Hund hat Probleme mit Fremden

  • das sehe ich ganz anders. angst ist ein programm im gehirn und wird nicht durch zureden bestätigt. natürlich kann man angst mit positiv belegten markerworten, aber auch den clicker lösen. und natürlich kann man angst lösen indem man konditionierte hörsignale, darunter eben auch worte gibt.



    den hund zu ignorieren wenn er angst hat ist ein überbleibsel der hundeerziehung der 90er jahren. es ist kontraproduktiv.

  • Bei Mischlingen aus dem Tierschutz sollte man auch immer davon ausgehen, dass neben einer nicht stattgefundenen Sozialisation auf fremde Menschen im "eigenen" Heim auch rassetechnisch was drinstecken kann, dass das ganze forciert, weil der Hund mit zunehmendem "Heimatgefühl" und Alter sein Zuhause beginnt zu verteidigen.


    Daher ist es sinnvoll dem Hund Verhalten beizubringen, anstatt ihn nur irgendwo anzubinden oder den Hund gar in den Konflikt zu bringen sich Beute von der fremden Person holen zu müssen! (Was übrigens mit Gegendonditionierung nichts zu tun hat, sondern eher damit einen weiteren Konflikt zu provozieren.)


    Auch für deprivierte und ängstliche Hunde ist es meiner Erfahrung nach nach bzw. während einer echten Gegenkonditionierung sinnvoll fließend in das Training eines Verhaltens überzugehen, weil es den Hunden ungemein hilft sich an einer über Belohnung erlernten Verhaltenskette entlanghangeln zu können. Das hilft den Hunden auch tatsächlich für die Zukunft weiter, denn dann haben sie eine Alternative, die sie tun können. Und dann kann man tatsächlich über das Verhalten den Gefühlszustand beeinflussen.


    Viele Grüße
    Corinna

  • gegenkonditionierung geht ja meistens fast schon automatisch in ein alternativverhalten über. während man anfangs noch markert um die spannung zu lösen führt es meist bei geringerem stresslevel dazu dass der hund eine erwartungshaltung einnimt, also sich dem halter zuwendet. dann kann man sicher sein das man auf dem richtigen weg ist.

  • Ich glaube, der Begriff Gegenkonditionierung wird oft falsch verwendet.


    Bei einer korrekten Gegenkonditionierung über Futter, beginne ich zu füttern, wenn der Reiz auftaucht und füttere so lange durch bis der Reiz wieder weg ist. Heißt bei Besuch von einer Stunde muss ich das so hinbekommen, dass ich nahtlos eine Stunde durchfüttern kann bis der Besuch das Haus verlassen hat.


    Oft wird es nicht richtig durchgeführt am Anfang und zu früh ins Umkonditionieren gegangen, dann funktioniert es halt auch nicht... ich muss so sauber und konsequent gegenkonditioniert haben, dass der Hund bei Auftauchen des Reizes in eine positive Stimmung fällt und diese beibehält, bis der Reiz weg ist. Nur dann habe ich korrekt und erfolgreich gegenkonditioniert und kann in den nächsten Schritt übergehen.

  • Angst ist ein Gefühl und kein Verhalten. Man kann aber nur Verhalten bestärken. Solange man ruhig mit den Hunden spricht, bestätigt man den Hund keineswegs in seiner Angst. Man sollte nur nicht hektisch dabei werden.


    Wenn ich meinen Hunden in für sie angstmachenden Situationen ruhig anspreche, tut ihnen das sichtlich gut. Sie entspannen etwas und können sich oft zu mir orientieren.


    Genau da liegt der Unterschied. Indem du sie ansprichst orientieren sie sich an dir und haben dann eine "Aufgabe". Du holst sie aus dieser Unsicherheit raus und DAFÜR dass sie dann ihre "Aufgabe" gut machen, kann man sie belohnen. Beim nächsten Mal werden sie sich in solchen Situationen schneller an dir orientieren.
    Wenn ich ihnen aber in einer solchen Situation einfach Aufmerksamkeit schenke oder "gut zuspreche" verstärke ich das Verhalten und auch das Gefühl das sie durch ihr gezeigtes Verhalten ausdrücken. Sie lernen, es ist genau richtig diese Gefühle zu haben und werden das Verhalten das aus dem Gefühl folgt verstärkt zeigen.


    den hund zu ignorieren wenn er angst hat ist ein überbleibsel der hundeerziehung der 90er jahren. es ist kontraproduktiv

    Das kannst du aber an vielen Fällen beobachten. Ein Hund zögert kurz an einer Brücke, der Halter geht darauf ein, Hund fühlt sich bestärkt in seiner Unsicherheit. Hätte der Halter es nicht bemerkt und wäre einfach weitergelaufen, hätte es wahrscheinlich keine Probleme gegeben. Was natürlich kommen hätte können ist ein Kommando, motivierende Worte etc, um den Hund es zu erleichtern aber eben nicht einfache bloße Aufmerksamkeit.

  • dann hat der hund aber verknüpft dass sobald der mensch ihn draussen anspricht oder stoppt etwas unangenehmes folgen wird.


    ist oft das selbe mit dem auf den arm nehmen, wenn ich den hund vor oder während jeder unangenehmen situation auf den arm nehme wird schon das reine hochnehmen ohne reiz stress und angst auslösen. baue ich aber das auf den arm nehmen positiv auf und mache es nur sehr selten in situationen vor welchen sich der hund fürchtet kann man damit die angst lindern. aber das ist sehr unterschiedlich von hund zu hund.

  • Der Meinung bin ich nicht. Denn wenn ich Hundi anspreche und ihm ein Kommando gebe nehme ich ihn aus der Situation raus und gebe ihm ein Verhalten an dem er sich durch die Situation, die ihm vielleicht unangenehm ist, hangeln kann. Wenn ich z.B. die Orientierung an mir im Alltag positiv aufbaue wird er sie auch in dieser Situation gerne ausführen. Dafür gibts natürlich auch Belohnungen. Dadurch wird die Situation insgesamt als positiv abgespeichert.
    Aber was soll denn der Hund draus lernen wenn er unsicher ist und ich z.B. zu ihm sage: musst keine Angst haben, ist doch nur eine Brücke oder so ähnlich. Er versteht mich ja nicht.

  • Selbstverständlich kann ein Gefühl durch das Verhalten des Gegenübers bestätigt und auch verstärkt werden. Das sollte eigentlich jeder von sich selber kennen. Das ist ja auch für jedes Lebewesen überlebenswichtig, ganz besonders wenn es in einer sozialen Gemeinschaft lebt.
    Von Ignorieren von Angst halte ich persönlich aber nichts. Ein Alltagsbeispiel bei uns: Hundi hat auf einem Spaziergang an der Leine Angst über ein Belüftungsgitter zu gehn, zögert, zeigt Unsicherheit und meidet das Gitter an dem aber kein Weg vorbei führt. Ich hab nen Moment gewartet ob sie es selber schafft sich zu überwinden und zu mir zu kommen. Dann hab ich mich ihr zugewendet, bin in die Knie gegangen, hab freundlich und ruhig gesagt "na komm" und sie mit der Hand eingeladen. Hundi guckt mich an, läuft übers Gitter und wir gehn weiter.
    Geht natürlich nicht immer so schnell, aber dann hilft nur Geduld, sich über kleine Erfolge freuen, und nicht aufgeben. Ich denke es muss wohl jeder schauen was seinen Hund generell stresst und was nicht. Meine Hündin stresst es allein gelassen zu werden, grade bei Unsicherheit sucht sie immer meine Nähe. Also ist es logisch dass ich sie wenn sie Angst hat nichtzusätzlich unter Stress setze indem ich sie sich selbst überlasse. Ich zeige ihr wie ich die Situation einschätze, biete ihr eine Lösung an, und das kommuniziere ich auch. Natürlich nicht mit langen Erklärungen sondern so dass sie es versteht - zumindest bemühe ich mich darum.

  • Lieber @Jacke da kannst du dieser Meinung sein, dass es vermenschlicht ist und nicht gut für den Hund ist. Meine Hündin ist da anderer Meinung und da ich das mit dem Ignorieren tatsächlich mal eine Zeit lang ausprobiert habe, kann ich nur sagen, dass es sie viel mehr gestresst hat.
    Und da mir ehrlich gesagt wichtiger ist, wie meine Hündin in der Situation reagiert- nämlich entspannter wenn ich auch mal ruhig mit ihr rede oder sie anschaue- werde ich deinen Rat nicht annehmen :D. Weil ich einfach nicht zurückfallen möchte im Training.
    Lg,
    Desiree

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