Natur Austausch-Thread

  • Die Tagebaulöcher sind ein gutes Beispiel. =) Ich finde die Landschaften dort und wie die Natur sie sich langsam zurück erobert auch wunderschön.



    Eilinel in den hiesigen Wäldern ist eigentlich kaum ein Baum allein gewachsen, die meisten werden gepflanzt und wegen späterer leichter "Ernte", eben in Reih und Glied. Ich mag allerdings auch Wälder mit mehr "Unordnung" und vielen verschiedenen Baumarten lieber. Ich wohn ja in Brandenburg, da dominiert die Fichte. Auch wenn die für mich auch irgendwie Brandenburg ist, genieß ich doch Mischwälder sehr.

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    Hi


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    • Die Renaturierungsflächen sind unglaublich schön. Richtig viel Wild und Pflanzen, die ich noch nie irgendwo gesehen habe. Ich finde, da geben die sich echt Mühe und das bringt auch richtig was.

      Ja, und besonders "toll" ist es, wenn die Firmen, die da abgebaut und renaturiert haben, in Zeitungen schreiben, daß das renaturierte Gelände praktisch viel besser ist als vorher, weil da ja sooo viele Tiere und Pflanzen sind. Wir bekommen vom hiesigen Gipsunternehmen seit Jahren öfter eine Zeitung, die ich gerne "Gehirnwäsche-Zeitung" nenne, weil da für die Leute alles so toll beschrieben ist, auch mit Bildern und so weiter, so daß die Leute denken, daß der Gipsabbau sein muß und daß die Gipsunternehmen sozusagen Weltverbesserer sind, weil sie Arbeitsplätze schaffen und nebenbei die Natur durch Renaturierung verbessern. Die Zeitung braucht es eigentlich nicht, da der Gipsabbau und die Zerstörung der Natur hier eh niemanden interessiert, außer mich und vielleicht eine handvoll Leute.
      Wo wir dabei sind: Überall stehen Schilder, wo draufsteht, wie einzigartig doch dieses Gipskarstgebiet doch sei - und damit es nicht beeinträchtigt wird, soll man die Wege nicht verlassen, man soll sich ruhig verhalten, Hunde an die Leine, etc. Ja, und gar nicht weit von einem der Schilder klafft ein großes Loch, wo Gips abgebaut, und das einzigartige Gipskarstgebiet zerstört wird. Aber Spaziergänger etc. dürfen praktisch nichts. Klar doch. So lange, wie die da Gips abbauen dürfen, halte ich mich jedenfalls nicht an die Schilder, jedenfalls, was das "Hunde an die Leine" betrifft.

    • Ich finde, da geben die sich echt Mühe und das bringt auch richtig was.

      Naja, da muss ich ehrlich gesagt nochmal kurz einhaken. So wirklich Mühe geben sich die Bergbaufirmen meiner Ansicht nach nämlich nicht. Ich weiß, dass es fürs Auge ganz toll aussieht. Nach wunderbarer Seenlandschaft. Aber die Hintergründe sind eher traurig.
      Ich kenne ein Gebiet in der Lausitz wo Pflanzen als Ausgleich gepflanzt wurden die da absolut nicht hingehören: Robinien und Spireen. Dazu muss man wissen, dass die Böden und das Wasser extrem sauer sind durch den Abbau von Braunkohle. Teilweise so sauer, dass auch Jahre nachdem der Abbau eingestellt wurde auf Halden kein Krümelchen Pflanze wächst.


      Die beiden erwähnten Arten sind Leguminosen, das heißt sie haben an ihren Wurzeln Knöllchenbakterien die Stickstoff in den Boden pumpen. Das ist auf den ersten Blick sinnvoll, denn wie erwähnt sind die Böden durch ph-Wert und fehlende Nährstoffe sehr sehr schlecht. Auf dem zweiten Blick sind Robinien und Spireen nicht heimisch und noch dazu invasiv. Das heißt sie verdrängen heimische Arten weil sie deutlich konkurrenzstärker sind. Somit wachsen dort auf den nährstoffarmen Böden, wo sich Trockenrasen etablieren könnte (das sind sehr sehr wertvolle Biotope, die stark bedroht sind) Wälder mit aus natuschutzfachlicher Sicht völlig deplatzierten Pflanzen. Sinnlos.


      Die Gewässer sind im übrigen so sauer, dass sich auf Jahre keine Lebewesen im Wasser ansiedeln werden. Das ist auch der Grund für ihre wunderbare Klarheit, die im Auge des Betrachters erstmal schön wirkt. Abhilfe soll durch die Bergbaufirmen geschaffen werden indem tonnenweise Kalk in die riesigen Seen gekippt wird. Ein Tropfen auf dem heißen Stein, dessen Wirkung höchst umstritten ist.


      Also, ja, natürlich ist die Renaturierung wichtig und richtig. Und sicher gibt es positives Entwicklungen auf den Nährstoffarmen Standorten was auch zum Beispiel Schmetterlinge angeht. Aber ich möchte ein bißchen dafür sensibilisieren, dass das was für unser Auge so schön aussieht nicht immer wirklich sinnvoll ausgeführt ist und dem funktionalem Ökosystem nur eingeschränkt nutzt.


      Sorry für den langen Text. Das ist bißchen mein Reizthema und ich fühle mich immer dazu genötigt da ein paar Hintergründe zu erzählen. Ich könnte noch ewig weiter erzählen darüber, aber erstmal ist wohl genug |)



      bis mir irgendwann auffiel, dass er wohl künstlich angelegt sein muss. die bäume stehen alle brav im gleichen abstand, schön in reih und glied

      Das ist so ziemlich normal für alle Wirtschaftswälder mit Baumarten die so an dem Standort in Deutschland nie gewachsen wären. Also eigentlich so gut wie alle Nadelwaldbestände. Achter da mal drauf, es ist eher die Regel, dass die Bäume in Reihe und Glied gepflanzt sind ;)

    • Story of my Life....
      Morgens um halb neun.
      Keine meiner Katzen ist auffindbar. Ich finde sie Alle auf der dachterrasse, wo sie in Reih und Glied versuchen durch das Katzennetz in den Hof vom Nachbarn zu schielen. Aus dem ertönt lautes Geschrei und geflatter. Eine Amsel ist anscheinend schwer verletzt und wird von einer Meise geärgert. Und der Nachbar ist im Urlaub.
      Um neun hat dann endlich das Geschäft im Nachbarhaus geöffnet.
      Ich also Handschuhe und Handtuch geschnappt und zum Glück hatten die einen Schlüssel.
      Im Hof... totenstill. Ich hab die Ansel dann in einem beet gefunden. Grad als ich den kadaver aufheben will, schießt sie wild schimpfend an mir vorbei. Mein Herz! Eingefangen und heim und angefangen zu telefonieren. Und mit jedem Telefonat wütender auf die Menschheit geworden. So ein amselleben scheint echt nix wert zu sein.
      Irgendwann hab ich dann einen ta gefunden der sich kümmern mag... aber ich hab kein Auto und der erste Kunde stand vor der Tür. Aber zum Glück Freunde ♡ und nun hoffe ich, das der kleinen Amsel geholfen wird.

    • dass das was für unser Auge so schön aussieht nicht immer wirklich sinnvoll ausgeführt ist und dem funktionalem Ökosystem nur eingeschränkt nutzt.

      Dazu eine Anekdote hier aus der Region. Da wurde mit viel Begeisterung ein Neuntöter-Projekt gestartet und auf einer NGO-Fläche Dornenbüsche gepflanzt ohne Ende. Neuntöter kamen dann tatsächlich auch - um nach wenigen Jahren wieder zu verschwinden. Grosses Kopfkratzen, bis irgendwem dann auffiel, dass mittlerweile die Dornenbüsche ein halber "Wald" waren, dass es kaum noch freie Fläche zwischen den Dornenbüschen gab, auf denen die Neuntöter hätten jagen können. Als dann 3/4 der Dornenbüsche mühsam wieder entfernt waren, die Fläche dazwischen an und an durch Schafe beweidet wurde, mit Ziegenbesatz zum Büsche pflegen, kamen dann irgendwann auch die Neuntöter wieder.....


      Und das sind nur wenige Zusammenhänge, die da berücksichtigt werden müssten.


      Das ist für mich ein typisches Problem des "Käseglocken"-Naturschutzes, der sich nur auf eine bestimmte Art beschränkt. Damit fängt das Unverständnis für ökologische Zusammenhänge ja schon extrem an. Naturschutz müsste vom Ein-Artenschutz abrücken und lieber Lebensräume im Ganzen schützen - die dort hinpassenden Arten machen das dann schon.


      Ein anderes Beispiel - die Saatgutübertragung von ökologisch wertvollen Flächen auf ausgewählte Neu-Naturschutzflächen. Mit einem riesigen Aufriss wird da Mähgut zur Samenreife auf die Flächen gefahren. Dabei "ruhen" eigentlich unglaublich viele Samen/Rhizome im Boden, solange bis die Bedingungen wieder passen. Im Versuch, diese Entwicklung zu beschleunigen, vergißt man dabei, dass oft die Bodenanforderungen überhaupt noch nicht wieder stimmen. Auch entwickelt sich Artenvielfalt auf den Flächen in ebenfalls wichtigen Zwischenstufen, die dabei einfach zu überspringen versucht werden.
      Hier sind nach 5 Jahren verhaltener Festmistdüngung die ersten Arnika-Pflanzen aufgetaucht - ganz ohne Saatgutübertragung, die haben noch irgendwo im Boden geschlummert.


      LG, Chris

    • Ja, und besonders "toll" ist es, wenn die Firmen, die da abgebaut und renaturiert haben, in Zeitungen schreiben, daß das renaturierte Gelände praktisch viel besser ist als vorher, weil da ja sooo viele Tiere und Pflanzen sind.

      Hi,


      aber teilweise ist das doch wirklich so. In Industriebrachen bilden sich spezielle Mikroklimata und besondere Bedingungen, in denen sich eine Artenvielfalt entwickeln kann, die es in der hiesigen Kulturlandschaft so nicht gibt.


      Ein Beispiel aus Brandenburg sind die ehemaligen Truppenübungsplätze. Solche offenen, nicht agrarisch genutzten Landschaften gibt es sonst kaum, ein Spezifikum ist sicherlich der magere, sandige Boden. Dort siedeln sich nun seltene Vögel an und Insekten. (Ich hatte das Glück, dort einmal sogar den tollen Ziegenmelker zu sehen und zu hören.)


      Man muss auch bedenken, dass sowohl Wälder als auch Agrarflächen in D stark durch den Menschen geformt sind. Naturbelassene Natur gibt es in Europa nur noch in wenigen Eckchen (z.B. in diesem polnioshcen Urwald, der derzeit stark bedroht ist). Selbst Hochgebirge wie die Alpen, wie wir sie kennen, sind vom Menschen geformt.


      LG
      Sibylle

    • Das ist für mich ein typisches Problem des "Käseglocken"-Naturschutzes, der sich nur auf eine bestimmte Art beschränkt. Damit fängt das Unverständnis für ökologische Zusammenhänge ja schon extrem an. Naturschutz müsste vom Ein-Artenschutz abrücken und lieber Lebensräume im Ganzen schützen - die dort hinpassenden Arten machen das dann schon.

      Interessanter Gedanke. Aber ist es nicht so, dass man oft eine prominente Art einspannt, um Regionen unter Schutz zu stellen bzw. den Naturschutz voranzutreiben? Und geht nicht Artenschutz eh fast nur über Lebensraumschutz?! Ich schreibe manchmal Texte für den WWF und die machen das genau so, mit vielfältigen Maßnahmen - ob bei den Löwen in Afrika oder im Regenwald, wo Entwässerungskanäle nunw ieder geschlossen werden, damit der Boden ducrhfeuchtet und nicht regelmäßig alles abbbrennt.


      Solche komplexen Maßnahmen durch zusetzen ista ber sehr schwierig, weil es sowohl bei den Leuten vor Ort als auch politisch Widerstände gibt. Es sind halt große Umwälzungen ...


      LG
      Sibylle

    • Das Ding ist, die Akzeptanz für Naturschutzmaßnahmen steigt, wenn man den Maßnahmen 'ein Gesicht' geben kann. Die Begeisterung für 'wir siedeln den Neuntöter an' , der ja auch mit interessanter Ökologie aufwarten kann, ist größer als 'wir legen eine Halboffene Landschaft mit Büschen' an. Bei zweiterem fehlt glaube ich dem Laien der Bezug. Der Neuntöter ist hier als Flagshipspecies eingesetzt.
      Dass natürlich so ein Gebiet ein Management benötigt durch Beweidung oder Mahd ist klar, denn natürlicherweise würde es Verbuschen. Hier sind wir übrigens bei den zwei unterschiedlichen Ansätzen Prozessschutz vs. Artenschutz durch Managementflächen. Bei Prozessschutz passiert genau das, was du, Chris, beobachten konntest: das System wird sich selbst überlassen und es setzen natürliche Prozesse ein die dafür sorgen, dass sich ein für die Umgebung typisches Ökosystem entwickelt und dabei natürlich auch die Arzenzusammensetzung wandelt. Wir dürfen schließlich nicht vergessen, dass Deutschland normalerweise zu 90% von Wald bedeckt wäre. Und das wäre auch noch Laubwald und kein Kiefern- oder Fichtenforst. Der Bialowiezka Nationalpark in Polen den @Woodland schon erwähnt hatte verfährt genau nach dem Konzept Prozessschutz. Sich quasi ohne menschliche Eingriffe sich selbst zu überlassen. Es ist übrigens ganz wunderbar dort und jeder der mal in Polen ist sollte diesen Park nicht auslassen!
      Das Managementkonzept wäre für das Neuntöterprojekt das Richtige gewesen. Denn halboffene Landschaften kommen hier ohne Bewirtschaftung und Eingriff durch Menschenhand nicht vor.


      Für mich sind beide Ansätze wertvoll um Arten und Biotope zu schützen. Artenschutz durch Management erhält uns viele wertvolle Arten und Ökosysteme, wenn richtig durchgeführt. Prozessschutz erhält oder entwickelt uns Flächen die sehr ursprünglich sind und wo sich natürliche Gleichgewichte ganz von alleine einstellen.


      Keines von beiden ist besser oder schlechter, nur anders. Und beide Varianten haben sicher ihre Berechtigung. Artenschutz mittels Prozessschutz durchführen zu wollen klappt hierzulande nur mit einer Hand voll Arten. Der Neuntöter gehört nicht dazu.

    • Amselmadamsel hat eine Platzwunde am Kopf, wurde versorgt und wieder frei gelassen.

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