Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2
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Hummel -
6. Juni 2018 um 05:32 -
Geschlossen
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Zuletzt gelesen: "Unsichtbare Frauen: Wie eine von Daten beherrschte Welt die Hälfte der Bevölkerung ignoriert" von Caroline Criado-Perez
Ich würde dieses Buch gerne all jenen Menschen in die Hand drücken, die behaupten, wir seien schon im Zeitalter des Postfeminismus und der Geschlechtergleichstellung angekommen. Ebenso gerne all jenen, die die das Thema der Frauenrechte gleich mal runterspielen und dann vielleicht auch noch über angeblich unwichtige "Randphänomene", die in Wahrheit gut die Hälfte der Weltbevölkerung betreffen, ihre Stammtischparolen loslassen.
Ja, es tut mir leid - ich bin wütend. Das Buch ist eines, das wütend macht. Criado-Perez hat akribisch und sorgfältig recherchiert und das Ergebnis ist ein eindrückliches, flüssig zu lesendes Plädoyer für Veränderung.
Die Autorin, welche auch als Aktivistin tätig ist, zeigt auf, wie sehr Frauen immer noch in allen Lebensbereichen benachteiligt, nicht bedacht, ja mitunter einfach vergessen werden. Besonders tragisch ist das in der Medizin, wo es z.B. meistens schwerer fällt, für frauenspezifische Problematiken Forschungs- und Förderungsgelder zu erhalten, ein gutes Beispiel dafür ist die Endometriose, die zahlreiche Frauen weltweit betrifft und mit teils quälenden, täglichen Schmerzen verbunden ist - und die sich auf den gesamten Körper negativ auswirken und verheerende gesundheitliche Folgen haben kann. Frauen sollen sich nicht so anstellen und einfach Schmerzmittel einwerfen? Tja, leichter gesagt als getan, denn Criado-Perez hat sich auch mit dem Thema der Medikamente befasst und kann überzeugende Studienergebnisse für die traurige Tatsache liefern, dass Medikamente bei Frauen öfter als bei Männern unerwünschte Nebenwirkungen haben - oder schlicht nicht wirken, was unter Umständen lebensgefährlich sein kann. Eine Frau hat einen Herzinfarkt? Tja, da deren Symptome gerne mal als "atypisch" klassifiziert werden, ist ihr Risiko, mit unerkanntem Herzinfarkt heimgeschickt zu werden, deutlich höher als bei Männern - auf medizinische Versorgung warten mussten sie in dem Fall in der Ambulanz ohnehin schon länger als die Männer, wofür es ebenfalls handfeste Daten gibt.
Ob Entwicklungshilfe, die an den tatsächlichen Bedürfnissen und Lebensbedingungen der Frauen vorbeigeht, ob an männlichen Körpern ausgerichtete Crash-Test-Dummys für Autos, ob schlechtere Bezahlung und Abwertung der intellektuellen Kapazitäten, ob unbezahlte und oftmals zermürbende, psychisch und körperlich extrem belastende Care-Arbeit - Frauen sind nach wie vor in allen Lebensbereichen diejenigen, die es schwerer haben. Man kann dieses Buch eigentlich fast nur häppchenweise lesen, zu fassungslos machen die hier auf den Tisch gebrachten Fakten.
Klare Leseempfehlung meinerseits.
Witzig, von mir bekommt das Buch keine Leseempfehlung. Thema ist wichtig, keine Frage. Aber mir persönlich wurde einfach zu oft das "unpaid care work"-Argument (ich hab es auf Englisch gelesen) gezückt und umfangreich ausgeführt. Dagegen kamen die Beispiele etwas kurz. Allerdings hab ich mir das damals auch gekauft, nachdem ich einen "Werbe"-Artikel dazu gelesen habe und leider kam quasi alles spannende schon in diesem Artikel vor.
Mir persönlich hat "Das Patriachat der Dinge" deutlich besser gefallen und es geht in eine sehr ähnliche Richtung.
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Hi,
Interessiert dich dieses Thema ? Dann schau doch mal hier *.
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So unterschiedlich ist das, ich finde gerade das Thema eigentlich sehr spannend und bekomme gerade auch im eigenen Umfeld mit, wie viele Frauen davon eigentlich betroffen sind und was das auch für deren eigene Lebensqualität und Gesundheit mitunter bedeutet.
Mein "Lieblingskapitel" war aber tatsächlich das zum Thema Gesundheit - da habe ich teils echt Schnappatmung bekommen. Meine Mama hat ja leider Gottes die Diagnose endometriales Stroma-Sarkom, eine sehr seltene und leider äußerst aggressive Unterleibskrebserkrankung. Da habe ich mich schon gefragt bei Lektüre des Buches, ob wir bei der Behandlung von weiblichen Unterleibskrebsarten weiter sein könnten, wenn wir nicht in einer so patriarchalischen Gesellschaft leben würde. Bei Endometriose das Gleiche, es ist unfassbar, dass Frauen da oftmals immer noch einen jahrelangen/jahrzehntelangen Leidensweg haben, ehe sie korrekt diagnostiziert und behandelt werden...
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In der Sendung, in der ich arbeite, werden oft Gesundheitsthemen aufgegriffen, als Ratgeberbeitrag. Von Herzinfarkt bis Fußpilz.
Als der Vorschlag kam, einen Beitrag zu Endometriose zu machen, hiess es dann (und das NICHT nur von Männern), das würde niemanden interessieren, über "sowas" mag man am Vorabend doch keinen Beitrag sehen, das sei zu speziell, betrifft nur eine Randgruppe usw.
Da liegt ein Teil des Problems. "Frauenthemen" sind unsichtbar, sollen unsichtbar sein, das sitzt ganz tief.
Wir haben das durchaus heftiger diskutiert - am Ende gabs den Beitrag aber.
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Da wußte ich echt nicht, ob ich einen Wut-Smiley setzen sollte oder einen Danke-Smiley.
Nur interessehalber: über das Thema Fußpilz mag man aber am Vorabend einen Beitrag sehen, ja? Weil das ja so appetitlich ist beim Abendbrot?
Aber Frauenthemen sind zu eklig?
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Ja so ungefähr.... Das sitzt echt tief drin. Wie gesagt, es waren Frauen, die dagegen argumentiert haben und das nicht so wichtig fanden. Aber die gute Seite hat gesiegt :-)
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Neuer Stoff:
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Jörg Bernig - Niemandszeit
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Edgar Selge - Hast du uns endlich gefunden
Christian Kracht - Eurotrash
Kim Jiyoung - Geboren 1982
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Oh, spannende Auswahl. Da bin ich ja auf deine Meinung gespannt.
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Oh, spannende Auswahl. Da bin ich ja auf deine Meinung gespannt.
Bei etwas Speziellem von der Liste?
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Tatsächlich bei allem
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Najut.
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