Hunde haben kein schlechtes Gewissen - oder doch?

  • Eigentlich weiss ich, dass Hunde kein schlechtes Gewissen haben. Unterwürfige Haltung deuten wir nur als eben dieses und sie lesen an unserer Körpersprache bevor wir überhaupt meckern.


    Aber mein heutiger Tag lässt mich doch etwas zweifeln und ich kann es nicht erklären, was es ausser schlechtem Gewissen (oder etwas vergleichbaren) sonst sein sollte.


    Fakten vorweg:
    Lena hat im letzten halben Jahr maximal den Mülleimer im Arbeitszimmer (mit den leeren Keksschachteln oder ihren Leckerlitüten) ausgeräumt, wenn wir ihn vergessen haben hochzustellen.
    Lena ist noch nie an ihre Futtersäcke oder die Futtertonnen im Flur gegangen.
    Lena hat noch nie etwas kaputt gemacht, während wir weg waren.
    Lena bleibt mittlerweile relativ gut alleine.
    Lena hat jetzt, dadurch, dass ich die letzten Wochen oft für 1-2 Stunden weg war (früher war es seltener aber dafür immer länger) weg war super gut gelernt, uns nicht völlig abgedreht zu begrüßen, sondern kommt an die Türe und geht dann in ihr Körbchen.


    Lena war heute morgen für etwas unter 2 Stunden alleine. Der Mülleimer aus Punkt 1 oben war hochgestellt. Ich schließe die Türe auf, erwarte, gleich eine Hundenase im Maxi Cosi zu haben und ein wedelndes Monster um mich rum, was sich dann in ihr Körbchen trollen wird.


    Ich komme rein und der Hund sitzt auf der Fussmatte vor dem Schuhregal. Sie sitzt total komisch, erster Gedanke, sie pinkelt gerade :???: . Dem war aber nicht so. Sie sitzt, sehr seltsam, sozusagen auf ihrem Hintern (nicht den Hinterpfoten) und wedelt leicht mit dem Schwanz. Keine große Freude, kein Bellen, kein Entgegenkommen. Ich grübele weiter. Wir haben gute Fortschritte mit dem Körbchen gemacht, aber dass sie so still da hockt, war mir fast unheimlich.


    Ich hab die Jacke ausgezogen und dachte mir dann, naja, sie hockt da immer noch, hat aber offensichtlich auch keine Schmerzen oder ähnliches, dann lob ich sie mal und sie kriegt irgendwas Leckeres in der Küche (Stück Käse oder Wurst).


    Lobe also und gehe zur Küche, Hund schleicht hinter mir her und da sehe ich es. Der Inhalt des Gelben Sackes ist über den Küchenboden verteilt. Kurzer Blick ins Wohnzimmer bestätigt, die guten Teile (Verpackungen von Aufschnitt, die Dose vom Chili con Carne und die Brottüte) liegen dort auf dem Teppich.


    Jetzt muss man noch ein letztes Wissen: Ich wusste nicht, dass der Gelbe Sack Müll draußen steht. Männe hat den gestern Abend vorm Ins Bett gehen aus dem Müll geholt und hinter dem Regal abgestellt, um ihn huete mit runter zu nehmen und hat ihn vergessen.


    Zusammengefasst kann man also sagen, dass es absolut keinen Grund für mich gab, anzunehmen, dass Madam irgendwas angestellt hat. Sie hat auch seit Wochen nichts mehr angestellt, weil ich mittlerweile sehr zuverlässig daran denke, den einen Mülleimer der geleert wird, hochzustellen, andere Eimer sind nicht in Reichweite.


    Im Flur war für mich das Chaos in der Küche und Wohnzimmer nicht ersichtlich, da beide Räume nicht einsehbar von der Türe/Garderobe. Meine Körperhaltung KANN also nichts angedeutet haben.


    Warum also sass der Hund so komisch neben der Türe und ist mir in die Küche nur nachgeschlichen anstatt freudig vorzulaufen wie sonst auch? Vermenschlicht würde ich sagen, sie hatte ein schlechtes Gewissen - nun soll es dieses aber ja bei Hunden nicht geben.


    Warum aber dann?


    Da Lena über "bring" das Wohnzimmer selber aufgeräumt hat, habe ich leider nicht daran gedacht, vom Chaos Fotos zu machen...

  • ich kann mir guuuuut vorstellen wie sie da saß und "unschuld" geheuchelt hat :D


    Vielleicht ist das ein Anhaltspunkt: Hunde verknüpfen in der Situation wo etwas wichtiges passiert ja vor allem auch die Umgebung (samt Geräuschen und Gerüchen etc.). Eventuell hat Lena einmal eine Situation (oder mehrere) erlebt, in der etwas (oder mehrere Dinge) auf dem Boden lag und du gemeckert hast - es muss nichtmal wegen ihr gewesen sein. Vielleicht ist dir in der Küche mal was runtergefallen und du hast es genervt aufgehoben und was gebrummelt. Das reicht für den Hund schon, um Unordnung mit negativem Karma zu verknüpfen. Natürlich denkt Lena nicht, mist ICH habe was auseinandergenommen und jetzt gibts Ärger - eher hat sie erkannt: Unordnung im Zimmer, Frauchen wird grummelig werden.


    Das wäre meine unfachmännische Meinung. Ich habe von einem sehr ähnlichen Fall gehört und fühlte mich gleich erinnert :D


    LG

  • mein tierchen verrät sich immer, wenn sie etwas im park aufgesammelt hat, was sie nicht im ganzen runterschlucken kann, dass sie ankommt und wedelt und beschwichtigt und wedelt... bis ich auf die idee komme, mal im mäulchen nachzuschauen. sieht mir auch seeehr nach schlechtem gewissen aus!

  • Zitat

    Natürlich denkt Lena nicht, mist ICH habe was auseinandergenommen und jetzt gibts Ärger - eher hat sie erkannt: Unordnung im Zimmer, Frauchen wird grummelig werden.


    Warum nicht eigentlich?
    Ich habe auch von diesem Prinzip gelesen, dass Hunde nie in der Lage seien, späte Konsequenzen mit ihrem früheren Handeln zu verknüpfen. Das klingt für mich so, als würden wir einem Hund zugestehen, immer nur entweder Dinger miteinander verknüpfen zu können oder ein Gedächtnis zu besitzen.


    Warum sollten wir von vornerein die Möglichkeit ausschließen, dass ein Hund mal in der Lage sein könnte, seine unbestrittene Verknüpfungsgabe und sein ebenso unbestrittenes Gedächtnis gleichzeitig zu nutzen? (ernst gemeinte Frage)


    Liebe Grüße
    Kay

  • Hi, wer weiß was die Verhaltensforscher in 50 Jahren alles herausgefunden haben. Es gibt so viele Sachen die nicht durch Studien belegt, aber immer wieder fest behauptet werden.

  • Sollte der Stand der Forschung (guter Einwand von Eddis) die Wirklichkeit sein, dann ist der Einwand von Estandia ein gut möglicher Ansatz. Selbst wenn man nicht mit ihr geschimpft hat beim Aufräumen, so macht man das natürlich nicht super fröhlich, sondern schon so ein bisschen grummelig - nicht dem Hund gegenüber, sondern einfach weil es einen selber nervt, den Müll wieder einzusammeln.


    Da wäre eine Mögliche Verknüpfung gegeben. Aber wer weiss. Ich fand es nur sehr seltsam gestern, wie sie da hockte und ich keine Erklärung dafür hatte.

  • Unsere Hunde belehren uns täglich eines Besseren und wir denken immer noch, dass die Verhaltensforscher und Hundegurus recht haben, wenn sie z.B. behaupten: ein Hund kann keine Zuneigung empfinden, ein Hund kann kein schlechtes Gewissen haben usw.
    Wenn meine Aruna was ausgefressen hat, merke ich das 10 m gegen den Wind, dann ist sie so was von "kleines, liebes Mäuschen", das auch noch prophylaktisch fiept und jammert, damit die Schelte nicht zu doll ausfällt.


    Ich glaube nur das, was ich täglich erlebe, egal wie viele Hundegurus etwas anderes schreiben.

  • Ich glaube auch, dass es das gibt. Nicht in der Form "Schlechtes Gewissen", wie wir es von uns Menschen kennen. Aber irgendetwas ist da.


    Elli, Arons Freundin, Berner-Sennen-Hündin, begrüßt ihr Frauchen immer sehr stürmisch am Tor, wenn sie nach Hause kommt. Elli hüpft auf und ab und ist außer sich vor Freude.
    Eines Tages jedoch - keine Spur von Elli. Nach mehrmaligem Rufen kam sie an, leicht hängender Kopf, leichtes Schwanzwedeln, und dieser Blick...


    Frauchen schaute sich um - und da! Die (ehemalige) Mütze von Herrchen war fast mit Perfektion aufgetrennt - im gesamten Garten verteilt. Mürrisch sammelte Frauchen also die ewig langen Fäden zusammen, warf Elli einen bösen Blick zu, woraufhin diese sie immer anstupste und wimmerte. Dann nahm sie ihr Frauchen am Ärmel und führte sie zur Küche, wo sie ebenfalls den gelben Sack ausgeleert hatte.


    Und da sagt nochmal einer, die wissen nicht mehr, was sie gemacht haben.

  • manchmal glaube ich auch, dass hunde sehr genau wissen, was sie getan haben. ;)


    Zitat

    Wenn meine Aruna was ausgefressen hat, merke ich das 10 m gegen den Wind, dann ist sie so was von "kleines, liebes Mäuschen", das auch noch prophylaktisch fiept und jammert, damit die Schelte nicht zu doll ausfällt.


    jepp das kenne ich auch irgendwo her.
    nur das meiner nicht ankommt und fiept sondern in der gegend herumschaut und plötzlich irgendwo schnüffeln muss. dann weiss ich genau, dass er was ausgefressen hat. (heimlich staubsauger gespielt).
    hunde sind nicht dumm. und warum sollten sie nicht in der lage sein, sich an ihre blöden 5 minuten (zerfetzen des sofas, müllsack) zu erinnern?
    bin auch gespannt, was die wissenschaft noch alles rausbekommen wird.


    liebe grüsse


    biggi

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