Er hasst fremde Menschen

  • Liebe Foris,

    ich brauche Rat und möchte euch daher unser Problem schildern, anfangs kurze Erläuterung zu unserem bisherigen Werdegang.
    Butch (Herdi-Mix) haben wir seit Welpenalter. Er ist und war sehr leichtführig an der Leine, Hunde waren und sind kein Problem. Das Problem stellen fremde Menschen dar und mittlerweile bin ich wirklich an einem Punkt, wo ich nicht weiterweiß. Wir sind seit Beginn in einer HuSchu und hatten auch viele, viele Stunden Einzelunterricht. Das damalige Problem waren Fahrradfahrer, Jogger und Spaziergänger. Er bellte und knurrte, fuhr sich regelrecht hoch. Wir haben ganz intensiv über Zeigen & Benennen geübt und heute könnte es fast nicht besser sein. Ich sage z.B. "Mensch", er sieht den Menschen und geht automatisch ins Sitz und wartet, bis die Person passiert ist. Dasselbe bei Joggern und Fahrradfahrern.
    Der Rückruf klappt sehr gut, er bewegt sich max. in einem Radius von 5 m um uns herum, er bleibt mittlerweile dauerhaft ansprechbar. Das Spazierengehen an sich ist mit ihm ein Traum, da er für seine gerade mal 9 Monate wirklich fantastisch hört.

    Nun kommen wir zu unseren aktuellen Problemen:

    1.) Fremde Menschen; nicht mehr, wenn wir sie sehen und einfach nur passieren wollen, sondern dann, wenn diese stehen bleiben und sich uns nähern, weil sie z.B. den Hund streicheln wollen. Ich sage immer "Nein, bitte nicht", aber oftmals fixieren sie ihn trotzdem mit den Augen, sprechen ihn an oder locken ihn sogar. Man merkt deutlich, dass er sehr unsicher wird. Ich löse es so, dass ich ihn aus der Situation rausnehme oder auch in der Situation Zeigen&Benennen mache und dann den Weg zurückantrete. Aber das Resultat ist eben ganz oft, dass er bellt, knurrt, den Weg nach vorne will, manchmal allerdings auch lieber den Weg nach hinten (der mir natürlich tausendmal lieber ist).

    Es ist nur so: ich möchte meinem Hund beibringen, dass fremde Menschen keine Gefahr sind, sodass ich gar nicht mit ihm in die Situation komme, dass er sich bedroht fühlt. Wie schaffe ich das?
    Er liebt andere Hunde und er liebt das Toben mit ihnen, ich kann ihn allerdings kaum noch mit anderen Hunden freilassen, da viele HH (auch wenn ich inständig darum bitte), den Hund "mal kurz" streicheln wollen. Im Grunde läuft es im besten Fall so, dass er mit Hunden spielt, er zu dem Menschen geht, kurz schnuppert und merkt, dass alles i.O. ist. Mittlerweile kann ich das aber nicht mehr machen, da die Gefahr zu groß ist, dass er wieder in seinen Film kommt und zur Furie wird. Er hat noch nie geschnappt oder gar gebissen, aber ich habe die Angst, dass seine Unsicherheit wächst und das evtl. irgendwann die Konsequenz sein kann.

    Ich möchte erreichen: a) fremde Menschen sind tabu, dh. er geht nicht zu den Menschen hin und lässt sie "links" liegen. b) fremde Menschen sind toll und er darf sich zu ihnen bewegen, da er WEIß, dass von ihnen keine Gefahr ausgeht. Punkt b empfinde ich schwer umsetzbar, da sein Charakter teilweise so ausgelegt ist, dass fremde Menschen eher befremdlich sind.

    b.) unsere Nachbarn; vor einiger Zeit böllerte er am Zaun, was nur ging. Wir haben auch dies ganz gut in den Griff bekommen durch Zeigen&Benennen. In den letzten 3 Tagen geht das Spiel allerdings wieder von vorne los. Er stellt richtig den Kamm auf und bellt und bellt und bellt, teilweise richtig böse. Ich verstehe es nicht, sind es die Hormone? Ich markere natürlich was das Zeug hält und er kommt auch oft zu mir, ich lasse ihn wieder frei, wenn er ruhig ist. Gestern allerdings war er mit seiner besten "Hundefreundin" bei uns im Garten und diese ließ sich durch den Zaun vom Nachbarn streicheln, er sah es, wurde richtig giftig und ich hatte das Gefühl, er will sie beschützen.

    Das "Witzige" an der ganzen Sache ist, dass unsere Nachbarn vor kurzem selber einen Welpen ins Haus bekommen haben. Seitdem und wenn dieser da ist, sind die Nachbarn als akzeptiert abgestempelt und er ist absolut friedlich. Unser Nachbar war sogar mal bei uns im Garten mit ihrem Hund und Butch ließ sich sogar streicheln, war total entspannt. Ich dachte anfangs: "Cool, eventuell bringen die ihren Hund einfach mal öfters mit zu uns, sodass Butch diese mit Hund verknüpft", Pustekuchen, der andere Hund ist nun auch 7 Monate alt und kann unseren leider überhaupt nicht leiden. Butch will spielen, winselt und fiept, der andere wird richtig fuchsig, wenn er Butch sieht.

    Ich möchte erreichen: die Nachbarn sollen für ihn als "normal" empfunden werden, mit ihnen wird er nämlich noch eine ganze Zeit auskommen müssen. Ich habe vor, ihn nur noch mit Schlepp in den Garten zu lassen und noch bevor er versucht sich hochzufahren, zu mir zu holen, absitzen/legen zu lassen und erst dann wieder freizugeben, wenn er entspannt ist. Unsere Gärten sind durch Zäune getrennt.


    Es tut mir leid, dass es so lang geworden ist, ich wollte nichts auslassen, damit ihr euch ein Bild von der Situation machen könnt.

    Apropos: Er läuft nur noch an der Schlepp, sodass ich jederzeit eingreifen könnte.
    Wenn er Menschen kennt, ist er total friedlich, freut sich wie ein Irrer, dass er sich nicht einpinkelt, ist alles. Am liebsten würde er demjenigen auf den Schoß krabbeln.
    Dieser Grad zwischen "ICH LIEBE DICH" und "Ich kann dich überhaupt nicht leiden" ist so groß, es gibt nur Schwarz und Weiß.

    Wie löse ich das?

  • Ach ich hab ja auch sowas ähnliches hier sitzen, hab Emma teilweise (Punkt 1) echt wieder erkannt ;-) konnt mir jetzt aber nicht alles durchlesen, da ich gleich Schluss hab. :-)

    Vielleicht komm ich später nochmal dazu.

    LG

  • Ich hoffe ich habe es nicht überlesen...
    Wie alt ist dein Hund? Noch recht jung, oder?
    Was heißt "Herdi-Mix" genau? Wo kommt der Hund her, wie ist er aufgewachsen?
    Natürlich bekommst du über Erziehung vieles hin und trainiere da bloß weiter, aber nem Herdenschutzhund klarzumachen, dass fremde Menschen keine potenzielle Gefahr sind ist schon ein sehr gewagtes Unterfangen...denn genau das Gegenteil war und ist das Zuchtziel...

  • *meld* wir haben auch so etwas hier.. wobei sie aber irgendwie nicht jeden fremden Menschen ablehnt.. nur ganz bestimmte oder eben die, die uns zu nahe kommen..oder Menschen in "ihrem" Revier.. in fremden Gebieten akzeptiert sie eher jemanden, da sie ja dort "Gast" ist..

    und Menschen mit Hund werden auch eher akzeptiert als ohne..

  • Zitat

    und Menschen mit Hund werden auch eher akzeptiert als ohne..

    ...was übrigens ein Phänomen ist, dass du bei ganz vielen Hunden antriffst, die fremde Menschen ablehnen/ Angst vor diesen haben...

  • Zitat

    Ich hoffe ich habe es nicht überlesen...
    Wie alt ist dein Hund? Noch recht jung, oder?
    Was heißt "Herdi-Mix" genau? Wo kommt der Hund her, wie ist er aufgewachsen?
    Natürlich bekommst du über Erziehung vieles hin und trainiere da bloß weiter, aber nem Herdenschutzhund klarzumachen, dass fremde Menschen keine potenzielle Gefahr sind ist schon ein sehr gewagtes Unterfangen...denn genau das Gegenteil war und ist das Zuchtziel...

    Er ist 9 Monate und kommt von privat, wurde in der Wohnung aufgezogen, mit Kontakt zu Kindern, Katzen und fremden Personen. Ich kenne die Mama, Boxer-Broholmer Mischling, und diese ist wirklich ein toller Hund, souverän, entspannt und offen für alles. Der Papa ist Kaukase und von da rührt eben scheinbar auch diese Skepsis gegenüber Fremden.

    Sleipnir, es stimmt, dass es eben genau das gegenteilige Zuchtziel war. Auf meinen Spaziergängen habe ich mittlerweile viele Herdis getroffen, auch reinrassige Kaukasen, Rüden sowie Hündinnen, selbst auf der Hundemesse in Dortmund liefen zwei Kaukasen rum, die absolut "cool" waren. Und irgendwie scheinen diese es auch geschafft zu haben, fremde Menschen als absolut belanglos zu sehen, genau das möchten wir auch erreichen.

    Wir haben schon so viel in kurzer Zeit erreicht, haben viele Komplimente bekommen, wie gut er erzogen ist und wie gut er auf uns hört. Es ist eben noch diese einzige Baustelle, die wir haben und ich möchte diese auch so wie die letzten mit ihm meistern. Mir fehlt einfach noch der Ansatzpunkt...

    ...lasse ich ihn zu fremden Menschen, die ich vorher instruiert habe?
    ..."verbiete" ich ihm den Kontakt, sodass er gar nicht in die Versuchung kommt?

    Beide Hundetrainer rieten uns, ihn immer abzurufen, wenn er von selbst zu Menschen geht, da eben die Gefahr, dass diese ihn ansprechen und streicheln wollen, relativ groß ist. Aber löst das unser Problem, sind fremde Menschen dann nicht weiterhin potentielle Gefahrenstellen für ihn?

  • Nera und Lillymaus: schön zu hören, dass wir nicht alleine sind :)
    Wie löst ihr das?
    Menschen mit Hunden sind auch weniger das Problem, wie gesagt nur, wenn diese ihn bedrängen. Es ist aber immer phänomenal, dass man darum bittet, den Hund nicht zu beachten und zwei Minuten später zücken sie einen Keks und sagen "na komm, ich tu dir nichts, ich habe auch keine Angst"

  • Der ist gerade mal neun Monate und legt schon so ein Verhalten an den Tag...ist schon krass, oder?
    Kennst du den Vaterrüden, ist der sehr misstrauisch?
    Kaukasen sind schon mit die Herdenschutzhunde mit der höchsten natürlichen Aggression...da sind Pyrenäenberghunde Musterschüler hingegen...
    Das es da Hunde gibt, die auf Ausstellungen völlig relaxed erscheinen ist übrigens erklärbar...fremde Umgebung und völlig reizüberflutet...da backen auch diese Hunde eher kleine Brötchen...
    Mir hat mal auf ner großen Ausstellung die Züchterin von Zentralasiaten die Leine ihres Jungrüden in die Hand gedrückt "Ich muss mal aufs Klo...hälst du den mal...?"
    Ich hab mir vor Angst fast in die Hosen gemacht...aber in der Situation war der Hund kaum von nem Labbi zu unterscheiden...freundlich, mir zugewandt...
    Als sie wiederkam hat sie zu mir gesagt:" Hier geht das...zuhause hätt der dich an die Wand gestellt... :hust:

  • Zitat

    ...was übrigens ein Phänomen ist, dass du bei ganz vielen Hunden antriffst, die fremde Menschen ablehnen/ Angst vor diesen haben...


    Das kann ich von meiner Hündin auch bestätigen. Auf der Hundewiese liebt die alle Menschen.

    Ich habe dieses Problem mit meiner Hündin auch. Wenn uns fremde Menschen ansprechen, geht Luna mittlerweile schon von sich aus hinter mich.
    Ansonsten trainieren wir schon fast 1,5 Jahre und die Fortschritte sind klein, aber bedeuten mir die Welt.

    Wir haben vor allem fremde Menschen positiv verstärkt, ich habe noch mehr am Grundgehorsam gearbeitet und biete dem Hund Alternativen an. Ich vergrößere den Abstand, sodass es für sie wieder angenehm wird.

    Ich würde dem Hund nicht unnötige Nähe zumuten.
    Und fremde Menschen, die meinen Hund bedrängen, kann ich mittlerweile richtig gut in die Schranken weisen.

  • Du hast vollkommen recht, dass er "erst" 9 Monate ist und schon so stark agiert. Nur ändert das ja nichts an dem Problem, dass wir zu lösen haben, ob jetzt oder erst mit zwei Jahren.

    Apropos Vater: Ich kenne ihn leider nicht. Uns wurde gesagt, dass er, laut Besitzer und auch der Familie, von dem wir Butch haben, wenig Schutz- und Wachtrieb für seine Veranlagung haben soll.

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