Wo hört Erziehung auf und fängt Gewalt an?

  • Ich mache mir letzte Zeit wirklich ernsthaft Gedanken, was in der Hundeerziehung nötig und auch möglich ist.
    Kann man einen Hund nur mit Blicken erziehen? Muss ich des Hundes Leben lang Leckerlis bei mir haben ,um ihn zu erziehen? Darf ich einen Hund auch körperlich bestrafen, wenn er wirklich richtig Bockmist baut?
    Muss ich jedesmal einen Hundetrainer bemühen, sobald es Erziehungsprobleme gibt? In wie weit spielt das Vorleben oder der Charakter eines Hundes eine Rolle? Ist eine spontane Reaktion meiner Seite auf das Verhalten des Hundes gestattet? Muß ich wirklich immer vorausschauend reagieren?Darf ich einem Hund meinen Willen aufdrängen? Ist Gehorsam das oberste Ziel und wenn ja, wie setzte ich das durch?Ist die Hundeschule das Maß aller Dinge?

  • Hallo Congi,


    ich bin zwar erst seit 4 Wochen Hundebesitzer, aber ich habe mir auch schon Gedanken zur Hundeerziehung gemacht. Bin übrigens auch Dein Jahrgang, so ungefähr.


    - Kann man einen Hund nur mit Blicken erziehen?
    Nicht nur, aber auch.


    - Muss ich des Hundes Leben lang Leckerlis bei mir haben ,um ihn zu erziehen?
    Nein, Grundlagen auch ohne Leckerlies.


    - Darf ich einen Hund auch körperlich bestrafen, wenn er wirklich richtig Bockmist baut?
    Nein. Die einzige "körperliche" Bestrafung bei mir : Hund festhalten am Geschirr.


    - Muss ich jedesmal einen Hundetrainer bemühen, sobald es Erziehungsprobleme gibt?
    Nein,. aber es kann helfen. Du kannst auch gerne hier im Forum fragen.


    - In wie weit spielt das Vorleben oder der Charakter eines Hundes eine Rolle?
    Beides sehr viel.


    - Ist eine spontane Reaktion meiner Seite auf das Verhalten des Hundes gestattet?
    Ja, oft auch erwünscht.


    - Muß ich wirklich immer vorausschauend reagieren?
    Ja, vorausschauender als Dein Hund.


    - Darf ich einem Hund meinen Willen aufdrängen?
    Ja, Du bist der Chef bzw. solltest der Chef sein.


    - Ist Gehorsam das oberste Ziel und wenn ja, wie setzte ich das durch?
    Ja. Liebe und Konsequenz.


    - Ist die Hundeschule das Maß aller Dinge?
    Nein, es gibt solche und solche. Und sie kann Dir nur eine Anleitung geben, denn Du musst mit dem Hund arbeiten.


    Grüße Bernd

  • Kann man einen Hund nur mit Blicken erziehen?
    Nein, aber man kann mit Blicken viel ausrichten, ergänzen.


    Muss ich des Hundes Leben lang Leckerlis bei mir haben ,um ihn zu erziehen? Nein, Leckerlies setze ich nur zu Anfang bestimmter Lernprozesse ein. Ich baue das Ganze ab, Leckerlies gibt es aber bei JEDEM gelungenen Rückruf.


    Darf ich einen Hund auch körperlich bestrafen, wenn er wirklich richtig Bockmist baut?
    Auf jedem Fall ein NEIN


    Muss ich jedesmal einen Hundetrainer bemühen, sobald es Erziehungsprobleme gibt? Nein, aber habe ich Verhaltensprobleme dieMenschen oder Tieren ernsthaft schaden, oder mein Hund leidet, oder schadet sich selber, würde ich wohl bestimmt fachliche Hilfe suchen.


    In wie weit spielt das Vorleben oder der Charakter eines Hundes eine Rolle? Eine Menge, das alles aufzuführen wäre einen eigenen Thread wert

    Ist eine spontane Reaktion meiner Seite auf das Verhalten des Hundes gestattet? iIn welcher Form. Und, positiv oder negativ ?


    Muß ich wirklich immer vorausschauend reagieren?
    Ich würde hier sagen ja


    Darf ich einem Hund meinen Willen aufdrängen?
    Tue ich das nicht, wenn ich sitz sage, und er macht es ? Auslegungssache.
    Ich würde ihm jedenfalls nichts aufdrängen was ihn ängstigt oder schadet, alles andere ist Unterordnung bzw. ganz alltäglicher Gehorsam



    Ist Gehorsam das oberste Ziel und wenn ja, wie setzte ich das durch?


    Gehorsam ist wichtig, manchmal lebenswichtig, aber nur in bestimmten Situationen.
    Soll er sitzen und hebt das Komnmando alleine auf, ist es nicht unbedingt okay, aber kein Weltuntergang. Ein Roboter ist er nicht.
    Das oberste Ziel ist für mich eine gute Bindung und Vertrauen zueinander.
    Damit habe ich auch einen freiwillig gehorsamen Hund und das ganz nebenbei. Damit beantwortet sichg auch wie man "Gehorsam "erreicht




    Ist die Hundeschule das Maß aller Dinge?


    Um Gottes Willen Nein, manchmal sogar einFehler ( Falsche Beratung )


    Das Maas aller Dinge ist hier immer noch das eigene Bauchgefühl, das Fingerspitzengefühl für den eigenen Hund, was bei ihm ankommt und was nicht, die Neugier meinen Hund kennenzulernen und zu verstehen und bereit sein, täglich dazuzulernen, und wenn es sein muss, durch den eigenen Hund oder die gemachten Erfahrungen

  • Ich glaube, der Schlüssel zur glücklichen Mensch-Hund-Beziehung liegt darin, die Individualität eines jeden Hundes zu erkennen und dementsprechend zu handeln. Ein Teil Wissen über Hunde kann dabei nicht schaden, für den Rest sollte man sich aber auch mal auf seine Intuition verlassen und nicht alles so verbissen sehen.


    Und da kann es schon mal vorkommen, dass nicht in jeder Sekunde alles "politisch korrekt" ist, wie ich mit meinem Hund umgehe. Bei uns gibt es z.B. Tage, an denen wir nicht mit unserem Hund spielen :shocked: ! Hoffentlich kriegt er jetzt kein Trauma!


    Sehr schön fand ich den Tipp unserer HuSchu-Trainerin: "Wenn sie möchten, können Sie für den Hund bei Tisch auch ein Gedeck auflegen. Hauptsache Sie wissen, was zu tun ist, wenn es mal Schwierigkeiten gibt."


    Ich habe allerdings leicht reden, denn Bobby ist ein total unproblematischer Hund.


    Körperliche Gewalt und "Bestrafung" über kurzfristiges Ignorieren hinaus lehne ich im Übrigen ab.


    entspannte Grüße ;)
    Wauzihund
    (die jetzt mal in die Heia muss, aber gern noch alle Fragen beantwortet)

  • Kann man einen Hund nur mit Blicken erziehen?
    Erziehen: nein. Das erfolgt durch Training. Zurechtweisen, loben, strafen, korrigieren, Spannung vermitteln, Ruhe vermitteln: ja.


    Muss ich des Hundes Leben lang Leckerlis bei mir haben ,um ihn zu erziehen? Nein, wozu auch? Leckerlies werden normalerweise nur im Training benutzt..


    Darf ich einen Hund auch körperlich bestrafen, wenn er wirklich richtig Bockmist baut?
    Meiner Meinung nach ist da die Frage, was du unter "körperlich" verstehst. Gewalt bzw. Schmerz zufügen: nein. Gegebenenfalls abdrängen: ja.


    Muss ich jedesmal einen Hundetrainer bemühen, sobald es Erziehungsprobleme gibt?
    Nein, das kann man mit ein bisschen Recherche auch selbst schaffen. Man sollte nur zwischen Erziehungs- und Verhaltensproblemen unterscheiden können.


    In wie weit spielt das Vorleben oder der Charakter eines Hundes eine Rolle?
    Das spielt immer eine Rolle.


    Ist eine spontane Reaktion meiner Seite auf das Verhalten des Hundes gestattet?
    Klar, warum nicht? Solange der Hund den Sinn versteht und es für ihn nicht "aus heiteren Himmel" kommt ist das doch normal.


    Muß ich wirklich immer vorausschauend reagieren?
    Natürlich mußt du das nicht, aber es erleichtert euch das Zusammenleben sehr ;)


    Darf ich einem Hund meinen Willen aufdrängen?
    Tut man doch automatisch, indemman ihm Dinge verbietet oder erlaubt. Die Frage des "wie" ist für mich aber hier entscheidend.



    Ist Gehorsam das oberste Ziel und wenn ja, wie setzte ich das durch?
    Das kommt darauf an, was du von deinem Hund erwartest. Bei uns ist Gehorsam sicher nicht das oberste Ziel, sonst hätten wir uns nicht für diese Rasse entschieden. Ein gewisser Grundgehorsam ist für mich aber schon wichtig, einfach der Sicherheit des Hundes und der Umwelt gegenüber.



    Ist die Hundeschule das Maß aller Dinge?
    Das sicherlich nicht. Da solltest du schon auch darauf vertrauen, was du davon hältst. Eine gute HuSchu wird dich unterstützen und auch auf dich und deinen Hund eingehen. Dann wird man zusammen den besten Weg finden.
    Eine HuSchu die dir von Anfang an vorschreibt, was zu tun ist, und davon nicht abweicht ist für mich absolut kontraproduktiv.



  • Das hast Du sehr schön beantwortet, bravo. Ich hatte heute nacht nicht mehr so sehr die Erklärungslust, aber Deine Antworten gefallen mir sehr gut. Vor allem die Antwort die ich rot markiert habe. Klasse

  • Um die Überschrift zu beantworten. Wenn anderes als hundegerechte zurechtweisung eingesetzt wird ist es für mich gewalt. Welcher Alphawuff haut einem Hund schon mit der Pfote eine kräftige runter.

  • Chandrocharly: Dankeschön :smile:




    Zitat

    Um die Überschrift zu beantworten. Wenn anderes als hundegerechte zurechtweisung eingesetzt wird ist es für mich gewalt. Welcher Alphawuff haut einem Hund schon mit der Pfote eine kräftige runter.


    Hm, was ist hundegerechte Zurechtweisung? Es wäre toll, wenn du das näher erklären könntest.

  • Ich mache mir letzte Zeit wirklich ernsthaft Gedanken, was in der Hundeerziehung nötig und auch möglich ist.



    Kann man einen Hund nur mit Blicken erziehen?
    Kann man bestimmt, aber die wenigsten sind dazu fähig (mich eingeschlossen)


    Muss ich des Hundes Leben lang Leckerlis bei mir haben ,um ihn zu erziehen?
    Nein, man MUSS nicht, aber ich habe IMMER welche dabei



    Darf ich einen Hund auch körperlich bestrafen, wenn er wirklich richtig Bockmist baut?
    hm, das geht ja vom kleinen Klaps bis hin zum Verprügeln, da halt ich mich raus



    Muss ich jedesmal einen Hundetrainer bemühen, sobald es Erziehungsprobleme gibt?
    das kommt wohl drauf an...



    In wie weit spielt das Vorleben oder der Charakter eines Hundes eine Rolle?
    sehr grosse Rolle würd ich sagen


    Ist eine spontane Reaktion meiner Seite auf das Verhalten des Hundes gestattet?
    Was ist eine spontane Reaktion? Doofer Ausdruck. Ich hab meinem Hund schonmal in Affekt eine geknallt, das kam so schnell, dass er genau wusste warum. Wenn Du sowas meinst würd ich sagen "ja"


    Muß ich wirklich immer vorausschauend reagieren?
    ja



    Darf ich einem Hund meinen Willen aufdrängen?
    Nein, Du MUSST!


    Ist Gehorsam das oberste Ziel ...
    für mich schon



    und wenn ja, wie setzte ich das durch?
    mit Konsequenz, Geduld, Respekt, Liebe und einer guten Portion Hunde- und Menschenverstand



    Ist die Hundeschule das Maß aller Dinge?
    kommt auf die Schule an



    Finnrotti

  • Ich mag da nur generell etwas sagen, was für mich gilt:


    - Hund körperlich Schaden, nein
    - Hund anschreien? Nö, er versteht es doch eh nicht


    Wie also erziehen? Da fängt die Frage doch schon an, was für mich Erziehung bedeutet, welches Ziel genau habe ich?
    Auch meine Meinung hat sich inzwischen gewandelt. Ich bin Perfektionistin, möchte einen perfekten Hund haben (auch jetzt noch). Aber auch da ist die Frage, was ist ein perfekter Hund für mich? Früher war es das perfekte Gehorchen in der Unterordnung (ja, man wurde beneidet). Aber heute weiß ich, mein Hund ist keine Maschine.
    Möchte ich, dass mein Hund allen Kommandos gehorcht oder, dass er auch mal selbst was testet, was toll sein kann, wie beim Shapen (Clickern)? Was genau für Anforderungen stelle ich an den Hund?


    Bei Kira ist mein „Ziel“ das DogDancing. Sowas klappt am besten mit einem selbstbewussten Hund, der auch seinen eigenen Kopf hat, aber gut hört. Luna läuft am Rad, bzw. wir fangen mit Zughundesport an, weshalb sie meist vor dem Rad laufen darf (kann ihr ja schlecht erklären, dass man mal vorne laufen darf, mal nicht), wir fangen mit DD an und machen Agility, wo ich dann auch wieder andere Ansprüche stelle.


    Also nen Hund, der in der Hundeschule das „übliche“ wie Sitz, Platz, Fuß und „Hier“ gelernt hat, würde bei mir erst mal verzweifeln, da er weder gelernt hat, rechts neben dem Menschen zu laufen noch sonst was.


    Viel arbeite ich schon mit Leckerlies, da sie bei uns eben die einfachste Chance sind, meinen Mädels zwanglos neue Dinge beizubringen. Wenn sich die Dinge erstmal allerdings gefestigt habe, schleiche ich das mit den Leckerlies aus, so dass es später 1mal von 10 mal nen Leckerlie bekommt, also immer wollen wir es auch nicht haben.


    Aber ine ein Freundschaftliche Partnerschaft zwischen Mensch und Hund gehört nun mal keine Gewalt.

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