Meine fleißige Schülerin

Seit einigen Wochen arbeite ich mit einer Hündin aus dem Tierheim. Sie heißt Snoopy und ist sehr zurückhaltend.

Als ich das erste Mal Kontakt mit ihr im Auslauf aufnehmen wollte, erinnerte sie mich an einen eingefangenen scheuen Wolf, der mit größtmöglichen Abstand im Auslauf hin und herrannte...

Meine Bestechungsversuche waren zwecklos. Leckerchen konnte ich ihr bestenfalls hinwerfen.

Die Pflegerin, zu der sie schon Vertrauen gefasst hatte, konnte sie jedoch anleinen und drückte sie mir in die Hand. Sobald wir das Tierheimgelände verlassen hatten, wurde sie ein wenig ruhiger, behielt mich aber immerzu im Auge. Oft ging sie auch hinter mir und beobachtet mich.

Je häufiger wir uns sahen, desto besser wurde es beim Spazierengehen - sie kam zu mir, um sich Belohnungen abzuholen und ließ sich auch mal von mir anfassen - wobei sie allerdings jedes Mal erstarrte.

Sie konnte zunehmend besser tatsächlich spazieren gehen - schnüffeln, sich in Kacke wälzen und mich auch mal aus den Augen lassen. Irgendwann nahm ich mal ein Spielzeug mit, das sie aber nur argwöhnisch aus sicherer Entfernung betrachtete.

Im Auslauf kam sie aber trotzdem noch nicht zu mir. Ich konnte sie nicht anleinen, das musste immer ein bekannter Pfleger übernehmen. In ihrem kleineren Zwinger erstarrte sie einfach, wenn ich sie dort anleinen wollte und "ließ es über sich ergehen".

Es stellte sich schnell heraus: Sie hat Angst, wenn jemand etwas in der Hand hält. Ich wollte sie mittels Futtertube mit einem besonders leckeren Gemisch belohnen, aber das war nicht möglich, weil sie Angst vor der Tube hatte.

Auch andere Gegenstände - außer die Leine - durfte ich nicht in der Hand halten, wenn ich sie belohnen wollte.

Leider wurde ich zwischendurch krank, so dass ich über zwei Wochen nicht mit ihr gehen konnte.

Als ich wieder auftauchte, fiel sie ersteinmal wieder stark zurück in ihr altes Verhaltensmuster. Doch plötzlich änderte es sich. Ich konnte sie im Auslauf anleinen, sie war beim Spazierengehen so locker, dass sie Hasenspuren stöberte, herumrannte und immer freier wurde. Auch die Übungen mit mir waren zunehmend mit mehr Freude behaftet. An die Futtertube traut sie sich zwar noch immer nicht ran, aber sie kommt immer näher :^^:

Am letzten Donnerstag habe ich dann mal meine Kamera mitgenommen (gefährlicher Gegenstand in meiner Hand!) und mich mit ihr auf eine Wiese gesetzt. Und siehe da, es wurden Bilder von einer deutlich entspannteren Snoopy!

Als ich die Kamera wieder weggepackt hatte, kam die Überraschung schlechthin. Snoopy kam plötzlich auf mich zu gerannte, vorne tief, Popo hoch, hüpfte lustig vor mir herum und wollte mit mir spielen! Ich hatte natürlich kein Spielzeug dabei :kopfwand: , so habe ich schnell das Ende der Leine als solches deklariert und wir rannten wie die wilden auf der Wiese herum am Leinenende zergelnd. :^^:

Das hier isse Snoopy

Viele Grüße
Corinna

Huhu,

wie dazu gekommen bin...? Ich sag mal so: Eine Bekannte blieb beharrlich an mir dran, weil ihr ein Tierheiminsasse sehr am Herzen lag. Mit dem fing es an... Dieser ist nun zum Glück erfolgreich vermittelt und so habe ich mir überlegt, dass ich mich nun weiterhin immer um einen Hund kümmern werde bis zur Vermittlung. Da ich eine eigene Hundeschule habe, bin ich wohl auch einigermaßen "fit" für derartige Kandidaten.

Ziel des Trainings ist es natürlich, dass sie sich an mich gewöhnt. Aber auch, dass sie sich immer mehr Menschen öffnen soll. Freier werden, vertrauen fassen lernen. Und über mich vielleicht auch dann Vertrauen zu einem neuen Besitzer.

Hat man ihr Herz ersteinmal erobert, dann hat man es für immer :^^: Und dann ist sie eine absolut gehorsame und liebe Hündin. Ich wünsche mir sehr, dass es jemanden gibt, der die Geduld mitbringt darauf zu warten, dass sie den ersten Schritt macht.

Viele Grüße
Corinna