Überzogene (?) Erwartungen an Hunde aus dem Auslandstierschutz

  • Und genau da liegt ein Denkfehler. Zum einen kann nicht jeder mit jeder Rasse umgehen, bzw. passt zu ihr. Ein Kangal ist, seitens der genetischen und rassespezifischen Ausrichtung, das definitve derartige Gegenteil eines Labradors, dass es mehr als fraglich wäre, ob sich die Interressenn von Hund un Halter da, je nach Konstellation überhaupt decken würden.


    Der eigentliche Fehler liegt aber darin, seine Erziehungsmethode davon abhänigig zu machen, welche Rasseanteile denn nun "verbaut" sind. Zum einen kann man schlichtweg nicht wissen, ob und welche Reassemerkmale überhaupt zum Vorschein kommen. Zum anderen ist die Ansicht, dass verschiedene Hunde eine völlig verschiedene Art von Erziehung oder Umgangsweise benötigen, für mich schlichtweg kappes. Zwar muss muss man je nach Rasse mehr oder weniger bestimmt auftreten, sich mehr oder weniger mit ihm beschäftige und der Wechsel zweischen extrem verchiedenen Rassen kann auch ein Umdenken des Halter bezüglich des Hundes nötig machen. Die Grundumgangweise mit einem Hund, sollte und kann vom Grundsatz her aber immer die gleiche bleiben. Auch sollte man seine Methoden und seinen Umgang nicht von der Rasse, sondern vom erarbeiteten Wissen um den Charakter des jeweiligen Hunds abhängig machen. Selbst innerhalb der gleichen Rasse, können die individuellen Merkmale und Ausprägungen sehr unterschiedlich sein. Und das bedeutet, dass nicht ein bestimmtes Rassemerkmal, sondern der individuelle Charakter JEDES Hundes ausschlaggebemd für die jeweils angewandten Methoden sein sollte.

  • Also ich find's ein wenig hart, dass Du nur die 2 Möglichkeiten als Begründung für nen Rassetest offen lässt.
    Möglichkeit 3 - einfach Neugierde/Spaß fehlt z.B. ;-).


    Es haben auch schon Leute Rassetests machen lassen, die nen nachweislichen Rassehund mit Papieren haben... .


    Genauso könnte man ja sagen: "Klar, da wird jetzt gesagt, der Rassehund "XYZ" ist ja bekannt dafür dass er so und so ist."
    "Labradore sind so, Spitze sind so, Schäferhunde sind so, Dackel sind so... ."


    Wäre doch dasselbe - aber auch innerhalb einer Rasse sind nicht alle Hunde gleich - und bei einigen gibt's ja auch sehr sehr viele Schläge in alle Richtungen.


    Rassehundehalter sagen z.B. oft: "Die Mutter war so, der Vater so, darum..." - jo, muss aber eben auch nix heißen, vielleicht kommt Eigenschaft XYZ aber vom Urgroßopa/Oma.
    Trotzdem wird es meistens so angenommen.


    Und ich finde auch nichts verwerfliches daran, dass man wenn man eine Rassevermutung hat da gewisse Eigenschaften reininterpretiert.
    Schubladendenken hilft ja bekanntlichermaßen auch das Chaos im Hirn zu ordnen.
    Darum ordnen wir uns unbekannte Menschen ja auch unwillkürlich in eine Kategorie ein.


    "Ich habe einen eigenständigen Hund" - ja, kann man sagen. Ist vielleicht auch so. Aber wenn man z.B. 2,3 Rassen vermutet, dann kann man sich ein "Könnte sein" im Hirn verankern - das ist doch ok.


    Ich glaube auch nicht, dass in der realen Welt soviele Besitzer sagen: "Ok, da ist jetzt ein Labrador drin - hier ein Windhund - beide haben Jagdtrieb, aber beim Labrador ist es ja nicht so schlimm."
    Da wird eher am Jagdtrieb gearbeitet und fertig.
    Wenn man aber z.B. wüßte, dass ein Windhund drinsteckt, dann könnte es aber auch einen Unterschied machen, denn die Art der Jagdtriebe unterscheidet sich ja schon, im Falle des Falles wird z.B. ein windhundartiger sich niemals abrufen lassen vom vor der Nase laufendem Wild - der Labradormix aber schon.
    Es hilft dann schon, eine Erklärung dafür zu haben, dass man sich evtl. nicht selbst als totaler Versager fühlt.
    Das ändert ja nichts daran, dass man trotzdem beständig trainieren kann.


    Also in der Realität hier ist es wirklich kein 'Trend' mit den Auslandshunden würde ich sagen - und das Rasseraten ist auch einfach nur ganz unterhaltsam, man kann sich wohl eher nicht über die Elterntiere und die Zucht unterhalten und die Brüder/Schwestern, da man oftmals keine kennt oder keinen Kontakt hat - so rätstelt man dann eben über die Rasse.


    :D

  • Mein derzeitiger Hund ist ein Terrier-Mix aus Spanien über einen kleinen Tierschutzverein aus Bayern. Er ist mein 4. Hund im Leben. Vor Willi habe ich mit einem sehr teuren Rasse-Welpen super schlechte Erfahrungen mit dem Züchter gemacht, den Hund natürlich bedingungslos geliebt, wollte aber nie wieder weit über 1000 Euro an einen solchen Züchter zahlen.


    Ich habe damals wirklich im Internet wie nach Katalog entschieden, Bild gesehen, fertig. Die Kriterien und damit meine Ansprüche waren: maximal 10 kg, weil ich ganz oben wohne und das Tragen sonst schwierig wird und nicht zu groß, damit er tagsüber im Büro zurecht kommt. Schluss. Darüber hinaus bin ich immer der Meinung, man kann jeden Hund lieb haben.


    Laut Tierschutz ein Kuschel-Mix, kinderfreundlich, katzenverträglich, quasi der Superhund.


    Was dann kam, war ein erwachsener 8-kg-Terrier-Mix, natürlich nicht stubenrein, nicht vorhandene Frustrationsschwelle, der eigentlich schon losgebellt hat, wenn man ihn nur anschaute, keine 20 Sekunden Ruhe in sich hatte, jede Leine zerbiss, Kinder und Katzen gleichermaßen als Beute jagte.


    Und der mich bei jeder Annäherung an ihn sofort richtig böse biss. Der biss, wenn ihm etwas nicht passte. Ihm war natürlich nicht klar, warum er plötzlich Kompromisse machen sollte, nachdem er auf der Straße offenbar wunderbar zurecht gekommen war.


    Trotz Hunderfahrungen über viele Jahre war ich von meinem Willi völlig überfordert, den der Tierschutz auch noch euphemistisch Zen genannt hatte, ein so unpassender Name für einen derart terroristischen Hund.


    Für mich kam eine "Rückgabe" nie in Frage, also habe ich mir Hilfe bei einer sanften Hundeschule ohne Strafreize gesucht, und ich habe gelernt, warum und wie ich mit bestimmten Reaktionen umgehen muss, Frustration des Hundes umgehe usw. Auch Willi hat im Training Neues gelernt.


    Dinge wie Stubenreinheit kommen natürlich schnell von allein, da muss man als Herrchen/Frauchen halt einfach fleißig sein und Hund ausführen, je unaufgeregter man mit Pfützen in der Wohnung umgeht, umso schneller läuft alles. Allerdings war ich von der Menge überrascht, die ein erwachsener Hund im Vergleich zum Welpen strullert.


    Das Beißen hat etwa ein Jahr lang gedauert, bis ich ihn auch mal ohne laute Vorwarnung anfassen durfte. Kinder und Katzen sind weiterhin tabu.


    Wir sind nun seit 6 Jahren ein Team, und ich liebe Willi ebenso bedingungslos wie alle meine Hunde zuvor. Und viele seiner für mich zunächst ungewohnten Eigenheiten hat er behalten. Die beteiligten Rassen waren mir immer egal, zumal, wenn man ihn ansieht, klar ist, dass alles in ihm Vermischte Terrier ist.


    Ich persönlich würde nach diesen Erfahrungen keinem Anfänger zu einem erwachsenen Tierschutz-Hund raten. Auch ohne überzogene Erwartungen kann man schnell überfordert und frustriert werden.

  • Ich habe damals wirklich im Internet wie nach Katalog entschieden, Bild gesehen, fertig. Die Kriterien und damit meine Ansprüche waren: maximal 10 kg, weil ich ganz oben wohne und das Tragen sonst schwierig wird und nicht zu groß, damit er tagsüber im Büro zurecht kommt. Schluss. Darüber hinaus bin ich immer der Meinung, man kann jeden Hund lieb haben.
    (...)Ich persönlich würde nach diesen Erfahrungen keinem Anfänger zu einem erwachsenen Tierschutz-Hund raten. Auch ohne überzogene Erwartungen kann man schnell überfordert und frustriert werden.

    Nun, so wie du vorgegangen bist, würde ich niemandem, egal ob Anfänger oder erfahrener HH, überhaupt irgendeinen Hund, egal aus welcher Quelle, empfehlen. Dass der Hund mit "nach Katalog entschieden, Bild gesehen, fertig" nicht so einfach war wie vielleicht erhofft, zeigt doch genau das, was hier in so vielen Beiträgen genannt wurde.
    Wenn ich einen Hund kaufen möchte, dann lerne ich ihn kennen und entscheide dann, nach meinem Eindruck von den Eigenschaften des Hundes, ob dieser zu mir passt (und ich zu ihm) oder nicht. Und zwar egal, ob ich Anfänger oder bereits hundeerfahren bin und egal, woher ich den Hund kaufen möchte.

  • Ich persönlich würde nach diesen Erfahrungen keinem Anfänger zu einem erwachsenen Tierschutz-Hund raten. Auch ohne überzogene Erwartungen kann man schnell überfordert und frustriert werden.

    Überfordert werden kann aber auch der Halter eines Rassewelpen. Nicht der Hund ist das Problem, sondern der Mensch und manche Tierschutzorgas. Es ist halt als nicht Insider, der jeden kennt, einfach unmöglich, seriöse Tierschutzorganisationen zu erkennen. Und das finde ich das eigentliche Problem, denn dies schadet den seriösen Orgas auch und hat mich zum Beispiel davon abgehalten, einen Hund von einer privaten Orga zu nehmen, weil ich keinen Hundehandel unterstützen möchte.


    Aber "Tierschutzhund" ist ja keine Eigenschaft oder Charakterbezeichnung, sondern ganz einfach ein Hund, der in Not war, von Menschen in Obhut genommen wurde (Verein, Orga etc) und nun auf einen Endplatz kommen soll. Nicht mehr, nicht weniger.


    Ich würde gerade dem Hundeanfänger häufig eher einen erwachsenen Hund aus seriösem Tierschutz empfehlen, als einen Welpen, bei dem man halt wirklich viel versauen kann. Aber die Vermittlung sollte halt anders verlaufen als bei Dir.

  • Aber "Tierschutzhund" ist ja keine Eigenschaft oder Charakterbezeichnung, sondern ganz einfach ein Hund, der in Not war, von Menschen in Obhut genommen wurde (Verein, Orga etc) und nun auf einen Endplatz kommen soll. Nicht mehr, nicht weniger.

    Schön gesagt! :bindafür:
    L. G.

  • Und genau da liegt ein Denkfehler. Zum einen kann nicht jeder mit jeder Rasse umgehen, bzw. passt zu ihr. Ein Kangal ist, seitens der genetischen und rassespezifischen Ausrichtung, das definitve derartige Gegenteil eines Labradors, dass es mehr als fraglich wäre, ob sich die Interressenn von Hund un Halter da, je nach Konstellation überhaupt decken würden.

    Naja, wenn ich mich aber auf derartige Aussagen verlasse - mal ehrlich, wieviele Labbiimixe soll es denn dort wirklich geben?) dann ist doch klar, dass es schief geht?


    Und ja, ich mache meinen Umgang mit meinen Hunden duchaus von ihrer Rasse abhängig. Von einem so autarken Hund erwarte ich einen anderen Gehorsam als von einem mit viel will to please. Ich frage mich bei Lucas tatsächlich, wann ich was von ihm fordere.... und ob das notwendig ist.


    Malik hat 10 mal "sitz" und Leckerchen einen Riesenspaß gemacht, Lucas blinzelt nur müde und wird beim driteen Mal blind und taub. Findus kommt rasend gern 10 mla hintereinander angeflitzt, Lucas würde das nie tun - und so behandle ich sie unterschiedlich, einen jeden nach seiner Art.


    Sundri

  • Ich habe hier im Dorf gesehen, wie weit das Wort "Rettung" entfernt sein kann von dem, was man einem Hund manchmal antut.


    Ein Ehepaar hat sich eine Hündin aus Rumänien geholt, ca. 6 Jahre. Ein Jahr davon auf der Straße, 5 im Tierheim verbracht. Dieser Hund braucht keine Menschen. Sie will keinen Kontakt, vor allem nicht mit Männern. Es hat 3 Jahre gedauert, bis der Mann sie berühren konnte und das duldet sie mehr oder weniger nur. Zwischenzeitlich haben sie auch versucht, sie zu vermitteln, sie dann aber doch behalten. Man wolle nicht "aufgeben".
    Sie ist total eigenständig und hätte sicher mit dem Wiederaussetzen auf der Straße nach der Kastration wesentlich stressfreier gelebt als so dicht bei Menschen in einer Wohnung eingesperrt sein zu müssen. Sicher, das Leben wäre bestimmt kürzer gewesen, auch nicht mit einem vollen Napf usw. verbunden. Aber für die Hündin sicher nicht schlimmer.
    Trotzdem propagiert die Besitzerin weiterhin das "Retten" von Straßenhunden, die man quasi direkt aus der Tötungsstation ins Wohnzimmer holen soll. Alle sind lieb und dankbar. Komisch, dass ihr Zweithund (ein geretteter Pulimix) nur 3 Wochen bei ihr war, weil er alles andere als lieb und dankbar. war.
    Mit tun diese Tiere auch leid, aber möchte ich mir und dem Tier wirklich 5-10 Jahre Dauerstress antun? Ganz abgesehen davon, dass ich nicht weiß, ob dieser Verein Geld für Hilfe vor Ort in die Hand nimmt.


    Dass wir jetzt einen Schäferhund übernommen haben, der "leider" kein so extrem schlimmes Schicksal hinter sich hat (und zum Glück keine Megabaustellen mitgebracht hat), wurde uns übel genommen.


    Wenn es nicht so hohe Würden gibt, die der Hund in seinem Alltag bewältigen muss, ist er hier vielleicht gut aufgehoben. Aber bei uns z. B. gibt es einige Ansprüche, die er erfüllen muss. Gerade als Bürohund wäre ein menschenängstlicher Hund oder einer mit stark ausgeprägtem Territorialtrieb (HSH-Mix) völlig fehl am Platze. Die Plätze völlig ohne Anforderungen an einen Hund halte ich für sehr rar gesät.
    Ich freue mich für jeden Hund, der das richtige Zuhause findet und nicht in die Tötung muss oder auf der Straße verprügelt wird. Aber es muss eben passen und realistisch sein.

  • Manchmal kommt es anders als man denkt.
    Dago kam aus Griechenland mit Mutter und Geschwistern nach Deutschland. War hier in der Nähe auf einer PS und kam dann mit 8 Wochen zu uns. Gut, er hatte keine schlechte Vorgeschichte, eine tolle Prägungszeit und gute Sozialisierung. Er war rundherum ein toller Hund und so war uns klar, dass wir immer wieder Hunde aus dem TS nehmen würden.


    Atti kam als 1 jähriger, er allerdings war nicht im TH, das konnten wir verhindern.


    Eines war für uns klar , wir wollten keinen erwachsenen Hund aus dem Auslandstierschutz wegen der MMK und dann kam Faro.
    Dago war gestorben, Atti litt wie ein Hund leiden konnte und wir wollten wieder einen Zweithund, möglichst Hütehund oder Hütehundmix


    Einen Hund aus dem Katalog würde ich nicht nehmen, denn ich muss den Hund sehen, mit dem ich die nächsten Jahre meines Lebens verbringen werde


    Faro war in Zülpich auf einer PS, wir nahmen KOntakt mit Ralf auf, er sagte uns, Faro sei ein Angsthund. Wir fuhren hin und es war um uns geschehen.


    Ja, Faro hat Angst vor fremden Menschen, er hatte eine schlechte Prägungsphase, kannte kaum Menschen, nur Hunde, mit denen er sehr gut klar kommt.


    Er ist ein absoluter Schatz und einen so lieben Hund haben wir noch nie gehabt. An seiner Angst arbeiten wir und seine Ängstlichkeit wird weniger.


    Ihr glaubt nicht, wie oft in anfangs auf Faros Angst angesprochen wurde "wie kannst du dir so was antun..." war noch harmlos, aber ich würde ihn immer wieder nehmen



    Aber "Tierschutzhund" ist ja keine Eigenschaft oder Charakterbezeichnung, sondern ganz einfach ein Hund, der in Not war, von Menschen in Obhut genommen wurde (Verein, Orga etc) und nun auf einen Endplatz kommen soll. Nicht mehr, nicht weniger.

    Sehr toll gesagt

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