(Hunde) Erziehung - immer zum Großteil am Hund ansetzen?

  • Nachdem hier ja viel los ist in den letzten Tagen, möchte ich gerne mal über ein ganz anderes Thema diskutieren. Seht es als konstruktiven würzigen Beitrag ...

    Immer wieder lese ich hier von Problemen, die sich bereits gefestigt haben. Oder aber es wird davon geschrieben, dass ein Hund "immer mal" dieses oder jenes macht und dann wird nach Ideen und Hilfen gefragt.

    Ich finde den Austausch in einem Forum sehr wichtig, frage mich aber oft, was manche Menschen machen würden, wenn sie nicht die Möglichkeit hätten jedes kleine oder auch große Problem zu diskutieren, bevor sie selber mal reagieren. Ich denke oft, dass dann schon viel Zeit vergangen ist, in der der Hund bereits lernt, dass das eine oder andere Verhalten ok oder zumindest nicht schlimm war. Denn Herrchen/Frauchen musste ja erst auf die Suche nach einer Reaktion gehen, bevor er/sie reagierte - und zack ist schon Zeit ins Land gegangen. Wo bleibt da das Unmittelbare? Wo bleibt das Bauchgefühl, welches uns befähigt in manchen Situationen "einfach" zu handeln? Hinterher nachdenken und dann entscheiden, ob ich nochmal genau so handeln würde oder beim nächsten Mal anders (dann auch unterstützt durch den Austausch mit anderen) - wäre das nicht ein alternativer Weg? Auch wenn ich mal nicht so angemessen gehandelt habe, so habe ich doch meinem Hund gezeigt "So nicht!".

    Nun aber zur eigentlichen Frage. Warum wird hier fast ausschließlich am Hund angesetzt, wenn uns das "Produkt Hund", welches wir die Montate/Jahre zuvor zu dem gemacht haben, was uns dann schlussendlich nervt?

    Wir formen den Hund, der Hund ist abhängig von uns, orientiert sich an uns und unseren Reaktionen/Gewohnheiten. Er registriert kleine Dinge und große Dinge, fügt sich ein in dem, was wir vorgeben und vorleben und formt sich so zu einem angenehmen Familienmitglied oder einem nervigen Mitbewohner.

    Wo bleibt der Ansatz bei diesen "Hundeformern"? Warum wird sich dann genau auf das gestürzt, was sich zu dem hat formen lassen, was es ist? Warum wird weiter ausschließlich am Hund rumerzogen? Warum wird gleich von 0 auf 100 oder umgekehrt reagiert?

    Ich denke, dass ich nur in kleinen Schritten langfristig was ändern kann, denn wenn ich "plötzlich" alles "ganz anders" mache, überfordere ich mich und auch meinen Hund.

    So - nun bin ich gespannt, ob eine Diskussion entstehen kann! :smile:

  • In dem Buch Agressionsverhalten des Hundes von Jeames O´Heare gibt es einen Abschnitt der die Thematik "Der Hund zeigt ein Problem" zu "mein Hund und ich haben ein Problem und ich brauche Hilfe" behandelt wird.

    Da wird beschrieben, dass das meißtens ein langer Weg ist (sich schon alleine einzugestehen, dass man ein Porblem hat) und nicht eine Knall-auf-Fall Sache.

    Viele HH denken auch, dass sich die Probleme von alleine wieder ergeben und merken erst zu spät, dass es oft nicht so ist.

    Bei vielen versträken sich auch die Probleme, dass es dann irgendwann für den HH erst richtig belastend/lästig wird und er sich dann erst aufrafft etwas zu tun.

    Objektivität spielt hier auch eine sehr große Rolle :D

    So ist der Mensch (der eine mehr, der andere weniger) und tun kann man da leider gar nichts.

  • Weil der Mensch oftmals das Problem nicht bei sich selbst sieht, sondern nur allein beim Hund. Das hat oftmals damit zu tun, dass der Mensch dem Hund menschliches Denken unterstellt. So nach dem Motto: "Warum tut er nicht, was ich ihm sage?"

    Der Mensch ist oftmals erst dann bereit, an sich etwas zu ändern, wenn die Probleme so groß sind, dass sie nicht mehr akzeptiert werden können. Die andere Variante ist die, dass der Hund dann weggegeben wird, weil man mit ihm zusammen leider nicht mehr weiterleben kann. :sad2:

    Ich habe in meiner Hundegruppe schon viele Hundebesitzer gehabt, denen der Mund offenstand, wenn ich ihnen sagte, dass sich das Verhalten des Hundes nicht ändern wird, wenn sie nicht selbst ihr Verhalten dem Hund gegenüber ändern. Und leider wollen die wenigsten das wirklich!

  • @ collie-mama

    Das ist am Trainerberuf das schwierigste: die Menschen denken, man kommt vorbei, schnippst mit dem Finger und schon ist alles okay.....das die Halter die Arbeit leisten müssen, sich ändern müssen, das geht immer wieder unter (gerade bei Fernsehsendungen :hust: )

    P.S. Dann entseht auch die Einstellung: Der Hund macht Probleme, wir müssen ihn weggeben, wir können eh nichts daran ändern....armes Tier!

  • Ich denke auch,das uns HH das "Problem" gar nicht sofort auffällt sondern sich einschleicht in unser Bewusstsein...und dann ist es schon zu spät.
    Vllt. ist die eine oder andere Handlung des Hundes ja anfangs auch für den HH ganz angenehm (Hund will schmusen und fordert auf wann er will u.ä.).
    Ich denke,das man dann nicht real und "vorschriftsmäßig" handelt und das Verhalten sofort unterbindet...daher resultieren dann im Nachhinein die "Fehlverhalten" derr Hunde.......obwohl mM nach es oft Fehlverhalten der Menschen sind.
    Aber ,ganz im Ernst,wer läßt sich nicht von niedlichen Hundeaugen eines Welpen oder eines TH-Hundes mit qualvoller Vergangenheit,bestechen??
    Ich bin ganz ehrlich,und kann da nicht das eigentliche "Erziehungsprogramm" 100 % und in allen Situationen durchexerzieren!
    Daher habe ich bei meinen Hunden auch noch Baustellen :/

    Aber es sind nun wirklich nicht immer "nur" die Hunde-es liegt viel an der Inkosequenz der HH.
    Und auch ich habe mir vorgenommen: Beim nächsten Hund wird alles anders :gut: (ha,ha,ha-wenigstens die Erkenntnis ist da-die Umsetzung wird dann wieder schwierig)
    LG

  • Ich glaube gar nicht, dass oftmals nur am Hund "rumgedoktort" wird ;) Selbst wenn die Sichtweise lautet, dass der Hund irgendein Fehlverhalten zeigt, lautet die Devise doch größtenteils, dass ich als Halter irgendwas ändern muss, sei es, dass ich konsequenter sein muss, dass ich mich selbstsicherer verhalten muss, dass ich dem Hund Entscheidungen abnehmen muss. Es läuft in meinen Augen sehr häufig darauf hinaus, dass ich als Halter an meinem Verhalten etwas ändere, damit sich auch der Hund ändert, weil das eine durch das andere bedingt ist.

    Und insofern glaube ich bei Leuten, die prinzipiell an Problemen arbeiten wollen, dass sie nicht nur den Hund sehen. Bei Leuten, die generell sagen "Der kann das eh nicht, der lernt das nicht, der ist zu doof", ja da glaube ich, dass der Mensch und seine Rolle in der ganzen Misere schnell ausgeblendet werden. Aber wer sich mit dem "ungewünschten" Verhalten seines Hundes auseinander setzt und sich überlegt, wie man etwas ändern kann, wird auch sich selbst zwangsläufig anders verhalten :)

    LG, Henrike

  • Hi,
    Ich finde auch, dass es von der Seite her gesehen wird "was kann ich als Halter ändern, um die Probleme, die mein Hund und ich haben, in den Griff zu kriegen".
    Ich bin mir auch nicht sicher, ob es tatsächlich so ist, dass Ratsuchende auf das Fehlverhalten ihres Hundes nicht reagieren, sondern lieber erstmal hier fragen. Ich glaube, viele haben erstmal reagiert, dann überlegt "war das richtig so?" bzw. festgestellt "das war nicht richtig so" oder "das scheint keine Änderung herbeizuführen" und fragen eben dann nach.

    lg,
    SuB

  • Woher soll der "gemeine Hundehalter" wissen, dass Fehlverhalten beim Hund nicht am Hund, sondern oft am Halter liegt? Wenn der Hundehalter ältere Bücher liest, auf "etablierte" Trainer in diversen Vereinen hört, wohlgemeinte Ratschläge von Gassigang-Begegnungen aufnimmt, dann wird ihm meist nicht klar, dass in der modernen Hundeerziehung auch der Halter erzogen wird.

    MIR war das auch nicht wirklich klar am Anfang. Das Aha-Erlebnis kam dann im Gespräch mit Trainern und beim Lesen in Foren.

    Und dann ging es los: Wie vermittle ich dem Hund denn die Sicherheit, die er braucht? Wie strahle ich "Souveränität" aus?

    Die meisten Trainer können diese Dinge zwar mit Worten ausdrücken, jedoch nicht erklären, was der Halter denn tun soll. Und damit bleibt oft nur das "am Hund arbeiten".

    Übrigens habe ich zumindest in einigen Fernsehsendungen sehr gute Ansätze gesehen, wie mit dem Halter gearbeitet und sein Verhalten beeinflusst wurde. Andere Beispiele Geb Man aber auch..... :hust:

    Schlägt man heute eine Zeitung auf, stolpert man über Anzeigen von HundetrainerInnen, Hundeschulen usw. Aber niemand kann einem etwas über die Qualität sagen. "Früher" gab es auch Hunde - gut erzogene und weniger gut erzogene. Das heisst nicht, dass die Methoden von "früher" die besseren sind. Aber ich glaube, auch "damals" gab es schon Menschen, die den Hund als Partner und Freund sahen und nicht nur mit harten Methoden unterordneten.

    Es gibt nicht für jeden Hund und jeden Menschen die gleiche allein seligmachende Erziehungsmethode. Ich denke, oft ist es ein "Trial and Error" - man probiert etwas aus, stellt fest, das ist es oder das ist es nicht.

    So geht es uns. Und wir picken uns aus den vielen Informationen, die angeboten werden, das für uns passende heraus.

    Das einzige, was für alle Methoden gleich ist: Man braucht Geduld, Geduld, Geduld. Sekundenheilung von Problemen gibt es nicht und wird es wohl nie geben.

    Gruss
    Gudrun

  • Ich halte es immer noch mit dem Spruch von Paul Watzlawick:
    "Man kannt nicht nicht kommunizieren"
    Der Hundehalter kanns nicht und der Hund auch nicht.
    In jedem Fall hat der HH reagiert, bevor er seine Fragen und Bedenken hier dem Publikum vorträgt.

    Wo Selbstbewusstsein fehlt entsteht auch kein Bauchgefühl an dem ich mich orientieren könnte.
    Viele Probleme und daraus resultierende Fragen entstehen auch aus dem zwanghaften Bedürfnis in der Erziehung alles richtig zu machen.
    Das geht nicht.
    Das kann niemand.

    LG, Friederike

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