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  • Und auch im positiven Training setze ich Grenzen.

    Wie denn?

    Ernsthafte Frage, ist jetzt keine Fangfrage oder so. Aber ich lese den Satz oft, kann mir darunter aber nicht so recht was vorstellen. Wie setze ich eine Grenze, wenn ich nicht "Nein" sagen darf?

    Ich kenn es auch so wie FienesFreundin es beschrieben hat. Der Hund wird dann eben "weggerufen" statt abgebrochen wenn er irgendwo nicht hingehen, reingehen soll oder bekommt ein Alternativverhalten gezeigt. Aber ich bin da auch nicht mega firm drin, also man nagel mich bitte nicht fest.

  • Und auch im positiven Training setze ich Grenzen.

    Wie denn?

    Ernsthafte Frage, ist jetzt keine Fangfrage oder so. Aber ich lese den Satz oft, kann mir darunter aber nicht so recht was vorstellen. Wie setze ich eine Grenze, wenn ich nicht "Nein" sagen darf?

    Wer keine Grenzen setzt, kann nicht trainieren. Ich glaube, viele haben ein falsches Verständnis von Training über positive Verstärkung. Es geht nicht um Kategorien wie 'niemals' und 'immer'. Das halte ich für sehr toxisch und nein, das funktioniert tatsächlich nicht.

    Du setzt Grenzen indem Du:

    1) Dir als Trainer ganz klar bewusst machst, was Du wann und wie belohnst und was nicht. Machen wir uns aber nichts vor: auch eine Belohnung vorzuenthalten wird vom Lernenden oft als bestrafend empfunden! Meiner Meinung nach gibt es absolut frustrfreies Lernen nicht wirklich. Wir können den Frust als kompetente Trainer aber minimieren.

    2) das Umfeld so gestaltest, dass dem Tier die 'richtige' Entscheidung möglichst leicht fällt und es 'falsche' Entscheidungen möglichst erst gar nicht treffen kann. Du fängst also, wenn ein Hund an der Leine zieht, also nicht gleich mitten im Stadtgetümmel an, sondern z.B. zuhause, wo der Hund eigentlich sowieso keinen Grund hat, an der Leine zu ziehen und schon den kleinsten Druck am Hals wahrnehmen wird, wenn Du die Leine anspannst um dem Hund beizubringen, diesem Druck nachzugeben.

    Dann baust Du das Verhalten, das Du trainieren möchtest so auf, dass der Hund schlichtweg keinen Grund hat, sich anders zu verhalten, als gewünscht, weil es sich bisher in jeder Situation, in der er war, ja sehr gelohnt hat, das auftrainierte Verhalten zu zeigen. Wenn Du das wirklich konsequent machst und dafür sorgst, dass der Hund die Erfahrung macht, dass es sich immer lohnt, für Dich zu arbeiten, wird er das auch in der einen Situation tun, wenn Du es wirklich brauchst, schlichtweg, weil er die die Erfahrung gesammelt hat, dass er auch anders handeln könnte.

    Das ist bei einem Rückruf z.B. Gold wert. Hat der Hund wirklich nie die Erfahrung gemacht, dass es sich lohnt, einen Rückruf zu ignorieren, wirst Du ihn (beim ersten und, vielleicht, wenn Du sehr viel Glück, sehr solide trainiert und keinen besonders jagdlich ambitionieren Hund hast auch beim zweiten Mal) abrufen können, wenn er ein Reh hetzen will. Aber: sobald der Hund durch unsauberes Training lernt, dass es auch andere, belohnendere Dinge gibt, als das, was Du ihm bieten kannst, hast Du natürlich ein Problem. Bei einem absolut sauberen Aufbau (und der ist aus eigener Erfahrung z.B. auch mit jagdlich erfahrenen Deutschen Jagdterriern und Pointern möglich) ist das machbar.

    Das erfordert aber sehr viel Fachwissen vom Trainer und ist nicht ganz so einfach, wie manche sich das vorstellen. Strafen ist ganz klar einfacher und sehr viel belohnender für denjenigen, der straft. Wer versucht, möglichst häufig zu belohnen und möglichst selten zu bestrafen, muss sehr viel mehr darüber nachdenken, wie er den Trainingsaufbau gestaltet, als eben (per Strafe) 'nur' zu sagen: 'so nicht!'.

    Es ist genau dieses 'so', bzw. das 'so holst Du Dir eine Belohnung ab' worüber Du Dir im Vornherein schon Gedanken dazu machen musst, wenn Du nicht bestrafen willst.

    Es geht bei der positiven Verstärkung bei jedem Lernenden darum, die Balance zu finden zwischen 'bleibt motiviert bei der Sache' und 'geht frustriert weg'. Viele Leute, bei denen clickern 'nicht funktioniert', haben einfach nicht verstanden, wie häufig, wie schnell und wie hoch die Belohnung sein muss, dass der Hund weiterhin mit ihnen arbeiten möchte. Mit diesem (grundehrlichen) Feedback können sie dann nicht umgehen.

    Arbeitest Du über Strafe, kannst Du ganz alleine dem Hund die Schuld geben: der Hund will nicht, der Hund kann nicht, der Hund will Dich veräppeln. Über Dein eigenes Verhalten musst Du nicht zwingend nachdenken.

    Arbeitst Du über positive Verstärkung, wird das schwieriger. Weil Du das Tier nicht zur Mitarbeit zwingst (obwohl es gerade bei Hunden durchaus auch da Methoden und Wege dazu gibt...), musst Du Dich stets fragen, was Du als Trainer falsch gemacht hast, dass ihr nicht zum Erfolg kommt. Eine gute Lernkontrolle ist es daher, einmal mit Tieren zu arbeiten, die sich kaum zwingen lassen: Mäusen, Fischen, Katzen und Hühnern. Genau deshalb machen das sehr viele Leute, die über positive Verstärkung arbeiten.

    Hilft das?

  • Du kannst doch deinem Hund auch durchaus ruhig und nett sagen dass du etwas nicht möchtest. Dazu muss man ja nicht laut werden oder handgreiflich. Sondern man kann auch ruhig und besonnen sagen, "Nö, das machst du jetzt bitte nicht."

    Von laut oder handgreiflich hab ich gar nichts geschrieben :denker:

    Also falls das hier so rüberkommt: Ich Lauf jetzt wirklich nicht den ganzen Tag irgendwie laut oder gar handgreiflich strafend durch die Gegend. Im Gegenteil, unter anderen HH hier bin ich eher die "ständig positiv" Tante xD

    Aber es gibt eben auch ein aversiv aufgebautes Nein hier (was in der Folge dann normalerweise als ruhiges Wort ausreicht, ja).

  • Belohnen heißt nicht dass ich immer eine Erwartungshaltung möchte. Ich belohne ja auch nicht nur mit Futter, sondern mit Umwelt, streicheln, netten Worten, anderem Verhalten, alles was der Hund gerade gut findet und gerade zur Situation und zum Hund passt.

    Und ja, ich lasse den Hund möglichst nicht in Fehlverhalten fallen. Das finde ich unfair. Warum muss er sich erst ein Fehlverhalten angewöhnen was ich hinterher korrigiere?

    Auf dem Weg bleiben lohnt sich halt mehr als über die Barriere zu gehen.

    Und ja, es kostet mehr Zeit. Aber ich habe nicht die Gefahr einer Hemmung, einer Fehlverknüpfung usw.

    Und natürlich ist den Hund anschnauzen unfair. Deswegen sollte es nach Möglichkeit nicht passieren. Und ich arbeite so natürlich nicht. Es ist mir bei Zelda jetzt 1 oder zweimal am Anfang passiert. Das war auch manchmal schwer mit ihr. 🙈

  • Dankeschön. 👍

    Sehr gut geschrieben und erläutert.

  • Du kannst doch deinem Hund auch durchaus ruhig und nett sagen dass du etwas nicht möchtest. Dazu muss man ja nicht laut werden oder handgreiflich. Sondern man kann auch ruhig und besonnen sagen, "Nö, das machst du jetzt bitte nicht."

    Von laut oder handgreiflich hab ich gar nichts geschrieben :denker:

    Also falls das hier so rüberkommt: Ich Lauf jetzt wirklich nicht den ganzen Tag irgendwie laut oder gar handgreiflich strafend durch die Gegend. Im Gegenteil, unter anderen HH hier bin ich eher die "ständig positiv" Tante xD

    Aber es gibt eben auch ein aversiv aufgebautes Nein hier (was in der Folge dann normalerweise als ruhiges Wort ausreicht, ja).

    Hab ich auch nicht gesagt dass du das machst. :bindafür:

  • 2) das Umfeld so gestaltest, dass dem Tier die 'richtige' Entscheidung möglichst leicht fällt und es 'falsche' Entscheidungen möglichst erst gar nicht treffen kann. Du fängst also, wenn ein Hund an der Leine zieht, also nicht gleich mitten im Stadtgetümmel an, sondern z.B. zuhause, wo der Hund eigentlich sowieso keinen Grund hat, an der Leine zu ziehen und schon den kleinsten Druck am Hals wahrnehmen wird, wenn Du die Leine anspannst um dem Hund beizubringen, diesem Druck nachzugeben.

    Und ja, ich lasse den Hund möglichst nicht in Fehlverhalten fallen. Das finde ich unfair. Warum muss er sich erst ein Fehlverhalten angewöhnen was ich hinterher korrigiere?

    Auf dem Weg bleiben lohnt sich halt mehr als über die Barriere zu gehen.

    Das Prinzip verfolge ich auch. Ich versuche, Fehler zu vermeiden. Ich "will" ja gar nicht strafen, das ist nun nicht das Ziel. Ich steh nicht rum und denk mir "mach das bitte gleich falsch Balu, damit ich dich bestrafen kann". Aber ganz ehrlich: Außerhalb von abgegrenzten Trainingssituationen ist es für mich unmöglich, jedes Fehlverhalten immer im Voraus zu verhindern. Bzw. doch, würde schon gehen, aber dann müsste ich auch längerfristig die Freiheit von ihnen sehr viel massiver beschränken. Und das will ich nicht. Wenn das bei anderen funktioniert, ok. Ich habs noch nie erleben dürfen, weder bei meinen eigenen Hunden noch bei Fremden. Das:

    Und ja, es kostet mehr Zeit.

    ist tatsächlich einer der Gründe, weswegen ich Strafe als letzte Absicherung für meine Hunde als fairer empfinde. Balu zB hat eine sehr hohe Motivation, draußen etwas vom Boden zu fressen. Ja, auch wenn er satt ist. Ja, verschiedenes Futter haben wir probiert. Ja, mit dem TA ists auch besprochen. Bis ich das ohne Strafe, nur über Alternativen anbieten, raus hätte, puh. Das würde sehr lange dauern. Und ob ich ihm da je zu 100% vertrauen würde? Eher nicht. Er ist schon ein Typ, der gerne nochmal etwas tut, was er 1000 mal vorher nicht getan hat. Und in der Zeit dürfte kein Freilauf stattfinden, weil es unmöglich ist, immer alles vor dem Hund zu sehen. Ansonsten ist er ein Engelchen, was eigentlich überall freilaufen kann. Also ist das vom-Boden-fressen mit Strafe abgesichert. Ist jetzt nur ein Beispiel, gibt auch andere.

    Ich kenne meine Hunde gut. Ich weiß, wie die ticken und was die abkönnen. Die laufen nicht ständig meidend durch die Gegend und auch direkt nach einem "Nein" hab ich nicht das Gefühl, dass sie irgendwie gestresster sind. Aber mit Strafe als Absicherung haben sie mehr Freiheiten. Also gibt es das hier auch, denn ich möchte Freiheiten für die Hunde haben wo es geht.

    Aber ich merke, das ist langsam arg OT. Habe ehrlicherweise etwas vergessen, in welchen Thread wir sind :ops: Ich belass es also jetzt bei dieser Antwort. Ich freue mich für jeden, der einen guten Weg für sich und seinen Hund gefunden hat. Und dass die Wege unterschiedlich sind ist nur logisch - sowohl Menschen als auch Hunde sind ja auch extrem unterschiedlich.

  • Und natürlich arbeite ich auch mal über negative Strafe, also Frust. Das passiert jedem und manchmal ist es so und meiner Meinung nach müssen Hunde auch lernen mit Frust umzugehen.

    Ich arbeite aber nie mit positiver Strafe. Zumindest nicht bewusst. Natürlich passiert es auch mir, dass ich mal den Hund anschnauze oder aus Versehen auf die Pfote trete. Aber ich versuche es zu vermeiden.

    Du widersprichst Dir grade selbst. Und warum "passiert" es Dir, daß Du Deinen Hund anschnauzt?

    Da redet mensch von Idealen und andere würden Strafe verherrlichen, wenn sie einfach sachlich erläutern, was das ist, und dann wird der Hund aus dem Himmel heraus angeschnauzt, weil der Mensch seine eigenen Ideale und Wunschvorstellungen nicht leben kann.


    Ich bin ja auch eher Wattebausch, aber dieses Behaupten, daß man ja immer nur positiv arbeitet, da macht man sich halt selbst was vor.

    Man kann das reale Leben nicht so gestalten und die gesamte Umwelt so manipulieren, daß ich immer perfekte Trainingsmöglichkeiten habe. Und Strafe ist ja nicht gleich körperliche Gewalt.

    Wir Hundebesitzer üben laufend Macht aus. Egal wie man sich das schönredet. Vor allem ist nicht wichtig, wie man seine eigene Lebensphilosophie träumt, sondern wie es beim Hund ankommt

  • Nein, ich versuche es zu vermeiden und mir ist es jetzt in einem Jahr Ich glaube 2 mal passiert. Einfach weil es auch mal anstrengend war. Ich bereue es natürlich total. Allerdings nicht aus dem Himmel heraus, sondern schon weil mich geärgert hat was sie gemacht hat. Und jeder Hund empfindet natürlich Strafe anders.

    Deswegen sagte ich ja, dass man auch immer mal über Strafe arbeitet. Ich versuche es möglichst zu vermeiden. Ich brauche es auch in aller Regel nicht. Weder negative, noch positive. Aber letztlich ist es auch das was der Hund daraus macht. Eine Leine kann ja für den einen Hund eine Strafe sein und Frust auslösen, für den anderen eben nicht.

    Nie über Strafe arbeiten geht meiner Meinung nicht. Weil ich ja auch immer erst am Ergebnis sehe was nun eine Strafe war für den Hund.

    Ich gehe aber nicht bewusst oder sofort in den Strafmodus. Ich versuche es so positiv zu gestalten wie es geht für uns.

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