Für die Leseratten - Der Bücherthread - Teil 2

  • Nino Haratschiwili - Das achte Leben (für Brilka)

    Auf diesen Roman kam ich vor ewigen Jahren durch eine Bloggerin. Ohne zu wissen, worum es geht, hat es mein Interesse geweckt. Dieses Jahr hab ich mir dann eingebildet, es unbedingt zu lesen. Eine georgische Familiensaga auf fast 1300 Seiten. Uff, so gaaar nicht mein Genre, aber man wächst ja mit den Herausforderungen |)

    Und was soll ich sagen, alles in allem war ich positiv überrascht. Der Schreibstil ist sehr flüssig und lässt sich gut runterlesen, die Autorin versteht sich darauf, historische Geschehnisse einzubinden, wichtige Begebenheiten auszuführen und andere nur anzureißen. Sie präsentiert genau die richtige Mischung aus "Show" und "Tell". Gleichzeitig sind die Charaktere sehr realistisch. Nicht immer sympathisch, aber nachvollziehbar, nicht immer geht man mit ihnen konform, aber immer kann man sie doch irgendwo verstehen in ihren Handlungen.

    Trotzdem hat der Roman auch Schwächen. Durch die Länge kommen auch Phasen der Langeweile und Wiederholung. Ebenso könnte man meinen, Georgien sollte kein Kinderproblem haben - georgische Frauen schaffen es jedenfalls sehr schnell, schwanger zu werden, vor allem dann, wenn sie es nicht gebrauchen können. Auch die männlichen Figuren kommen insgesamt nicht sehr gut weg. Haben die weiblichen Figuren noch eine recht ausgeglichene Positiv-Negativ-Seite, tendiert es bei den Männern mehr ins Negative. Vor allem bei den Nebenfiguren scheinen die Männer nur Vergewaltiger und Schläger zu sein...

    Trotzdem, insgesamt ist es wirklich sehr lesenswert, und zusätzlich bekommt man einen Einblick in die Geschichte von Georgien und der UdSSR. Ich werde auch die anderen Romane der Autorin noch lesen, doch da fast alle eine ähnliche Länge haben, muss ich erstmal ein wenig pausieren. Sonst könnte es doch einen Haratschiwili-Overload geben.

  • Ich habe in letzter Zeit generell das Gefühl, dass eigentlich kein Roman den ich kannte in der Länge, die auch hätte haben müssen. Also alle 1000+ Seiten Bücher hätten auch ohne Probleme 800 Seiten haben können ohne etwas von ihrer Qualität einzubüßen. Es sind einfach ganz oft Wiederholungen dabei oder Gelaber, das weder der Handlung noch den Charakteren etwas bringt. Also bisher... kein richtiger Klopper hätte wirklich 1000 Seiten gebraucht, weil er sonst seine Geschichte nicht erzählen kann.

  • Hm... So ganz passt es nicht hier. Also die Seiten irgendwie hat es schon gebraucht, gerade, weil die Autorin sehr gut verschiedene Stränge spinnt, diese verwebt, jeder Charakter seine Geschichte bekommt - die auch eigentlich interessant ist -, jeder sein Schicksal. Aber, auch wenn es berechtigt ist, ist es halt irgendwann anstrengend, so lange die relativ dramatischen Schicksale zu verfolgen. Bei nem Fantasy-Roman ist das ja zum Beispiel anders, du hast (für gewöhnlich) die Heldenreise, es passiert was, es werden Geheimnisse gelüftet etc. Ist hier halt anders. Es werden Leben verfolgt und betrachtet, und das ist halt auch emotional irgendwann herausfordernd. Und auch, wenn einige Passagen für die Geschichte durchaus Relevanz haben, sind sie halt doch nicht zwingend spannend.

  • Und ich revidiere meine Aussage auch ein wenig- mir ist eingefallen, dass ich die Länge bei der Trilogie von Justin Cronin genau richtig fand. Aber da merkte ich auch gar nicht, dass das soviele Seiten waren. Bis heute eines meiner größten Lesehighlights.

  • "Wohin die Krähen fliegen" hat in der Übersetzung auch über 1000 Seiten und für mich keine zu viel :herzen1:

    "Das achte Leben" habe ich ja leider vor über drei Jahren mal abgebrochen, irgendwo zwischen erstem Drittel und Hälfte. Dabei fand ich es durchaus interessant, damals war es mir nur einfach too much, hatte nicht den Kopf frei dafür. Die Längen hab ich allerdings schon auch wahrgenommen und hadere darum noch mit mir, ob ich ihm noch mal eine Chance gebe...

  • Donna Freitas - Wie viel Leben passt in eine Tüte? (Angebrochen)

    Okay, das war glaube ich einfach das falsche Buch direkt nach "Das achte Leben", aber es war so viel Klischee, wie man nur in ein Jugendbuch packen kann. Tote Mutter, die ne Message hinterlässt; Prota hat nen Freund, es gibt aber nen anderen Love Interest (ruhig und geheimnisvoll); beste Freundin mit Migrationshintergrund (das ist irgendwie immer mehr geworden...). Man weiß, wie es läuft, man weiß, wie es endet. Und dazu ein Schreibstil, der mir den letzen Nerv raubt (Ich-Erzählerin, die jeden mit Vor- und Nachnamen vorstellt; unnötige Handlungen werden ausführlich beschrieben, scheinbar, um Lebendigkeit zu suggerieren - wie in einem Schreibkurs gelernt). Und Probleme, die ich nicht nachvollziehen kann, nur um den alternativen Love Interest zu begründen (wenn die Mutter stirbt, versteh ich ja, dass man keine Lust auf Sex hat - aber dass man von dem Typen, mit dem man bisher super glücklich war, nicht mal mehr geküsst oder in den Arm genommen werden möchte? Seriously?)

    Also... Nein, nach 60 Seiten war genug. Nicht schlecht, aber nicht gut genug, dass ich meine Zeit darauf verschwende.

  • Sarah Moss – The Fell

    England, November 2020 – Kate befindet sich mit ihrem Sohn Matt in einer 10-tägigen Isolation inmitten der Corona-Pandemie. Nach ein paar Tagen weiß sie nicht mehr was sie machen soll, die Decke fällt ihr auf den Kopf und eines Abends wagt sie einen kurzen Spaziergang ins nahe Moor, nur ganz kurz, es wird ja gleich dunkel, es ist keiner unterwegs, und sie MUSS mal raus, denn sonst ..... Nachbarin und Hochrisikopatient Alice beobachtet Kate, wie sie unerlaubterweise das Haus verlässt ...

    Doch Kate verunglückt auf ihrem Spaziergang und ganz plötzlich wird aus dem heimlichen Spaziergang eine großangelegte Rettungsaktion...

    Ich fand Sarah Moss' Summerwater, was ich kürzlich gelesen hab, schon toll und hab jetzt ein Drittel von The Fell durch und liebe es schon wieder. Der durchblitzende britische Galgenhumor, die durchsickernde Hoffnungslosigkeit und Verzweiflung und wie Kate und Alice jeweils versuchen mit den Einschränkungen klarzukommen. Ich hatte gar nicht mehr auf dem Schirm, wie aktuell das Buch eigentlich ist, ich hoffe es geht genauso gut weiter wie es bis jetzt war.

  • BeardiePower Wann war denn die Flucht? Ich kenne eine Person, die ca 1971 geflüchtet ist, kurz vor einer Amnestie. Sie hat sich die ersten zwei Jahre allerdings noch nicht getraut, aber danach ist sie jedes Jahr in die DDR gereist - Freunde und Verwandte besuchen.

    Die Flucht war 1961, kurz nach dem Mauerbau.

    Wieder eingereist ist sie über 10 Jahre später.

    Ist ja ein Ding, daß die Person das durfte. Eigentlich kenne ich das so, daß man nicht mehr einreisen durfte.

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