise entweder a) den Zaun noch höher bauen müssen, b) noch höher und tiefer bauen müssen, c) noch höher und mit Untergrabungsschutz bauen müssen, d) HSH anschaffen, e) noch mehr HSH anschaffen, weil einer reicht ja nicht, f) die Schafe einsperren müssen, g) hüten müssen, also den ganzen Tag dabei sein müssen.

    Es gibt ja nun auch ganz viele Tierhalter, die ihre Tiere so nebenbei, als Hobby haben. Die haben nicht den ganzen Tag Zeit, ihren Tieren vor den Allerwertesten zu gucken, weil die einfach ganz normale Jobs haben und die Tiere in ihrer Freizeit versorgen. Wenn ich lese, was Chris für einen Aufwand betreibt, damit das mit ihren Hunden und Rinder klappt - ja dann kann ich nur sagen: das kann der Hobbytierhalter gar nicht leisten, weil der ja 5-9 Stunden am Tag gar nicht zu Hause ist.

    Ebenso unser Stallbesitzer, wo mein Pferd steht. Da sind auf einer Seite 6 Weiden à 2 ha nebeneinander (jeweils so 80 Meter breit und 250 Meter lang). Und auf der anderen Seite sind nochmal 4 Weiden à 80 Meter breit und 100 Meter lang. Zwischen beiden Seiten liegt ein "Treibegang", wo die Pferde morgen rein- und rausgetrieben werden. Wenn ich die Seite mit den 6 Weiden außenrum einmal mit Patura-Wolfszaun einzäune, bin ich bei 21.900 €. Die andere Seite wären nochmal 12.600 €. Gesamt also mal eben 34.500 €. Auf der Anlage stehen 30 Pferde und damit ist sie voll.

    Gefördert wird nicht, da wir knapp außerhalb der 25 Kilomentergrenze liegen und es (noch) keine Pferderisse hier direkt gab. Wir haben aber ein Wolfsrudel im direkt angrenzenden Wald.

    HSH geht natürlich auch nicht, weil zu den 30 Pferden gibt es die entsprechende Menge an Menschen und die kommen halt den ganzen Tag über, pflücken ihr Pferd von der Weide um es zu reiten und bringen es danach wieder raus (oder lassen es im Stall). Das geht mit HSH definitiv nicht.

    Abgesehen davon, haben wir derzeit 4 Herden - das wären dann 8 Hunde minimum. Über Winter stehen die Pferde auf Paddocks - was sollte dann mit den 8 Hunden passieren?

    Was gemacht wird: die Pferde kommen nur noch tagsüber auf die Weiden. Nachts geht nicht mehr.

    Die Außenzäune sind erhöht und verbessert worden - aber eben "nur" so "handmade", keine professionelle Zaunlösung.

    Soviel zum Thema "Herdenschutz geht immer". Ja, geht vielleicht. Wenn man den Fokus nur darauf hat. Bei einer Reitanlage kommen aber noch andere Faktoren dazu: Boxenreparaturen, neue Böden auf dem Reitplatz/Halle etc. Alles Dinge, die regelmässig anfallen und auch jeweils im 4stelligen Bereich sind und erwirtschaftet werden müssen.

  • Mich stört im Grunde das Ungleichgewicht zwischen Realität und Verordnungen/Gesetze.

    Der Wolf ist ja nicht das Problem. Das ist Problem ist, dass immer mehr Interessen kollidieren und keiner „nachgeben“ mag.

  • Ja, genau das meine ich doch.

    Es gibt immer mehrere Sichtweisen.

    Und aus diesen verschiedenen und überaus berechtigten Standpunkten muss dann das "Grau" entstehen.

    Diesen einen oder auch regional unterschiedlichen Lösungsweg, welcher eben nicht nur entweder / oder beinhaltet.

    Und ja Verlierer wird es bei der Thematik immer auf beiden Seiten geben.

    Ich bin im übrigen ein Hobby -Pferdehalter.

    Und nein, Herdenschutz könnte ich mit meiner bisherigen Offenstall Haltung nicht vereinbaren.

    Sobald die erste Wölfe hier nicht nur durchziehen sondern sich niederlassen muss auch ich Opfer bringen.

    Trotzdem will ich nicht, das die Lösung heißt - der Wolf muss in Deutschland wieder ausgerottet werden.

    Aber das Thema ist halt sehr emotional.

    Und ich kann da auch beide Seiten irgendwie verstehen. Und auch ich weiß nicht wie der Kompromiss aussehen kann, welcher hier gebraucht wird.

    Und nun nehme ich mich hier wieder raus.

  • Mich stört im Grunde das Ungleichgewicht zwischen Realität und Verordnungen/Gesetze.

    Der Wolf ist ja nicht das Problem. Das ist Problem ist, dass immer mehr Interessen kollidieren und keiner „nachgeben“ mag.

    So kurz und präzise kann man das auch ausdrücken.

    Ich hab da ein wenig länger geschwurbelt, aber das hätte der Kern meiner Aussage sein sollen.

  • Der Wolf ist ja nicht das Problem. Das ist Problem ist, dass immer mehr Interessen kollidieren und keiner „nachgeben“ mag.

    Richtig - weil viele nur aus ihren Augen gucken und sich nicht in das Sichtfeld anderer hineindenken können/wollen.

  • Blöd wird es, wenn zwei Füchse und eine Gans darüber abstimmen, was es zum Abendessen gibt. Das darf nicht passieren bei der Interessenabwägung.

    Das Hineinversetzen ist sehr schwierig bis unmöglich mMn. In einer immer komplexeren Welt, kommt man damit an seine Grenzen. Wie soll sich jemand, der niemals Tiere hatte, in einen Tierhalter hineinversetzen. Das funktioniert schlicht nicht. Und die Zeiten, wo man zumindest im bäuerlichen Umfeld aufgewachsen ist, sind einfach vorbei. Das Nachvollziehen-können wird immer geringer. Gleichzeitig will aber jeder überall mitreden und mitentscheiden.

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