Ist Hundeerziehung heutzutage zu verkopft?

  • Hat nix mit dem Thema Hund zu tun, aber mit dem Thema Theorie, und ich finds hier irgendwie passend. Sehr lustig :D :




    [media]https://www.youtube.com/watch?v=-MlkASchodc[/media]

  • So was Ähnliches habe ich Tamy beigebracht als ich ihr den "Superrückpfiff" gelernt habe. Ich habe sie immer mit ihrem heißgeliebten Ball bestätigt wenn sie auf den Pfiff zu mir zurückgeschossen gekommen ist. Natürlich konnte ich das nur üben, wenn sich mein Hund von mir entfernt hat und nicht wenn er 2m vor mir war.........


    Ende vom Lied war, Tamy lief und lief und lief und entfernte sich immer weiter (ca. 200m) von mir, nur um immer wieder kurz zu mir zurückzuschauen, ob ich nicht bald pfeife, damit sie endlich ihren Ball bekommt.

    Ha!
    Und Henry hat gelernt, dass es für das Kommando "weiter" ne Belohnung gibt und bleibt mit Absicht öfter stehen oder sitzen und schaut mich dann ganz erwartungsvoll an :ugly:



    Ich war zu Beginn mit meinem damaligen Gassi-Hund und auch bei Henry am Anfang eher sehr verkopft. Habe sehr viel versucht, zu analysieren, wollte alles richtig machen und habe auf jeden Furz geachtet...


    Ich war zu Beginn furchtbar perfektionistisch mir selbst und auch Henry gegenüber - nach dem Fressen musste es raus zum pinkeln, so stehts schließlich überall! Und dann wird der sich gerade zum schlafen hinlegende Welpe vor die Tür geschleppt. :roll:
    Hat bei mir so 3-4 Wochen gedauert bis ich selbst gemerkt habe, wie blödsinnig das für uns beide ist und so wurden auch andere Sachen mit der Zeit harmlos und locker gesehen und ich habe gelernt, 5e auch mal gerade sein zu lassen.


    Mit der Zeit und dem Alltag kannte ich meinen Hund dann so gut, dass sich das von ganz allein gelöst hat. Aber ich finde es im Nachhinein nicht schlimm, dass man sich bei fehlender Erfahrung erstmal eindeckt mit allem, was es so an Infos gibt und probiert, was einem selbst und dem Hund wirklich liegt (auch wenn das teilweise durchaus stressig sein kann).


    Man muss sich dann eben selbst reflektieren und da setzt dann für mich das Bauchgefühl ein. Fühl ich mich damit wohl und bin ich dabei noch authentisch oder verstell ich mich gerade - das entscheide ich dann aus dem Bauch heraus.


    Ich habe früher wahnsinnig viel geclickert, heute brauch ich das für meinen Hund nicht mehr. Trotzdem gehör ich zu diesen Leckerli werfenden und verbal oft lobenden Hundehalter-Exemplaren.
    Nicht, weil ich nen Hundetrainer hatte, der mir das eingeimpft hat oder ich ausschließlich solche Lektüre hier rumstehen hätte, sondern weil das meine Art ist, ich mich damit wohl fühle und ich nen Hund habe, der darauf wahnsinnig gut anspringt.


    Welpenblues hatte ich übrigens auch - allerdings nicht, weil ich mit nem rosa roten Bild im Kopf in die Hundehaltung gestartet bin und dann enttäuscht war.
    Am Tag des Einzugs wurde mir ganz einfach nochmal ziemlich klar, wieviel Verantwortung ich da für ein anderes Lebewesen übernehme und das eben für einen sehr langen Zeitraum. Da trieben mich dann erstmal Fragen um á la "Was, wenn du ihn irgendwann aus irgendwelchen Gründen abgeben musst" oder "Was, wenn er es woanders viel besser hätte und glücklicher wäre".

  • Rosie hat (nicht von mir) beigebracht bekommen (aber von mir verstärkt bekommen), dass bei Rumgehampel Menschen sich eher und schneller in einer angenehmen Weise um sie kümmern. Sie ist dabei aber auch selten komisch. :D Selbst wenn ich mal schlecht drauf bin, bekommt sie mich zum lachen damit.


    Aber mit Verkopft sein, hat das ja eher weniger zu tun, als mit der Intelligenz unserer Hunde, wie sie gewisse Dinge zu ihrem Vorteil nutzen können. ;)

  • Ich finde es auch kein Drama, wenn man den Hund im Affekt anbrüllt. Aber, was, wenn es nichts bringt?
    Ich hab hier zwei Junghunde mit einem Altersunterschied von 2,5 Monaten, die charakterlich komplett verschieden sind (dabei sind sie zur Hälfte die selbe Rasse). Der eine ist meiner, der andere der Hund vom Schwager. Beide habe ich deutlich unerfreut vom Tisch geworfen, als sie meinten, da mal raufklettern zu müssen.


    Hund 1 hat beschwichtigt nach dem Lehrbuch. Mit Lecken, Pföteln, klein machen, den ganzen Kram. Ich weiß nicht, wie nachhaltig mein Anschiss war, aber in meiner Anwesenheit wäre er im Leben nicht noch mal da drauf geklettert.


    Hund 2 ist runter, hat mich angeguckt ala "Reg dich nicht auf, Alte!" und, hätte ich mich umgedreht, wäre er vermutlich direkt wieder hoch.

    Wenn ich das richtig lese, ist Hund 1 Deiner und Hund 2 der vom Schwager, also bei Dir nur zu Besuch? Da find ich es kein Wunder, dass er nicht drauf reagiert, wenn "Frauchen sauer ist". Bei nem Fremdhund in Betreuung bei mir würde ich auch nicht erwarten, dass er irgendwie reagiert auf sowas. Da würde ich nichtmal erwarten, dass er auf Kommandos hört. Aber der eigene Hund, selbst ein Terrier, der will einem so eigentlich doch immer irgendwie gefallen.


    Und mir gings bei meinem Beitrag auch eher darum, dass man heute das Gefühl vermittelt bekommt, man schadet dem Tier, wenn es spürt, dass man wütend ist. So kann man sich, so lieb man den Hund hat, doch manchmal gar nicht zusammenreißen, wenn er auf dem Tisch steht und den Osterbraten wegfrisst. Natürlich erziehen wir ohne Gewalt, nicht mal stupsen oder so machen wir, obwohl uns etliche Trainer, sogar die Züchterin dazu geraten haben. Den Hund einfach mal umschubsen. Die ham sie doch nicht alle. Aber mal wütend und etwas lauter werden finde ich absolut ok und kommt bei unserem Hund auch an.

  • Hunde Erziehung ist heute so geworden wie die Kindererziehung.
    Wenn man mal schimpft beim Kind ist man schon uhhhhhh....Gibt man den Hund nen Stups in die Seite, Tierquäler.
    Vor lauter nur noch lieb sein und lieb haben, gibt es dann irgendwann mal Probleme. Das ist für mich u. a. verkopft . Denn ein Tier kann man auch wie ein Kind durch zu viel "lieb" haben verkorksen.
    Deshalb bin ich persönlich für den goldenen nicht verkoksten Mittelweg, je nach Hund.

  • DANKE @Michi69


    ich habe niemalsnienix gegen wattebauschwerfer und wünschte ich könnte mein hundehalterlebtag lang selbst einer sein. wirklich - es ist der purer neid von meiner seite. es ist aber nunmal fakt, dass es hunde gibt bei denen man lauter werden muss und auch körperlich eingreifen muss, um unerwünschtes verhalten zu stoppen oder vermeiden, bevor jemand anderes zu schaden kommt.


    es gibt halt hundehalter wie mich, die ihre hunde fast ausschliesslich vom tierschutz haben - und es sind große, kapitale hunde mit verkorkster herkunft. da kann ich froh sein wenn ich methoden finde die kurzfristig funktionieren, bevor ich in die ursachenforschung und -behebung gehen kann. da gehts bei mir dann eher in die richtung "nicht denken, sondern handeln", als das ich kopflastig analysierend in die situation gehe. das analysieren kommt im anschluss, fürs besser machen beim nächsten mal.

  • Ich bin ja Pädagogin und definiere Erziehung als Maßnahme, Fähigkeiten zu vermitteln, die man im Leben braucht :smile:


    Als Hundehalterin besteht meine Aufgabe darin, meinen Hund "gesellschaftsfähig" zu machen. Nur so hat er eine Chance auf ein relativ freies und zufriedenes Leben. Maßgebend bei der Erziehung sind für mich die sich aus den unterschiedlichen Faktoren ergebenen individuellen Ansprüche wie Herkunft, Alter oder Rasse des Hundes.
    Ich hatte bisher 3 Tierschutzhunde. Alle 3 DSH-Mixe und erwachsen. Alle 3 völlig unterschiedlich von ihrer "Persönlichkeit" her. Vom "gutmütigen Trottel" über den Wächter bis zum heutigen Jäger.
    Jeder dieser Hunde benötigte im Prinzip ein eigenes Erziehungskonzept. Soweit der Kopf ;)


    Nun bin ich aber "des Erziehens" ein wenig müde geworden. Vielleicht habe ich auch zu viel "pädagogischen Unsinn" gesehen.....auf Hundewiesen, Hundeplätzen, Hundeschulen.
    Ich agiere auch nicht mit Clicker, Wasserpistole, Pfeife oder gebrüllten Rückruf. Ich mache mich auch nicht auf meinen Spaziergängen zum interessanten Clown.


    Ich bin `ne faule Socke und "arbeite" völlig unkonventionell mit Leckerlis. Eigentlich "arbeite" ich auch gar nicht, sondern belohne tolle Sachen, die den Hund meiner Meinung nach gesellschaftsfähig machen.
    Wo ich weiß, dass meine Erziehung versagen wird, versuche ich es erst gar nicht. Da wird der Hund gesichert und fertig.
    Nicht verkopft, aber auch nicht kopflos. Damit kommen Hund und ich gut klar. Man kennt sich und das erleichtert viel.


    Meine Spanierin hat viel gelernt in den letzten Jahren, doch an ihrem Jagdtrieb bin ich gescheitert. Es gibt Grenzen und ein Ende der Geduld. Nämlich meiner.
    Dazu gewonnen habe ich trotz Resignation und des Gefühls, die absolute "Erziehungsniete" zu sein.....sehr viel Gelassenheit und Humor im Umgang mit dem Hund :smile:


    .....und siehe da.....ist der "verkopfte Druck" weg, läufts sehr viel besser mit uns beiden Sturköppen :D

  • Hat nix mit dem Thema Hund zu tun, aber mit dem Thema Theorie, und ich finds hier irgendwie passend. Sehr lustig :D :

    Großartig! Hat zwar kaum jemand verstanden aber es ist sehr zutreffend.
    Inhalt war das Theorie eine Sache ist und im Alltag diese Theorie zwar auch stimmt aber nicht von Bedeutung ist da sie nicht die Probleme der Leute löst. Erst die eine angewandte Theorie hilft verständlich Probleme zu lösen.
    In den letzten Jahren hat man so viel über operante und instrumentelle Konditionierung gelernt - was nutzt es dir aber wenn du nicht weißt wie du deinem Hund das da ziehen abgewöhnen kannst oder dass er am Tisch bettelt sehr unangenehm ist aber du keine Ahnung hast was du dagegen machen kannst :)
    In diesem Sinne - der Reißverschluss ist eine Maschine :)

  • Was ich hier auch so verfolgen kann, ist das clickern. Wenn ich lese das bei einem Junghund statt richtig zu erziehen, einfach ganz einfach und etwas aus der Natur heraus schon mit clicker gearbeitet wird, sträuben sich mir die Haare.
    Das ist mehr als verkopft und es befürworten komischer weise noch fast alle. :???:
    Clickern kann gut sein, und ja, auch ich kenne das, ABER ALLES clickern, neeeeee. Das ist auch was, was ich für verkopft halte. Lob ist doch toll, aber das man den Hund darauf fixiert ständig in Erwartungshaltung zu sein, Neeeee. Und das passiert genau sehr oft, und wenn es drauf ankommt, nutzt es nix , was ja logisch ist.
    Ich konnte z.b. Meinen Knallkopf auf Untersuchungen vorbereiten mit clicker Training, doch in ernst Situationen bringt das null. Doch wird darauf sooft geschworen so engstirnig. Es geht nicht immer und ist auch nicht immer sinnvoll. So mit diesen Trend geh ich sicher nicht mit. Das ist mir u.a. zu verkopft.

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