"Rüdenprobleme" - wie erzieherisch begegnen?

  • Mich nervt es grad ein bisschen an, dass sich im DF mal wieder _die Cracks in Sachen Hundeerziehung_ tummeln. Da kommt es natuerlich nicht vor, dass ein halbstarker Ruede zu Hochhitzezeiten aus dem Ruder laeuft. Noe, die haben natuerlich alle schon so viel Frustrationstoleranz und Impulskontrolle, dass sie mit ihren neuerwachten Hormonen perfekt umgehen koennen.

    Alle meine Rueden sind in dem Alter gelegentlich durchgetillert. Alle anders, auf andere Art, aber in Ruhe gechillt hat da keiner.
    Meine Freundin, die noch 15 Jahre laenger Rueden haelt als ich, die klagt momentan auch desoefteren ihr Leid ueber ihren Jungspund. Das gehoert zum Hundeleben dazu und im Vorfeld abstellen kann man das nicht. Auf dem HuPla, was da so durchgelaufen ist an Rueden in all den Jahren... jeder Halter jammert da mal ueber Phasen im Junghundalter zu Laeufigkeitszeiten.

    Ich finds unfair, der TS sonstwas fuer Fehler und Versaeumnisse zu unterstellen.

    Ich hatte bisher keinen Fall, wo ich das nicht mehr aushalten konnte. Ich hatte bisher auch keinen Rueden, wo es nicht mit zunehmendem Alter deutlich besser geworden waere und bin deshalb immer fuer: Durchhalten, dem Rueden die Zeit zum Erwachsenwerden geben. Ansprueche mal runterschrauben, sich selbst nicht so ernst nehmen. Die Zeiten werden wieder besser.

    Aber wenn es nicht aushaltbar ist, dann kann das weder ein DFler noch mein Nachbar beurteilen. Und dann find ich es absolut legitim, wenn man z.B. den Chip setzt und guckt, ob was besser handelbar ist. Vielleicht reicht der schon, vielleicht kastriert man irgendwann. Nicht schoen, nein. Aber manchmal ist das eben so und das ist nicht immer Bequemlichkeit oder Unfaehigkeit des Halters und schon gar nicht von hier aus zu beurteilen.

    Edit: Der Hund ist gerade 18 Monate alt... als Welpe war er schaetzungsweise nicht so ;)

  • Hallo,

    danke, Ihr habt mich doch wieder aufgebaut. Und zwar ausnahmslos Ihr alle! :smile:

    Ich war vorhin grad noch mal mit meinem Spezi unterwegs, da fiel mir einerseits die Widersprüchlichkeit auf zwischen "Das ist normal, das machen zig Rüden so" und "Alle anderen haben das erzieherisch im Griff" - grob gesagt.

    Nun gut,

    Zitat

    Durchhalten, dem Rueden die Zeit zum Erwachsenwerden geben

    - das Mantra habe ich mir bislang auch immer vorgehalten. ;)

    Ich weiß nicht, ob er normal, hypersexuell, durchgeknallt oder einfach nur pubertär ist, vielleicht von allem etwas. :D

    Ich schreib mal, wie es ganz aktuell derzeit ist:

    Ich suche sogar häufig die Haupt-Hundegebiete im Wald auf. Allermeistens mit Leine, unangeleint nur, wenn weit und breit keiner zu sehen oder zu hören ist. Warum? Na ja, wer mag es schon, wenn ein fremder Hund in einen reinbrettert - das Thema hatten wir hier im DF ja auch schon zur Genüge. Außerdem hab ich von einer Trainerin im Hinterkopf, dass Abhauen und dann mit anderen Hunden spielen (oder anderen Hunden auf den Sack gehen...) ja so schön selbstbelohnend ist und diese Selbstbelohnungsmöglichkeit tunlichst unterbunden werden soll.

    So, ohne Leine: Wie beschrieben, er rennt von Stelle zu Stelle, leckt alles ab, wurscht, was die Alte da hinten davon hält. Ich sage nein, gehe ggf. zusätzlich noch auf ihn zu, dann beschwichtigt er oder zeigt jedenfalls "kleinlautes" Verhalten (drück ich jetzt mal so dumpf aus), klappert aber intensiv noch mindestens 100 m weit mit den Zähnen, markiert alles was nicht niet- und nagelfest ist und läuft dann schnurstraks zur nächsten Stelle.

    Ablenken... ich habs probiert, er steht aber wirklich total unter Strom. Aufmerksamkeit ist in diesen Situationen eher so "Ey, was is denn?? Ich hab hier wichtiges zu tun". Wohlbemerkt in den stark frequentierten Zonen und während Jan./Feb. und Jul./Aug. Hört er irgendwo ein Bellen oder sieht er einen anderen Hund, is vorbei, dann braucht man schon gar nicht mehr zu rufen weil er dann schon losgewetzt ist. Begegnet uns ein anderer Hund, während er schon angeleint ist, zieht er total dort hin, Aufmerksamkeit einfordern is derzeit auch nicht, null, er fixiert nur, zieht und meistens sind die anderen Hunde - natürlich viel entspannter als meiner :roll: - offline und gehen dann zum Beschnüffeln zu ihm hin. Lerneffekt sei dahingestellt.

    In einsameren Gegenden ist er völlig easy. Er schnüffelt in ganz normalem Rahmen, läuft herum, sucht immer wieder, sehr häufig, Kontakt zu mir, wird dafür auch belohnt, arbeitet, wenn man ihn lässt, schlurft herum, wenn man ihn lässt, und lässt sich selbst in vollem Lauf in die entgegengesetzte Richtung abrufen.

    Gehen wir im Ort spazieren, ist es so'n Mittelding. Da gibt es einen Weg, da laufen alle mit ihren Hunden lang, da klappt mit ihm gar nix, nicht mal annähernd leinenführig ist er da. Ansonsten: Hibbelig. Hat man ihn an der langen Leine, läuft er kreuz und quer und hechelt und hier im Haus ist er ja auch die Unruhe in Person. Wohlbemerkt: Zur Zeit.

    Heute vormittag ist er sogar mal aus dem Garten abgehauen, ich habe mich lange gefragt, wie er das geschafft hat, bis ich einen Igeldurchgang unterm Zaun entdeckt habe... Derzeit scheint sein Hirn einfach abgeschaltet.

    Wie würdet Ihr das handhaben? Nochmal Reset und irgendwie neu aufbauen alles?

    Ich hab ja nicht gesagt, ich mache alles perfekt - klar wäre es dann nicht so, aber auch jeder Hund ist eine individuelle Persönlichkeit. Das macht ihn nicht zum "Schuldigen", aber nicht jeden Hund kann man nach demselben Schema F erziehen.

  • Bei Hundebegegnungen mit frei laufenden Hunden könntest du probieren deinen angeleinten Hund ins "Sitz" zu bekommen. Wenn sich dann der freilaufende Hund euch nähert und nicht vom Halter erfolgreich zurückgerufen wird, leinst du ab und gibst ihn frei. (oder ist zu befürchten, daß es dann sofort ernsthaft Probleme zwischen den Hunden gibt. Das kannst nur du abschätzen) So würde er lernen, daß ihn Gehorsam und extreme Selbstkontrolle ans Ziel bringt, nämlich zum Hundekontakt. Denn das ist es ja was er wirklich will und würde somit in diesem Moment die effektivste Belohnung darstellen. Wird er zu aufdringlich sammelst du ihn wieder ein und weiter geht's.
    Über das was die anderen Hundehalter darüber denken würde ich mir erst mal keine Gedanken machen. Wer das nicht will soll seinen Hund nicht an deinen angeleinten Hund heran lassen.
    Hast du jemanden zum Trainieren kannst du, nach dem dein Hund zu aufdringlich geworden ist, ihn ins "Sitz" bringen und nach kurzer Auszeit wieder losschicken. Natürlich sofort wieder abbrechen sobald er übertreibt. So kann er schneller erfassen was genau nicht erwünscht ist.

    LG

    Franziska mit Till

  • Zitat

    So, ohne Leine: Wie beschrieben, er rennt von Stelle zu Stelle, leckt alles ab, wurscht, was die Alte da hinten davon hält. Ich sage nein, gehe ggf. zusätzlich noch auf ihn zu, dann beschwichtigt er oder zeigt jedenfalls "kleinlautes" Verhalten (drück ich jetzt mal so dumpf aus), klappert aber intensiv noch mindestens 100 m weit mit den Zähnen, markiert alles was nicht niet- und nagelfest ist und läuft dann schnurstraks zur nächsten Stelle.

    Mal ehrlich, das hört sich doch nicht schlimm an. Ich würde meinem Hund das gönnen.
    Vergleichsweise stelle Dir mal vor, Du bist in New York in einem supertollen Einkaufszentrum und darfst nicht gucken, was es da alles gibt. Dein Partner zieht Dich ständig weiter.

    Hier läuft das doch:

    Zitat

    In einsameren Gegenden ist er völlig easy. Er schnüffelt in ganz normalem Rahmen, läuft herum, sucht immer wieder, sehr häufig, Kontakt zu mir, wird dafür auch belohnt, arbeitet, wenn man ihn lässt, schlurft herum, wenn man ihn lässt, und lässt sich selbst in vollem Lauf in die entgegengesetzte Richtung abrufen.

  • Hallo,

    ja das ist auch eine Idee, danke Maus1970. :smile:

    Ich glaub, so wollte ich es ganz ganz zu Anfang mal machen - so hatten wir das in der Junghundegruppe auch gemacht, und erst ableinen wenn die Hunde ruhig sind und nicht mehr rumkläffen oder -fiepen. Irgendwann lief das damals in der Gruppe aber aus dem Ruder, und man ging dazu über, die Hunde gar nicht mehr frei zu lassen sondern in der Stunde nur noch bestimmte Dinge zu trainieren, nebeneinander, schwerpunktmäßig solche Dinge wie Sitz (& Bleib), aneinander vorbeigehen ohne rüberzuziehen, Bei-Fuß-Gehen etc.

    Also in der Anfangszeit hieß es immer: ruhig bleiben, dann ausgiebig Hundekontakt, im Verlauf dann: bloß nicht zu den anderen Hunden hin.

    Meiner ist ausgesprochen aufgeschlossen und absolut frei von Aggressionen anderen Hunden gegenüber. Es gab von seiner Seite aus nie Probleme, und _normalerweise_ versteht er es auch spätestens beim zweiten Mal, wenn der andere Hund lieber seine Ruhe will, er geht dann auf Abstand, mindestens 2 m, bellt den anderen aber noch ne Zeit lang an, wenn man ihn lässt. Kriegt er dann noch mal Bescheid, geht er i.d.R. auch wieder mit mir mit.

    (Wenn jetzt aber z. B. ein Hund im Wald rumläuft, kastrierter Rüde oder intakte Hündin, rennt er weite Strecken zu demjenigen hin, springt um den Hund herum und kläfft ihn in einer Tour an, und Rückruf ist zwecklos, das in dieser "Hitzephase").


    Bubuka: Ich gönne meinem Hund viel, aber so'n Vorhautkatharr mit allen Folgen, das absolute Gestresstsein (und er ist sehr offensichtlich derzeit total gestresst!), mein daraus folgendes Genervtsein, folglich "Leinenzwang", Einschränkungen und seine Hibbeligkeit... weiß nich, ob das so erstrebenswert ist.

    Ich kann gern zugeben, dass ich auch gestresst und genervt bin, klar. Es ist nicht so, wie oben weiter beschrieben, dass ich "bei jedem Hund in Panik" gerate oder sowas, wir treffen ja viele Hunde und wenn uns einer entgegenkommt, laufe ich nicht weg, sondern versuche das als Übungssituation zu nutzen. Is ja kein Problem. Nur wäre es schön, wenn man bei diesen Übungen irgendwie mal weiterkäme..

  • Zitat

    Bubuka: Ich gönne meinem Hund viel, aber so'n Vorhautkatharr mit allen Folgen, das absolute Gestresstsein (und er ist sehr offensichtlich derzeit total gestresst!), mein daraus folgendes Genervtsein, folglich "Leinenzwang", Einschränkungen und seine Hibbeligkeit... weiß nich, ob das so erstrebenswert ist.

    Gehe wirklich mal zu einer Tierheilpraktikerin. Ich habe mehrfach erlebt, dass sich das gut behandeln lässt. Auch diese hormonelle Schieflage.

  • Das hört sich doch gut an. Wenn dein Hund sogar recht fix begreift und akzeptiert wenn ein anderer Hund seine Ruhe will, sind das doch beste Voraussetzungen. Dann würde ich es so probieren. Ich denke das ist am Effektivsten und wird deinem Hund am meisten gerecht. Hundekontakte sind besonders für so junge Tiere doch auch extrem wichtig für die soziale Entwicklung. Ich würde dir allerdings raten ihn, besonders am Anfang, nicht zu lange "Sitz" machen zu lassen und nicht unbedingt warten bis er nun komplett ruhig ist. Das würde ihn, so wie du ihn beschreibst, Momentan überfordern. Ich würde ihn unter extremen loben sofort freigeben sobald er "Sitz" macht und das erst erweitern wenn er das komplett verinnerlicht hat und sich dieses Verhalten ritualisiert hat. Ansonsten würde ich ihn an der Leine lassen und nur explizit zum spielen mit anderen Hunden ableinen. Denn du hast absolut Recht, dieses weglaufen zu anderen Hunden ist extrem selbstbelohnend und sollte von daher unterbunden werden. Sprich aber ruhig auch andere Hundehalter an die anleinen weil deiner an der Leine ist, ob ihr Kontakt in Ordnung geht und ihr ableinen wollt um ihm so möglichst viel Kontakt zu ermöglichen und viele Lernmöglichkeiten zu haben.

    LG

    Franziska mit Till

    P:S Hört sich an als würden dein Hund und Till viiiiel Spaß zusammen haben. Und glaube mir Till würde ihm gewiss nicht sagen: "Lass mich in Ruhe" :D

  • Was mir zu der Situation noch einfällt:

    Sorgen würde mir bereiten, daß der Hund während dieser Zeiten nicht einmal zu Hause zur Ruhe kommt und ständig körperliche Symptome wie den Ausfluss zeigt.
    Wie lang sind denn diese Phasen? Ehrlich gesagt wären mir 4 Monate im Jahr (Januar und Februar sowie Juli und August) zu viel.

    LG

    Franziska mit Till

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