Wach / Schutz - trieb einschränken

  • Meiner Erfahrung nach kann man da über reinen Gehorsam viel erreichen. Ich hatte früher als Sitterhund einen Boxer-Schäferhund, der ohnehin schon enorm wachsam war, zusätzlich aber auch noch ein Rudel (Hündin/Tochter) unter seiner Aufsicht hatte. Der konnte schon sehr knackig werden. Er war allerdings, im Gegensatz zu deinem Junior, ein sehr souveräner, insgesamt eher gelassener Hund.

    Bei dem wurde sehr darauf geachtet und geübt, dass er im Alltag sehr gut gehorchte, also ungerührt bei Fuß ging, was immer auch passierte (er hatte drei Jahre in der Großstadt gelebt), sich zuverlässig abrufen ließ, auf Ansage zu bellen aufhörte, sich auf Kommando zuverlässig hinlegte und am Platz blieb - also die ganz simplen Basics.

    Was dazu führte, dass dieser sehr engmaschig geführte Hund in zweifelhaften Situationen immer zuerst zu seinen Menschen sah und seine Reaktion auf ihre ausrichtete. Begrüßten wir einen Besucher, war der okay. Der Hund blieb zwar erstmal distanziert und taute erst allmählich auf, hielt aber Abstand, zeigte keinerlei aggressives Benehmen und überließ alles seinen Bezugspersonen. War er aber allein auf dem Grundstück, traf er die Entscheidungen auch allein, und es wäre nicht besonders ratsam gewesen, ihm da in die Quere zu kommen.

    Will sagen: Du kannst einem Hund über recht straffe Führung in allen Lebenslagen auch sehr viel Sicherheit vermitteln, und vor allem das Basiswissen, dass DU die Entscheidungen triffst, nicht er. In jeder Situation. Dass er dich im Notfall nicht verteidigen würde, brauchst du trotzdem nicht zu befürchten - wann es ernst wird, erkennt ein souveräner Hund sehr genau.

  • Auch wenn es heißt, das ich mich komplett ändern muss.

    Komplett ändern muss sich glaub ich niemand, wäre auch keine gute Idee in Bezug auf authentisches Auftreten. ;) Vielmehr geht es darum, sich rechtzeitig mit zu entwickeln und gerade mit so einem Hund möglichen Schwierigkeiten schon zu begegnen bevor sie sich manifestieren.

    Das bedeutet ganz konkret, im Alltag gerade mit einem Jungspund, und am allerwesentlichsten während der Pubertät, gleichzeitig gelassen und absolut klar zu sein. Denn wie alle "Pubertiere" sind auch junge Hunde gleichzeitig total prägsam, ja fast schon mimosenhaft empfindlich, und dabei komplette kleine Holzköppe mit einer maßlosen Selbstüberschätzung. Hier gut durchzumanövrieren ist eigentlich immer schwierig; das Problem ist nur, wenn schon eine bestimmte Verhaltensdisposition vorliegt die später eben so richtig problematisch werden kann.

    Deine schwierige Aufgabe lautet nun, das auf die Reihe zu kriegen. Und dabei ist das Büro nur der allerkleinste Teil, das meiste sind all die vielen kleinen Momente jeden Tag. Da gilt es, sich in den Augen des Hundes als besonnener, überlegter und souveräner Anleiter zu bewähren. Richtig, der Mensch muss sich qualifizieren und bewähren - dann respektiert der Hund ihn auch. Und damit wären wir bei dem Punkt, an dem viele scheitern: Es geht nicht darum, sich irgendwie gewaltsam und/oder rechthaberisch durchzusetzen, das kann je nach Hund später zu entweder gedeckeltem Verhalten oder aber zu massivem Widerstand führen. Und es geht auch nicht darum, jetzt schon den späteren Beschützer im Kopf zu haben - das würde bedeuten, einem Teenie ohne jede Einarbeitung die Leitung eines Großunternehmens zu übertragen. Auch der künftige Chef des Unternehmens sollte in seiner Ausbildungszeit erst mal in jedem Bereich von den "altgedienten" lernen und in den jeweiligen Abteilungen kleine Brötchen backen...

  • Man kann aber einen Mischling aus Boxer und Schäferhund nicht mit dieser Rasse vergleichen. Die sind ganz anders gestrickt.

  • Das mit Sicherheit - aber um Führung dürfte es in beiden Fällen gehen.

    Und wenn du auf den ganz andere Hundetyp rauswillst: Ich habe eine Freundin mit einem HSH, der ebenfalls jederzeit ihr Wort dafür nimmt, dass Besucher auch im eigenen Territorium "okay" sind. Und auch dieser Hund ,der ihr etwa einjährig in Spanien zugelaufen ist, steht generell sehr gut im Gehorsam, darauf hat sie von Anfang an sehr geachtet. Natürlich auf eine andere Art, da ist noch weniger mit Abfragen und noch mehr mit Überzeugen, aber das Ergebnis ist schon sehr eindrucksvoll. Und das Grundprinzip ist das Gleiche wie bei "meinem" Schäferboxer": Mensch regelt und zeigt das auch.

    Ich bin mir also ziemlich sicher, dass das bei jedem Hundetyp klappen kann - wenn man als Mensch wirklich führen, sprich: Verantwortung übernehmen will.

  • Ernstgemeinte Frage: Geht das tatsächlich, daß ein Schutz/Wachhund rein über Erziehung nicht mehr wacht? :denker:

    Ich mein, dafür ist er ja eigentlich gezüchtet worden, daß er aufpasst.

    nein du bekommst diese grundsätzlichen Anlagen nicht weg. Gar nicht. Was geht ist dass man mittels sehr viel Erziehung und Management diese anlagen so in den griff bekommt dass sie nicht mehr auffallen. Das bedeute aber wirklich harte arbeit und Konsequenz- gegenüber dem Hund und auch gegenüber sich selbst und dazu gehört dann auch dass man den Hund nicht ständig reizen aussetzt die er nur mittels Gehorsam ertragen kann.

  • Ernstgemeinte Frage: Geht das tatsächlich, daß ein Schutz/Wachhund rein über Erziehung nicht mehr wacht? :denker:

    Ich mein, dafür ist er ja eigentlich gezüchtet worden, daß er aufpasst.

    nein du bekommst diese grundsätzlichen Anlagen nicht weg. Gar nicht. Was geht ist dass man mittels sehr viel Erziehung und Management diese anlagen so in den griff bekommt dass sie nicht mehr auffallen. Das bedeute aber wirklich harte arbeit und Konsequenz- gegenüber dem Hund und auch gegenüber sich selbst und dazu gehört dann auch dass man den Hund nicht ständig reizen aussetzt die er nur mittels Gehorsam ertragen kann.

    Ok - die Anlage nicht, stimmt. Ich hatte die Frage so verstanden, als wäre nach den Auswirkungen gefragt. Die Anlagen bekommt man nie weg - weder beim Jagdhund, noch beim Hütehund, noch beim Schutzhund...

  • Das stimmt schon, um Führung geht es in beiden Fällen. Bloß bedeutet das nicht wirklich das gleiche. Beim Schäferhund kommt man wirklich über die Schiene "Gehorsam" weiter, das liegt dort mit drin. Während diese Rasse hier - wenn er nicht komplett anders ist als vergleichbare Rassen, persönlich erlebt hab ich den Cao Fila de Sao Miguel bisher noch nicht - über den gängigen Gehorsamsbegriff nicht "abzuholen" ist. Da geht es mehr darum, dass der Hund lernt den Menschen und seine Entscheidungen als absolut zuverlässig zu erfahren, so dass er von sich aus bereit ist, das Urteil seines Menschen zu akzeptieren. Denn diese Hunde entscheiden IMMER ein Stück weit selbst, ob sie jemanden respektieren und seinen Vorgaben folgen wollen. Da hilft kein "du tust was ich dir sage, weil ich es dir sage!", das macht für solche Hunde keinen Sinn und sie werden eher bockig. Sondern nur ein "du fährst besser wenn du tust was ich dir sage, du weißt doch selbst dass ich es besser weiß!". :ka:

    Edit: Bezog sich auf terriers4me

  • Hummel ich denk bei solchen Extremen auch immer wie sich der Hund fühlen muss, der in ein Leben gequetscht wird für dass er aufgrund langer Selektion gar nicht gemacht wurde. Klar kann man so einen kerl auch mal einen Tag mit ins Büro nehmen, muss er eben mal durch aber ich glaube dass es auf Dauer immensen Stress für so einen Typ bedeutet. Sich auf Kommando ablegen und ruhen bedeutet ja nicht dass da innerlich nicht doch sehr gewacht wird und dann darf das nie ausgelebt werden. Irgendwo sucht sich das dann sicherlich ein Ventil.

  • Da steht das hier in der Rassebeschreibung:

    "Von sehr ausgeprägten Temperament, lässt sich gut von seinem Herrn führen, sehr intelligent und sehr aufnahmefähig."

    Und der sehr gut über Gehorsam führige HSH meiner Freundin ist ein Cao da Serra da Estrela, also durchaus vergleichbar. Meiner Freundin wurde übrigens erzählt, die portugiesischen Hüte- Treib und Herdenschutzhunde wären generell in der Führigkeit näher an Schäferhunden als an den ganz eigenständigen HSH-Schlägen, weil sie oft kombiniert arbeiten, also z.B. Treiben plus Schützen, und daher kooperativer sein müssen.

    Das wären für die TE doch schon mal gute Voraussetzungen!

  • Hummel ich denk bei solchen Extremen auch immer wie sich der Hund fühlen muss, der in ein Leben gequetscht wird für dass er aufgrund langer Selektion gar nicht gemacht wurde. Klar kann man so einen kerl auch mal einen Tag mit ins Büro nehmen, muss er eben mal durch aber ich glaube dass es auf Dauer immensen Stress für so einen Typ bedeutet. Sich auf Kommando ablegen und ruhen bedeutet ja nicht dass da innerlich nicht doch sehr gewacht wird und dann darf das nie ausgelebt werden. Irgendwo sucht sich das dann sicherlich ein Ventil.

    Da bin ich bei dir. HSH gehören auch einfach nicht in die Stadt meiner Meinung nach. Wenn man so lebt oder täglich und immer den Hund in solche für ihn wirklich entgegengesetzt-sinnvolle Situationen führt, dann kann das schon ein Problem werden bzw es gibt einfach die Konsequenzen.

    Könnte man sicher auch über Malis sagen, dass sie keine Bürohunde sind. Aber... ich erlebe sie nicht als unentspannt. Sie schlafen - so tief, dass sie schnarchen und auf dem Rücken liegen und nicht aufwachen, wenn jemand reinkommt. Allerdings glaub ich bei dieser Art Rassen auch eher, dass es eine Frage ist, in wieweit sie sonst ihren "Job" als Wachhund sehr eigenständig machen dürfen und sollen. Bei mir nie - das kennen sie nicht. Melden ok, der Rest nö. Würden sie hier wachen und schützen in Eigenregie, denke ich mir, wäre es auch eher ein Problem im Büro. Mindestens deutlich schwieriger.

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