Blinder Hund und Angst vor Berührung - wie trainieren?

  • Normalerweise wäre meine Strategie, die Hand im Wohlfühlabstand hinzuhalten und zu markern. Nach und nach Abstand verringern, immer so, dass es ok ist, immer mit Ankündigung. Aber nun kann er ja nicht gucken und sieht logischerweise die Hand auch nicht.

    Dazu noch - ich halte das trotzdem für einen guten Weg. Die Sinneswahrnehmungen des Hundes sind weit besser als unsere. Wenn Du kopfnah arbeitest, kann der Kerle Dich dennoch wahrnehmen, bzw. Deine Hand. Rein geruchlich - da kann er auch Unterschiede feststellen, was die Distanz angeht.


    Kann er sich wirklich entspannen, wenn Du in der Nähe bist?

  • McChris: Er bekommt Angstlöser, tierärztlich verordnet. Ich hab zusätzlich einen Adaptil Diffuser. Das Spray besorge ich mir, danke?


    Ich denke nicht, dass er komplett entspannt ist, wenn ich mit Leckerchen zu ihm gehe, aber er lebt ja hier in einer Ecke vom Schlafzimmer (wo er seine absolute Ruhe hat) und da finde ich ihn recht entspannt. Er schläft auch auf dem Rücken in seiner Ecke und ist zusätzlich in einem Absperrgitter. Kommt man da zu nahe (Mensch oder Hund), knurrt und bellt er und schießt schnappen nach vorne. Also halten sich natürlich alle fern.


    Beim "Üben" kommt er mir freiwillig nahe und ich sehe auf der Eskalationsleiter keine Verhaltensweisen, die mich da jetzt einen Schritt zurückgehen ließen. Er gähnt nicht, wendet den Kopf nicht, knurrt nicht etc.. Er schnuppert und nimmt das Leckerchen, aber er erschrickt sich oft, sowohl vor dem Leckerchen auf dem Boden als auch vor der Hand. Aber wir sind auch am Anfang des Weges, und die Idee mit der Feder und der Rückseite des Fingers finde ich genial, vielen Dank dafür!!!!

    Ich rede viel mit ihm, sodass er sicher ist, wo ich bin. Ich kündige immer alles an, auch wenn ich nur den Raum betrete.


    Meine Hunde kann er übrigens sehr gut einschätzen, aber die sind auch sehr freundlich und erfahren mit Handicaphunden (bzw. haben selbst welche).

  • Geruch, Geräusch (z.B. dein Puls), Luftverwirbelungen, Tasthaare... ich möchte wetten, dass er noch viel mehr wahrnimmt, was wir uns gar nicht vorstellen können. Dafür muss man ggf. etwas warten, bis er bereit ist, sich zu konzentrieren, und nicht anfangen, wenn er gerade abgelenkt ist. Dann würde ich das auch so machen wie du vorhast.

    Edit: Seit wann bekommt er die Angstlöser jetzt? Bei meiner hat es sehr lange gedauert, bis das Erschrecken nachließ, obwohl die Angst an sich schon lange weg war. Erschreckt er sich denn "richtig", oder ist das eher das Zurückzucken, wenn man wo gegenstößt mit den Tasthaaren? Notfalls vielleicht eher das Anfassen ohne Leckerli üben?

  • Ich denke, der Kerle hat grosses Glück, dass er bei Dir gelandet ist.

    Wie Du Dein Vorgehen beschreibst, klingt das für mich sehr gut. Halt uns bitte auf dem Laufenden!

  • Ich hab bei meinem Blinden einfach gewissen Sachen benannt. Das sind zum einen draußen Hunde und Menschen und dann Körperteile, die ich anfassen möchte. So weiß er, was da kommt und wo er gleich ne Hand hängen hat. Der ist allerdings auch gut aufgewachsen und schon seit Welpe bei mir.

  • Ich finde, es hat sich sehr gut an, wie Du das machst!

    Jede Berührung ankündigen und auf Wohlfühlabstand bleiben ist gut.

    Ansonsten könntest du dich vielleicht einfach mal in der Nähe seiner Ecke, in der er schläft, daneben setzen und einfach nur mit ihm quatschen. Vielleicht irgendwelche Leckerlis noch in der Hand haben und gucken, was passiert, wenn er freiwillig zu Dir kommt, gib's ihm, wenn nicht, ist aber auch gut; mein Ziel wäre, daß er sich irgendwann so sicher fühlt bei dir, daß er sich neben seinem Kissen an Dich kuschelt und den Kontakt über Kontaktliegen sucht. Sodaß quasi die Berührung von ihm ausgeht statt von dir.

  • Was mir noch einfällt: Ist sicher, dass ihm (beim Anfassen) nichts weh tut?


    Ansonsten finde ich den geplanten Trainingsweg sinnvoll.

    Danke für deinen Input.

    Sicher, dass nichts wehtut, bin ich mir natürlich nicht. Auch die Ursache seiner Blindheit ist noch ungeklärt, da er sich ja nicht händeln lässt derzeit.

    Laut Aussage der Tierschützer wurde er oft auf den Kopf geschlagen und schwer misshandelt. Aber sie sagen auch, dass sie das gehört haben/ vermuten. Beide Pupillen verengen sich nicht bei Lichteinfall, könnte also ein Gehirnproblem sein. Ich spreche nochmal mit der TÄ, ob wir versuchsweise ein Schmerzmittel einsetzen. Sobald es geht, wird er gründlich untersucht.


    Berührungen meiner Hunde kann er aber sehr gut aushalten. In Ungarn hat er bereits geschrien, wenn ein Tropfen Wasser auf sein Fell kam. Das ist hier aber nicht so. Fakt ist, dass er sicherlich nicht im Urvertrauen behütet aufgewachsen sein dürfte, aber ob man jetzt einfach permanent seine Grenzen überschritten oder ihn wirklich gequält hat, das weiß ich nicht.


    BieBoss Das ist auch ne gute Idee zusätzlich, dankesehr!

  • In solchen Fällen würde ich tatsächlich einfach mal testweise volle Dosierung Schmerzmittel über gut zwei Wochen geben und gucken, was sich tut. Falls Du einen TA hast, der so was mitmacht ... Wenn Misshandlungen im Raum stehen, dann wird da bestimmt einiges kaputt gegangen sein, auch an der Wirbelsäule. :( :

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!