Hunde, Ersthelfer und Unfälle

  • Angeregt durch diese Fragestellung eröffne ich mal den Thread hier, weil das Thema ja schon interessant ist mit all den Facetten und den eigenen Erfahrungen, die man bisher schon gemacht hat.


    Nehmen wir doch mal an, unser hypothetischer Hundehalter wird beim Gassi vom Auto angefahren und liegt verletzt, aber bei Bewusstsein auf dem Boden. Der Autofahrer steigt aus und geht zum Halter hin, um sicherzustellen, dass alles ok ist und um die Personalien auszutauschen. Ohne Hund kein Problem - aber wie sieht das mit Hund aus?

    Wie kann man als Geschädigter dafür sorgen, dass der Hunde gesichert ist, damit Ersthelfer ohne Probleme zum Opfer gelangen können, ohne vorher erst noch den aufgeregten Hund sichern zu müssen?

    Wie geht man mit Hunden mit Schutztrieb um, wie mit Hunden, die Fremde absolut scheiße finden und im worst case auch beißen würden, um Herrchen (oder Frauchen) zu beschützen?

    Was kann ich als Ersthelfer tun, um für die Sicherheit aller - Hund, Halter und meine Wenigkeit - zu sorgen?

    Habt ihr vielleicht auch schon eigene Erfahrungen gemacht?


    Und wenn ein Ersthelfer doch mal gebissen wird ... das Geschrei wäre wohl groß. Wo zieht man da, wie Gina23 schon gefragt hatte, die Linie zwischen "noch in Ordnung" und "übertrieben und fahrlässig"?


    Ich selbst hatte zuhause mal einen schweren epileptischen Anfall und hab im Zuge dessen das Bewusstsein für ~15 min verloren. Damals hatte ich nur Teki, ein absolut unkomplizierter und menschenfreundlicher Hund. Fremde sind toll, manche sind aber gruselig und da hält er sich dann lieber zurück. Sorgen um solche Situationen habe ich mir nicht gemacht.

    Ein anwesender Freund hat dann den RTW verständigt. Im Nachhinein hat er mir erzählt, dass Teki vor lauter Schreck gebellt hat und wie vom Blitz getroffen rumgewuselt ist - aber die Sanitäter hat er wohl nicht behindert. Die Situation war wohl recht entspannt aufzulösen. Im Zweifel hätte besagter Freund Teki festgehalten - mit seinen 11 kg ist da ja problemlos machbar.


    Aber mit Dino wäre das ganz anders ausgegangen. Er ist unsicher, findet Fremde überflüssig. Nach Fremden in der Wohnung wird auch durchaus mal hütitüti-like geschnappt, wenn sie sich z. B. die Schuhe oder Jacke ausziehen oder den Rucksack abstellen. Fremde, die unangekündigt klingeln, werden mit lautem Getöse "begrüßt" und er regt sich wahnsinnig auf. An die Leine gelegt stellt er nur "Lärmbelästigung" dar, ohne Leine würde er - sollte sich eine fremde Person an mir zu schaffen machen - vermutlich auch zwicken oder beißen. Bei normalem Besuch, mit dem wir vorher eine Runde gelaufen sind, lässt er sich inzwischen ohne zu Murren an der Heizung anleinen und so räumlich begrenzen.

    Wenn ich einen epileptischen Anfall habe, kann ich nicht eingreifen, ihm kein Halsband anziehen (er läuft hier "nackt" rum) und den Sanitätern auch nicht sagen, wie sie ihn händeln sollen. Und ich habe auch nicht 24/7 jemanden zu Besuch, der das vielleicht für mich übernehmen und sich in der Situation um Dino kümmern könnte.


    Wie würdet ihr bei sowas vorsorgen, wenn euer Hund z. B. Schutztrieb hat, Fremde überflüssig findet oder im worst case auch schon Leute schwer verletzt hat? Könnt ihr von eigenen Erlebnissen berichten? Kann man die Situation oder zumindest die Basics (Ersthelfer kommt zu Herrchen (evtl sogar noch bewusstlos), Hund hält sich zurück) trainieren - und wenn ja, wie?


    Ich freu mich auf die Diskussion!

  • Ich denke man kann nicht für alle Eventualitäten gerüstet sein.

    Und wenn man einen Hund mit Schutztrieb hat, muss man davon ausgehen, dass Ersthelfer zu ihrem Selbstschutz nicht helfen, und dass der Hund ggf getötet wird, wenn er für Rettungskräfte oder umstehende Personen eine Gefahr darstellt.


    Draußen und vor allem im Auto wird mittlerweile geraten, solche Hunde mit Maulkorb zu sichern, dass wenn man aus Gründen hilflos ist, der Hund gesichert ist.

    Aber in den eigenen 4 Wänden... tja...


    Bin gespannt was noch für Antworten kommen.

  • unsere Trainerin hat zu 95% hunde im trainin, die in irgendeiner weise ein problem haben. die meisten haben massiv angst, probleme mit menschen und mit artgenossen.


    sie ist mit den unterschiedlichsten hunden relativ regelmäßig bei den ersthelfern zum training, damit DIE lernen, in so einer situation mit den hunden richtig umzugehen.


    Es gibt eine extra Firma (?) die sich auf den Selbstschutz für Rettungskräfte spezialisiert hat. und mit dieser firma /organoisation (?) arbeitet unsere Trainerin zusammen.

    Sie gibt auch regelmäßig schulungen zu diesem thema.


    außerdem ist ihr mann bei der Stadt / Gemeinde registriert und wird gerufen, wenn es "wilde" Hunde zu sichern gilt (egal ob das Ordnungsamt eine Wohnung räumt, Hunde den Haltern entnommen werden sollen, oder eben in solchen Situationen).




    So lange ich "da" bin, kann ich manni händeln. schwieriger wird es, wenn ich das nicht mehr kann.

    Manni beschützt mich. ohne wenn und aber. ihn so zu sichern, dass im Falle des Falls, den rettungskräften durch ihn nichts passieren könnte, ist absolut unmöglich.

    da kann ich nur hoffen, dass die og schulungen hatten und da ne ruhige frau bei ist.

  • Schwieriges Thema, als HH eines großen Hundes mit Schutztrieb und eines kleinen Hundes der Fremde ggf blöd findet und je nach Situation auch nach vorne geht habe ich mir darüber auch schon Gedanken gemacht.


    Den Kleinen könnte man einfach wegtreten. In die Wohnung würde er keinen ohne Aufstand reinlassen, ob er draußen auf der Straße versuchen würde Menschen von mir fernzuhalten wenn ich bewusstlos bin weiß ich nicht.

    Aber im Zweifel kriegt man den gebändigt oder mit Tritten verjagt.



    Der Große ... tja, schwierig. Wenn er beschließt, dass keiner an mich ran kommt dann ist das so.

    Da kann ich nur hoffen, dass die Hundestaffel jemanden schickt der ihn mit Schutzkleidung überwältigt. Aber das ist eher unwahrscheinlich, so lange fackelt keiner wenn hinter dem Hund ein schwer verletzter Mensch liegt. Im Zweifelsfall endet das für den Hund zugunsten meiner Rettung wohl mit einer Kugel.



    Wie man realistisch Abhilfe schaffen könnte weiß ich nicht. 24/7 Maulkorb kann ja nicht die Lösung sein. Und selbst dann bräuchte es noch jemanden der 45 wütende Kilos mit Metallkorb bändigt, Frau Meier von nebenan kriegt das als Ersthelfer sicher nicht hin und das erwarte ich auch von niemandem.



    Ich schätze das ist einfach das Risiko. Ich werde nachts mit diesem Hund bestimmt nicht angegriffen, zusammengeschlagen, ausgeraubt oder vergewaltigt. Dafür habe ich im Fall eines Unfalls schlechte Karten.

    Dauermaulkorb oder auf die Haltung verzichten ist keine Option, also lebe ich einfach mit dem Risiko.


    Im Auto werden die Hunde möglichst in stabilen Boxen untergebracht, die im Falle eines Unfalls stand halten.

    Da können sie dann drin bleiben bis jemand von der Hundestaffel oder ein Tierarzt zum sedieren kommt.

    In meinem aktuellen Auto ist das leider nicht möglich, im nächsten wird es aber auf jeden Fall eine sichere Lösung geben.



    Andererseits ... wenn ich in Straßennähe überfahren werde sind die Hunde ziemlich sicher auch schwer verletzt oder tot weil sie an der kurzen Leine waren.

    Und wenn in der Wohnung etwas passiert bekommen das zuerst Leute mit die mich kennen und die die Hunde kennen. Da ist die Chance etwas höher, dass die in die Wohnung dürfen und die Hunde wegsperren können sodass die Rettungskräfte sicher arbeiten können.

  • Im Falle dessen, dass die Sanitäter in die Wohnung müssen, würde ja bestimmt auch eine Art Orientierungszettel/"Hunde-Anleitung" ein wenig Sinn machen, oder? Evtl. Verweise darauf, wo Leine etc. sind, damit man den/die Hunde irgendwo anbinden kann oder welcher der Nachbarn gut mit den Hunden kann usw.

    Das schützt zwar bestimmt nicht davor, dass ein großer, wehrhafter Hund im Ernstfall die Kugel bekommt, aber ich denke, das wäre vielleicht eine Idee wert ...


    Draußen beim Gassi bringt sowas natürlich nichts, weder wenns am Halter noch am Hund dran ist (zumindest bei Hunden, die nicht zu jedem Fremden freudestrahlend hinrennen).

  • Ist das wirklich so, dass ein großer, wilder Hund im Ernstfall direkt die Kugel kriegt? Dafür muss ja auch erstmal jemand vor Ort sein, der das kann und darf. Gut, die Polizei ist bewaffnet und wahrscheinlich wird die auch standardmäßig dazugerufen. Aber Leute brechen ja auch wegen nicht lebensbedrohlichen Ursachen zusammen. Und es wäre ja völlig unverhältnismäßig, z.B. einem unterzuckerten Diabetiker erstmal den Hund zu erschießen, bevor man rausfinden kann, was dem zusammengebrochenen Menschen überhaupt fehlt. Aber man sieht es halt nicht auf den ersten Blick, ob der betroffene Mensch jetzt ein Kreislaufproblem oder einen Schlaganfall hat. Die Dringlichkeit einer Behandlung kann ja sehr unterschiedlich sein... Schwierig...


    Bei der Polizei gibt's ja auch Diensthundeführer, die ein bisschen was von Schutztrieb verstehen. Gibt's da vielleicht eine Zusatzausbildung "Sichern von Fremdhunden"? Und so ein Spezialkommando rückt dann standardmäßig an, wenn der Ersthelfer, der den Notarzt ruft, mitteilt, dass da ein verstörter Hund mit bei ist? Oder ist das Wunschdenken? Ich kann mir halt nicht vorstellen, dass reguläre Streifenpolizisten bei Unfällen erstmal hilflos auf Hunde schießen...

  • Ich bin ja Rettungssanitäterin und grundsätzlich gilt der Grundsatz: Selbstschutz vor Fremdschutz. Wenn ich aufgrund eines tobenden Hundes nicht an das Opfer herankomme, dann halte ich Abstand und melde das meiner Leitstelle weiter. Die wird dann entscheiden, was zu tun ist - in der Regel wird die Polizei hinzugeholt und der Hund zum Abschuss freigegeben. Natürlich nur, wenn das auch verhältnismäßig ist, wegen eines Beinbruchs des Opfers wird niemand einen Hund erschießen. Es wird weder die Hundestaffel noch ein Diensthundeführer der Polizei hinzugerufen, das ist nicht deren Aufgabe. Ungeachtet dessen würde es auch viel zu lange dauern.

  • Ich habe mir auch schon über sowas Gedanken gemacht aber

    Aufgrund meiner Erkrankung kann ich nicht alleine Zuhause bleiben, dass heißt es ist immer jemand da, entweder mein Freund oder meine Eltern und auf alle hört Amy super, schlimm wäre es eher wenn ich und mein Freund gleichzeitig verletzt wären und es wäre kein anderer da, da wüsste ich ehrlich gesagt nicht wie Amy reagiert, sie würde wahrscheinlich erstmal bellen und versuchen die Leute auf Abstand zu halten ob sie sich aber beruhigen würde bezweifel ich leider :/ deswegen hoffe ich dass mit Amy uns so eine Situation erspart bleibt.

    Lucky reagiert auf Menschen zum Glück nicht aggressiv, aber dass heißt natürlich nichts kann sein dass er uns auch verteidigen würde wenn wir verletzt wären aber Lucky mit seine 11 Kilo ist natürlich was anderes als Amy die 22 Wiegt .

    Dass die Polizei zu Not einen Hund erschießt habe ich auch schon oft gehört.

  • Bei einer sichtlich schwer verletzten (Unfall) oder bewusstlosen Person kann es um Minuten gehen.

    Und ganz ehrlich - lieber sollen die meinen Hund erschießen und mein Leben retten als mich draufgehen zu lassen nur damit der Hund lebendig eingefangen werden kann.

    Ich liebe meine Hunde, aber mein Leben ist mir dann doch wichtiger als ihres.


    Und jemand Fremdes muss sich ganz sicher nicht in die Gefahr vom Hund verletzt zu werden begeben um mir zu helfen. Ich finde es völlig legitim, dass da geschossen wird.



    Der durchschnittliche Familienhund wird aber eh nicht so massiv verteidigen. Rassen die nicht explizit zum Schutz gezüchtet wurden werden sich idR zurückziehen wenn man ihnen laut und überzeugend Kontra gibt, ggf einen Stein oder Stock wirft o.ä.

    Dafür braucht es natürlich Hundemenschen oder entsprechend geschultes Rettungspersonal.





    Eine Anleitung hinter die Haustür zu hängen und ggf Leine direkt daneben ist eine gute Idee, wenn man die räumlichen Möglichkeiten dazu hat.

    Bin ich bewusstlos und die Feuerwehr öffnet die Tür stehen sie direkt meinen Hunden gegenüber weil es keinen Eingangsbereich mit Zwischentür gibt. Da nützt denen der Zettel herzlich wenig.

    Aber wenn man die Möglichkeiten und Hunde, die lediglich Lärm machen hat, wäre das eine Option.

  • Und jemand Fremdes muss sich ganz sicher nicht in die Gefahr vom Hund verletzt zu werden begeben um mir zu helfen. Ich finde es völlig legitim, dass da geschossen wird.

    so seh ich das auch.


    Wobei man bei Manni, als Labbi-Mix, sicher nicht mit einer heftigen wehemenz rechnen würde ;-)

    Aber unsere Trainerin hat es mir mehrfach bestätigt, dass Manni keinen an mich ran lassen würde. ich hatte ja so einen kleinen hoffnungsschimmer....



    Bei uns würde es im Haus auch nicht viel Sinn machen. Leinen hängen eh sichtbar, keine 3m von der Haustüre weg. Aber fremde würden die Haustüre gar nicht wiet genug öffnen wollen, um diese zu sehen. selbst meine mutter ist mal nicht rein gegangen, weil manni sie nicht erkannt hat.


    Prinzipiell können mittlerweile, bis auf die Männer und eine bestimmte Nachbarin, alle Nachbarn ohne Probleme bei uns rein. sie wissen, wie sie sich bemerkbar machen müssen, damit Manni sie erkennt, denn einfach so rein gehen würde bei denen auch nicht funktionieren. Manni geht mit denen auch problemlos mit (hat auch nur fast 5 Jahre training erfordert).

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