Tendenz zu Friede - Freude - Heiteitei in der Hundehaltung?

  • Ich muss sagen, diese Einstellung über die sich hier beschwert wird begegnet mir momentan im echten Leben selten bis nie.
    Ich wohne jetzt allerdings auch recht ländlich. Da ist die Einstellung zur Hundehaltung eher andersrum, manchem hier könnte ein bisschen mehr Heiteitei nicht schaden. Gibt zwar auch viele Hunde hier die es sehr gut haben, aber auch viele, die ewig und 3 Tage im Zwinger hocken oder nie aus dem handtuchgroßen Einfamilienhausgarten rauskommen.


    Als ich nocht mitten in der "Großstadt" Hannover gewohnt hab, ja doch, da hatte man da wohl öfter was von gemerkt.
    Da waren einige Eisläufermamis unterwegs, deren Hunde (auffällig oft Australien Shepherds oder Labradore) das volle Programm mitmachten: Erst sah man sie mit der Welpengruppe beim Sozialisierungsspaziergang, dann später mit der Hundeschulgruppe.

    Frauchen (das sind meines Eindrucks nach meist "Frauchen", selten "Hundeführer" :D ) hatte immer nen Leckerliebeutel an der Hüfte, um den Hals die Hundepfeife und den Klicker in der Tasche. Dummy, Futterbeutel oder Futtertube optional.

    Irgendwann und irgendwie liefen die Wunderkinder dann auch immer eine Weile an der Schleppleine, manche auch "etwas" länger. Im Sommer gehört für diesen Typ Hundemami so eine Wasserflasche mit Ausklappnapf zur Pflichtausrüstung. Manche brauchen zum Gassigehen gar ne extra Hundetasche um das ganze Zeug mitzuschleppen.


    Solche Hunde werden oft gebarft, aber zumindest mit einem getreidefreien High End Futter ernährt, das man in keinem normalen Laden bekommt, sondern nur direkt beim Hersteller im Internet beziehen kann. Trotzdem haben sie auffällig oft Allergien.

    Hat der Hund ein Problem, oder hat man mit dem Hund ein Problem, dann wird in die Hundeschule gegangen, es werden Seminare besucht und Kurse gebucht. Der Besuch beim Hundepsychologen ist optional, das Selbststudium zu Themen der Verhaltensforschung und Lerntheorie ist Pflicht, sonst sieht man nämlich beim Fachgespräch zu Themen wie "Handfütterung ist toll für die Bindung!" auf der Hundewiese alt aus.

    Auslastung ist auch ganz wichtig, ein Hobby braucht der Hund! Dogdancing, Agility, Obedience, Disc Dogging, Flyball... ganz egal, Hauptsache englisch! :lol:


    Waren diese Hunde gut sozialisiert und gut erzogen? Doch, ja, ich denk auf lange Sicht waren die meisten schon ganz angenehme Tiere.
    Hatten die es schlecht? Nein, glaub ich eigentlich nicht. Frauchens Augapfel zu sein und auf Händen getragen zu werden gefällt denen sicher ganz gut.


    Trotzdem ist das irgendwie was, was ich mir so aus der Entfernung angucken kann, aber was mich verrückt machen würde wenn ich es selber durchziehen "müsste".
    Ich mein, für mich sind meine Hunde auch mein liebstes Hobby, ich beschäftige mich auch in der Theorie viel damit, sonst würde ich wohl kaum in nem Hundeforum rumhängen.

    Aber... ich möchte meine Hunde einfach um mich haben wenn es passt, sie sollen auch artgerecht leben, also genug gutes Futter, möglichst viel Auslauf & Freilauf, regelmäßiger Kontakt zu Artgenossen (Qualität vor Quantität) und so weiter.

    Ich will aber auch, dass sie noch ihr eigenes Leben führen und nicht für jeden Schritt an die Hand genommen, kontrolliert und korrigiert werden müssen.
    Schlimm genug, dass sie für alle elementaren Dinge (Futter, Freigang, sich lösen können,...) von mir abhängig sind, da will ich nicht auch noch die ganze Zeit wie Big Brother über ihnen hängen und vorsichtig jeden Schritt lenken, auf dass auch bloß Musterknaben drauß werden.
    Reicht, wenn wir niemanden stören oder gefährden und ansonsten können sie machen was sie wollen und wie sie es wollen. Eigentlich würde ich am liebsten Hunde wie Freilaufkatzen halten (jemand mal "Merles Door" gelesen?)


    Und ich hab auch wirklich keinen Nerv dazu, immer auf jede kleine Befindlichkeit Rücksicht zu nehmen. Da gab es mal eine Forendiskussion darüber, wie man dem Hund während der Autofahrt am besten Wasser zur Verfügung stellt, von wegen auslaufsichere Näpfe und so.
    Warum muss der Hund denn während der Fahrt jederzeit Wasser haben?
    Ok, dann kann er trinken wenn er Durst hat. Schön für ihn.

    Aber ganz ehrlich, wenn ich mal ne Viertelstunde Anfahrt zum Gassigebiet hab, dann da ne Stunde laufe und dann wieder ne Viertelstunde heimfahre, dann kann der Hund vorher trinken, er kann nachher trinken und er kann auch mal zwischendurch aus ner Pfütze oder nem Bach trinken. Und wenn er Durst hat und nicht direkt Wasser bekommt, dann wird ihm das kein bisschen schaden. Dafür muss ich nicht extra ne Flasche Wasser auf ne popelige 5 km Runde mitschleppen.

    Wenn ich länger autofahre, mache ich eh alle 1-2 Stunden mal ne kurze Pipipause und biete dann auch was zu trinken an. Ich hab ja auch nicht während der Fahrt pausenlos so einen Wasserbeutel mit Trinkschlauch auf dem Rücken damit ich nicht dehydriere. :roll:

    Ausnahmen für junge, alte, kranke... Hunde oder für Ausnahmesituationen wie umbedingt notwendige Fahrten bei extrem heißem Wetter sind selbstverständlich drin, keine Frage!
    Und schaden tut es sicher keinem Hund, im Auto immer nen gefüllten Napf vorzufinden und während einem einstündigen Spaziergang bei 15 °C und leichter Bewegung 3x Wasser angeboten zu bekommen. Aber nötig... na, ich weiß ja nicht.


    Sehr präzise ausgedrückt ist das jetzt alle nicht. Ich kann nur sagen, ich mach mir schon viel Gedanken um die Hunde, aber ich glaub ich mach letztlich nicht so viel Aufwand wie manche anderen. Trotzdem funktioniert es ganz gut.
    Aber das macht andere Methoden ja nicht schlechter.

  • @ Marula: Sehr schön, alles auf den Punkt gebracht, was ich mir bei diesem Thread auch so denke.

    Wobei ich gestehen muss, dass ich solchen - ich nenn sie mal - "Agility-Muttis" im täglichen Leben nicht so häufig begegne. Aber dafür gibts zwei im weiteren Freundeskreis. Erstaunlich finde ich, dass es tatsächlich oftmal "Muttis" sind, sprich Männer gehen an die ganze Hundehaltung denke ich emotionsloser ran. Hund bekommt Futter, bekommt Auslauf, wird bespaßt - und Hund betet das Herrchen an.

    Zitat

    er kann auch mal zwischendurch aus ner Pfütze oder nem Bach trinken


    Diese Diskussion hatte ich tatsächlich gerade mit einer Freundin, die der Meinung war wenn ich meinen Hund aus Bächen und auch mal Pfützen trinken lasse und dies nicht unterbinde, schaufle ich ihm sein Grab :irre3:

    Irgendwo kann man es auch übertreiben. Es gab eine Zeit in meinem Leben, da habe auch ich aus Pfützen getrunken (so mutprobenmäßig) :headbash:

  • Zitat


    NUR
    wo bleiben die überzeugten Wattebäuschchen und Leckerchenwerfer ?
    Traut ihr euch nicht ?
    Niemand bereit sich zu outen ?
    Warum seid ihr der Meinung es besser zu machen ?

    LG Tobi

    Vielleicht haben wir einfach keine Lust oder Zeit zu diskutieren?
    Ich finde es ein bisschen sinnlos und intolerant, wie hier geschrieben wird.
    Weder ich noch andere müssen ihre Erziehungsmethoden rechtfertigen.

    Ich sehe immer wieder, dass die 'nicht Wattebausch-Fraktion' (was auch immer das ist,
    oder das Gegenteil), generell diskutierfreudiger und angriffslustiger ist.

    LG

  • Ich finde es auch ein bisschen schade, dass die Diskussion hier stellenweise auf das viel diskutierte "Grenzen setzen vs. Wattebausch" und die reine Einstellung zur Erziehung abgleitet. Ich finde es spricht doch überhaupt nichts dagegen, wenn jemand für sich entscheidet, dass er Strafe und Maßregelung nicht anwenden möchte. Das hat in meinen Augen nicht zwangsläufig etwas mit "ich lasse meinen Hunde machen, was er will" zu tun. Ich gebe zu: ich kann mit dieser Einstellung selbst wenig anfangen. Aber deshalb kann ich mein Gegenüber, dass es nunmal so handhabt, doch dennoch respektieren. Ich erwarte schließlich auch, dass mir nicht jeder daher gelaufene Vogel in mein Leben reinquatscht.

    Fragwürdig finde ich eher die Gesamteinstellung zum Lebewesen Hund, die man eben hier und da beobachten kann (und ich finde nicht, dass das nur bei den "Wattebauschwerfern" der Fall ist). Da wird der Hund zum Mittelpunkt des Lebens und die Erfüllung der Bedürfnisse des Hundes stehen über meinen eigenen Bedürfnissen. Und nicht nur das. Da werden dann auch gerne mal Bedürfnisse erfüllt, die bei näherer Betrachtung eventuell gar nicht vorliegen, die ich aber in meiner Sicht dem Hund zuschreibe.

    Auch hier muss ich sagen: eigentlich geht mich das nichts an und jeder kann das handhaben, wie er möchte. Kritisch finde ich allerdings immer, wenn sich durch solche Tendenzen die Gesamtsicht auf den Hund in unserer Gesellschaft verändert und ich beispielsweise als Ersthundehalter der Meinung bin, dass das so sein muss, weil ein Hund sonst nicht glücklich ist und mich nicht liebt.

    Wie oft liest man alleine in diesem Forum - in dem der Prozentsatz der "aufgeklärten" Hundehalter deutlich über dem Durchschnitt liegen dürfte - zwischen den Zeilen die Besorgnis um ein gutes Ansehen beim eigenen Hund heraus. Ich glaube nicht, dass auch nur einer dieser liebenswerten kleinen Flohfänger sich ansatzweise den gleichen Kopf um das Ansehen bei seinem Halter macht. Und diese Einstellung empfinde ich einfach als ungesund.

    Viele Grüße
    Frank

  • Ich gehöre noch zu der Generation die ohne Internet und Doku-Soaps aufgewachsen ist. Bevor hier ein Hund eingezogen ist, gab es Bücher um sich zu bilden. Angefangen Tierbücher zu lesen habe ich im Schulalter. Ich habe die ganze Bibliothek leergelesen. Da gab es noch keine Hundeerziehungsbücher, höchstens die Teile wo drin stand wie ich einen Welpen großziehe. Ich habe alles gelesen und am Liebsten waren mir die Bücher von denen die sich mit dem Verhalten auseineinander gesetzt haben, Beobachtungen von Wölfen und Berichte von Wildhunden.
    Heute wird man überladen mit Infos wie man es richtig macht damit der Hund funktioniert. Jeder weiß es besser und die Medienberichte finde ich einfach gruselig. Irgendwie tun mir Hunde schon fast leid. Was erwarten wir denn? Anpassung in jeder Hinsicht, egal ob in der Stadt oder auf dem Land.
    Was darf ein Hund denn noch? Er darf sich gut benehmen immer und überall. Er muß immer bereit sein das zu tun was wir von ihm verlangen. Bei Bedarf hat er sich zu verkrümeln und bloß nicht zu stören.
    Was darf er nicht: Bellen, jagen, kacken usw.
    Mit allen Mitteln versuchen wir den Hund so zu gestalten wie wir ihn brauchen damit er in unser Leben paßt. Dabei vergessen viele warum es bestimmte Rassen überhaupt gibt. Es wird nicht mehr nach Gebrauchsfähigkeit ausgesucht, sondern nach Optik. Warum habe ich einen Windhund in der Stadt? Warum muß es ein Border Collie sein wenn ich 10 Stunden am Tag aus dem Haus bin und nichts bieten kann was diese Rasse braucht?
    Damit ich zu den "Rüttern" laufe, damit die mir sagen wie ich dem Hund beibringe so zu sein wie ich es will? Armselig finde ich das.
    Klar gab es immer die "Omis" die ihren Kleinhund vertüddelt und fettgefüttert haben und ohne den sie völlig vereinsamt wären. Das war aber bestimmt nicht die Regel. Hunde hatten einen Zweck zu erfüllen und das ist noch gar nicht so lange her. Nebenbei waren wohl die meisten auch noch ganz tolle Familiemitglieder.
    Heute ist das anders, ganz anders und bei vielen Menschen kann ich gar nicht nachvollziehen warum sie einen Hund haben.
    Was die Erziehung angeht, da muß man sich nur mal die Erziehung der Kinder heutzutage anschauen. Auch die tun mir teilweise echt leid. Kinder sind toll, aber wo sind sie? Hocken von klein auf vor der Glotze und werden mit PC und Co beschäftigt. Das bildet und lastet aus. Ich freue mich riesig wenn ich Kinder draußen sehe, die sich austoben und gemeinsam mit den Eltern und Freunden in der Natur auf Entdeckungstour sind.
    Nein, ich will nicht die alten Zeiten zurück, aber man sollte schon seinen Egoismus zügeln und vielleicht nicht auf alles hören was die moderne Zeit uns einredet.

    Gruß Terrortöle

  • Für mich ist die friedliche Erziehung und Ausbildung mit Leckerlies und Spieli super. Allerdings gibt es im normalen Leben für mich Verhaltensweisen die deutlich und auch körperlich geahndet werden.

    Ich finde eigentlich nun, nach 6 Jahren Hundehaltung, nur noch die HH nervtötend die überhaupt kein Fehlverhalten und/oder Gefährdung sehen wollen. Da wird über einen Hund der ein Kind besteigt gelacht, Hunde die mobben spielen schön und Hunde die auf freiem Feld nahe der Autobahn im Freilauf sind, genießen das Vertrauen vom "Papa" und würden dies natürlich niemals enttäuschen und einem aufspringenden Hasen hinterher laufen.

    Ich finde es sehr schade, daß viele im Hund das Tier und den Beutegreifer mit all seinen verschiedenen möglichen Verhaltensweisen nicht mehr sehen und somit auch kaum händeln können. Nicht alles kann man einem Hund mit dem Spieli freundlich wegerziehne und dann finde ich es extrem wichtig daß der HH das Verhalten händeln kann.

    Ich glaube auch daß dieses "teitei" und das gleichgültige "der tut nix" das Ansehen der Hunde in unserer Gesellschaft so sehr verschlechtert hat, denn oft werden Menschen die Angst haben nicht nur ignoriert und belächelt, sondern teilweise auch noch unverschämt angemacht.

    Die Katzte hat es da in unserer Gesellschaft noch viel besser, bei ihr wird noch das Raubtier gesehen und akzeptiert. Der Hund darf ja teilweise kaum noch bellen. Für mich war es anfangs auch nervig zu akzeptieren daß unsere jetzige Schäferhündin nicht so ein Schäfchen ist wie unser Schäfi-Rüde vorher. Sie ist so was von deutlich aus der Leistungszucht und das habe ich jetzt gefälligst zu händeln und zwar so, daß niemand im Dunklen vor ihrem Anschlagen Angst haben muß und auf der anderen Seite mit möglichst wenig Zwang für sie, denn sie ist halt wie sie ist.

    Mir ist es sehr wichtig daß HH sich um einen ehrlichen Blick auf ihren Hund bemühen und Fehlverhalten (sofern es denn wirklich welches ist) auch erkennen wollen, um es dann erzieherisch zu bearbeiten oder sicher zu händeln.

  • Mal abgesehen davon, dass ich die Agility-Mamis ebenso kenne, wie die Inventar-Hund-Fraktion, sind mir einige Dinge so nie aufgefallen. Insbesondere nicht in dieser Verbindung.

    Ich erlebe es viel häufiger, dass sich Besitzer von TS-Hunden, in einer Mischung aus alten Methoden (Leinenruck, gerollte Zeitung) und Tierliebe („Och, aber die guckt so!“ & „Muss sie denn schon wieder auf dem Platz liegen?“) bewegen. Auch habe ich die Erfahrung gemacht, dass die Gründe, sich einen TS-Hund zuzulegen, ganz unterschiedlich sind. Sie reichen vom Mitleid, bis zur Geldersparnis (ein TH-Hund kostet häufig in der Anschaffung deutlich weniger als einer vom Züchter, auch von einem miesen Vermehrer).

    Unter den super ambitionierten Hundehaltern spalten sich die Fraktionen dann in die Züchter-Anhänger und die TS-Hunde-Retter. Und irgendwo ist die Splitterfraktion dabei, die nur dann einen Hund bemerkenswert findet, wenn er alt und gebrechlich ist und gerade noch unter der Spritze herausgezogen wurde.

    Irrwitziger Weise erlebe ich es selten, dass Hunde, die aus dem TS kommen mit Wattebäuschen oder gar nicht erzogen werden. Wie gut der Grundgehorsam dann sitzt, ist ein anderes Thema, u.a. auch, weil (gerade hier im Forum) sehr differenzierte Meinungen darüber herrschen, was denn ein guter Grundgehorsam sein soll.
    Da werden Dinge verlangt, die vor 10 Jahren keine Sau interessiert haben. Und da wundern sich die HF, die vor zehn Jahren noch die Grundschule besucht haben, dass sie mit ihren Vorstellungen vom gut erzogenen Hund anecken. Welche Fraktion holt sich denn TS-Hunde? Selten die 16-jährigen HF, die den Hund während der Schulzeit haben.

    (Nein, das ist kein Angriff. Es gibt sooo viele extrem fähige SchülerInnen, die Hunde führen, dass ich gerne den Hut ziehe.)

    Mal ganz davon abgesehen, dass die Erwartung an einen Hund von Ort zu Ort verschieden ist. In der Stadt muss der Hund Straßensicher sein, auf dem Land ist das Pups, denn der Hund wird nie an einer dreispurigen Straße an der Ampel warten müssen, zusammen mit 50 anderen Menschen. In einer Familie muss der Hund mit Kindern, auch Fremden, umgehen können und einen turbulenten Alltag durchstehen, bei einem Single muss er vielleicht viel mehr geballte Aufmerksamkeit und Erwartungen erfüllen.

    Letzten Endes wird sich da wahrscheinlich niemals ein Konsens finden, weil die Anschaffungs-Bedingungen ebenso unterschiedlich sind, wie die Erwartungen an einen Hund.

    Wer einen Hund möchte, dessen Optik und Veranlagung irrelevant sind, wird keine Rasse aussuchen, sondern die Sympathie im TS entscheiden lassen. Ggf. zeigt der Hund irgendwann Begabung für eine Hundesportart, vielleicht wird dass dann auf einem Platz oder im Wald beim Baumstamm-balancieren ausgenutzt. Vielleicht auch nicht.
    Wenn ich von Anfang an den Wunsch habe etwas Bestimmtes mit meinem Hund zu tun, werde ich mir ein Tier aussuchen, dass meine Wünsche erfüllt. Und demnach nicht nur die Sympathie bei einem Hund entscheiden lassen, der ansonsten ein Überraschungspaket ist.

    Und wenn man ganz, ganz ehrlich ist: Dann entscheidet auch der Geldbeutel. Ob ich 1300€ für einen Welpen hinlege oder 275€ Schutzgebühr (und der Hund ist bereits geimpft, gechipt und untersucht) ist ein riesiger Unterschied. Insb. Wenn 1300€ mal eben ein Monatsgehalt sind. Da sind dann vielleicht auch manchmal andere Gründe nur vorgeschoben.

    Es würde allen ganz gut tun, wenn sie ihre süßen Näschen bei ihren eigenen Pflänzchen ließen. Man kann nicht mit jedem einer Meinung sein und nicht jede Meinung ist deswegen falsch oder schädlich. Jau, manche Hunde sind übergeliebte Kinder, andere sind nur Tiere, die ihren Sinn und Zweck in einer Aufgabe haben, manche Familienmitglieder. Solang es dem Hund nicht schadet, körperlich oder geistig, gilt für mich:

    Regel Eins – Jedem Seins.

  • Ich kann mittlerweile sogar ein bisschen Verständnis aufbringen für die Menschen, die hier angesprochen werden.

    Was mir besonders auffällt: Viele sind nicht in der Lage, den Hund als Hund zu sehen. Es wird vermenschlicht, und - es ist gar nicht mal so einfach, das nicht zu tun, da muss sogar ich selbst mich manchmal an der eigenen Nase kratzen.

    Wir waren grillen, zwei Hundehalter mit Hunden und ca. 15 nicht-Hundehalter. Und da wurde ich von durchaus sehr intelligenten Menschen beschuldigt, ich würde meinen Hund leiden lassen weil ich Betteln und Füttern durch die anderen eben NICHT zugelassen habe. Der arme Hund, das sei doch so ungerecht dass er uns beim essen zuschauen muss. Und ganz ehrlich - ich konnte mir wirklich sagen, gut, die wissen es natürlich auch nicht besser. Sie können den Hund gar nicht als Hund sehen, weil sie sich mit der Materie eben nicht auskennen. Sie kennen die Hunde-Sichtweise nicht, woher auch, deshalb gehen sie von der Menschen-Sichtweise aus.

    Ich selbst bin Ersthunde-Halter seit 18 Monaten. Aber ich habe an mir selbst schon oft festgestellt, dass es oft schwierig ist, sich mal eben so hopplahopp umzustellen. Oft erwische ich mich selbst bei dem Gedanken, dass es meiner Hündin gerade ganz schlecht geht weil ich die Katze streichle oder füttere und sie bekommt eben gerade nichts. Ich selbst denke noch oft - ach Mensch das arme Tier - wenn sie mich so "traurig" anschaut.
    Gott sei Dank reagiere ich aber trotzdem noch richtig, aber ich weiß an mir selbst wie schwer das fällt.
    Wenn ich mir überlege wie geschockt ich war als Mara als Welpe das erste Mal Hundekot gefressen hat. Mittlerweile reagiere ich da auch anders, aber am Anfang war das für mich ein Grund sofort beim TA anzurufen und hier im Forum zu posten.

    Ein anderes Problem ist - und das sehe ich bei vielen Hundehaltern - vor allem Ersthundehaltern - ganz oft (ich betreue bei unserem Verein die Junghundegruppe mit) - viele Leute haben enorme Probleme mit dem Timing beim bestätigen und auch beim Maßregeln. Das führt dazu, dass sie eben oft das falsche bestätigen oder maßregeln was natürlich wieder zu falschem Lernen führt. Die Leute merken das aber oft nicht, und - ich bin der Meinung - man kann ihnen das oft nicht zum Vorwurf machen, weil sie einfach nicht in der Lage sind, so schnell zu reagieren. Das meine ich jetzt nicht böse, denn auch dabei erwische ich mich selbst immer wieder. Es ist einfach schwierig, ein Auge dafür zu bekommen wann der richtige Zeitpunkt ist.
    Leider führt das dazu, dass viele Leute aufgeben und denken - naja, bringt ja eh nix, bleibt der Hund eben an der Leine und ich mach nen blöden Spruch dazu um vor den anderen nicht dumm da zu stehen.

    Ich denke, man muss bei allen Leuten erstmal schauen ob man nicht ein gewisses Verständnis aufbringen.

    Ich selbst weiß aus eigener Erfahrung, wie einfach ich mir die Hundehaltung am Anfang vorgestellt habe und wie schwierig es tatsächlich ist. Und dabei habe ich noch einen einfachen Hund.
    Da ich aber ein Mensch bin, der alles, was er sich in den Kopf gesetzt hat hundertzwanzigprozentig machen will habe ich mich eingelesen, Kurse besucht, in Foren gelesen usw.usw.

    Aber - auch ich musste feststellen, dass man bei vielen Informationen auch viele Meinungen erhält. Und wenn man dann die oben geschilderten Probleme hat ist es einfach sehr schwer zu beurteilen, was denn nun richtig und was falsch ist. Sehr oft höre ich in der Junghundegruppe - "Das hat der alte Trainer aber anders gesagt". Tja.
    Ich kann schon verstehen, dass viele HH dann der Verzweiflung nahe sind wenn man sich doch Hilfe holt, aber selbst nunmal nicht einschätzen kann was für den eigenen Hund richtig ist. Wie soll man denn auch, schließlich ist man noch sehr damit beschäftigt, sich von der menschlichen Denke in die hündische umzustellen.

    Man sollte aber nicht grundsätzlich von anderen Leuten verlangen, gleich gestrickt zu sein wie man selbst und diese verurteilen nur weil sie eben nicht ganz so "perfekt" sind.

    Am besten hilft freundliches Aufklären, und wenn das nicht hilft - einfach drüber hinweg sehen.

  • Da ich quasi neben einer der Erfindungsstätten der "Hunde sind die besseren Menschen" Bewegung lebe, begegnen mir Hundehalter mit dieser Rosaroten Zuckerguss Einstellung rund um den Hund leider öfter als mir lieb ist.
    Auch zu meiner aktiven Tierschutzzeit hat es mir immer die Fußnägel aufgerollt, wenn jemand auf die Frage "wieso ein Hund aus dem Tierhem" mit dem Märchen von der großen Dankbarkeit geantwortet hat. Die Leute waren immer furchtbar entsetzt, wenn ich ihnen den Zahn gezogen habe und ja ich habe bei den "ich will einen armen Hund retten aus dem Tierheimzwingern" verhältnismäßig oft eine Vermittlung abgelehnt, schlicht weil ich bei diesen romantisierten teils absolut weltfremden Vorstellung vom Leben mit - teils Problem- Hunden zu oft das Risiko eines grandiosen Scheiterns sah.

    Ich habe selbst drei Hunde aus der Arbeit mitgenommen, jetzt habe ich zwei vom Züchter die von Welpe an bei mir waren und es gibt wenig Unterschiede. Keiner meiner Tierheimhunde war je dankbar, verträglicher oder sanfter, als meine beiden Zuchthunde.
    Im Hundebereich generell ud ganz besonders beim Thema Tierschutzhund ist mir einfach aufgefallen, dass die Menschen immer mehr nur noch Emotion an das Thema rangehen und Rationalität vollkommen außen vor bleibt. Diese etwas verschrobenen Tierschutzmuttis gab es früher auch schon, damals wurden sie eben häufig belächelt und als etwas verschroben angesehen, die ältere Dame, die niemanden hat und deshalb ihren Vierbeiner zum Menschersatz verklärt. Mich beschleicht nur langsam immer öfter das Gefühl, dass sich diese früheren Ausnahmen unter den Hundehaltern sozusagen als Gegenbewegung zu der alten Hardliner-Schule (Hund muss funktionieren und zu etwas nützlich sein, ist er das nicht, wird er entsorgt) heutzutage als schon fast Normalität etabliert haben.
    Wer einen Hund zu einem bestimmten Zweck außer Liebhaben und Familienhund anschafft, wird heute oft genug schräg angeguckt. Fragen um den Hund werden teils mit fanatischer Überzeugung verteidigt und wehe jemand ist anderer Ansicht.
    Ich hatte es ja selber in letzter Zeit immer wieder mit einer Hundehalterin, die regelrecht ausgeflippt ist, wenn man allgemeine Kritik an bestimmten Entwicklungen bei meiner Rasse übte, weil sie jede allgemeine Aussage sofort als Angriff auf sich und ihren Hund verstand.

    Meiner Meinung nach ist das Problem einfach, dass für viele der Hund einfach nicht mehr nur ein Hund ist. Er ist eine Ausdrucksform ihrer Lebenseinstellung und ihrer Weltanschauung geworden und jeder der rund um den Hund anderer Meinung ist, stellt somit den eigenen Lebensentwurf ind Frage und stellt somit einen massiven Angriff auf die Persönlichkeit des Hundehalters dar, was sich die meisten nicht bieten lassen wollen und deshalb äußerst vehement dagegen protestieren.

  • Hallo ihr Lieben,

    tolles Thema :) hatte die gleichen Gedanken wie der Threadersteller. Mir geht diese totale Vermenschlichung der Caniden Art voll auf den Eimer...bitte alles schön Antiautoritär und sich von allem, egal ob kleine 2 Beiner oder 4 Beiner auf der Nase rumtanzen lassen, scheint sich in unserer verweichlichten, westlichen Gesellschaft breit zu machen.
    Und wehe man guckt sein Kind oder Hund mal böse an oder wird etwas laut, kommen gleich die Gutmenschen/Gedanken/Verhaltenspolizisten um die Ecke mit ihren Totschlagargumenten von wegen Kindsmisshandlung, Tierquäler, ect.
    In der Natur gibt es kein "Grenzenloses" Verhalten, sondern nur bei den Menschen...wo das hinführt kann man schön in dem Film Koyaanisqatsi sehen.

    Wenn ich da an meine Indianerreservationszeit in den Staaten zurückdenke, die haben die Hunde da immer noch zum Travois und Wasser schleppen eingesetzt und denen Essens/Schlachtabfälle zum fressen hingeworfen...und?
    Für die sind Hunde immer noch Nutztiere. Die Hunde waren alle durchweg super gut drauf. Nix da von wegen Barf oder gar an Herd stehen und für Hunde kochen oder über seltsame Gerätschaften hopsen lassen ausser über ein Gatterzaun.
    Ich war damals mit meiner indianischen Freundin dann mal mit ihren Hunden auf so einer Hundeshow der "Bleichgesichter"...wir waren beide hell entsetzt was die Kreaturen alles machen und erdulden mussten. Agility Dog Dance Fly Ball, ect. lauter total durchgeknallte hoch Adrenalinhaltige gestresste Tiere, nur am Bellen und rumhopsen und springen. :???:
    Meine Freundin meinte nur: Hm naja also stell dir mal so ein Verhalten in einem Wolf oder Coyotenrudel vor...die würden definitiv nicht lange überleben.

    Sorry aber das Leben egal ob von Mensch oder Tier ist nun mal kein Ponyhof und um ein einigermaßen ausgeglichenes Miteinander hinzubekommen gibt es nun mal Regeln und Grenzen, die man einzuhalten hat, Kind wie Tier!
    Mein Hund ist auch vom Züchter *ironie an* Oh jeh wie schlimm! *ironie aus* und zu einem bestimmten Zweck gedacht. Ich will keine Wundertüten aus dem TS und die Menschen dort haben größtenteils eh ein Problem mit ihrer Mitmenschlichen Umwelt (aus teilweise nachvollziehbaren Gründen) und verstecken sich lieber hinter Tieren, ist meine persönliche Erfahrung mit dem TS.
    Und nein, die Art der Caniden ist für mich zu 100% keine "Bespaßungsangelegenheit" weder ich für den Hund noch er für mich. Dafür bin ich viel zu logisch und nüchtern (bin wohl eher Mann als Frau was diese Sachen anbetrifft und emotionsloser)

    Ich mache mich auch am Feld/Wiesenrand nicht zum Affen für den Hund. Ich pfeif 1-2x und lauf einfach weg von ihm und in null komma nix steht er da und klebt an der Jackentasche in der keine Leckerlies deponiert sind.
    Da werde ich dann oft angesprochen von wegen der hört aber gut und wie lange ich den schon habe wegen guter Bindungsblafasel, ich kanns nicht mehr hören sowas.
    Anspringen war bei uns am Anfang auch so ein Thema. Ja das vielgepriesene einfach umdrehen hat dazu geführt das er mich halt von hinten trotzdem angesprungen hat.
    Dann hab ich ihn das nächste mal halt in mein hochgezogenes Knie springen lassen. Tja mei das hat er 2x gemacht danach war das anspringen erledigt. Die Kommentare von anderen HH mei wie gemein ist das denn, der will doch nur spielen...nein nix gemein und nix spielen, so nicht!!
    Die haben dann mit ihm auch mal das bewusste Anspringen gemacht und sich umgedreht und merkten dann am eigenen Leib das es nicht toll ist wenn Hund einen auch von hinten anspringt und somit die Methode des Umdrehens halt für ihn nicht die richtige war.
    Genauso die Ausrede für ungezogenes Verhalten von wegen ja der ist doch noch ein Baby bzw Junghund, kann ich nicht mehr hören...lass ihm dies und jenes durchgehen der ist doch noch klein...nein lasse ich nicht durchgehen! Was Hänschen nicht lernt, lernt Hans nimmermehr! Ich will nicht von so einem halbstarken Rüpel bedrängt werden!

    Bei mir gabs keine Schleppleine kein Clicker nur am Anfang mal so ne Leberwursttube und sein eigenes normales Futter als Belohnung. Das hab ich dann zügig reduziert und weggelassen und es funktioniert auch ohne das ganze Zeugs. Hab die ganzen Sachen zwar hier rumliegen aber nix davon benutzt. Bei den Indianern funktioniert es ja auch ohne das ganze Zeugs, da frag ich mich, was uns dazu treibt alles so zu verkomplizieren und aus allem eine Wissenschaft zu machen... :???:
    Und ja der Hund hat sich meinen Lebensumständen anzupassen und nicht anderst herum. Darin bekommt er noch genug artgerechte Auslastung. Ich hohle mir grundsätzlich Tiere nicht aus Spaßgründen ins Haus, sondern jedes hat eine ihm zugedachte bestimmte Aufgabe die er zu erfüllen hat.
    So Clownhunde wie man sie ja gerne aus Pudeln ect. macht mag ich persönlich nun mal gar nicht. Find ich persönlich irgendwie unlogisch.

    So das war meine persönliche Meinung zum Thema, jetzt haut mir die Rübe ab ich böse böse :hust:

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