Hundehaltung gestern und heute

  • Wenn Marley was Essbares nicht abgibt müsste ich ihn solange in die Seite zwicken bis er es her gibt wenn der dann noch knurrt auf den Rücken schmeißen und festhalten bis er sich nicht mehr bewegt :ka:

    Das kenne ich auch noch so, aber, der Züchter von dem ich damals Umgang, nicht Erziehung, gelernt habe, hatte mir das schon als Blödsinn berichtet. Nicht weil es nicht klappt, sondern weil man das nur darf wenn man sicher ist dem Hund immer überlegen zu sein und da man ja auch mal Krank wird, wäre das bei vielen Hunden nicht gut.

    Aber ich muss sagen, alles in Allem beruhigt ihr mich. Vieles was hier auftaucht ist selbst für mich von gestern :tropf:.

  • Man darf halt auch nicht vergessen, dass die Umwelt eine ganz andere geworden ist. Ich meine, wir sind als Kinder auch noch völlig selbstverständlich auch hier in der Stadt draußen rumgezogen, haben auf der Straße gespielt, und es hieß heimkommen wenn die Straßenlampen angehen. Wer das heute mit seinem Kind so handhaben wollte, dem könnte man mit recht unterstellen ob er das Kind gerne loswerden möchte? Allein der Autoverkehr ist nicht mal ansatzweise mit dem von damals vergleichbar. Und das wirkt sich natürlich auch auf die Hundehaltung aus. Früher war zum Beispiel überall zu lesen und zu hören, wenn der Hund auf der Straße mal muss dann soll man ihn bitte höflicherweise in den Rinnstein machen lassen. Nun finde mal heute noch ein freies Stückchen Rinnstein... Auch die Bevölkerungsdichte hat zugenommen, und noch mehr die Zahl der Hunde. Was heute an Hunden in einer Straße lebt hat sich früher auf einen ganzen Stadtteil verteilt. All das stellt einfach neue Herausforderungen an die Hundehaltung.

    Auch im allgemeinen Bewusstsein hat sich einiges verändert. So wie sich in der Kindererziehung immer mehr durchgesetzt hat, dass eben auch der Klaps auf den Po eine Form von Gewalt ist, so haben sich auch in der Hundeerziehung die Werte ein Stück weit geändert. Wie immer natürlich lange nicht bei allen, und es gab schon immer diese und jene - aber im großen Bild.

    Ganz deutlich geändert hat sich natürlich die Verfügbarkeit u.a. von Informationen. Heute haben viele interessierte Hundehalter (wie sie sich etwa in Foren wie hier zusammen finden) einen Wissensstand, den hatten früher maximal ein paar wenige Experten. Und im Rahmen des erweiterten Interesses hat sich auch für diejenigen, die eben was wissen wollen, deutlich weiterentwickelt was "state of the art" ist. Galten damals noch die Forschungen an Gehegewölfen als wissenschaftlicher Beweise für Rudel-, Alpha- und Kampftheorien, so ist heute schon lange erwiesen dass da allein der Ansatz daneben ging, von den Unterschieden zwischen Hund und Wolf mal ganz abgesehen. Die Lerngesetze wurden mittlerweile in einem Detail erforscht von dem man sich damals (richtiges belohnen, falsches bestrafen) noch nicht mal was hätte träumen lassen. Natürlich dauert es, bis all das auch ins allgemeine Bewusstsein vorgedrungen ist. Aber der Weg dorthin ist immerhin schon gut sichtbar, und ich bin sehr gespannt wie es weiter geht!

  • Ich finde, dass man früher allgemein mehr auf sein Bauchgefühl gehört hat, heute wird alles halb zu Tode analysiert, egal ob es um Erziehung, Fütterung oder Sonstwas geht.

    Und oftmals finde ich persönlich, ist das zum Nachteil für den Hund.

  • Ich hatte mit 28 Jahren meinen zweiten Hund (der erste war 14 Tage vorher mit 16 Wochen an Parvovirose gestorben), das war vor fast 40 Jahren. Es war damals gar nicht so einfach, einen Welpen einer gewünschten Rasse zu bekommen, ich wollte entweder einen Collie oder einen Kerry-blue-Terrier.

    Collie gab es gerade nicht, also wurde es der Kerry, 8 Wochen alt, wir fuhren für ihn von Leipzig nach Gera. 700 Ostmark hat er gekostet. Ganz ehrlich - ich habe mir überhaupt keinen Kopf gemacht. Ich hatte zwar 6 Wochen Urlaub, ging aber voll arbeiten wie alle in der DDR und hatte einen dreijährigen Sohn, dazu eine Wohnung in der 3. Etage. Viele gingen zu DDR-Zeiten 8 Stunden arbeiten und dass die Hunde so lange alleine waren, war eher die Regel. Meiner hatte es dann gut, als er ein Jahr war, ging ich nur noch 5 Stunden wegen meines Sohnes, der sich im Kiga nicht wohl fühlte. Hunde waren Hunde, man hatte sie lieb, aber den Stellenwert der Hunde, die ich 20 Jahre später hatte, hatten sie nicht. Heute sehe ich meine Hunde als vollwertige Familienmitglieder, damals war es "nur" ein Hund, sie liefen in der Familie so mit - heute sind sie für mich die Hauptpersonen.....

    Hundefertigfutter gab es gar nicht, ich hab ihn mit Rindfleisch, Haferflocken und Gemüse ernährt.

    Mein Sohn ging mit ihm mit 6 Jahren gassi, Hundebegegnungen verliefen freundlich in der Regel, obwohl es keine Hundeschulen gab. Urlaub mit Hund ging fast gar nicht, mitbringen in Gaststätten war unerwünscht. Er war gut erzogen ohne Zwang und lief immer frei - ohne Schnauzengriff und

    sowas, das kannte ich gar nicht.

    Als ich ihn gehen lassen musste mit 10 Jahren habe ich auch sehr getrauert, aber irgendwie anders als 20 Jahre später. Und das Einschläfern kostete "nur" 5 Mark......

  • Mein erster DSH bekam vor bald 40 Jahren Schlachtabfälle die meine Eltern vom Schlachthof bekommen haben, dazu Matzinger Flocken, später wurde auf RC umgestiegen und die meiste Zeit dabei geblieben - bis heute.

    Gelebt haben meine 4 DSH hauptsächlich draußen im Zwinger mit Gartenzugang tagsüber und sie durften abends täglich für 2-3 Stunden zu uns in die Wohnung bis es ihnen im Winter zu warm wurde und sie selbst wieder raus wollten.

  • Das Thema "Alleinbleiben" wird immer zerrissener. Kannte es eigentlich nur so, dass der Hund trotz Vollzeit eben daheim geschlafen hat. Manche finden selbst 6 Stunden allein schon zu lang. Das Thema hat sich schon ziemlich verändert. Ehrlich gesagt hat es mich selbst angesteckt und ich ruderte mit jedem Job herum: 30 Stunden-Job, Homeoffice, Bürohund ... bloß nicht den ganzen Tag allein lassen! Glaube darüber hat sich früher auch keiner groß Gedanken gemacht.

  • wegen meines Sohnes, der sich im Kiga nicht wohl fühlte

    Interessantes Stichwort, das geht wieder in Richtung dessen was ich mit verändertem Bewusstsein meine. Damals war einfach bei allen individuellen und familiären Unterschieden die Grundhaltung gegenüber Kindern wie Hunden eine andere. Es galt generell mehr eine "da muss er/sie halt durch" Einstellung. Eingewöhnung in den Kindergarten? Heute mit Elternbegleitung, Konzepten dazu etc, damals meist eine einfache Sache: Kind abgeben und fertig, das hört schon auf zu heulen und findet sich ein. Und wieso sollte man um Hunde mehr Aufriss machen als um Kinder?

    Was ich aber so aus meiner Erfahrung nicht unterschreiben kann ist die heile Welt von wegen "alle frei gelaufen, nix passiert". Sowohl bei uns in der Straße als auch auf dem Dorf wo wir in den Sommerferien hingefahren sind gab es immer die ein oder zwei Hunde, von denen jeder wusste dass mit denen nicht gut Kirschen essen ist und man ihnen besser weiträumig aus dem Weg geht. Es wurde halt bloß weniger darauf gegeben, wenn der dann eben doch mal einen auseinander genommen hat. Gehörte halt zum allgemeinen Lebensrisiko genauso dazu wie heute das geklaute Fahrrad oder Handy.

  • bloß nicht den ganzen Tag allein lassen! Glaube darüber hat sich früher auch keiner groß Gedanken gemacht.

    Man hat den Hund entweder in den Zwinger geschmissen und bellen / heulen / sich verletzen lassen oder man hat ihn entsorgt.

    Gedanken darüber hat man sich tatsächlich nicht gemacht, das ist wahr.

  • Das ist total interessant hier, vielen Dank für Eure Erinnerungen!

    In den siebzigern in der DDR, als ich ein Kind war, waren Würge- und Stachelhalsbänder bei großen Hunden die Regel. Meine Eltern fanden schon damals, das sei Tierquälerei, und haben unsere Hunde ein bißchen erzogen, damit sie nicht gar so schlimm an der Leine zogen. Auch schon mit Leckerli.

    Fleisch wurde das billigste beim Schlachter gekauft und in großen Töpfen gekocht, ich erinnere mich an ganze Kuh-Euter (das fand ich roh schrecklich eklig und wabbelig, aber gekocht schmeckte es gut!), Kutteln, Pansen. In der Brühe wurde dann Reis gekocht, und dazu gabs die Essensreste. Die "heiligen" Lehrsätze meiner Mutter waren:

    - Kein Schweinefleisch, daran stirbt der Hund"

    - Kein rohes Fleisch, davon wird er aggressiv

    - Keine Kartoffeln und Tomaten, weil Nachtschattengewächse (?)

    Der jeweilige Hund (wir hatten nacheinander zwei Dackel und einen Mittelschnauzer) war nicht die Hauptperson, aber schon ein vollwertiges Familienmitglied. Wenn einer krank war, gings sofort zum Tierarzt, egal was es kostete - obwohl meine Eltern wenig Geld verdienten. Allerdings wurden viele Krankheiten damals nicht behandelt. Ich erinnere mich an einen Hund aus der Nachbarschaft mit Diabetes, da riet der Tierarzt sofort zum Einschläfern, das könne man nicht behandeln. Und an Operationen kann ich mich gar nicht erinnern - der Hund hat einen Tumor? Dann erlösen wir ihn.

    Meine Kindheit mit Hunden war jedenfalls sehr schön, auch wenn ich viele Aufgaben übernehmen musste und oft keine Lust darauf hatte - Futter kochen, früh vor der Schule Gassi gehen...Aber das Spielen und Toben im Garten war klasse.

    Die ganze Familie hat die jeweiligen Hunde sehr geliebt, und wir haben alle geweint, wenn einer starb, sogar mein Vater.

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