Hund schnappt aus Angst

  • Hallo ihr Lieben,


    Seit ungefähr einer Woche stelle ich bei meinem Hund ein Verhalten fest, dass in dieser Weise nicht zu tolerieren ist.
    Statt besser wurde es jetzt schlimmer und jetzt möchte ich euch um Tipps, gerne auch Literaturtipps bitten.


    Wir haben heute auch schon mit unsere Trainerin trainiert und ich hab ihr das geschildert, leider war ich selbst noch viel zu nervös und geschockt, um wirklich klar denken zu können.
    Deshalb erhoffe ich mir hier weitere Anregungen, bevor wir ins weitere Training gehen. Möchte mich auf vielen Wegen informieren und dann mal schauen, wie und was zu uns passt.


    Erst mal von vorne...


    Eliot hab ich vor 12 Wochen aus dem Tierheim geholt, er ist ein 2-jähriger Border Collie, der in einer Familie mit drei Kindern an der Kette gehalten wurde.
    Mittlerweile wissen wir auf Grund von Verletzungen auch, dass er körperlich misshandelt wurde.
    Seine Pfote ist mehrfach gebrochen und dies kann nur durch Tritte passiert sein, laut Tierarzt und Physiotherapeutin. Außerdem scheut er vor bestimmten Sachen zurück und Falschen in seiner Nähe von fremden Menschen getragen lösen pure Panik in ihm aus.


    Anfangs war Eliot sehr krank (Babesiose und Anaplasmose) und sehr in sich gekehrt. Er hatte eine richtige Mauer um sich aufgebaut und wir dachten schon er ist taub. Jetzt fängt er an seine Umwelt wahr zu nehmen und zeigt leider auch negative Eigenschaften.
    Eliot hat Angst vor fremden Menschen... er lässt sich von niemanden anfassen, was auch absolut okay ist, aber er schnappt in die Luft, wenn ihm jemand zu nahe kommt. Und mittlerweile geht er soweit, dass er mich gegen diese fremden Menschen verteidigen möchte.
    Angefangen hat es damit, dass er nur geschnappt hat, wenn sich jemand über ihn gebeugt hat. Natürlich hab ich es versucht zu unterbinden, dadurch, dass aber die Menschen zurückwichen hatte er Erfolg und das bestärkte ihn.
    Darüber hinaus konnte ich selbst nur schwer die Ruhe bewahren, da ich total geschockt war.
    Nach mir hat er noch nie geschnappt und ich kann wirklich alles mit ihm machen...


    Unsere Trainerin meinte jetzt, er solle erst einmal eine Maulschlaufe tragen, damit wir ihm das abtrainiern können, denn das gibt mir die Sicherheit und es kann dann eben auch nichts passieren.
    Und ich kann es ihm mit einem Abbruchsignal verbieten und die Aufmerksamkeit auf mich lenken.
    Klingt logisch für mich. Sie meint auch, dass er seinen Platz noch nicht gefunden hat und noch nicht akzeptiert, dass er mich nicht verteitigen muss.
    Auch logisch...


    Wir werden nächste Woche nochmal darüber reden, wenn auch ich etwas zur Ruhe gekommen bin und mich damit auseinander setzten konnte. Für den Moment soll ich ihm in solchen Situationen ein klares Nein geben und ihn zu mir rufen.
    Hat heute auch schon ganz gut geklappt... nur irgendwann war er so drin in diesem "bewachen" das ich das Gefühl hatte nicht mehr an ihn ranzukommen...
    Wie handhabt ihr so etwas?
    Wie bekommt ihr die Aufmerksamkeit eures Hundes und wie holt ihr ihn aus dem Trieb wieder raus?


    Man muss dazu sagen Eliot ist mein erster Hund und wir haben schon viel geschafft, aber diese Situation belastet mich sehr.
    Natürlich weiß ich, dass Ferndiagnosen schwer sind und wir werden hier auf jeden Fall mit unsere Trainerin arbeiten. Da es ein Verein ist, wird wohl auch noch eine zweite Meinung dazu kommen.
    Dennoch möchte ich mich gerne über verschiedene Möglichkeiten und eurer Erfahrungen informieren.


    Eliot ist ansonsten eine Seele von Hund. Nur diese Angst bzw. teilweise auch dieses bewachen ist ein Problem, dass wir natürlich baldmöglich in den Griff bekommen wollen, bevor er sich zu sehr daran gewöhnt.


    Sorry für den langen Text, aber ich bin immer noch aufgewühlt und mir geht sehr viel durch den Kopf.
    Bin gespannt auf eurer Tipps.


    Schonmal danke.


    Lg
    Julia

  • Ich finde es super, dass du mit einer Trainerin da ran gehen möchtest. Das ist sehr sinnvoll, denn sie kann dich und den Hund in den Situationen beobachten.


    Als erste Maßnahme finde ich einen Maulkorb sehr sinnvoll, eine Maulschlaufe (diese furchtbaren Nylondinger) würde ich nicht nehmen. Ein vernünftig passender Maulkorb ist für den HUnd sehr viel angenehmer, der Hund kann hecheln und trinken, was bei diesen Temperaturen und bei dem Stress den dein Hund wohl hat sehr wichtig ist.
    Außerdem schafft ein Maulkorb, dass die meisten Menschen eh erstmal Abstand halten, so kannst du gezielt mit Menschen üben, die eure Situation kennen und entsprechend reagieren können.


    In der Wohnung würde ich das KOmmando "hinter" üben, damit du deinen Hund in allen Lebenslagen hinter dich bringen kannst. Damit übernimmst du die Rolle des Puffers zwischen deinem Hund und anderen Menschen/Hunden. So kann er sich sicherer fühlen, und hat nicht das Gefühl euch beide verteidigen zu müssen.


    Alles weitere machst du besser mit deiner Trainerin :)


    Ich wünsche euch alles Gute!

  • Mit einer Maulschlaufe kann er weiterhin schnappen und die Leute werden zurück weichen, also nicht gut fürs Training.
    Ein gut sitzender Maulkorb wäre da eher meine Wahl. Ich mag die Drahtmaulkörbe. Man kann die Hunde trotzdem belohnen, weil die Lücken groß genug sind. Der Hund kann damit auch trinken.


    Zwei Bücher könnten Dir vielleicht helfen:



    Was auch helfen kann, um in euch beide Ruhe zu bringen:



    Eventuell ist auch ein Trainer in der Nähe:
    http://www.tteam.de/hunde/lehrer_hund.php
  • Als erstes: Besorgt Euch einen vernünftigen Maulkorb und sichert ihn ab. Der soll vor allem sicheren, darf aber bei einem solchen Hund auch gerne "martialisch" aussehen, so dass die Leute von vorne herein auf Abstand bleiben.


    Sowas
    http://www.hunde-maulkorb-stor…orb-Hund-Malinois_LRG.jpg
    oder sowas
    http://www.tier-shop-xxl.de/ar…_Passform_220920101_g.jpg


    Maulschlaufen gehören nicht an den Hund, denn sie verhindern, dass der Hund seinen Wärmehaushalt über Hecheln regulieren kann. Das führt zu immensem Stress, der die Situation massiv verschlimmert! Wenn der Hund damit ausreichend hecheln kann, dann verhindern sie auch kein Beißen!


    Und dann würde ich mir einen Trainer suchen, der nicht mit Abbruch arbeitet in der Situation, denn damit kann der Hund nichts anfangen. Der Hund beißt nicht "aus Trieb"... er macht es, weil er keine andere Möglichkeit sieht. Ohne vorher (!!!) sehr, sehr gut ein Verhalten anzutrainieren, dass man dann mit langsam steigender "Gefahr" trainiert, wird das nix.


    Vielleicht findest Du hier einen: http://www.bhv-net.de


    Viele Grüße
    Corinna

  • Ich hatte vor meinem Schaf jetzt auch eine Angstbeißerin an der Leine... was du so berichtest klingt für mich nicht nach sinnvollen Lösungsansätzen.


    Zunächst mal nimmst du dem Hund Angst und Unsicherheit am zuverlässigsten durch eine klare und zuverlässige Führung. Das beinhaltet einerseits, dass du ihn beschützt vor Menschen, die sich über ihn beugen oder ihn anfassen wollen, so wie du ihm klar kommunizierst was du wünschst und was nicht, denn genau das löst ja die Unsicherheit beim Hund aus! Er hat gelernt, dass Menschen unberechenbar sind und aus heiterem Himmel gefährlich oder gewalttätig werden können und dann kein Beschwichtigen und auch sonst nichts hilft und Flucht is nich weil Leine, Kette, Wand etc.


    Da ist Stellen, Schnappen und Beißen einfach nur die logische Handlungskonsequenz.


    Die Vorschreiber haben das hier


    Zitat

    Natürlich hab ich es versucht zu unterbinden, dadurch, dass aber die Menschen zurückwichen hatte er Erfolg und das bestärkte ihn.


    zu deinen Gunsten ausgelegt und verstanden, dass du versuchst zu unterbinden, dass fremde Menschen ihm zu nahe kommen. Ich versteh es allerdings so, dass du versuchst, seine Reaktion auf die Nähe fremder Menschen zu unterbinden, dir das aber nicht gelingt, weil die natürlich zurückweichen wenn der Hund nach ihnen schnappt?


    Du kannst deinem Hund nicht verbieten, Angst zu haben!


    Natürlich kannst und musst du klare Grenzen setzen wenn er jemanden ernsthaft zu verletzen droht (was du aber erst mit Maulkorb wirklich tun kannst denn vorher wär das fahrlässige Körperverletzung) und er muss wissen, dass Beißen keine Handlungsalternative ist.


    Aber das heißt nicht, dass du ihm das einfach verbieten kannst. Du musst ihm Alternativen aufzeigen wie z.B. das erwähnte hinter dir Schutz suchen. Und du musst das Vertrauen des Hundes in deine Führung soweit aufbauen, dass er davon ausgehen kann, dass du alles im Griff hast und ihm nichts passieren kann wenn er tut, was du ihm sagst und er dir folgt, weil du dann auf ihn aufpasst und die Situation bewertet hast.


    Wie du bei der gesamten Konstellation übrigens drauf kommst, dass er dich bewacht oder beschützt, ist mir ein Rätsel.. weil er früher anschlägt? Also ein Beschützen oder Bewachen seh ich da soweit nicht..

  • Mein Hund ist auch Angstaggressiv. Jegliches aversives Einwirken auf ihn brachte nach und nach eine Verschlimmerung des Verhaltens. Er hat Angst vor Menschen und meint sich verteidigen zu müssen, wenn dann noch eine negative Einwirkung erfolgt, verstärkt sich die Angst nur noch. Jetzt clickere ich mit ihm Begegnungen mit Menschen und endlich bessert sich sein Verhalten. Deine Frage, wie man den Hund dann aus dem "Trieb" rausholt, lässt sich auch mit dem Clicker lösen. Campino zeigt nur noch selten Aggressionen, das Ausmaß ist stark gesunken und er lässt sich sehr schnell wieder beruhigen. Ich bin erst seit vier Monaten dabei und ich habe große Hoffnung, dass er das antrainierte Alternativverhalten so gut verinnerlicht, dass ich ihm irgendwann vollkommen Vertrauen kann. Wenn du sein Drohverhalten verbietest, ihn also der Kommunikation beraubst, gehst du das Risiko ein, dass er irgendwann "aus dem Nichts" wirklich zubeißt. Stattdessen musst du ihm zeigen, dass du auf ihn aufpasst, fremde Menschen gar nicht so schlimm sind und du seine Notlage erkennst und ihm hilfst/Alternativen anbietest.


    Ich arbeite mit einer Trainerin zusammen, die sich auf aggressive Hunde spezialisiert hat und deutschlandweit herumfährt. Ich habe unglaublich viel bei ihr lernen können. Falls du Interesse hast, kann ich dir gerne per PN die Kontaktdaten schreiben.

  • Guten Morgen,


    erst einmal danke für eure zahlreichen Antworten.
    Wenn ich heute Mittag daheim bin werde ich mir die Beiträge und Links noch einmal in Ruhe anschauen und ggf mit Rückfragen auf euch zukommen.


    Ich möchte meinem Hund ja auch nicht die Angst verbieten. Mir ist nur wichtig das er lernt das schnappen keine Lösung ist.
    Wir werden auch noch eine zweite Meinung zum Training einholen.


    Werde auch schauen das wir einen anständigen Maulkorb bekommen. Mal sehen wie wir damit klar kommen. Soll für ihn ja so angenehm wie möglich sein.


    LG

  • Vollkommen verständlich, dein Ziel.
    Aber du musst dir einen angstbeißenden Hund quasi Vorstellen wie ein Kind, das erst panisch anfängt zu kreischen wenn z.B. ein Hund in Sicht kommt und wenn der Hund noch näher kommt, anfängt weiterhin kreischend nach ihm zu treten und zu schlagen, damit er weggeht.


    Natürlich unterbindest du das Treten und Schlagen aber du schnauzt doch nicht das Kind an, es soll sich gefälligst benehmen und lockst den Hund zu euch...


    Weißt, wie ich meine?

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