Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Wer was literarischeres mag: "The Book of Goose" hat mir sehr gut gefallen, ist aber noch nicht übersetzt.

    Die Geschichte von zwei Mädchen in Frankreich nach dem 2. WK, die gemeinsam ein Buch schreiben, aber nur einen ihrer beiden Namen darauf schreiben. Als es tatsächlich veröffentlicht wird, führt das dazu, dass sich das Leben für eines der beiden Mädchen grundlegend verändert...

  • Sarah Moss – The Tidal Zone / dt. Gezeitenwechsel


    "Adam Goldschmidt lebt als hauptberuflicher Vater, nebenberuflicher Dozent und Ehemann einer überarbeiteten Ärztin in einem Vorort von Coventry. Seine Tage drehen sich um schmutzige Wäsche, vitaminreiche Ernährung und pädagogisch wertvolle Kindergeburtstage. Doch dann kommt der Morgen, an dem er einen Anruf aus der Schule seiner Töchter erhält. Er beginnt mit den Worten, von denen ein jeder hofft, sie niemals hören zu müssen: »Es ist etwas passiert«. Sensibel, humorvoll und mit einer Intensität, die unter die Haut geht, erzählt Sarah Moss von den Absurditäten eines Familienalltags in Großbritannien, von der Liebe zwischen Eltern und ihren Kindern, vor allem aber von den Momenten, die uns die Zerbrechlichkeit des Lebens vor Augen führen."


    Dieser Thalia-Zusammenfassung brauch ich eigentlich nichts mehr hinzufügen, ich fand es großartig. Herrlich britisch, herrlich aktuell und unglaublich liebevoll. In Sachen Vaterschaft fand ich das Buch einen Augenöffner. Adam kümmert sich um den gesamten Haushalt, bekommt es auch unter Stress auf die Reihe, dass die Schuluniformen seiner Töchter morgens sauber bereitliegen, kocht frisches und gesundes Essen und ist kein sexistischer Nörgeler, so wie der Vater einer Schulfreundin. Interessant auch die Hürden, die er im Alltag erlebt. Seine jüngere Tochter darf er nicht aufs Frauenklo begleiten, sie aufs Männerklo mitnehmen geht auch nicht. Auf einer Geburtstagsfeier im Schwimmbad darf er nicht dabei sein, weil ein Mann, der kleine Kinder beobachtet (egal ob seine Tochter darunter ist) geht ja mal gar nicht, die anderen Mütter finden das unangebracht. Deren Söhne auf die Toilette begleiten, das soll er aber schon. Adam ist ein großartiger Charakter, voller Liebe und Verständnis für seine Töchter und seine Frau, auch wenn er nicht alles gut findet. Er leidet sehr unter der Ungewissheit, was seine Töchter befallen hat und jeder in der Familie geht mit dieser Tatsache anders um. Generell ein ruhiges Buch, es gibt keine ausufernden Streitereien oder großartige Konflikte durch Missverständnisse, Adam ist ein kluger Mann und arbeitet zeitgleich an einem Bericht über die Geschichte der Coventry Cathedral, seine Frau Emma ist Allgemeinärztin und steht auch stellvertretend für die aktuelle Situation der NHS in Großbritannien.

  • Alma Katsu - The Deep


    Annie war Zimmermädchen auf der Titanic. Nachdem sie die Tragödie überlebte, verbrachte sie lange Jahre in einer Nervenheilanstalt. Nun bietet ihr eine ehamlige Freundin und ebenfalls Überlebende des Untergangs einen neuen Job an. An Bord des Schwesterschiffs der Titanic, der Britannic, die nun als Lazarettschiff dient. Annie überlegt nicht lange und geht als Krankenschwester an Bord. Dort erkennt sie unter den Verwundeten ein bekanntes Gesicht. Einen Mann, von dem sie überzeugt ist, dass er den Untergang der Titanic nicht überlebt haben kann.


    Ich mochte Katsus "The Hunger" gern und hier wurde mir Horror und Geister an Bord der Titanic und Britannic versprochen. Klang spannend.

    Bekommen habe ich eine Geschichte, die mit Charakteren nur so überfrachtet ist,dazu ein wenig paranormaler Anstrich - wobei nicht mal klar ist, ob man es wirklich mit dem Paranormalen oder nur den Hirngespinnsten von verängstigten und geisteskranken Frauen zu tun hat.

    Dem Buch fehlt jegliches Tempo, es plätschert ziellos vor sich hin, die Charaktere sind weder sympathisch noch ansatzweise interessant und die Auflösung der Story ist einfach hanebüchen.


    Note: 5,0

  • Ich lese gerade den letzten übersetzten Cormoran-Strike Fall „Das strömende Grab“ von Robert Galbraith.


    Bisher mochte ich die Reihe ja und konnte über sich häufende Längen in den jüngeren Bänden gut hinweglesen. Aber aktuell bin ich bei knapp der Hälfte und es zieht sich wie Kaugummi. Die verhinderte Anziehung der beiden Hauptprotagonisten nervt mittlerweile hauptsächlich und die Undercover-Ermittlung bei einer Sekte ist so glaubwürdig wie ein FDP Spitzenpolitiker in der Wohnungslosenhilfe.


    Da ich mir gestern zudem noch den neuen Adamsberg-Krimi von Fred Vargas gekauft habe, bin ich in der sehr, sehr ernsthaften Versuchung nicht weiterzulesen.

  • bin ich in der sehr, sehr ernsthaften Versuchung nicht weiterzulesen.

    :klugscheisser: immer dran denken: Lebenszeit ist kostbar. Wir sollten sie nur guten Büchern widmen.

    Ich lese in solchen Fällen nur noch die letzten drei Seiten und bin dann über alles Wichtige informiert, also wer der Mörder war, wer gestorben ist und welches Paar sich kriegt.

    Damit kann ich das Buch beruhigt dem öffentlichen Bücherschrank übergeben und mir drei weitere wieder mit nach Hause nehmen.

  • Zuletzt gelesen: "1Q84, Buch 1 & 2" von Haruki Murakami


    Puh, wo fange ich an? Nun, erst einmal kann ich nur sagen, dass dieses Buch mich dann doch recht schnell in seinen Bann gezogen hat und ich es als einen richtigen Lesegenuss empfand. Murakami kann aber auch einfach schreiben. Seine Geschichten muten ja oft sehr eigentümlich und mitunter bizarr an, aber dennoch oder gerade deshalb will man unbedingt wissen, wie es weitergeht.

    "1Q84" ist ein typischer Murakami: verschachtelt, mysteriös und manchmal ein wenig verstörend. Der männliche Protagonist ist ein junger Mathematiklehrer namens Tengo, der in seiner Freizeit gerne schreibt und ein eigentlich ruhiges Leben führt, bis er durch seinen Kontakt zu einem begabten, aber menschlich nicht immer einfachen Verleger ein Manuskript liest, das ihn einfach nicht mehr loslässt. Der Schreibstil der Geschichte ist zwar sehr knapp und so schmucklos, dass er stark zu wünschen übriglässt, aber die Geschichte an sich ist spannend, ungewöhnlich und erfrischend. Doch das Manuskript müsste dringend überarbeitet werden, um Chancen auf kommerziellen Erfolg zu haben. So trifft Tengo die junge Eriko Fukada - Fukaeri -, aus deren Feder das Manuskript stammt. Die schöne Siebzehnjährige ist schweigsam, drückt sich auf eine sehr eigentümliche Art aus und behauptet, dass die in dem Manuskript geschilderten Ereignisse tatsächlich so passiert sind. Aufgewachsen in einer alternativen Gemeinschaft, aus der sich die friedliche, aber von der Außenwelt sehr abgeschottet lebende "Vorreiter"-Sekte entwickelte, verließ Fukaeri diese im Alter von 10 Jahren plötzlich und lebt seitdem in den Bergen bei einem ehemaligen Freund ihres Vaters - dem Sektenführer - und dessen Tochter.

    Nachdem Fukaeri einwilligt, dass Tengo ihr Manuskript überarbeitet, wird dieser in immer rätselhaftere Ereignisse hineingezogen, die ihn schließlich vor die Frage stellen, was denn nun Fakt ist - und was Fiktion...

    Und dann ist da Aomame, die weibliche Protagonistin. Als Kind eine Zeugin Jehovas, hält sie inzwischen nicht mehr allzu viel von organisierter Religion. Durch ihre Arbeit in einem Sportstudio lernt Aomame schließlich eine wohlhabende, aber geheimnisvolle alte Dame kennen und zwischen den beiden entsteht eine ganz besondere Verbindung, denn die alte Dame, die ein Frauenhaus betreibt, möchte Männer ins Jenseits befördern, welche ihre Partnerinnen auf grausamste Weise misshandelt und missbraucht haben. Aomame hat schon einmal einen geliebten Menschen gerächt - und erklärt sich dazu bereit, auf Auftrag der alten Dame hin Männer auszulöschen. Doch auf ihrem Weg zu einer solchen Mission wird Aomame irgendwie in eine andere Realität hineinkatapultiert, wie sie anhand von veränderten Kleinigkeiten in ihrer Umwelt erkennt - sie nennt dieses Jahr anstatt des normalen Jahres, in dem sie sich befand, nicht 1984, sondern "1Q84". Und in 1Q84 geschehen zutiefst seltsame, ja höchst beunruhigende Dinge...

    Wer sind die "Little People", welche aus dem Maul einer toten Ziege gekrochen sind? Was bedeutet es, wenn auf einmal zwei Monde am Himmel stehen? Welche schrecklichen Dinge geschehen im Namen des "Leaders" innerhalb der Vorreiter-Sekte? Was hat es mit der "Puppe aus Luft", dem Titel von Fukaeris Geschichte, auf sich, kann man tatsächlich eine Puppe aus Luft machen und zu welchem Zweck sollte man so etwas überhaupt tun? Und warum scheint das Schicksal von Tengo und Aomame untrennbar miteinander verbunden?


    Nicht alle dieser Fragen werden beantwortet, vieles bleibt offen, denn es gibt noch "1Q84: Buch 3". Und ja, dieses werde ich wohl schon sehr bald lesen, da ich unbedingt wissen möchte, wie es weitergeht.

  • Eowyn Ivey – The Snow Child / Das Schneemädchen


    "Alaska in den 1920er Jahren: In dem Wunsch, neu anzufangen, zieht das kinderlose Paar Mabel und Jack nach Alaska. Das harte Leben in der Wildnis setzt den unerfahrenen Neusiedlern sehr zu. Mit dem ersten Schneefall überkommt die beiden jedoch ein schon verloren geglaubter Übermut, und sie bauen zusammen ein Kind aus Schnee. Tags darauf entdecken sie zum ersten Mal das feenhafte blonde Mädchen zwischen den Bäumen am Waldrand. Woher kommt das Kind? Wie kann es allein in der Wildnis überleben? Und was hat es mit den kleinen Fußspuren auf sich, die von Mabels und Jacks Blockhaus wegführen?"


    Inspiriert von der russischen Märchengestalt Snegurotschka ist das "Schneemädchen" ein ganz bittersüßes, teils melancholisches und ruhiges aber sehr liebevolles Märchen, um ein ältliches Ehepaar und ein junges Mädchen aus der Wildnis. Während Mabel und Jack beide auf verschiedene Weise versuchen das Kind mehr an sich zu binden und Teil ihres Lebens werden zu lassen, wahrt das Mädchen immer eine Distanz, kommt problemlos in harschen Wildnis zurecht und zeigt sich auch nur in den Wintermonaten. Etwas Foreshadowing kommt zustande, als Mabel sich an eine Snegurotschka-Geschichte aus ihren eigenen Kindertagen und die verschiedenen Enden der ähnlichen Sagen und Märchen um diese Gestalt erinnert.

    Das letzte Viertel des Buches fand ich dann doch etwas übereilt und überraschend konventionell. Das Ende an sich fand ich jedoch nachvollziehbar.

  • Gestern Abend mein bisheriges Highlight des Lesejahrs 2024 beendet:

    Percival Everett - Die Bäume (orig. the trees)

    Ich will gar nicht so viel verraten, aber das Buch ist eine Art surrealer Kriminalroman, der auf historischen Ereignissen beruht, die der Autor in der Gegenwart weiterspielt. Es geht um Lynchmorde, um Rache, um Rassismus in der aktuellen Zeit, und es ist einfach großartig geschrieben, erschütternd wie skurril, witzig und bitterböse. Zunächst spielt die Geschichte im Ort Money, Mississippi, weitet sich dann landesweit aus und reicht hinein bis ins Weiße Haus, wo ein verängstigter Nr. 45 seinen Auftritt hat, der besser und treffender nicht hätte beschrieben werden können. Köstlich diese Szene!

    Sehr dialoglastig und aufgebaut wie ein Film, den man Szene für Szene beim Lesen verfolgt, und so war das Lesen für mich ein großes Vergnügen, das nachhallt und bei aller Komik doch sehr nachdenklich macht.

    Habe noch ein Buch von diesem Autor auf dem suB liegen (James) und noch eins bestellt (Erschütterung), und freu mich, diese Entdeckung gemacht zu haben.

  • Das Schneemädchen war noch eine Empfehlung unserer lieben Kathrin, der ich gefolgt bin. Ich mochte das Buch sehr und habe es gerade diesen Winter erneut gelesen und unserem Lesekreis vorgestellt.
    Ich vermisse Kathrin sehr, gerade auch im Hinblick auf Empfehlungen, denn sie war so offen und vielseitig interessiert, dass man auch mal rechts und links seiner gewohnten Interessen geschaut hat. Auch Fred Vargas war eine ihrer Empfehlungen....


    Gruss

    Gudrun

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