Konfliktursachen/Behebung

  • Hallo!

    Zitat


    Könnt ihr mich bitte mal aufklären, wie die Begriffe Rudel und Gruppe definiert sind, wo die Unterschiede liegen? Oder mir sagen, wo ich etwas darüber nachlesen kann? Bin im Moment etwas ratlos!

    Der Unterschied zwischen einer Hundegruppe und einem Rudel ist der, dass ein Rudel immer eine gewachsene Struktur ist, also z.B. die Elterntieren mit ihren Nachkommen oder anderweitig verwandte Tiere. Im Gegensatz zu einer Hundegruppe sind die einzelnen Beziehungen in in einem Rudel meist viel enger und differenzierter von daher ist es auch schwieriger neue Tiere in ein bestehendes Rudel zu integrieren und es kann eher zu Problemen mit fremden Hunden kommen da diese oft als potentielle Konkurrenten gesehen werden. Natürlich entwickeln sich auch in einer langjährigen Hundegruppe oft rudelähnliche Strukturen die aber bei weitem nicht die Komplexität eines Rudels erreichen.
    Oft wird der Begriff des Rudels bei uns falsch verwendet und auf jegliche Hundegruppen übertragen was aber mit einem Rudel im herkömmlichen Sinn nicht mehr viel gemein hat.
    So ich hoffe ich konnte dich einigermaßen aufklären!
    Liebe Grüsse,
    Sleipnir

  • Es ist nun mal so, das in unserer Gesellschaft nur die, die sich einfügen können auch akzeptiert werden. Alles andere wird als asozial oder verhaltensgestört gesehen. Die teilweise extremen Unterschiede in der Züchtung der Rassen wird ignoriert. Ein Husky der seine Lauffreundigkeit nicht ausleben kann, der BC der nicht hüten, der Kuvacz der nicht bewachen, der Setter der nicht jagen darf. Das alles ist gegen die Natur dieser Hunde. Da man aber fast jeden Hund umkonditionieren kann, kein Problem. Für das Tier aber vielleicht doch. Aber wen interessierts. Da die Züchter auch an jeden, ihre Hunde verkaufen, kommt es zwischen Halter und Hund oft zu Konflikten. Fragt man einen solchen Züchter, ist der Hund verträglich, heißt es natürlich:Aber sicher der ist mit allem verträglich! Der wäre ja blöd, bleibt dann auf seiner Ware sitzen. Und dann haben die Hundeschulen wieder regen Zulauf. Schön auch für deren Geldbeutel!
    Es ist heute natürlich wichtig, wenn wir schon auf den Hund gekommen sind, einen Weg zu finden, nicht in Konflikte zu geraten, doch ist das nicht immer einfach für einen Hund. Er soll folgsam sein, keine Aggressionen zeigen sich also unserer Meinung sozial verhalten. Arme Socken!
    Welcher Hund darf denn wirklich nur Hund sein? Ich glaub, sehr wenige,
    leider gehören meine auch zu den "armen Socken". Da ich mich ja auch anpasse, um nicht als asozial oder verhaltensgestört angesehen zu werden.


    LG Conny

  • Unser Berger des Pyrénées hat die Hüteeigenschaften noch sehr stark ausgeprägt. Als typischer Hütehund mag er keine zu grosse Nähe (weder von Menschen - uns "Hirten" ausgenommen - noch von anderen Hunden), es sei denn, der andere Hund nähert sich seitlich und langsam. Kommt einer aber frontal und schnell auf ihn zugerannt, wird er gleich gestoppt...! Skipper zeigt auch viel grösseren Hunden, was geht und was nicht, hat es aber noch nie zu einer Beisserei kommen lassen! Deshalb gibt es einige Hundehalter, die meinen Hund als giftig oder verhaltensgestört einstufen, aber meiner Meinung nach verhält er sich aus Hundesicht absolut normal. Als wir einige Wochen die Jack Russell Hündin vom Sohn bei uns in den Ferien hatten, gab es keinerlei Probleme, im Gegenteil, die Hunde haben zusammen geschmust, gespielt usw. Allerdings wurden die Spaziergänge schwierig, weil unser Skipper immer "seine" Hündin verteidigte... Aber es ist schon so, ein Rudel ist etwas ganz anderes als eine Gruppe Hunde... Ein Hund ist nun mal ein Rudeltier und im Rudel herrscht eine strenge Hierarchie, da werden "Eindringlinge" entsprechend abgewehrt und das kann in unserer Gesellschaft rasch zu Problemen führen. Obwohl wir früher oder später gerne einen zweiten Hund hätten, überlegen wir uns das genau aus diesem Grund sehr gut... und wenn, käme nur ein Rüde in Frage, weil wir ja inzwischen wissen, dass Skipper "seine" Hündin sonst zu sehr behüten würde.

  • Zitat

    Hallo Wakan,
    ich verstehe Deine Einstellung und Deine Sichtweise und kann sie auch bedingt respektieren.
    Aber meinst Du nicht, dass ein Rudel mit den Verhaltensmustern des Deinigen in der heutigen Gesellschaft vertretbar und haltbar ist ?
    Ich meine, Du bist sicher davon überzeugt, das mit 'ja' beantworten zu können, aber isolierst Du Dich damit nicht auch automatisch vom Rest der Hundebesitzer ? Oder stört Dich das weniger ?
    Womit wir übergreifen in's Sozialverhalten der Menschen.........das ja eigentlich mit dem der heutigen Hunde eng verflochten ist.

    Ja Floydie+Duran, ich halte das für durchaus vertretbar. Ich begründe das auch gerne. Der allgemeine Anspruch an die Hunde in unserer Gesellschaft ist doch gerade in Ballungsgebieten, das sie sich "sozial" verhalten. Klartext; sie sollen möglichst konfliktfähig sein, bei möglichen Auseinandersetzungen sollen sie im komment bleiben. Richtig? Ich möchte mal die Grönlandhunde der Inuit, der letzten echten Jäger Grönlands anführen. Im Durchschnitt haben diese Jäger zwischen 40 und 60 Hunde, verteilt auf unterschiedlich große Rudel. Jagdgespanne bestehen aus 15 bis 20 Hunden. Wenn unterwegs ein Leithund ernsthaft krank wird oder sich ernsthaft verletzt, wird dieser üblicherweise erschossen- er hätte keine Chance mehr im Rudel weil er Ballast wäre. Der neue Leithund wird grundsätzlich nicht durch den Musher/Jäger bestimmt. Sobald sich der Musher entfernt, kämpfen die Hunde des Gespanns/Rudels miteinander um die Position des neuen und zukunftigen Leithundes. Kein Hund wird dabei so schwer verletzt, als das er am nächsten Tag nicht mit im Gespann laufen und arbeiten könnte. Kämpfe mehrer Hunde um eine lebenswichtige Recource (sozialer Status) bleiben komment. Ja, aber das passiert innerhalb des Rudels, bei fremden Hunden ist das anders.?!? Falsch. Als Beispiel die Strassenhunde Osteuropas. Diese Hunde leben meist immer in Rudeln oder in Gruppen mit rudelähnlicher Sozialstruktur. Recourcen wie Nahrung und Unterschlupf sind rar. Trotzdem kommt es nur sehr selten zu Beschädigungskämpfen. Der Grund liegt auf der Hand und hat wölfisches Niveau. Wer im Kampf verletzt wird, ist nicht oder nur eingeschränkt fähig seinen sozialen Status zu verteidigen, kann bei Gefahr nicht flüchten, nicht erfolgreich jagen. Wer nicht flüchten kann stirbt, wer nicht jagen kann bekommt nichts zu fressen, wird ausgeschlossen und stirbt. Die Hunde legen daher ihr Aggressions- und Angriffsverhalten so aus, das sie auch dann noch flucht- und jagdfähig bleiben, wenn sie in der Auseinandersetzung unterliegen. Rivalitäts- und Recourcenkämpfe bleiben fast immer weitgehend komment. Ich hatte mit meinen Hunden ca. 10 Fälle in denen es zu einer tatsächlichen Auseinandersetzung kam. Bei keiner dieser Auseinandersetzung wurde ein Hund ernsthaft verletzt. Ich kann bei Interesse gerne einige dieser Fälle detailiert schildern.
    Kann man mehr verlangen? Wie viele Auseinandersetzungen zwischen Hunden aus "normaler" Haltung bleiben mit vergleichbarer Zuverlässigkeit komment?

    Zitat

    Ich meine, Du bist sicher davon überzeugt, das mit 'ja' beantworten zu können, aber isolierst Du Dich damit nicht auch automatisch vom Rest der Hundebesitzer ? Oder stört Dich das weniger ?


    In gewisser Weise habe ich mich natürlich isoliert. Aber isoliert sind auch andere Hundehalter. So z.B. die Leute die sich mit ihren Hunden auf bestimmte Hundesportarten focussieren; Schlittenhundesport, Monotoring; oder ängstliche Hundehalter, Hundehaltung zur Kompensation von Einsamkeit oder mangelhaftem Selbstbewusstsein etc.
    Und nein, er stört mich überhaupt nicht.

    Zitat

    Ist es aber so, dass tatsächlich eine Rudelstruktur vorhanden ist und gezielt andere Hunde im Spaziergebiet, also vermeintlich eigenem Territorium zurechtgewisen werden so finde ich das nicht in Ordnung und ein Eingreifen vonnöten.

    Kommt es nicht darauf an, wer zu wem kommt? Uns ist das immer nur dann passiert, wenn fremde Hunde mit- oder gegen den Willen des Halters ins Rudel gelaufen sind.

    Könnt ihr mich bitte mal aufklären, wie die Begriffe Rudel und Gruppe definiert sind, wo die Unterschiede liegen? Oder mir sagen, wo ich etwas darüber nachlesen kann? Bin im Moment etwas ratlos!

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    Könnt ihr mich bitte mal aufklären, wie die Begriffe Rudel und Gruppe definiert sind, wo die Unterschiede liegen? Oder mir sagen, wo ich etwas darüber nachlesen kann? Bin im Moment etwas ratlos!

    Ich ergänze Sleipniers Ausführungen mal.
    Jagdverhalten: Einzel- und Gruppenhunde jagen die Beute unkoordiniert. Jeder Hund versucht die Beute zu schlagen. Im Rudel nimmt jedes Tier eine strategisch günstige Position ein; das Tier schlägt die Beute, dem es zugetrieben wird bzw. die erfolgsversprechendste Position inne hat.
    Kommunikation: Jedes Tier wiss immer sehr genau wo sich die anderen befinden, auch ohne jeden akustischen oder visuellen Kontakt. Ich weiss auch nicht wie die das machen.
    Zusammenhalt: Kein Tier, mit Ausnahme des Leittieres darf sich über eine bestimmte Distanz hinaus, von dem Rudel entfernen.

    Eigentlich wollte ich mich aber nicht auf Rudelhaltung, Gruppenhaltung, Einzelhaltung und die entsprechenden Unterschiede focussieren. Mir geht es eigentlich um die Berücksichtigung der verschiedenen Merkmale und ihren Prioritäten.
    Ich bin der Ansicht, das die Grundsozialisierung bzw. die Aufzuchtsbedingungen beim Züchter, der Umgang der Halter mit den Welpen oder auch Junghunden und erwachsenen Hunden, der Wissensstand und die Methodik von und der Hundeschulen, dem grundsätzlichen Anspruch an das hundische Verhalten eigentlich entgegenstehen. Sorry, aber die vielen und vielseitigen Problem mit Hunden sind ein eindeutiges Indiz.
    Rechtlich und erst recht im Sinne des Zeitgeistes ist es natürlich richtig, das jedem die Freiheit gewährt wird, seinen Hund entsprechend dem eigenen Interesse zu erziehen oder es zu lassen. Die Folge sind aber in vielen Fällen vermeidbare Konflikte und Konfliktverläufe.
    Das Konfliktverhalten könnte generell deutlich positiv beeinflusst werden, ließe man beispielsweise den Deckrüden oder zumindest einen anderen Rüden bis zur Abgabe der Welpen bei der Mutter und dem Wurf: würde man Hude mit eingeschränkter Kommunikationsfähigkeit oder spezifischen Kommunikationseigenschaften schon während der Grundsozialisierung (ab der 4. Woche) mit möglichst vielen anderen Rassen/Phänotypen/Genotypen zusammen halten; würde man bestimmte Rassen, z.B. Bullterrier, AmStaff u.a. schon in der sechsten oder siebten Woche aus dem Wurf nehmen, Hunde vom Urtyp, Herdenschutzhunde unsw. erst in der zwölften bis dreizehnten Woche.
    Jeder hat (leider) das Recht sich den Hund nach absolut eigenen Kriterien auszusuchen und zu halten. Aber gerade deshalb und aufgrund absoluter Überpopulation in Ballungsgebieten sollte die höchste Priorität auf dem Sozialverhalten und der Konfliktfähigkeit liegen. Aber berücksichtigt das? Wer informiert sich überhaupt umfassend über die Problematik und vor allem wo und bei wem?

  • @ Wakan:

    Ich bin mit dir in vielen Punkten einer Meinung, obwohl ich gestehen muss, dass mir noch nicht ganz klar ist worauf du ganz konkret hinaus willst!?
    Es gibt aber einige Sachen, die du angesprochen hast deren Wahrheitsgehalt ich anzweifeln würde:

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    Ich möchte mal die Grönlandhunde der Inuit, der letzten echten Jäger Grönlands anführen. Im Durchschnitt haben diese Jäger zwischen 40 und 60 Hunde, verteilt auf unterschiedlich große Rudel. Jagdgespanne bestehen aus 15 bis 20 Hunden. Wenn unterwegs ein Leithund ernsthaft krank wird oder sich ernsthaft verletzt, wird dieser üblicherweise erschossen- er hätte keine Chance mehr im Rudel weil er Ballast wäre. Der neue Leithund wird grundsätzlich nicht durch den Musher/Jäger bestimmt. Sobald sich der Musher entfernt, kämpfen die Hunde des Gespanns/Rudels miteinander um die Position des neuen und zukunftigen Leithundes.


    Ich bin nun wirklich kein ausgewiesener Experte für Schlittenhunde, aber das bezweifle ich doch ganz stark. Zum Einen hat doch die Qualität eines Leithundes, der innerhalb des Teams am engstem mit dem Musher zusammenarbeitet, nichts mit seinem Rang im Rudel zu tun. Welchen Sinn hätte es für den Jäger dann diese Entscheidung die Hunde treffen zu lassen und einen Hund als Leithund einzuspannen, der evt. die ranghöchste Position im Rudel inne hat, sich aber für die Aufgabe eines Leithundes gar nicht eignet?!
    Zum Anderen ist es doch so, dass diese Hund oft permanent angekettet leben, entweder vor der Hütte oder vor dem Schlitten, wie soll es unter solchen Umständen überhaupt zu ernsthaften Interaktionen zwischen den Hunden kommen?

    Zitat


    Als Beispiel die Strassenhunde Osteuropas. Diese Hunde leben meist immer in Rudeln oder in Gruppen mit rudelähnlicher Sozialstruktur.


    Auch das würde ich anders sehen. Es ist doch so, dass die Lebensumstände dieser Hunde viel zu instabil sind (Hunde werden herausgefangen, Hunde werden getötet, neue Individuen wandern zu etc.) als das sich stabile Rudelstrukturen entwickeln könnten. Außerdem leben diese Hunde ja nicht als Großwildjäger sondern als kommensalische Abfallverwerter. Was hätten sie also für Vorteile von einem Leben im Rudel? Gar keine! Die Nahrungsgrundlagen dieser Tiere sind oft so begrenzt dass sie oft als Einzelgänger oder höchstens in losen Kleingruppen die nähere Umgebung durchstreifen und um die Reste einer menschlichen Mahlzeit in einem Abfallhaufen aufzustöbern bedarf es nun wirklich nicht die Hilfe etwaiger Rudelmitglieder. Solltest du dich näher damit befassen wollen kann ich dir nur das Buch "Hunde" von Ray Coppinger empfehlen!

    Zitat


    Ich hatte mit meinen Hunden ca. 10 Fälle in denen es zu einer tatsächlichen Auseinandersetzung kam. Bei keiner dieser Auseinandersetzung wurde ein Hund ernsthaft verletzt. Ich kann bei Interesse gerne einige dieser Fälle detailiert schildern.


    Das würde mich persönlich ehrlich interessieren!

    Zitat


    Zusammenhalt: Kein Tier, mit Ausnahme des Leittieres darf sich über eine bestimmte Distanz hinaus, von dem Rudel entfernen.


    Ist das nicht ein ziemlich alter Hut! Natürlich nehmen ranghohe Tiere einer herausragende Stellung im Rudel ein, die mit vielen Privilegien verbunden ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Leittier Einfluss darauf hätte wie weit sich die Rudelmitglieder vom Rudel entfernen. Günther Bloch konnte es sich wohl auch nicht vorstellen. Die verblüffenden Beobachtungen zur Rudelstruktur bei wildlebenden Wölfen sind in seinem Buch "Timberwolf, Yukon und Co." nachzulesen. Hier wird endlich mal aufgeräumt mit der Vorstellung des omnipräsenten und uneingeschränkten Rudelführers - den gibt es so nämlich nicht!

    Zitat


    würde man bestimmte Rassen, z.B. Bullterrier, AmStaff u.a. schon in der sechsten oder siebten Woche aus dem Wurf nehmen, Hunde vom Urtyp, Herdenschutzhunde unsw. erst in der zwölften bis dreizehnten Woche.


    Rein interessehalber gefragt - wie begründest du das ?

    Ich freu mich schon auf deine Antwort,
    Sleipnir

  • Sleipnir - DANKE !
    Du sprichst mir aus der Seele.
    Gute, wissenschaftlich fundierte Info, sachlich und begründet.
    Auch wenn uns die Inuit oder die Hunde von Pembo leider mit dem Problem, das sich hier in unseren Ballungsräumen darstellt, weniger weiterhelfen........ ebensowenig mit der Kreation von Problemen durch Hundehalter, die sich eben nicht 1000 %ig mit dem artspezifischen Sozialverhalten ihrer Hunde auseinandersetzen.

    Wakan: rein interessehalber. Warum sollte man einen Bullterrier oder AmStaff schon mit 6 - 7 Wochen aus dem Wurf nehmen ?

    LG
    Chrissi

  • Zitat

    Ich bin mit dir in vielen Punkten einer Meinung, obwohl ich gestehen muss, dass mir noch nicht ganz klar ist worauf du ganz konkret hinaus willst!?

    Steht doch eigentlich schon am Anfang. Ich bin der Ansicht die Natur der Hunde, also Grundbedürfnisse, Lern- und Sozialverhalten zu unbekannt sind und zu wenig berücksichtigt werden. Dadurch entstehen etliche Probleme die durch die Erziehung eigentlich verhindert bzw. behoben werden sollen.

    Zitat

    Ich bin nun wirklich kein ausgewiesener Experte für Schlittenhunde, aber das bezweifle ich doch ganz stark. Zum Einen hat doch die Qualität eines Leithundes, der innerhalb des Teams am engstem mit dem Musher zusammenarbeitet, nichts mit seinem Rang im Rudel zu tun. Welchen Sinn hätte es für den Jäger dann diese Entscheidung die Hunde treffen zu lassen und einen Hund als Leithund einzuspannen, der evt. die ranghöchste Position im Rudel inne hat, sich aber für die Aufgabe eines Leithundes gar nicht eignet?!

    Ein Experte für Schlittenhunde bin ich auch nicht, aber Du denkst hier in eine falsche Richtung. Welche Qualitäten braucht denn ein/der Leithund eines Gespanns? Er muss die Autorität besitzen sich bei den Hunden durchsetzen zu können und muss die Führungsqualität mitbringen die notwendig ist ein gemeinsames Tempo vorzulegen, das von allen Hunden zu halten ist. Vergleiche die Grönlandhunde bitte nicht mit den Huskys oder Alaskan Huskys im europäischen Schlittenhundesport. Die Hunde der Jäger sind halb wild. Schon aus diesem Grund wäre es wenig sinnvoll sich in die sozialen Auseinandersetzungen einzumischen. Ich empfehle den National Geographic Ausgabe Januar 2006 / "Die letzten Jäger der Arktis".
    Der WDR hat vor einigen Jahren eine Doku über ein Inuit Dorf in Alaska ausgestrahlt. Da wurde es noch deutlicher. Die Inuit dort sind zu arm um ihre Hunde in den Sommermonaten ausreichend zu versorgen. Die Hunde leben alle frei und versorgen sich teilweise selbst, in dem sie in ganzen Rudeln selbstständig auf die Jagd gehen. In dem Ort sind alle Grundstücke meterhoch umzäunt. Dahinter spielen die Kinder. Menschen dürfen sich dort erst dann frei bewegen, wenn sie für sich und ihre Umwelt keine Gefahr mehr darstellen. Ehrlich gesagt kommt das meiner Einstellung ausgesprochen entgegen. :)

    Zitat

    Zum Anderen ist es doch so, dass diese Hund oft permanent angekettet leben, entweder vor der Hütte oder vor dem Schlitten, wie soll es unter solchen Umständen überhaupt zu ernsthaften Interaktionen zwischen den Hunden kommen?

    Die Hunde sind keineswegs permanent an der Kette. An der Kette sind sie nur wenn mehrere Jäger/Musher mit ihren Gespannen unterwegs sind. Die Inuit verwenden Fächergespanne. Die Hunde laufen also nebeneinander, haben also ständigen Sichtkontakt. Ein Gespann besteht aus 12 bis 15 Hunden. Die restlichen Hunde, manchmal noch weitere 50 Tiere liegen zu Hause bestimmt nicht an der Kette.

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    Auch das würde ich anders sehen. Es ist doch so, dass die Lebensumstände dieser Hunde viel zu instabil sind (Hunde werden herausgefangen, Hunde werden getötet, neue Individuen wandern zu etc.) als das sich stabile Rudelstrukturen entwickeln könnten. Außerdem leben diese Hunde ja nicht als Großwildjäger sondern als kommensalische Abfallverwerter. Was hätten sie also für Vorteile von einem Leben im Rudel? Gar keine! Die Nahrungsgrundlagen dieser Tiere sind oft so begrenzt dass sie oft als Einzelgänger oder höchstens in losen Kleingruppen die nähere Umgebung durchstreifen und um die Reste einer menschlichen Mahlzeit in einem Abfallhaufen aufzustöbern bedarf es nun wirklich nicht die Hilfe etwaiger Rudelmitglieder.

    Können wir uns auf "jain" einigen? :) Was Du schreibst trifft zwar absolut zu, aber nicht auf alle Gegenden bzw. Umstände. Da, wo in kleinen Stadtvierteln nur begrenzte Unterschlupfmöglichkeiten existieren und wenig Nahrung vorhanden sind, trifft dies absolut zu. Das sieht z.B. auf den Müllkippen großer Metropolen schon ganz anders aus. Dort gibt es deutlich mehr Nahrung die selbstverständlich gegen Zuwanderer verteidigt wird. Das geht aber nur im Rudel.
    Trotz allem ist die soziale Grundstruktur von Hunden, die eines Rudels. Frei lebende Hunde haben zudem wesentlich besser ausgeprägte Instinkte. Sie müssen nicht zwingend selbst in stabilen Rudeln aufwachsen um das Grundverhalten aufzuweisen. Es kommt auch noch darauf an, woher die Hunde stammen. Hunde aus Polen sind nicht mit Hunden aus Rumänien zu vergleichen. Aber warten wir mal ab was G.Bloch dazu sagen wird. Er hat ja zur Zeit das Forschungsprojekt in Italien. Gib mir mal IBN und den Verlag von "Hunde".

    Zitat

    Ist das nicht ein ziemlich alter Hut! Natürlich nehmen ranghohe Tiere einer herausragende Stellung im Rudel ein, die mit vielen Privilegien verbunden ist, aber ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Leittier Einfluss darauf hätte wie weit sich die Rudelmitglieder vom Rudel entfernen

    Nicht unbedingt das Leittier! Und es betrifft verschiedene Tiere auch in unterschiedlichem Maße. Bei manchen Tieren wird darauf geachtet das sich das Tier keinem fremden Hund nähert, bei dem nächsten wird darauf geachtet das es die Laufrichtung des Leithundes oder eines bestimmten Helfertieres begleitet wird, das nächste Tier hat in einem bestimmten Radius praktisch Narrenfreiheit. Warum das so ist und nach welchen Kriterien dieses Verhalten bestimmt wird, weiss ich auch (noch) nicht genau. Ich erlebe es aber täglich bei meinem Rudel, habe es immer wieder bei dem Rudel in der früheren Zusammenstellung erlebt, kenne es von dem Teil des ehem. Rudels das noch bei meiner EX ist und ein ehem. Arbeitskolege und dessen Freund, beide Musher, haben die selbe Erfahrung gemacht. Dabei wären wir wieder bei G. Bloch und seinem Italenprojekt.

    Den Rest beantworte ich morgen. Meine Hunde sind zur letzten Runde dran.

    LG
    Wakan

  • Hallo!
    Es ist doch immer wieder interessant was du schreibst Wakan!
    Du hattest nach dem Buch "Hunde" gefragt.
    Ich kann es dir wirklich empfehlen, mal ein ganz neuer Blick auf die Entstehung unseres Haushundes wissenschaftlich fundiert verfasst von einem Biologen:

    Zitat

    Die Biologen Züchter, Trainer und erfolgreichen Schlittenhundeführer Raymond und Lorna Coppinger blicken auf mehr als vier Jahrzehnte Erfahrung mit Hunden zurück. Am Beispiel von acht verschiedenen Hundetypen geben sie einen wissenschaftlich fundierten Einblick in das Leben der Hunde und ihre Beziehung zum Menschen. Die Autoren erklären, warum ihrer Meinung nach der Hund nicht direkt vom Wolf abstammt, noch von den Menschen der Frühzeit gezähmt wurde; Hunde domestizierten sich vielmehr selbst, um eine neue ökologische Nische zu nutzen: die Abfallhaufen der mesolithischen Dörfer. Sie zeichnen die Evolution der heutigen Hunderassen aus diesen frühen Dorfhunden lebendig nach und erläutern, wie sich die unverkennbaren Merkmale und Verhaltensweisen unserer Hunde aus dem genetischen Erbe und der Umwelt entwickelten.
    Durch ihre genauen und lebendigen Beschreibungen geben sie dem Leser das Gefühl, bei den einzelnen Entwicklungsstufen als stiller Beobachter dabei zu sein. Gleichzeitig scheuen sie nicht, die heutige Hundehaltung auch kritisch zu betrachten und Fragen über Sinn und Unsinn der Rassezucht zu diskutieren.


    Gerade den Abschnitt über die Rassezucht des Hundes würde ich all denjenigen hier empfehlen, die immer wieder propagieren es wäre unverantwortlich Mischlingswelpen in die Welt zu setzen und Hundezucht könnte verantwortungsvoll nur unter einem Dachverband und verbindlich (oder sollte ich lieber sagen willkürlich?) festgelegten Rassestandards erfolgen. Nach Lektüre dieses Buches könnte man fast zu dem Schluss kommen es sei umgekehrt!!!
    Das Buch ist in Deutschland im animalLearn-Verlag erschienen, die ISBN-Nummer ist: 3-936188-07-6 und der komplette Titel lautet "Hunde - neue Erkenntnisse über Herkunft, Verhalten und Evolution der Kaniden" von Ray und Lorna Coppinger.
    Liebe Grüsse,
    Sleipnir

  • Zitat

    Menschen dürfen sich dort erst dann frei bewegen, wenn sie für sich und ihre Umwelt keine Gefahr mehr darstellen. Ehrlich gesagt kommt das meiner Einstellung ausgesprochen entgegen.

    ????

    Zitat

    Hunde domestizierten sich vielmehr selbst, um eine neue ökologische Nische zu nutzen: die Abfallhaufen der mesolithischen Dörfer.

    Dazu Zitat Bloch (Der Wolf im Hundepelz, S. 54): Leider paßt diese grunsätzliche Behauptung nicht in das Bild, das uns Funde aus alten Grabstätten vermitteln, die eine Existenz des Hundes lange vor Sesshaftwerdung des Menschen eindeutig belegen

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