Kultursodomie?
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Interessantes Thema, in etwa auch eine Frage, die ich mir oft gestellt habe.
Für mich steht dieses Thema in sehr engem Zusammenhang zu unserer gesellschaftlichen Situation.
Denn Hunde als Haustiere gibt es überall, aber das Verhältnis Mensch-HUnd ist in dieser Hinsicht in einigen Ländern extrem. Und wohl auch nicht zufällig sind es die Ländern, die zu den ach so zivilierten, industrialisierten gehören. Zufall? Ich meine nein.Wenn ich mir die heutigen Jugendlichen angucke, die mit Computern und Videospielen aufwachsen, wo Freundschaft das gemeinsame Computerspielen, chatten unsw. bedeutet, aber eine wirkliche Kommunikation, das phantasievolle Spiel draußen scheinbar langsam abhanden kommt, nimmt ein Hund als großen Wunschtruam einen hohen Stellenwert an, da er oft zum wirklichen "richtigen" Freund mutiert.
Wo Arbeitslosigkeit, eine ungewisse Zukunft, Fernbeziehungen und die Zerrüttung der Kernfamilie "normal" geworden ist, nimmt der Hund den Platz ein, den Freunde, Partner, Familie innehaben sollten. Dies kann unterschiedlich ausgeprägt sein.
Wenn aber der HUnd wichtiger ist, als der eigene Partner, finde ich das schon sehr bedenklich. Klar, es sollte passen, aber es sollten sich auch Kompromisse finden lassen. Einen Partner der keine Tiere mag, wäre für mich auch schwer vorstellbar, ganz klar.Warum gibt es mehr verhaltensgestörte Hunde oder ganz einfach Problemhunde zum Beispiel in Deutschland als hier in Mexiko, wo ich zur Zeit lebe. Ist die Bindung Mensch-HUnd zum Teil so stark, dass daraus die Probleme resultieren.Ich weiß es nicht, kann es auch nicht belegen, hier wird ein Hund meines Erachtens zu wenig geliebt, er wird kaum beschäftigt, warum scheint es trotzdem weniger Probleme zu geben?
Zur Geschlechterfrage, spannend, ich denke es ist die Kommunikationsstruktur von Frauen, die oft mitteilungsfreudiger sind, Ausnahmen bestätigen selbstverständlich die Regel.
Ich kann nujr für mich sprechen:
Mein Hund war mein langjähriger Traum, als alleinerziehende Mutter habe ich jahreland mit meinem Hund allein gelebt. Aber mein Hund war nie mein "Baby", er durfte nie in mein Bett, es gab da für mich deutliche Grenzen. Er war und ist mein Hund, den ich über alles liebe, aber es gibt für mich auch ein Leben ohne Hund. Ich freue mich auch mal über ein paar kinderfreie, ebenso wie hundefreie Tage. Und genauso glücklich bin ich dann auch wieder, wenn ich ihn wiederhabeund mit ihm durch die Wälder streifen kann.Ich finde es traurig, dass viele alte Menschen allein zu Hause hocken und zum Teil nur noch ihren Hund haben. Das Problem dieser extrem engen Beziehung ist die Konsequenz eines viel tiefer liegenden gesellschaftlichen Problems, was sich in den nächsten Jahrzehnten wohl leider noch weiter verstärken wird.
Liebe Grüße,
Nicky - Vor einem Moment
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Hallo,
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Zitat
Sehr schönes Posting, Shoppy!
Wenn ich mir einen Welpen hole, bin ich ein Mama-Papa-Tantenersatz, und da Haustiere ein gewisses Mass an Verkindlichung lebenslang behalten, bleibe ich das auch in gewisser Weise. :/Finde ich auch. Günther Bloch spricht, Wolfsrudel bereffend, auch von "Eltern-Nachwuchs-System" und überträgt diese Art Beziehung ohne Zögern auf das Halter-Hund-Verhältnis.
Da Haushunde diese "Verkindlichung" behalten und wir unseren Pflegetrieb (von Mensch zu Mensch mehr oder weniger) ist nichts sträfliches dabei, unseren Hunden ein hohes (angemessenes?) Maß an Aufmerksamkeit, Liebe, Fürsorge und Erziehung entgegenzubringen.
aber was ist "angemessen" - das ist hier die diskutierte Frage, die eben jeder sehr individuell beantwortet.
Eine allgemeingültige Antwort gibt es sicher nicht - der eine Hund schläft im Bett, alle Familienmitglieder fühlen sich wohl dabei - und für einen anderen Halter wäre diese Verhalten unzulässig und an Kultursodomie grenzend ....
Für uns ist unser Hund eine Lebensbereicherung, mehr noch, um den Hund glücklich zu sehen, nehmen auch wir Dinge in Kauf, die für andere (i.d.R. Nichthundebesitzer) mitunter lächerlich sind ...
:/Edvin litt unter starker Trennungsangst - unser "Therapie-Plan" dauerte MONATE.
Monate, in denen mein Mann und ich uns nur sehr spät am Abend sahen, da wir versetzt arbeiten gingen, um eine sensible Gewöhnungsphase zu gewährleisten.
Im Ergebnis haben wir nun einen Hund, der keinerlei Probleme mit dem Alleinsein mehr hat, aber ich möchte nicht wissen, was unsere Kollegen in dieser Zeit über uns "gelästert" haben.
"So ein Theater! Für einen HUND
!!!"
In ihren Augen waren wir sicher auch Kultursodomisten ...
liebe Grüße
Petra -
Ist es auch Kultursodomie, wenn in Österreich Tierschützer für 2 Schimpansen das Personenrecht einklagen wollen? Also, damit die Affen dasselbe Recht wie "betreuungsbedürftige" Menschen haben?
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@ Canum Äskulap:
Das ist zwar auch etwas fragwüprdig, fällt aber meiner Einschätzung nach nicht unter den hier diskutierten Begriff, es sei denn diese Tierschützer leben mit den Schimpansen zusammen...EDIT:
mexnicky: Ist es wirklich so, dass es in Ländern wie Mexiko weniger verhaltensauffällige Hunde gibt, oder wird deren Problematik dort einfach keine Beachtung geschenkt? -
Sleipnir: belegen kann ich es nicht, aber ich achte natürlich vermehrt darauf, aber warum fristen auch Rassen, die echt Beschäftigung brauchen ihr Dasein auf den Grundstücken, ohne groß raus zu kommen, sind aber nicht verhaltensauffällig, aggressiv oder dergleichen. Ich möchte auf keinen Fall, diese Haltung gutheißen, ABSOLUT nicht. Aber ich frage mich, warum sind es eher Hunde, die engen Kontakt zum Menschen haben, die dann abdrehen?
Hier werden große Hunde grundsätzlich draußen gehalten, kleine manchmal im Haus. Ich kenne einen Cocker vom Hundetrainig, der Kindersatz ist, aber ein extremes Hierarchieproblem hat. Hunde die nicht verzärtelt werden, aber völlig unaufffälig sind.Ob die HUnde glücklich sind, steht auf nem ganz anderen Blatt gesschrieben!
Liebe Grüße,
Nicky -
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Interessant ist deine Beobachtung schon - deckt sich nur leider nicht mit meinen Beobachtungen. Ich habe einen Teil meiner Jugend auf einem winzigkleinen Ort im thüringischen Nirgendwo
verbracht. Dort war es Ende der Neunziger Jahre (und wahrscheinlich auch heute noch) absolut üblich seine Hunde in klitzekleinen Zwingern, an der Kette und grundsätzlich sowieso nur draußen zu halten. Spazieren gegangen sind dort auch nur die allerwenigsten Leute mit ihren Hunden - und ganz ehrlich, die Hunde hatten alle eine Macke, ist man vorbeigegangen haben sie vor lauter Aggressivität fast ihre Hütten weggerissen, die meisten Hunde haben jede Gelegenheit genutzt um zu streunen und zu jagen, einige waren extrem unsicher und unterwürfig etc.
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Sleipnir, ich meine keine Ketten-oder Zwingerhunde, sondern Hunde die ganz normal auf dem Grundstück sind und Kontakt zum Menschen haben, wenn auch nicht so einen, wie wir ihn als Hundegercht empfinden.
Hunde an der Kette oder vereinsamt auf dem Dach haben in der Tat meist eine Macke und ich rede auch nicht von den Hunden, die getreten oder geschlagen werden und deshalb unterwürfig und verstört sind.
Ich persönlich frage mich das bei Hunden, die ohne Gewalt gehalten haben, die draußen leben, aber mit Kontakt zur Familie, die oft nicht erzogen sind, aber trotzdem sich keine Aufgabe suchen, wie übermäßiges Bewachen.Ein Beispiel: Ein Pitbull auf einem großen Grundstück in einer Großfamilie, durch die Temperaturenspielt sich das Leben meist draußen ab. Der Hund würde durch den zaun kommen, ist aber noch nie abgehauen, wacht nicht, begrüßt alle freundlich, zerstört nichts, aber das haus ist absolut tabu.
Der Hund ist nicht erzogen, aber ich würde ihn nicht als verhaltensauffällig bezeichnen. Davor hatten sie einen Schäferhund, der 17 Jahre alt geworden ist, keiner der beiden Hunde ist jemals Gassi gewesen, auch den schäferhund habe ich als zwar alten, alterschwachen, aber wesensfesten Hund kennengelernt.
Wenn ich das auf Deutschland übertrage, da würden doch die meisten Hunde durchdrehen und scheiße anstellen. Aber warum? Wo liegt der Unterschied?Stelle mal eine provokante These auf: Ist ein Zuviel an Liebe und Aufmerksamkeit evtl. nicht förderlich für einen Hund, führt eine Vermenschlichung zu Verhaltensproblemen?
Ich möchte noch einmal betonen, ich halte meine Hunde ebenfalls anders, liebe sie, erziehe und beschäftige sie, aber ich frage mich dies seit längerem, warum gibt es hier scheinbar weniger Probleme? Aber die Haltung ist aus unserer Sicht nicht hundegemäß.
Liebe Grüße,
Nicky -
Dann haben wir wohl ein Stück weit aneinander vorbei geschriben, denn das hier:
ZitatIst ein Zuviel an Liebe und Aufmerksamkeit evtl. nicht förderlich für einen Hund, führt eine Vermenschlichung zu Verhaltensproblemen?
Würde ich auf alle Fälle so unterschreiben! -
Ich glaube, dass Problemhunde ein "Produkt" von mehrere Faktoren sind.
1. Die Ansprüche an die Hunde werden höher: man will sie überall mit hinnehmen, sie müssen sich dabei gut benehmen, sie treffen dabei auf viel mehr
- andere Hunde
- neue Situationen
- fremde Menschen
Daher müssen sie viel besser sozialisiert werden.2. Die Erziehung hinkt den Ansprüchen hinterher: Besitzer denken, die Hunde kommen als fertige "Lassies" oder "Rexe" oder "Kalles" zur Welt.
Demzufolge kümmern sie sich um die Erziehung erst, wenn Probleme auftreten und docktern dann am Problem herum, ohne die richtigen Informationen und Methoden zu haben. Man ließt immer noch in "Erziehungsratgebern" mehr darüber wie man "Problemverhalten" bestraft, als man darüber findet, wie man es verhindert. Der Wissenstand vieler Hundeschulen ist mindesten 15 Jahre hinter dem "Wissen" hinterher.3. Die Genetik: Es werden oftmals Rassen bevorzugt, die für "ARbeit, Arbeit, Arbeit" geschaffen sind, und die sich, wenn sie keine Arbeit bekommen, sich hundegerechte, aber "menschenunfreundliche" Hobbys suchen.
Oder es werden Rassen "cool" gefunden, in deren Standart "mißtrauisch gegenüber Fremden" und ähnliche Formulierungen zu finden sind. Da sind Schwierigkeiten vorprogrammiert, wenn nicht bis zum Erbrechen auf alles Sozialiert wurde (und unter Sozialisieren versteh ich nicht "hat er schon mal gesehen" sondern "während der 6-10 Male, die er das schon gesehen hat, hat er das aufs angenehmste Verknüpfen können"!!!!)
Bei vielen Rassen wird nicht auf Familientauglichkeit, Altagstauglichkeit etc gezüchtet. Wichtig ist, dass Tierchen was im Ring hermacht.
Hunde, die beschwichtigend im Ring stehen, sitzen, oder gar liegen(!), weil sich die restlichen angiften, kommen gar nicht erst in die engere Auswahl für die Championtitel...4. Je dichter die vielen Hunde und Menschen zusammenleben und je mehr der Hund ins tagesgeschehen integiert werden soll, desto wichtiger sind die genannten drei Punkte.
Lebt der Hund nur im Zwinger hat er die gleichen Probleme mit der Umwelt wie ein umweltuntauglicher Familienhund in der Etagenwohnung, aber es fällt eben nicht auf, weil er halt nicht ständig mit der Umwelt zusammenprallt. Seine Halter sehen demzufolge auch garkeine Notwendigkeit irgendwelche Maßnahmen diesbezüglich zu ergreifen.Ich finde, da kann man doch ganz gut dran erkennen, dass wir geradezu Kultursodomisten werden MÜSSEN, wenn wir wollen, dass unsere Hunde mit der Umwelt in der wir sie "gesteckt" haben, klar kommen sollen.
Wir MÜSSEN eben mehr sozialisieren, mehr Trainieren, mehr Zeit und Geld und Geduld und mehr Wissen in sie investieren.
Und weil man sich mehr beschäftigt, nimmt der Hund eben auch einen höheren Stellenwert ein, und schon hat man eine Spirale: weil man sich Intelektuell und emotional mehr mit ihnen Beschäftigt, werden die Ansprüche höher (man will sie auch mit in den Urlaub nehmen, mit zu Familienfeiern....) und dazu müssen sie sich noch besser benehmen.... -
Zitat
Und weil man sich mehr beschäftigt, nimmt der Hund eben auch einen höheren Stellenwert ein, und schon hat man eine Spirale: weil man sich Intelektuell und emotional mehr mit ihnen Beschäftigt, werden die Ansprüche höher (man will sie auch mit in den Urlaub nehmen, mit zu Familienfeiern....) und dazu müssen sie sich noch besser benehmen....
Kein schlechter Ansatz, da ist wirklich was dran... - Vor einem Moment
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