Der Gassifrust und der Jagdtrieb

  • Ich glaube, dass Du in dem Konflikt selbst, momentan erst mal noch gar nichts machen/trainieren kannst.


    Du müsstest erst mal in Stellvertreter-Konflikten üben und auch in leichteren Situationen. Also erst etwas mehr Grundschule, bevor der Hund dann sein Abitur an dem direkten Konflikt machen kann.


    Zum einen den Abruf noch weiter verfeinern, indem Du Ablenkungen mit einbaust.
    Zuerst vielleicht, dass Du ihn an etwas Unbeweglichem (Futterschüssel, Schweineohr oder sonstigen Verleitungen) verbei abrufen kannst.
    Parallel dazu die Impulskontrolle üben (ruhiges Verhalten an sich bewegenden Reizen). Das kannst Du erst mal Zuhause machen, dass der Hund lernt, NICHT auf z.B. ein rollendes Leckerchen/Ball zu reagieren und fürs NICHThinterherrennen, bekommt er eine super Belohnung von Dir.
    Wenn er das kann, kannst Du bei Deinem Rückruf auch die bewegten Objekte mit rein bringen. Hund abrufen und Ball an ihm vorbei rollen währendessen.
    Oder ein Stofftier an einem Band ruckartig an ihm vorbei ziehen (mit Hife einer weiteren Person) und Du rufst ihn dann ab.


    Günstig wäre auch, Du würdest ein Abbruchsignal aufbauen. Wenn Hund lernt, bei Nein alles zu unterlassen, was er vor hat und es sich für ihn lohnt, es zu lassen, weil er bei Dir dann was ganz tolles bekommt, hätte man damit ein Tool in der Hand, wo man weiter mit arbeiten kann.


    Also im späteren Konflikt dann Abbruchsignal plus Alternative.


    Eventuell könnte an der Frustrationstoleranz auch noch gearbeitet werden. Wie gut hält der Hund es aus, wenn etwas, das er möchte, nicht sofort passiert?
    Kann er mal abwarten und Ruhe bewahren?


    Erst wenn Du in all diesen Bereichen Fortschritte machst, hast Du überhaupt die Chance, den Hund später ansprechbar zu bekommen.


    Und während Du daran noch übst, würde ich in dem von Dir beschriebenem Konflikt erst mal gar nichts machen, außer den Hund zu sichern, damit er keinen Erfolg hat.

  • Ich klinke mich auch mal ein. Mit Wildsichtungen haben wir auch so unsere Probleme und ich bin über jeden Erfahrungsaustausch dankbar. Ich bin beruhigt, dass es bei euch auch so lange dauert, bis sich "Erfolge" einstellen. Leider laufen hier nicht viele Rehe / Hasen rum, sodass es noch lange dauern wird, bis wir soweit sind, dass Amy nicht mehr in komplette Erregung verfällt und sich gleich an mir orientiert. Aber ich habe mich inzwischen mit der Schleppleine abgefunden. In ihrem ersten Lebensjahr hat sie sogar Vögel jagen / hetzen wollen, das haben wir immerhin schon unter Kontrolle und sie beachtet Vögel kaum noch :smile:

  • ich frag mal, wie lange standst du da? Wir stehen da 30min, irgendwann sind die Damen ruhig, kaum mache ich den 1. Schritt zum weitergehen (in die Richtung in die das Wild verschwunden ist) dann geht das Gekreische wieder los. Erst wenn ich die Stelle an der das Wild war überquert habe, oder in eine andere Richtung gehe, fahren die 2 sofort runter und wir können ruhig weitergehen.

    Ich bleib bei sowas stehen, bis der Hund sich sicher beruhigt hat. Lasse Bossi aber abliegen. Wenn ers verdaut hat und weiter möchte, steht er auf, schüttelt sich (Streßabschütteln), gut mich an, sodaß es selbst ein Blinder versteht, daß er jetzt so weit ist, und wir können weiter - total ruhig, Hundi hat sich voll unter Kontrolle. Meine Trainerin sagte damals, das kann die ersten Male notfalls 2-3 Stunden dauern. Naja, ne Dreiviertelstunde war´s dann glaub ich beim ersten Mal (und das noch auf größeren Abstand)...... Inzwischen sind wir bei 5-10 Minuten, je nach Entfernung und Aufregungsgrad, mit dem er schon in die Situation reinging, und wie ausgelastet er zum betreffenden Zeitpunkt war.


    Wenn er noch net so weit ist, scheint er nur leicht nervös, fiept mal ganz kurz, springt mal unaufgefordert auf und scannt, zappelt etc. - solang sowas kommt, bewege ich mich nicht vom Fleck. Zeichen kann z.B. sein, daß der Hund im Platz den Kopf ablegt, wenn die Entspannung groß genug ist. Oder sich einfach körpersprachlich von der Quelle der Aufregung entfernt (Umdrehen zu Dir o.ä., während er vorher mit Nase Richtung Wild lag). Oder Dich anstupst: "wie, Du stehst? Wasn los, kömmer weiter?" *gg Dann ruhiges (!) Lob und gechillt weitergehen.


    Sollte Hund sich wieder reinsteigern, sofort stehenbleiben, wieder ins Platz, wieder warten......


    Geht der Hund so aufgeregt aus der Situation, ist er bei der nächsten Begegnung sofort wieder auf 180.


    Geht er ruhig aus der Situation, lernt er, sich selbst runterzufahren (also ohne Kommando --> größter Lerneffekt, wenn er selbst das schafft!), und wird auf Dauer eher "Wild = Entspannung" verknüpfen als "Wild = Aufregung"..


    Nicht zu vergessen: ein anständiges Abbruchsignal, das in jeder Situation funktioniert.

  • Lasse Bossi aber abliegen.

    Kam das von anfang an bei ihm an, der Befehl? Bei Rosie kommt nämlich gar nichts an in der Situation. Da kann man ihr tausendmal sagen, dass sie sich ablegen soll oder sitzen. Das kommt gar nicht erst oben an, damit sie das überhaupt verarbeitet. :D


    Aber genau da sind wir ja: Jeder Hund ist anders und man muss halt schauen, was am besten für den jeweiligen Hund wirkt.


    Bei Pauline, der Beaglemixdame, war ein gut absitzender Abruf komplett ausreichend, zB. Aber die hat auch eher gestöbert.


    Meine Rosie schaut und sobald sie etwas gesehen hat, sind Abruf und sonstige Bindungshelfende Dinge sofort ausgeschaltet. :ka: Sicher kann man das auch erstmal stärken und schauen ob das schon eine Besserung einbringt. Hilft auch je nach Hund.

  • Naja, anfangs net wirklich, da mußte ich schon "massiv" werden, das Kommando öfter wiederholen, weil er wieder aufsprang oder sich setze, und etwas nachdrücklich sein im Tonfall... *gg Ich hab halt versucht, den Abstand so zu wählen, daß es halbwegs klappt. Ich kenn ein paar unserer Reh-Standorte ums Kaff herum recht gut, und da kann man sich in Sachen Entfernung gut drauf einstellen, wie weit man weg ist von den Tieren, wenn man sich da und dort plaziert, und deren Auftauchen abwartet..... *gg Je näher, desto schwerer für den Hund, gerade anfangs, im Platz zu bleiben, und umso länger braucht er auch, um sich runterzufahren, klar :-)


    Wenn man halt spontan nem Tier begegnet, das übern Weg hüpft, dann bleibt halt nur viiiiiel Zeit zu nehmen.... *gg Oder eben, wenn man keine Zeit hat, nicht in wildgefährdetes Gebiet gehen. Also bei Dämmerung net an den Waldrand oder aufs Feld oder so, wenn ich weiß, ich hab nimmer lang, bis ich im Finsteren steh und mag dann heim (mir is das ja wurscht, hab Taschenlampe dabei, und meist parke ich in der Nähe der Stellen, wo ich auf Rehe treffen werde, sodaß es nicht zu weit in Dunklen zu laufen ist).


    Geht bei dem Ablegen weniger um die Unterordnung an sich, sondern darum, daß der Hund es auch wirklich schafft, zur Ruhe zu kommen, und das geht halt schwerer, wenn er dabei rumtigert, oder schnuppern oder in die Leine springen kann. Kreischen kann er zwar auch im Liegen, aber das Liegen hilft ihm beim Runterkommen. Und bei Bossi ist es von Vorteil, wenn er liegt, weil der echt aufsteht und sich schüttelt, wenn er runtergekommen und wieder voll ansprechbar ist, das ist für mich schön deutlich. Evtl. hilft es dem Hund auch, zumindest mit dem halben Hirn bei Dir zu bleiben, wenn Du beruhigend ne Hand auf den Rücken legst, während er liegt, das mußt austesten, ist ja doch recht individuell... Aber am besten ist echt, wenn er es komplett von alleine schafft, runterzukommen, weil er da am meisten bei lernt für künftige Begegnungen. Also gar kein Entspannungssignal oder Berührung oder so.


    Geht uns Menschen ja auch so - Bedienungsanleitung lesen hilft schon auch - aber wenn man es selbst mal geschafft hat, etwas zusammenzusetzen/richtig anzuwenden, ohne die Anleitung zu lesen vorher, dann merkt man sich das viel besser.... :-)

  • Bei Rosie läuft es so ab:


    Reiz->einfrieren und starren (anfangs noch 2 Mal in die Leine gehüpft, hat sie aber schnell gelassen)->zittern, manchmal Zähne klappern und speicheln->bei Entfernung des Reizes noch etwas länger starren->dann Entspannung des Körpers, auftauen, schnüffeln in der Luft (Ist es noch irgendwo?), dann am Boden, dann Lefzen lecken, Kopf drehen->Ansprache von mir mit Rückorientierung und Schütteln.


    Was immer spannend das komplett Repertoir zu sehen. Und gleich daneben stand ein sich wundernder Zweithund der gar nicht kapierte was mit ihr nun plötzlich los war. :D

  • Naja - wenn sie einfriert und sich erst wieder bewegt, wenn sie runtergekommen ist, hast ja denselben Effekt: sie springt nicht rum und hibbelt dabei, sondern kann sich beruhigen... :-)


    Finde es auch echt superinteressant, wenn man den eigenen Hund mal so beobachten kann, wie der immer ruhiger wird, und die Körpersprache so deutlich sieht :-)

  • Nee, das stimmt. Sie hampelt nicht rum. Das wäre wohl echt anstrengend.


    Um die Körpersprache des Hundes im Vollen auslesen zu können, muss man sich drauf einlassen auch unangenehme Situationen in Kauf zu nehmen. Es ist NICHT angenehm 30 Minuten oder mehr mit einem geifernden und sabbernden Hund irgendwo rumzustehen und eventuell angegafft zu werden. Ich wurde sogar einmal gefragt ob alles okay ist und ob sie einen Anfall hat oder so. :lol:


    Aber wenn man dann Erfolge sieht, macht das alles wieder richtig viel Laune.

  • ohman, wenn ich das so lese frag ich mich wie wir das schaffen sollen :/ ! Ich muss sagen,es ist nicht bei jeder wildsichtung so! Wild das den Weg kreuzt und dann wieder auf der anderen Wegseite verschwindet ist schnell erledigt! Am schlimmsten ist es wirklich wenn das Wild z.b. direkt vor uns in die Richtung flüchtet in die wir weitergehen wollen! Wir müssen ja dann der Spur folgen & da geht bei den Damen garnichts mehr! Wir würden mind. 30min stehen bis Ruhe ist, beim 1.Schritt geht das Geschrei und gezerre wieder los,wir bräuchten für 100m mind 3Stunden wenn wir das wirklich konsequent durchziehen wollten. Dolche situationen gibt es meist morgens oder in der Mittagspausenrunde, wie soll ich meinem chef erklären dass ich 4 Stunden später komme als normal? :shocked:

Jetzt mitmachen!

Du hast noch kein Benutzerkonto auf unserer Seite? Registriere dich kostenlos und nimm an unserer Community teil!