Fragen, die man sich sonst nicht zu stellen traut - Teil 21

  • So leid mir das tut, aber da ich nicht lügen möchte: Wahrscheinlich hättest Du dann meine Wut darüber, dass mein Angehöriger im KH liegt und nichts getan wird (so zeigt sich das ja für mich), um ihm zu helfen in einer (für mich und ihn) unerträglichen Lage, abbekommen. Vermutlich hätte ich mich nach dem Wutausbruch entschuldigt, weil Du das abbekommst, was andere verbocken (da ist die Planung nicht ok, zumindest in meinen Augen). Aber ich fürchte, ich hätte mich da nicht zurückhalten können.


    Ich hab wirklich lange Geduld - ich hab mit meinem Mann nach Immuntherapie mit immer schlimmer werdenden Symptomen stundenlang in der Notaufnahme des UKE gesessen und hab dann noch lieb und nett (halbwegs zumindest) fragen können, ob er sich nicht in eines der Erstuntersuchungszimmer legen kann, weil er gleich umkippt. Wären es da Schmerzen gewesen, wäre ich penetranter gewesen. Aber auch so: es war letztendlich kurz vor knapp, die inneren Organe waren kurz vorm aufgeben. (Die stationäre Behandlung hat es nochmal hinbekommen.)

    Und ja, die NA war schwer beschäftigt, das habe ich auch so sehen und anerkennen können.

  • Wenn mir das aber 3x nacheinander alle halbe Stunde gesagt wird und nichts passiert (aus welchem Grund auch immer), dann sag mir jetzt bitte, was ich dann noch tun kann, um meinem Menschen zu helfen?

    Hm. Unser diensthabender Chirurg war heute ab 9 Uhr mit dem Oberarzt aus der Rufbereitschaft im OP. Zwei Not-Ops nacheinander.

    Wärst du bei uns gewesen, hätte ich dir von 9 bis 15 Uhr (danach bin ich gegangen) gesagt, dass der Arzt kommt sobald er kann. In der Zeit in der er im OP stand, lief seine Notaufnahme voll. Wo soll er nach der OP zuerst anfangen? Wo Prioritäten setzen? Schaut er sich zuerst die Leute in der Notaufnahme an? Die, die er noch gar nicht kennt und gar nicht weiß, was ihn erwartet? Schaut er erst nach den Patienten auf Station die theoretisch immerhin aufgenommen und erstversorgt sind?

    Ich verstehe es, wenn man als Angehöriger machtlos da steht und sich hilflos fühlt. Aber so ziemlich jeder Mensch, der im medizinischen Bereich arbeitet verbringt seinen Tag permanent damit zu priorisieren. Wo fängt man an, wo hört man auf? Wer kann warten, wer nicht? Leicht ist das für niemanden.

    Das ist wahr, leicht ist es für niemanden. :( :
    Und gerade weil da ständig priorisiert werden muss, ist es manchmal notwendig, um Aufmerksamkeit zu kämpfen, weil das den Unterschied machen kann zwischen dem Tod von der Schippe springen und unter der Erde landen. Es passieren Fehler bei OPs, Fehleinschätzungen, etc. - und da muss man als Patient/Angehöriger manchmal drum kämpfen, dass man ernst genommen wird.
    Das sieht man an den Beispielen von CundC , @schokokekskruemel und Momo und Lotte - und vielen anderen. :( :

  • Wenn die Info mit der Not-OP bei 'der Arzt kommt sobald er kann' fehlt, dann waere das mAn z.B. hilfreich.


    Ja, das System ist kaputt. Aber es ist nicht so, als wuerden in den Bereich nur Heilige arbeiten. Es gibt Leute, die...anders sind. Nennen wir es mal so um sachlich zu bleiben.

    Das weiss ich aus 1. Hand, da muss ich jetzt kein 'nee stimmt nicht' o.ae. lesen.

    Deswegen schreit man aber natuerlich dennoch keinen an!

    Was denkt man denn, was der Arzt während "er kommt sobald er kann" tut? Kaffee trinken? Meiner Erfahrung nach bringt es oft nur bedingt etwas, wenn man Not-Ops als Erklärung gibt (ich wurde letztens erst zusammen gefaltet, weil jemand wegen einem Not-Kaiserschnitt warten musste). Patienten und Angehörigen sind eben eher weniger außenorientiert. Das ist auch okay, sie müssen das große Ganze nicht sehen. Dafür sind wir da :ka:.

    Und klar arbeiten in der Medizin/Pflege auch komplette Nullnummern. Da bin ich die Letzte, die da was anderes behauptet :lol:.


    CundC das ist okay. Du bist Angehörige. Du machst dir Sorgen, das darf und soll so sein. Mich persönlich macht das allerdings langsam kaputt, auch wenn ich sonst sehr professionell bin.

    Ich kann nur appellieren, dass du dich an die Pflegedirektion und an die Geschäftsführung wendest. Schildere denen, was du erlebst. Du hilfst dir und du hilfst dem Personal damit.

  • So leid mir das tut, aber da ich nicht lügen möchte: Wahrscheinlich hättest Du dann meine Wut darüber, dass mein Angehöriger im KH liegt und nichts getan wird (so zeigt sich das ja für mich), um ihm zu helfen in einer (für mich und ihn) unerträglichen Lage, abbekommen. Vermutlich hätte ich mich nach dem Wutausbruch entschuldigt, weil Du das abbekommst, was andere verbocken (da ist die Planung nicht ok, zumindest in meinen Augen). Aber ich fürchte, ich hätte mich da nicht zurückhalten können.

    Zum Thema Planung. Mittlerweile sind wir glücklich wenn wir jede Schicht halbwegs besetzen können. Wir kommen notfalls auch krank zur Arbeit,Ärzte wie Schwestern. Einfach weil kein Personal da ist! Wir sind auch absolut unglücklich mit der Situation.

    Und bei allem Verständnis für die Hilflosigkeit und Verzweiflung,die Angehörige oder Patienten empfinden. Dir mag es danach eventuell kurzfristig besser gehen. Dein Gegenüber muss dann neben den ganzen Problemen, die die angespannte Situation in der Pflege mit sich bringt, auch noch als Prellbock herhalten. Das zermürbt zusätzlich. Ich kenne einige Kollegen für die das der Tropfen war,der das Fass zum überlaufen brachte. Die heulend zusammengebrochen sind und den Beruf gewechselt haben.

    Irgendwann ist dann niemand mehr da, an dem du deine Wut ablassen kannst. Aber auch niemand mehr der pflegt.

  • Aber es ist nicht so, als wuerden in den Bereich nur Heilige arbeiten.

    Genau wie in jedem anderen Beruf - aber die meisten Menschen kämen nicht auf die Idee ihren Frust am Kriminalpolizisten oder am Richter abzulassen - Piloten - Chefärzte - Fahrzeugentwickler


    Ich habe nicht gesagt oder gemeint, dass du das tust

  • So leid mir das tut, aber da ich nicht lügen möchte: Wahrscheinlich hättest Du dann meine Wut darüber, dass mein Angehöriger im KH liegt und nichts getan wird (so zeigt sich das ja für mich), um ihm zu helfen in einer (für mich und ihn) unerträglichen Lage, abbekommen. Vermutlich hätte ich mich nach dem Wutausbruch entschuldigt, weil Du das abbekommst, was andere verbocken (da ist die Planung nicht ok, zumindest in meinen Augen). Aber ich fürchte, ich hätte mich da nicht zurückhalten können.

    Zum Thema Planung. Mittlerweile sind wir glücklich wenn wir jede Schicht halbwegs besetzen können. Wir kommen notfalls auch krank zur Arbeit,Ärzte wie Schwestern. Einfach weil kein Personal da ist! Wir sind auch absolut unglücklich mit der Situation.

    Und bei allem Verständnis für die Hilflosigkeit und Verzweiflung,die Angehörige oder Patienten empfinden. Dir mag es danach eventuell kurzfristig besser gehen. Dein Gegenüber muss dann neben den ganzen Problemen, die die angespannte Situation in der Pflege mit sich bringt, auch noch als Prellbock herhalten. Das zermürbt zusätzlich. Ich kenne einige Kollegen für die das der Tropfen war,der das Fass zum überlaufen brachte. Die heulend zusammengebrochen sind und den Beruf gewechselt haben.

    Irgendwann ist dann niemand mehr da, an dem du deine Wut ablassen kannst. Aber auch niemand mehr der pflegt.

    Das ganze System ist einfach total kaputt.

    Auf lange Sicht wird sich jeder selbst helfen müssen. Und hoffen das er nicht in den Mühlen landet. :no:

  • Aber es ist nicht so, als wuerden in den Bereich nur Heilige arbeiten.

    Genau wie in jedem anderen Beruf - aber die meisten Menschen kämen nicht auf die Idee ihren Frust am Kriminalpolizisten oder am Richter abzulassen - Piloten - Chefärzte - Fahrzeugentwickler


    Ich habe nicht gesagt oder gemeint, dass du das tust

    Ummmmm... ich glaube, da unter-/überschätzt du die Menschen. Die lassen ihren Frust so ziemlich an allen aus, die sie erwischen.
    Und in wenigen Situationen geht man so sehr auf dem Zahnfleisch und geht es auch um so viel, wie im Krankenhaus.

    Nicht, dass ich es richtig fände, Pfleger oder Ärzte anzubrüllen oder zu beleidigen! Keinesfalls.
    Aber die Verzweiflung vieler Patienten/Angehörigen ist schon durchaus nicht unbegründet... :verzweifelt:

  • Aber es ist nicht so, als wuerden in den Bereich nur Heilige arbeiten.

    Genau wie in jedem anderen Beruf - aber die meisten Menschen kämen nicht auf die Idee ihren Frust am Kriminalpolizisten oder am Richter abzulassen - Piloten - Chefärzte - Fahrzeugentwickler


    Ich habe nicht gesagt oder gemeint, dass du das tust

    Eben. Es klangt fuer mich so ein bissel, als gaebe es solche Deppen in dem Bereich nicht.

    Klar kaemen sie da nicht auf die Idee. Bei vielen anderen Berufen trauen sie es sich schlicht nicht..


    Wie gesagt, man schreit deswegen niemanden an. Aber man kann da sehr wohl auch mal deutlich werden. Deutlich nicht unverschaemt!

  • Ich mutiere in der dunklen Jahreszeit irgendwie zum Eremit. Nicht, dass es besonders viele Menschen gibt, mit denen ich nen netten Abend verbringen könnte, aber zwischendurch denke ich, ich sollte es vielleicht wenigstens Mal versuchen und ende doch nur mit den Hunden auf der Couch.

  • ich glaube, da unter-/überschätzt du die Menschen.

    In der Krise zeigt sich der Charakter :nicken:

    Ist nicht von mir, ist von Helmut Schmidt


    Und in wenigen Situationen geht man so sehr auf dem Zahnfleisch und geht es auch um so viel, wie im Krankenhaus.

    Es ist ja nun nicht jeder Patient im Krankenhaus in kritschem Zustand oder lebensbedrohlich / lebenseinschränkend erkrankt

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