Straßenhundknigge vs. deutscher Haushund

  • Ich kenne mich mit den unterschiedlichen Hintergründen von "Straßenhunden" nur so grob aus (habe/hatte selbst keinen), aber ich finde den Vergleich hier schon deshalb schwierig, weil es ja nicht nur bei den Hunden aus dem Auslands-TS die unterschiedlichsten Typen (eher offen, eher reserviert, eher desinteressiert, eher hau-drauf) gibt, sondern auch bei den "Haushunden von hier".


    Oder anders gesagt: Wenn ich bisher nur sehr offene, "verspielte" (ev. etwas "trampelige") Hunde hatte, ist meine Sicht auf ehemalige Straßenhunde bestimmt eine andere, als wenn ich bisher mit einem eher vorsichtigen oder ernsterem Hund unterwegs war.


    Ich finde nicht, dass man grundsätzlich sagen könnte, diese oder jene Gruppe agiert feiner/grober/distanzierter/aufdringlicher – da ist mir zu viel Unterschied innerhalb der Gruppen.

  • Mein Hund ist ehemaliger - wahrscheinlich langjähriger- Straßenhund und legt großen Wert auf den Begrüßungsknigge.
    Wer seitlich an ihm vorbeischaut, sich im Bogen um auf ihn zubewegt und dann vorschriftsmäßig höflichen Kontakt aufnimmt, mit dem ist er gut Freund.
    Das führt dazu, dass er sich mit bisher absolut jedem ehemaligen Straßenhund auf Anhieb versteht - was nicht heisst, dass sie automatisch dicke Kumpels werden, aber jeder Umgang läuft zumindest ruhig und zeremoniell ab.
    Rennt aber einer direkt auf ihn zu oder rammt ihm gleich die Nase in den Hintern oder wirft sich einer vor ihm fixierend auf den Boden, dann flippt er aus.
    Da hat auch kein Trainer und kein Zeigen und benennen was dran ändern können.
    Erstaunlich viele Hunde wissen offenbar gar nicht, wie man sich als Hund vorschriftsmäßig bei Begrüßungen verhält.
    Unser Hund gilt daher bei vielen als unverträglich und unerzogen.....


    Viele Grüße


    Ingo

  • Mein Hund ist ehemaliger - wahrscheinlich langjähriger- Straßenhund und legt großen Wert auf den Begrüßungsknigge.


    Das ist bei meinen Pudeln sämtlicher Grössen von Züchtern auch so. Also nichts, was "strassenhundspezifisch" ist.


    Im Gegenteil dazu kenne ich auch Strassenhunde, die sicher auf der Strasse grossgeworden sind und nicht in Auffanglagern, die nicht wirklich sicher in der Kommunikation sind.



    Zitat von IngoK

    Wer seitlich an ihm vorbeischaut, sich im Bogen um auf ihn zubewegt und dann vorschriftsmäßig höflichen Kontakt aufnimmt, mit dem ist er gut Freund.


    Na ja, gut Freund sind meine deshalb nicht gleich mit anderen Hunden, aber neutral im Verhalten.



    Zitat von IngoK

    Rennt aber einer direkt auf ihn zu oder rammt ihm gleich die Nase in den Hintern oder wirft sich einer vor ihm fixierend auf den Boden, dann flippt er aus.


    Ist bei meinen auch so .... wobei bis auf die Jüngste die anderen nicht ausflippen, aber eine deutliche Ansage machen, dass sie das Verhalten jetzt daneben finden. Das kann abhängig vom Gegenüber eine hochgezogene Augenbraue sein und bis hin zum Vermöbeln des Gegenüber gehen.


    Nur meine Jüngste ist da anders - aber sie hat halt auch leider einiges an schlechter Erfahrung machen müssen. Was dazu führt, dass sie speziell an der Leine bei anderen Hunden ggf. von vornherein den Aufstand probt. Frei weiss sie sich aber auch zu benehmen. Selbst als Junghund war sie nie aufdringlich. Sie ist zwar (nach Absprache mit dem jeweils anderen Hundehalter) auch zu dem einen oder anderen Hund in tollpatschig-alberner Junghundmanier hin. Wenn derjenige aber gezeigt hat "kein Interesse an rotznäsigem Gör" ist sie halt gegangen und hat sich anderweitig beschäftigt. Dieses distanzlose, aufdringliche Reinbrezeln kenne ich von keinem meiner Hunde.


    ALLERDINGS - es war auch keiner meiner Hunde in einer Welpenspielstunde. Die haben alle als Junghunde den Grossteil ihrer Hundekontakte mit ausgewählten erwachsenen Hunden gehabt. Und nur sporadisch Kontakt mit ebenfalls ausgewählten Junghunden. Und Kontakt gab es auch nur nach Absprache und nicht "Leinen los und mach was Du willst".


    Und ich denke, DAS macht den Unterschied.


    Welpengruppen schön und gut .... aber .... man sollte eines immer bedenken. Die Sprache lernen Kinder nur bedingt von Gleichaltrigen. Da muss schon der häufige Kontakt mit Erwachsenen stattfinden. Andernfalls bleibt die Sprache auf kindlich-kindischem Niveau.


    Oder um eine Anekdote unseres Deutschlehrers zu erzählen: "Schwiegermutter war zu Besuch, sagte zu dem Dreikäsehoch 'oh schau mal ein Wauwau', antwortete der Dreikäsehoch 'Oma, das ist ein Hund' ...."


    Genauso wie wir dazu neigen, Kindern eine "verniedlichende Kindersprache" beizubringen, ziehen wir es in vielen Fällen vor, wenn unsere Hunde "kindlich" bleiben. Und da ist eben distanzlos-albernes Rumgerenne sehr viel kindlicher als der ruhig und bedächtig in eine Begegnung gehende "ernsthaft-erwachsene" Hund.
    Viele Menschen wollen gar keine "erwachsenen" Hunde. Warum auch immer. Vielleicht weil zu einem erwachsenen Hund auch gehört, sich mit der "anderen", der "aggressiveren" Seite des Hundes auseinandersetzen zu müssen. Weil man akzeptieren lernen muss, dass der eigene Hund "nicht immer nur lieb" ist. Dass der eigene Hund nicht immer nur kuschelig und süss ist, sondern dass in diesem Hund tatsächlich auch ein wehrhaftes Raubtier steckt .... Zumindest aus der Vergangenheit.

    Zitat von IngoK

    Unser Hund gilt daher bei vielen als unverträglich und unerzogen.....

    Ein Teil meiner Hunde auch - zumindest bei dem einen oder anderen Hundehalter ..... da stehe ich drüber xD

  • Ich schrieb bereits an anderer Stelle:



    Ich möchte mal die Facebookseite von jemandem verlinken, der grade mit einem problematischen Hund dem er sich angenommen hat ( ebenfalls ausländischer Tierschutz) durch Bulgarien reist. Ich finde die Filme und Szenen der Straßenhunde dabei sehr intressant.
    ( Ich werds nachher mal posten, bin grad unterwegs, da ists immer blöd mit dem kopieren)


    Dazu jetzt also der Link: https://www.facebook.com/Hunde…-157451844324843/?fref=ts



    Darf ich fragen, wie du im Alltag damit umgehst?
    Was genau lässt du laufen und was nicht?


    Ich finds total interessant weil meine Hündin auch sehr grüffelig auf "Missachtung der Hundeknigge" reagiert.
    Nase direkt in Po schieben geht gar nicht und Rüden die schon so imponierend angetrabt kommen, mit der Tendenz aufzureiten oder gar aufdringlich werden zu wollen, werden schon ehe sie die Hündin erreichen mit einem tiefen Brummen vorgewarnt.

  • Das ist doch ein "normales" Verhalten, was ja kein Problem in dem Sinn darstellt oder ? Warum sollte sich Hund alles gefallen lassen ? Hund zeigt doch deutlich in hundesprache: hey, soweit und nicht weiter, ohne auszuticken ! :???:

  • Das denke ich übrigens auch oft.
    Grade wenn die "Spielstunde" dann nicht einmal gescheit "moderiert" wird.
    In unserem Verein besteht die "Youngstergruppe" vor allem darin im Kreis zu sitzen und dabei lernen zu entspannen. Den Ansatz find ich super.
    Hingegen war die Welpenspielstunde die ich mit meiner ersten Hündin besucht hatte total kontraproduktiv.
    Wildes Herumgetobe, bei der meine Hündin komplett unter ging und von drei Welpen immer wieder in die Mangel genommen wurde.
    Lerneffekt dabei war gleich Null, Ergebnis war dann, dass sie über ein Jahr anderen Hunden extrem unterwürfig war und vieles nachholen musste.
    Hat für mich im Nachhinhein etwas von" Wir setzten 6 dreijährige Kids in den Sandkasten, verteilen 1 Schaufel und schauen was passiert".

  • Das ist doch ein "normales" Verhalten, was ja kein Problem in dem Sinn darstellt oder ? Warum sollte sich Hund alles gefallen lassen ? Hund zeigt doch deutlich in hundesprache: hey, soweit und nicht weiter, ohne auszuticken ! :???:

    Falls sich das auf mich bezog..
    Ja, es ist normales Verhalten.
    Trotzdem reagieren die Leute nicht immer verständnisvoll.
    Wenn trotz der verbalen Verwarnung, Drohfixieren usw. nix mehr geht, gibt's auch das ein oder andere mal ein Abschnappen.
    An sich für mich kein Problem und für den anderen Hund auch meist keine große Sache..wenn es da nicht die Besitzer gäbe die schon im Vorfeld hysterisch reagieren.
    Deswegen frag ich wie andere damit umgehen..


    Wobei ich eben auch nachvollziehen kann, dass dem ein oder anderen dabei unwohl ist, weil man ja eben nicht weiß, wie der andere Hund tickt.

  • Ja das war auf dich bezogen. Und klar verstehe ich deine Gedankengänge. Ich finde das Verhalten gut, na ja...immer drauf los lassen find ich persönlich nicht so dolle..aber in Absprache ok, sowie auch für deinen Hund :gut:

  • Mein Hund ist ehemaliger - wahrscheinlich langjähriger- Straßenhund und legt großen Wert auf den Begrüßungsknigge.
    Wer seitlich an ihm vorbeischaut, sich im Bogen um auf ihn zubewegt und dann vorschriftsmäßig höflichen Kontakt aufnimmt, mit dem ist er gut Freund.
    Das führt dazu, dass er sich mit bisher absolut jedem ehemaligen Straßenhund auf Anhieb versteht - was nicht heisst, dass sie automatisch dicke Kumpels werden, aber jeder Umgang läuft zumindest ruhig und zeremoniell ab.
    Rennt aber einer direkt auf ihn zu oder rammt ihm gleich die Nase in den Hintern oder wirft sich einer vor ihm fixierend auf den Boden, dann flippt er aus.

    Aber genau so sind auch meine Collies. Denen ist der Knigge sehr wichtig. Geordy ist da pingeliger als Finlay. Weshalb er bei den genannten NoGos zwar nicht ausflippt, aber quasi postwendend und heftiger (als Fin) reagiert.
    Den Grund für seine heftige Reaktion, sehe ich aber auch in ihm selbst: der ist selbst oft eher unsicher und dann macht er lieber mal prophylaktisch ordentlich Getöse. Fin ist toleranter, im Endergebnis aber genau so deutlich. Macht bloß weniger Krach und sieht netter aus. Der regelt schon sehr viel einfach über seine Präsenz.


    Und nun kommts: beide Collies sind durch Welpen- und Junghundkurse "gelaufen" und durchaus wohlbehütet aufgewachsen. Ich kann mir auch nicht vorstellen, dass die DSH (oder die Malis aus dem letzten Jahr), die momentan in unserer Vereins-Welpenstunde sind, sich demnächst im "wahren" Leben, wie ein Retriever benehmen.
    Für mich sind die Hunde, die diesen Knigge einfach nicht mehr können, hauptsächlich Retriever und ein paar Zufallshunde. Natürlich gehören da in aller Regel dann entsprechende Besitzer dazu, die das so laufen lassen und nicht den Hauch von aggressiver Geste ertragen können. Gerade bei solchen Besitzern wäre es sicher hilfreich gewesen, die hätten mal vernünftige Welpen- und Junghundkurse durchlaufen.


    Zur eigentlichen Straßenhundfrage kann ich nichts sagen. Hier gibt es zwar diverse Auslandshunde und Eddie ist schließlich auch einer. Aber die nehmen sich hier nichts zu den inländischen Hunden. Die sind auch von verträglich bis unverträglich angesiedelt und ich habe noch nie danach gefragt, wie ihr Vorleben ausgesehen hat.


    Ich lasse mit wirklichen Fremdhunden so was nur ungern regeln. Eigentlich nur, wenn ich es selbst nicht verhindern kann und dann auch möglichst nur von Finlay. Einerseits natürlich zu Geordys eigenem Schutz, weil ich den eher unsicheren Hund damit überfordert sehe. Andererseits aber wegen der Besitzer, von denen ich mir nicht sagen lassen will, dass meine Hunde "böse" wären.

  • Dass ein Welpe in die Welpengruppe geht, heisst ja noch lange nicht, dass er keine Kontakte zu erwachsenen Hunden hat, von denen er lernen kann. Klar, wenn jemand seinen Welpen NUR in der Welpengruppe Kontakt haben lässt, und ihn sonst von allen anderen Hunden abschottet, dann kann das Argument, dass er keine Hundesprache und -knigge lernen würde zutreffen. Aber ich habe bislang noch niemanden getroffen, der eine so hirnrissige Aufzucht betreibt.


    Es ist nicht der Besuch einer Welpengruppe, der den Hunden die Kommunikationsfähigkeit raubt, bzw. deren Entwicklung verhindert, sondern mangelnder und dazu noch falsch "gemanagter" Umgang mit Hunden aller Altersstufen.

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