Der "gefährliche" Hund

  • Würd ich zum Selbstschutz nicht machen, in so ner Kombi zu arbeiten.

    Das heisst, Du würdest die Tür nicht aufmachen und den Hund rausreichen? Und die Tür nicht wieder aufmachen und den Hund in Empfang nehmen? (Weil es besser für die Pfegekräfte ist, wenn keiner mehr die Wohnung betritt).

    Es wird doch eine Möglichkeit geben, den Pflegedienst aus der Haftung mit dem Hund/Tier zu nehmen und es eben zu regeln (das sage ich doch die ganze Zeit, dass man das schon ordentlich organisieren müsste).

    PS: Davon ab, mir scheint, dass das System als solches schon stark krankt, und dringend revisionsbedürftig ist (und ich bin mir sicher, den Pflegekräften wird viel zu viel aufgebürdet ... es geht mir nicht darum, das zu verhamlosen ... und ich würde in D nicht pflegebedürftig werden wollen, keine Frage ... mir reicht schon völlig, was man so mitbekommt).

    Dennoch finde ich es falsch zu sagen: Nein, geht nicht, weil das meinen Interessen zuwider läuft.

  • Ich frage mich bei allem Verständnis für den Grundgedanken auch, wie und vor allem wo Pflegekräfte die zusätzliche Zeit nehmen sollen :denker: Pfleger arbeiten ja so schon mehr Akkord, als ihnen lieb ist! Kommt dann der EH Gassigänger nicht rechtzeitig (Stau/Öffis Verspätung) zum abholen, oder kommt nicht zeitig vom Gassi zurück, weil ...

    Dass Haustiere absolut gut sind, oder sein können für pflegebedürftige Menschen, steht außer Frage :bindafür:

    Meine Freundin besucht regelmäßig mit ihren Hunden Bewohner (also eine feste Station) in einem Seniorenheim, die leuchtenden Augen der Leute sind unbezahlbar :herzen1: aber ihr Job ist nur der mit ihren Hunden und keinerlei Doppel'belastung' (<-- die Anführungsstriche erkennt und versteht man bitte richtig!)

    Ein schwierig umzusetzendes, aber sicher auch ein wichtiges Thema zukünftig!

  • Würd ich zum Selbstschutz nicht machen, in so ner Kombi zu arbeiten.

    ...

    Dennoch finde ich es falsch zu sagen: Nein, geht nicht, weil das meinen Interessen zuwider läuft.

    Na komm, Interesse/Desinteresse und Verantwortung sind zweierlei Dinge!

  • Na komm, Interesse/Desinteresse und Verantwortung sind zweierlei Dinge!

    Wieso?

    Habe rein auf zuletzt Formuliertes geantwortet,und das bezog sich in der Begründung auf eine potentielle Haftung/Verdachtsmomente .... Und das kann ich sogar sehr, sehr gut nachvollziehen, was ich auch so formulierte ... und natürlich hängt dort auch wieder zu tragende Verantwortung dran, und sei es die eigene ... Das ist nichts schlimmes, das muss man einfach mal so sehen, wie es ist. Mir ist klar, dass man sich nicht alles auf die Schultern laden kann. Und dennoch finde ich es nicht richtig, dass man Zustände (im Zusammenleben mit Tieren, die involviert sind) so lässt, wie sie sind, weil es eh schon schlimm ist.

  • Wieso?

    Weil im angesprochenen, bestehenden System Verantwortung ggü. kranker, pflegebedürftiger Menschen schwerer wiegt! Der Jetztzustand müsste m.M.n. erst enorm verbessert werden!

    Danach zusätzlich einen Bereich für die Haustierumsorge pflegebürftiger Menschen 'einzurichten' oder wie man das benennen kann, ja absolut super finde ich das, aber eben nicht im schon sehr, sehr desolaten Jetztzustand.

  • Ich betreue übrigens Tiere mit. Sofern der Pflegeaufwand so hoch ist, dass nur meine Berufsgruppe vor Ort arbeiten darf. Anders geht sich das auch zeitlich nicht aus. Jede Pflege- und Betreuungshandlung hat klar definierte Dauer zugewiesen.

    Für reines Gassigehen sind die Arbeitsstunden meiner Berufsgruppe zu teuer. Bzw übernehmen das Pflegefonds und Co. nicht, sofern die Pflegestufe nicht hoch genug ist oder der Teil Privat bezahlt wird.

    Private Gassiservices die in Wohnungen wirklich rein müssen, machen ab einem bestimmten Punkt die Arbeit von Pflegepersonen nimmer so möglich, dass das für Mitarbeiter und Anbieter noch sinnvoll möglich ist. Wir bewegen uns in so engem gesetzlichen Rahmen. Nein, es ist schon teilweise kritisch, wenn Angehörige Dinge tun, die ich zb nicht darf, aber belegen muss, dass nicht ich es war.

    Als Pflegeperson im extramuralen Bereich bist Du sehr schnell sehr dran. Beweise mal, wenn jemand mit ner Thrombose ins Krankenhaus eingeliefert wird, dass Du die Bandagen angelegt hast, wie angeordnet und nicht der hilfsbereite Irgendwer wieder abgenommen hat, weil Frau X sagt: "Könnten Sie mir kurz helfen? Die Dinger zwicken so. Könnens die runter nehmen?"

    Oder finde mal den hilfsbereiten Menschen, den es kalt lässt, wenn Herr Y sagt: "Bei mir waren schon seit 2 Tagen keine Pfleger mehr. Ich hab seither gar nix gegessen".

    Ich gehe davon aus, dass die Anzahl an Beschwerden bei den Dachorganisationen oder gleich Polizei massiv zunehmen würde, weil ständig wer anruft, der zb das Krankheitsbild eines Klienten überhaupt nicht kennt und schwer entsetzt ist.

    Auch wenn der Herr Y gerade vor ner halben Stunde von mir Mittagessen gekriegt hat, aber es nimmer weiß. Oder gerade Mitleid braucht oder gerne andere Einsatzzeiten hätte und deshalb hintenrum Druck machen versucht. Oderoderoder.


    Vor lauter Fallprüfungen käm man zu nix mehr.

    Die Schlüsselsache hatte ich übrigens real auch schon mal mit einem an einen anderen Pflegedienst angeschlossenen Gassiservice. Da gab es immerhin eine Nummer, die auch abends besetzt ist. Sonst ist da echt die Kacke am Dampfen für die Pflegedienste bzw denjenigen, der zuletzt Dienst hatte.


    Und nein, dafür hielte ich meinr Existenz nicht hin. Ich brauch auch echt keine Gerichtsverfahren oder drohendes Berufsverbot. Und auch nie wieder einen Anruf aus dem Krankenhaus, wer der 100 jährigen mit dem offenen Unterschenkelbruch die Beine so dilletantisch bandagiert hat, dass sie ihr fast abstarben und sie sich vermutlich im Steckgitter davon befreien wollte und hängen blieb.

    Gar nicht lustig. Und auch sowas passiert, wenn zuviele Köche herum wuseln.

    Ganz abgesehen von "Wo sind die 700 Euro Pension hin, die da auf dem Tisch lagen?"

  • Warum muss das arme Tier bei den pflegebedürftigen Personen bleiben ?

    Weil Hunde auch Sozialpartner sind, die für den kranken Menschen eine wichtige Säule seiner Existenz sein können.

    Warum lässt man so lange wie möglich einen Menschen in seiner gewohnten Umgebung? Weil sonst ein Gerüst zusammen fallen würde, welches seinen Lebenswillen zusammenhält.

    Ich lese hier gerade echt interessiert mit, kann aber nichts dazu sagen, weil auch mir keine Patentlösung einfällt.

    Ein schwieriges Thema.

  • Und der Hund muss drunter leiden, dessen Bzugsperson kann sich nciht kümmern, der Hund meint womöglich die Bezugsperson verteidigen zu müssen und/oder das Territorium, dann wird das für's Pflegepersonal gefährlich und wenn die Bezugsperson dann stirbt ist der Hund nach einigen Beisvorfällen womöglich unvermittelbar. Das ist doch auch nicht viel besser als die Frau, die mit ihrer Katze begraben werden wollte...

    Lebenswille erhalten... irgendwann geht es halt nicht mehr anders, meine Oma ist schon Jahre im Heim mit schwerer Demenz, das ist nur noch ein Dahinvegetieren, früher hat meine Oma immer gesagt "mit Tieren ist man gnädiger, die werden erlöst" , wenn sie solche Fälle mitbekommen hat. Recht hat sie. Und ein anderes Leben, das des Hundes, wird dafür geopfert.

  • Sehr viele pflegebedürftige Menschen haben keine Angehörigen oder keinen Kontakt. Viele Angehörige sind selbst pflegebedürftig.

    Wer zahlt die Therapie- und Besuchshunde? Auf ehrenamtlich organisierter Basis hätte man im größeren Stil wieder ne Menge Schwierigkeiten.

    Oft genug weiß auch im Prinzip niemand von dem Tier.

    Für den Amtsveterinär ist es meistens nicht schlimm genug, solang das Tier nicht massiv unterernährt ist oder so.

    Für erschreckend viele Menschen sind Hauskrankenpflegepersonen der einzig noch bestehende regelmäßige menschliche Kontakt. Und die haben auch nicht zwingend alle ein Auge dafür, was noch passt und was nimmer.

    Dass dem Rottweiler ein Stück Darm raus hängt und er 10 Kilo oder so zuwenig hat, das haben manche Kolleginnen einfach nicht gesehen, zudem lag der Hund immer unterm Tisch. Hab ihn selbst erst nach geschätzten 10 Einsätzen erstmals zu Gesicht bekommen.

    Heimeinweisung. Sachwalter und Sozialarbeiter wissen entweder nicht von der Katze im Haushalt oder dass der Angehörige stationär im Krankenhaus liegt. Die eingewiesene Person ist nicht in der Lage sich mitzuteilen.

    Wär nicht nächsten Tag Teambesprechung gewesen, wo der Klientenabgang Thema war, und hätt ich nicht gefragt, was mit dem Kater ist und hätt ich nicht ne Einsatzleitung, die erlaubt hat und ermöglichte, dass der Angehörige im Krankenhaus kontaktiert wird, der mir wiederum die Erlaubnis erteilte mit Zeugen in die Wohnung zu gehen und den Kater zu holen, was auch nur möglich war, weil ich aus welchen Gründen auch immer exakt einen Schlüsselcode jemals auswendig kannte, nämlich den zu der Wohnung, und er war noch nicht geändert worden, wär der Kater verhungert und verdurstet.

    Weil ich heut grad Dienst hab und man sowas sehr häufig begegnet: Ehepaar, beide pflegebedürftig. Bettlägrig bzw im Rollstuhl. Dazwischen ein uralter Kater. Irgendwer, vermutlich die Nachbarin, macht noch das Katzenklo. Gefüttert wird er auch. Der ärgste Filz ist auch von jemande weg geschnitten worden. Soll man den Kater weg nehmen? Warum?

    Oer ab wann soll oder muss ein Hund weg. Und wohin?

    Da geht es trotz alledem um Sozialpartner. Da lebt Hund auf 20m2 und Besitzer dauerhaft nur noch auf 2m2, investiert sein bisschen Geld in Bratwurst für den Hund und Pinkelunterlagen und kündigt sehr glaubhaft die Selbsttötung an, wenn der Hund weg käme. Hund hat Wasser, Futter, einen Menschen und Kot und Urin räumen die Pfleger weg. Ist es gerechtfertigt, den Hund weg zu nehmen? Ist es sinnvoll?

    Ist das Tier hier nicht fast besser dran, als der Mensch?

    Keine Ahnung. Glücklicherweise stellen sich diese Fragen nicht täglich und es werden deutlich mehr Katzen gehalten, als Hunde, in Lebenslagen wo die Pflegestufe zu niedrig ist für einen Heimplatz oder ein solcher vehement abgelehnt wird.

    Wo sehr plötzlich zum "Ging noch ganz gut" irgendwas dazu kommt und jemand von heute auf Morgen von ein bisschen Betreuungsbedarf zb 1x die Woche auf komplette Immobilität und Dauerbetreuung 3xtgl 90 Minuten zb hochschnellt.

    Oderoderoder. Ein unfassbar breites Feld an möglichen Szenarien. Gemocht werden im Grunde eigentlich alle Tiere, die da irgendwie mitwohnen. Ideal ist es oft nicht, grenzwertig häufiger. Völlig unhaltbar vereinzelt.

    Teilweise echt schwierig. Wobei ich im Zweifelsfall immer den Amtstierarzt einschalte. Damit macht man sich dann aber auch keine Freunde oder ne vertrauensvolle Basis um dort noch arbeiten zu können oder überhaupt noch in die Wohnung zu dürfen

    Um die Kurve zum Thema irgendwie noch zu kriegen. Ich bin in mehrerlei Hinsicht froh, dass man in der häuslichen Pflege mehr Katzen, als Hunden begegnet.

    Etwa in nem Haushalt mit schizophren psychotischem Hundebesitzer zu arbeiten, stell ich mir problematischer vor, als es manchmal ohnehin ist.

    So weit das etwa im Fall Chicco berichtet wurde, war da auch Pflegebedarf der Besitzer gegeben. Ich war nicht dabei, aber rein aus dem, was einem in den Haushalten dieser Welt unterkommt, kann ich mir diverse Szenarien ausmalen, dass genau sowas passiert.

    Natürlich nicht mit jedem Hund und jedem Menschen mit Pflegebedarf, aber da wären zig Bilder, wie es so weit kommen kann und dass die physischen und psychischen Einschränkungen von Haltern, deren zwischenmenschliche Verstrickungen und dazu ein Hund, auch ein Pulverfass sein kann. Oder dass mich zumindest eine Menge nicht überraschen würde.

    Was dazu geführt hat, dass ich weiterhin niemandem das Recht auf Hundehaltung absprechen würde, aber unter manchen sozialen und gesundheitlichen Vorraussetzungen stark hoffe, dass der Hinweis im Dienstplan "Hund im Haushalt" einen kleinen Hund meint

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