Qualzuchten II

  • Ich schmeiß da mal ganz laienhaft den Gedanken rein: Ich hätte in meinem Lebensumfeld ziemliche Bedenken, mir einen Dingomix ins Haus zu holen. Der arme Hund, je nach dem was da gerade durchschlägt hätte der wohl nicht gerade ein angenehmes Leben - oder die arme Umwelt, je nach dem was da gerade durchschlägt... :???: Und ich könnte mir auch vorstellen, wie es hier im Forum wohl ankäme wenn jemand schreibt, ich wohne in einer Etagenwohnung in der Stadt und hab mir nun einen Dingomixwelpen geholt :pfeif:

    Das hab ich mir auch überlegt. Dingos sind halt mal überhaupt keine Haushunde. Hier gab es mal eine Nutzerin mit einem Dingomix. Und ganz ehrlich, so toll und wunderschön diese Hündin ist - ich käme damit nicht mal im Ansatz klar und ich wage mal zu behaupten mindestens 80% aller Hundehalter auch nicht. Und die restlichen 20% müssten das erstmal wollen.
    Einen Wildhund in unsere Haushundrassen einzukreuzen ist alleine aus dieser Richtung her in meinen Augen absolut der falsche Weg. Bringt ja nichts die Rassen zu retten versuchen indem man Hunde erzeugt die vermutlich über mehrere Generationen für fast keinen Halter mehr geeignet sind...

    • Neu

    Hi


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    • Das kann ich so nicht stehen lassen.
      Natürlich wurde selektiert. Der Mensch hat sich den Hund zu Nutze gemacht, genau so, wie das Wildpferd.


      Die sogenannten Wildhunde wurden zum Aufstöbern von Nahrung und zur Jagd herangezogen. Nat+rlich überließ man sich die Hundeverpaarung weitgehend selbst; selektiert wurde damals eben auch auf Gebrauchstauglichkeit, die damals eben einen anderen Sinn hatte wie heute.

      ....und nichts anderes habe ich geschrieben....Selektion anhand Verhaltensmerkmalen war damals das Thema.


      Was die Dingos angeht...genetisch sind das Haushunde mit merklich größerer Allelvielfalt als heutige Rassen.
      Der Dingo ist kein ursprüngliches Wildtier!
      Dass die meisten F1 Exemplare davon nicht in unerfahrene Privathand gehören ist natürlich klar.
      Dass sie nicht haltbar sind weniger....
      Zudem ist Dingo nicht Dingo...ich habe hier eher die Hausdingos der wenige noch naturverbundenen Aborigine Gruppen im Kopf.
      Niemand sagt, dass die Umsetzung einfach wäre. ich sagte einfach, dass es genetisch gesehen der schnellste Weg wäre und den Dingo dabei als EINE Möglichkeit genannt.


      Viele Grüße


      ingo

    • Und rein unter diesem Gesichtspunkt hast du da sicher auch recht. Bloß gibt es halt noch mehr Aspekte, und die außen vor zu lassen ist sicher auch nicht zielführend. Immerhin hatte es ja schon seinen Grund, dass zuerst Schläge und dann Rassen entstanden sind, und diese Gründe waren zumindest meist nicht einfach menschliche Eitelkeit. Es sollte einem also schon bewusst bleiben, dass auch weiterhin ein Bedarf besteht, Hunde mit bestimmten möglichst gut vorhersagbaren Eigenschaften zu bekommen. Ein Schäfer würde wohl eher ungern einen Hüte- oder Herdenschutzhund haben, der die volle Verhaltensbandbreite des Jagdverhaltens zeigt. Und gerade eben gucke ich zu meinem kleinen Terrier rüber und weiß, ich brauche definitiv einen kleinen, nicht haarenden Hund, sonst ist es Essig von wegen mit auf die Arbeit nehmen.


      So gesehen hat das Projekt "kreuzt halt mal den Dingo ein und alles wird wieder gut" durchaus noch ein paar Schwachstellen.

    • Da hast Du mich missverstanden. Der Dingo ist kein Allheilmittel, sondern ein drastisches Beispiel, um die Situation hervorzuheben.
      Ich sehe zwei Philosophien aus der Misere rauszukommen:
      Das erste ist, Allelvielfalt zu regenerieren. Dingo Einkreuzen ist dazu eine Methode...und zwar die drastischste. Es geht natürlich auch anders als mit dem Dingo...habe dazu auch Beispiele genannt, die aber natürlich bei weitem nicht erschöpfend sind. Es ging mir ja erstmal darum, das Prinzip darzulegen. Sowas tut man generell ja gerne von eher extremen Beispielen.
      Ebenso, wie Ihr dann ja auch grad dieses drastischste Beispiel aufgreift und was ich sonst genannt habe gar nicht diskutert.


      Das zweite ist, Heterozygotie als Wert an sich im Auge behalten (Als Wiederholung von Punkt 1 ;) ) und Selektion künftig vor allem auf Verhaltensbasis zu betreiben.
      Wie Jahrtausende getan.....
      Am Ende macht es zumindest in meinen Augen auch mehr Sinn....an Schönheit - oder Hässlichkeit- gewöhnt man sich rasch. Charakterzüge dagegen bestimmen das Verhältnis zum Hund viel intensiver und dauerhafter.
      Warum überhaupt muss ein Hund optisch genau diesem oder jenem Typ entsprechen? Was ist der Wert dabei? Das habe ich nie verstanden und werde es nie verstehen.
      Ein Tier ist keine Handtasche, kein Modeaccessoir


      Viele Grüße


      Ingo

    • Komisch, dass gerade du als Biologe den Sinn von Form und Funktion nicht verstehst :ka: Ich nehme dir das auch schlicht nicht ab.
      Selbst der Mops hat doch genau die Form und Funktion, die ihm zugedacht wurde. Ruhig, süß, Kindchenschema, jagt nicht, knuddelig, sehr menschenbezogen, unerschütterlich fröhlich, genügsam, reizresistent. Der Mops ist doch genauso, wie man ihn haben will. Gäbe es die gesundheitlichen Probleme nicht, würde man an ihm überhaupt nichts zu meckern haben. Und das Paradox ist ja: er ist so wegen seiner gesundheitlichen Einschränkungen.
      Ich kenne ja nun einige Mopsmixe durch die Familie und da wird gern verglichen. Was meint ihr, wie viele einen eher schnarchigen, ein klitzekleines wenig jagdlich interessierten Mops-Beagle mix als anstrengend oder gar hyperaktiv beschreiben...


      @Rübennase ja bitte, beste Idee überhaupt. Mops-Dingo-Mixe. Das ist der Masterplan :applaus: Moppingo oder so xD

    • Übrigens ist das mit den Heterozygotiewerten falsch. Die sind in allen Rassen mehr oder minder gleich...
      Siehe Inge Hansen (2008): Vererbung beim Hund. Alles über Erbgesetze, Zuchtkriterien und Erbkrankheiten (S. 90-92). Müller-Rüschlikon-Verlag: Stuttgart.


      Wenn jemand mag, kann ich das später posten...

    • Drück ich mich echt so ungeschickt aus? Ich sagte doch, dass trotz der Selektion auf Verhalten, auch die morphologische Vielfalt der Rassen entstanden ist.
      Gemäß der Prämisse form folows function. das gilt auch in der Biologie....dazu kommt halt noch genetische Kopplung.
      Heute dagegen heisst es eher, was schert uns function, Hauptsdache, es sieht gut aus.
      Und was den Heterozygotiegrad angeht habe ich zum einen andere Informationen (siehe zB unten) und zum anderen geht es ja auch nicht nur um die Statistik, sondern auch um die identität der jeweligen Loci.


      Interessante Literatur zum Thema:


      Quignon, P., Herbin, L., Cadieu, E., Kirkness, E. F., Hédan, B., Mosher, D. S., . . . Hitte, C. (2007). Canine population structure: Assessment and impact of intra-breed stratification on SNP-based association studies. PLoS ONE, 2(12)


      Irion, D. N., Schaffer, A. L., Famula, T. R., Eggleston, M. L., Hughes, S. S., & Pedersen, N. C. (2003). Analysis of genetic variation in 28 dog breed populations with 100 microsatellite markers. Journal of Heredity, 94(1),


      Donner, J., Kaukonen, M., Anderson, H., M�ller, F., Ky�stil�, K., Sankari, S., . . . Lohi, H. (2016). Genetic panel screening of nearly 100 mutations reveals new insights into the breed distribution of risk variants for canine hereditary disorders. PLoS ONE, 11(8)


      Hayward, J. J., Castelhano, M. G., Oliveira, K. C., Corey, E., Balkman, C., Baxter, T. L., . . . Boyko, A. R. (2016). Complex disease and phenotype mapping in the domestic dog. Nature Communications, 7


      Lindblad-Toh, K., Wade, C. M., Mikkelsen, T. S., Karlsson, E. K., Jaffe, D. B., Kamal, M., . . . Lander, E. S. (2005). Genome sequence, comparative analysis and haplotype structure of the domestic dog. Nature, 438(7069)


      Sutter, N. B., Eberle, M. A., Parker, H. G., Pullar, B. J., Kirkness, E. F., Kruglyak, L., & Ostrander, E. A. (2004). Extensive and breed-specific linkage disequilibrium in canis familiaris. Genome Research, 14(12), 2388-2396.


      Vaysse, A., Ratnakumar, A., Derrien, T., Axelsson, E., Pielberg, G. R., Sigurdsson, S., . . . Webster, M. T. (2011). Identification of genomic regions associated with phenotypic variation between dog breeds using selection mapping. PLoS Genetics, 7(10)


      Vilà, C., Maldonado, J. E., & Wayne, R. K. (1999). Phylogenetic relationships, evolution, and genetic diversity of the domestic dog. Journal of Heredity, 90(1), 71-77


      Viele Grüße


      Ingo


      P.S.: Klar, es gibt nur einen Ingo Kober...halt nein...der ex Chef des Europäischen Patentamts bin ich nicht ;)

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