6 Monate alter Jack Russell Terrier kennt das Alleinsein nicht

  • Doch, er war tatsächlich nie alleine. Es gab nur ganz wenige Situationen, wo mal niemand da war, um z.B. zum Briefkasten oder in den Keller zu gehen. Wir haben unsere 'Außentermine' immer auf die Tage gelegt, wo wir eben gerade nicht für Oskar zuständig waren.

    Das ist ja auch das, was mich zunehmend einschränkt. Ich kann es gar nicht mehr aufrecht erhalten, alles Mögliche (Einkaufen, Arzt, Friseur, etc.) auf die Tage zu verlegen, an denen ich Oskar nicht habe und arbeite. Es geht nicht mehr. Ist zeitlich kaum mehr möglich. Ich fühl mich manchmal selbst wie im Knast, wenn ich den Hund habe, weil ich weiß, dass ich dann kaum etwas machen kann, außer beim Hund zu sein, ihn zu betreuen und ein paar Dinge in der Wohnung zu machen. Daher kommt ja auch mein Problem.


    Ich hab mir gestern ein paar Videos von Martin Rütter angeschaut und musste feststellen, dass Oskar bislang wirklich viel zu wenig Grenzen gelernt hat. Da geht es nicht nur um das Nichtalleine sein, sondern auch allgemein darf er viel. Wir korrigieren dann zwar, wenn er zu viel Blödsinn veranstaltet, aber ganz allgemein dreht sich der Tag viel um ihm, was macht er, worauf hat er Lust. Da fehlt Führung. Wir reagieren viel, aber agieren zu wenig. Die Perspektive muss sich bei mir irgendwie ändern. Ich muss und will es schaffen, dass die Tagesgestaltung wieder in meinen Händen liegt, dass ich mir Dinge FÜR MICH vornehme und der Hund sich entsprechend verhält, damit ich das tun kann. D.h. wenn ich mir vornehme, dass ich jetzt die Wohnung putze, möchte ich, dass er in der Zeit lernt, auch einfach mal gechillt in der Wohnung rumzliegen, z.B. auf seiner Decke und nicht irgendwelchen Blödsinn veranstaltet, damit er meine Aufmerksamkeit erhält. Ich will nicht länger immer nur reagieren auf ihn. Ein intensives Deckentraining wird wichtig sein. Es gibt noch weitere Baustellen. Hier muss sich grundlegend etwas verändern.


    Ich habe mir jetzt folgende Trainingspunkte/Übungen vorgenommen.

    - Deckentraining täglich (Wie lang sollten die Traingseinheiten sein?) --> Entspannung lernen

    - Durch die Wohnung laufen, von Zimmer zu Zimmer, bis er sich entspannt ablegt statt hinterherzuwackeln --> Stalking unterbinden; Entspannung lernen

    - 10-20 x pro Tag die Wohnung kurz verlassen (erst nur kurz, dann immer länger) --> Alleinseintraining

    - Draußen: an Baum anbinden, mich entfernen. Wenn er ruhig da bleibt und entspannt, wieder auf ihn zugehen und belohnen --> Frustrationstoleranz aufbauen, Entspannung lernen

    - Alle Spiele/Spielaufforderungen, die meinen Körper betreffen, konsequent unterbinden. --> Respekt lernen/Grenzen einhalten

    - "konstruiert" maßregeln: Was Tolles in Sichtweite legen. Wenn er rangehen will, Nein sagen und gleichzeitig knuffen --> Respekt lernen/Grenzen einhalten

    - Apportieren beibringen --> Spaß, Bindung stärken

  • Danke dir/euch. Das macht mir Hoffnung und danke für die Rückmeldung zur Küchensituation. Jetzt bewerte ich das nicht mehr über.

  • Ich finde deine Trainingsansätze ganz gut, mach nur nicht zu viel (auf einmal) und vor allem: erwarte nicht zu viel! Das Gras wächst nicht schneller, wenn man daran zieht. Und nur weil du für eine Änderung bereit bist, heißt das nicht, dass dein Hund es auch ist. Pass auf, dass du in ganz kleinen Schritten vorangehst:

    Deine Idee mit dem an den Baum finden finde ich mindestens 10 Schritte zu weit.

    Ich würde da beginnen, dem Hund erstmal in der Wohnung ein Sitz/Platz-Bleib anzutrainieren. Also "Bleib" und du stehst daneben, lobst, Kommando auflösen. Wenn das geht, kannst du zwei Schritte rückwärts gehen. Wenn das geht, fünf Schritte und immer wieder zurückkommen zu ihm, dann das Bleib auflösen. Zwischendrin loben nicht vergessen. Dann gehst du ein paar Schritte und drehst dich von ihm weg. Wenn das geht, kannst du das auch mal mit dem Ruheplatz verbinden.

    Wenn es dann in der Wohnung klappt, kannst du es auch draußen mit ihm bearbeiten. Erstmal auf einer ablenkungsarmen Fläche, erst später mit Ablenkung. Das wäre in meinen Augen fairer und erfolgversprechender, als ihn an den Baum zu binden und ihn in seinem Frust allein zu lassen und abzuwarten, bis er aufgibt. Er weiß dann ja gar nicht, was von ihm verlangt wird.


    Ob du alle Spielaufforderungen unterbinden musst, weiß ich nicht. Du kannst dir ja ein Limit setzen. Du darfst schon auch mal auf deinen Hund eingehen, das hat nichts mit Inkonsequenz zu tun. Spielen erfoglt lustbetont und wenn ihr beide Lust dazu habt: warum nicht?

    Wie gern würde man denn sonst nach 10 Versuchen seinen besten Freund noch mal fragen, ob er mit einem Karten spielt, wenn der dann immer "Nein, lass mich" sagt? Und wie lange wäre der dann noch dein bester Freund?


    Das nur so als unvollständige Ideen von mir...

  • Es gibt hier manche Hunde, die finde ich beim lesen einfach nur genial und der Hund hier gefällt mir. Und auch eure Problemlösungsstrategien.

    Ihr schafft das!

    Wollt ich nur mal sagen!

  • Ich sage mal so:
    Du machst einen Tanz um den heißen Brei bzw. setzt zu weit hinten an. Wichtig wäre, dass Du
    lernst Dich selbst zu verwalten. Das bedeutet, dass es lenken kannst, welche Nähe bzw. Distanz
    Dein Hund zu Dir einhalten soll. Dein Hund eiert weiter vor der Tür herum, weil er denkt „die ist
    zufällig zu“. Dass Du da eine Grenze willst, das versteht er dadurch nicht. Wenn meine vor einer
    Tür herumalbern, dann schicke ich die da weg. Dafür etabliere ich ein Kommando, das generell gilt,
    wenn der Hund eine Ressource (mich Mensch, Essen, Räume, andere Hunde, andere Menschen)
    nicht weiter „belagern“ soll. Dabei ist es wichtig, dass man anfängt das zu üben, wenn der Hund
    nichts falsch macht! Heißt, er steht ruhig neben einem herum, es ist entspannt und dann übt man
    das. Nicht, wenn die Kacke schon am Dampfen ist. Dann wird es für alle ätzend. Und erst, wenn
    das in entspannten Situationen so klappt, dass Du den Hund auf ein ruhiges Kommando veranlassen
    kannst sofort das Feld zu räumen und weg zu bleiben – auch über eine Stunde! - dann wird erst
    gesteigert und man testet es mal unter etwas stressigeren Bedingungen. Etwas. Nicht da, wo es
    abgeht.
    Das Deckentraining kann man parallel aufbauen, aber pass auf, dass das nicht über permanente
    Korrektur läuft, dann wird es für den Hund echt ätzend.
    Beim Anbindetraining geht man am Anfang nicht direkt weg. Das ist im Grunde schon der
    übernächste Schritt. Man übt erst Mal in direkter nähe stehend, dass der Hund belohnt wird, wenn
    er passendes Verhalten zeigt. Erst, wenn da die Entspannung schon einsetzt, wenn Du die Leine
    irgendwo anknüpfst, beginnt man damit sich zu bewegen. Vorm Hund, ohne wegzugehen.
    Dein Aufbau vom Abbruch ist falsch. Wenn Du das Kommando gleichzeitig mit der Strafe
    verwendest, wird der Hund das Kommando nicht lernen und abstumpfen bezüglich der Strafe.
    Außerdem wäre es da wichtig, dass der Hund belohnt wird, wenn man keine strafenden
    Maßnahmen machen muss.
    Deine Gedanken sind richtig – der Hund braucht einen Rahmen, damit er zur Ruhe kommen kann.
    Du musst nur aufpassen, dass Du nicht bei Trainingsschritt „Fortgeschritten“ einsteigst. Das wird
    Dich und den Hund nämlich sehr frustrieren und es fehlt dann die solide Basis, mit der man dann
    wirklich arbeiten kann.

  • Das Deckentraining kann man parallel aufbauen, aber pass auf, dass das nicht über permanente
    Korrektur läuft, dann wird es für den Hund echt ätzend.

    Auf den Punkt mit dem Deckentraining wollte ich auch gerade eingehen. Das ist sicherlich ne sinnvolle Sache in eurem Fall, aber geh das am Anfang am besten wirklich kleinschrittig an und übe es gezielt und nicht nebenbei.


    Also beispielsweise in dieser Situation:

    wenn ich mir vornehme, dass ich jetzt die Wohnung putze, möchte ich, dass er in der Zeit lernt, auch einfach mal gechillt in der Wohnung rumzliegen, z.B. auf seiner Decke und nicht irgendwelchen Blödsinn veranstaltet, damit er meine Aufmerksamkeit erhält. Ich will nicht länger immer nur reagieren auf ihn. Ein intensives Deckentraining wird wichtig sein

    Da würde ich z.B. nicht nebenbei mit "Deckentraining" anfangen und den Hund während ich putze immer wieder zurück schicken wollen. Das ist für beide Seiten frustrierend (du kommst nicht wirklich vorwärts mit deiner Arbeit und der Hund wird ständig korrigiert und die "Trainingeinheit" ist viel zu lang).


    Wäre es für solche Situationen wie das Putzen eventuell sinnvoll, ihm (ggf. mithilfe von Welpen- oder Türgittern) einen sicheren Bereich zu schaffen, in dem er erst gar keinen Blödsinn anstellen kann? Wenn er nix falsch machen kann, dann musst du auch nicht ständig eingreifen. Ich könnte mir vorstellen, dass euch das helfen würde, aus dieser Aktion-Reaktion-Spirale rauszukommen, und erstmal etwas den Druck auf beiden Seiten rausnehmen könnte. Ich stell mir das nämlich für euch beide irgendwie stressig vor: Einerseits bist du ständig auf der Hut, was er als nächstes anstellt und somit irgendwie gedanklich immer bei ihm. Und andererseits ist es ja auch für den Hund anstrengend, ständig überwacht und korrigiert zu werden.

  • Deine Idee mit dem an den Baum finden finde ich mindestens 10 Schritte zu weit.

    Ich würde da beginnen, dem Hund erstmal in der Wohnung ein Sitz/Platz-Bleib anzutrainieren. Also "Bleib" und du stehst daneben, lobst, Kommando auflösen. Wenn das geht, kannst du zwei Schritte rückwärts gehen. Wenn das geht, fünf Schritte und immer wieder zurückkommen zu ihm, dann das Bleib auflösen. Zwischendrin loben nicht vergessen. Dann gehst du ein paar Schritte und drehst dich von ihm weg.

    Nach euren Rückmeldungen ist mir jetzt klar, dass die Baumübung noch nicht geeignet ist.

    Sitz-/PLatz-/Bleib in der Wohnung kann er allerdings schon. Muss natürlich weiterhin geübt, gefestigt werden, klar. Mehr als 10s oder so im Bleib bleiben, das kann er allerdings noch nicht. Mit gewisser Ablenkung (ich gehe paar Schritte weg, dreh mich im Kreis, hüpf auf und ab) kommt er aber klar.


    Ob du alle Spielaufforderungen unterbinden musst, weiß ich nicht. Du kannst dir ja ein Limit setzen. Du darfst schon auch mal auf deinen Hund eingehen, das hat nichts mit Inkonsequenz zu tun. Spielen erfoglt lustbetont und wenn ihr beide Lust dazu habt: warum nicht?

    Da hast du schon Recht. Spielen möchte ich allerdings vor allem DRAUßEN mit ihm.

    Es gibt hier manche Hunde, die finde ich beim lesen einfach nur genial und der Hund hier gefällt mir.

    Ist das ironisch gemeint? :pleading_face:


    Auf den Punkt mit dem Deckentraining wollte ich auch gerade eingehen. Das ist sicherlich ne sinnvolle Sache in eurem Fall, aber geh das am Anfang am besten wirklich kleinschrittig an und übe es gezielt und nicht nebenbei.

    Ja. Vielleicht war das von mir etwas missverständlich ausgedrückt mit dem Putzbeispiel. Das wäre sozusagen das letztliche Ziel: dass ich meiner Wege gehen kann in der Wohnung, während Hundi chillt. Dass das kleinschrittig aufgebaut werden muss und nicht nebenher geschehen kann (ich stelle mir gerade vor, wie ich zwischen Kloputz und Hundebett permanent hin und her renne und völlig gaga werde :zany_face: ), ist mir klar.

    Er liegt übrigens gerade schlafend im Hundebett: Hab das Deckentraining heute verknüpft mit "Sofa ist erstmal tabu". Für jetzt gerade hat er es erstmal akzeptiert.

  • Sitz-/PLatz-/Bleib in der Wohnung kann er allerdings schon.

    So was übe ich nie für in den Wohnung. Draußen nutze ich das zum kurzzeitigen Parken des Hundes. Der wird da übrigens immer abgeholt und nicht gerufen.

    Ich fands schon sinnvoll, im Welpialter die Grundlagen wie eben Sitz/Platz/Bleib in sicherer und reizarmer Umgebung zu üben. Und das mache ich immer noch so. Sitz und Platz funktioniert draußen auch gut. Bleib so manchmal, je nach dem wie lange eben.

  • Übe ich erst sehr viel später, dann ist es viel einfacher.


    Dafür lernen meine von der ersten Sekunde, dass ich nicht der frei verfügbare Entertainer bin.


    Das Problem ist, das Du jetzt überlegen musst für was Du die drei Krümel Konzentration aufbrauchen möchtest.

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