Hund hat Probleme mit Fremden

  • Ich zeige ihr wie ich die Situation einschätze, biete ihr eine Lösung an, und das kommuniziere ich auch.

    Genau das schreibe ich doch die ganze Zeit. Ihr geht nicht zu euren Hunden und sagt "oh habt ihr Angst. Müsst ihr aber gar nicht, ist doch nur ein Gitter oder was auch immer, tuzi tuzi" - ihr gebt keine bloße Aufmerksamkeit, ihr bietet einen Lösungsweg an und geht damit nicht auf die Angst eures Hundes ein. Die Angst an sich wird also ignoriert.


    Und genau das denke ich ist im Fall der TS nicht möglich (da stimme ich dir absolut zu lajosz dass dann keine operante Konditionierung möglich ist), da der Hund scheinbar in seiner Angst so gefangen ist. Daher war mein Tipp sein Verhalten dann zu ignorieren, also nicht auf ihn einquasseln, ihn ständig angucken ob auch ja alles ok ist, niederstreicheln usw. Was man natürlich machen kann ist aber Sicherheit geben (Körpersprache), als Bollwerk dienen indem man sich davor setzt oder ähnliches wenn es dem Hund gut tut. Denn auch das ist Kommunikation und ich möchte absolut niemandem raten seinen Hund komplett zu ignorieren. Wenn er freundlichen Kontakt sucht wäre ich die letzte die das ignoriert aber ich würde den Hund bei so einer Situation selbst entscheiden lassen wann er den Kontakt möchte. Und ein Rückzugsort, an dem der Hund nicht betatscht wird und einfach seine Ruhe hat, ist genau diese Option die ich meinem Hund damit geben kann.

  • ja, vom hund angebotenes meideverhalten sollte niemals verhindert oder abgebrochen werden. sonst sucht sich der hund andere strategien auf den ängstigenden menschen zu reagieren, welche weitaus schwerwiegender sind als meideverhalten.


    und natürlich kann ein zu viel reden und betatschen (viele extrem ängstliche hunde schnappen wenn man sie in solchen situationen anfässt) sehr kontraproduktiv sein.


    und wenn operante konditionierung nicht möglich ist haben wir ja zum glück die klassische konditionierung. diese "wirkt" selbst im hohen stresslevel. wenn der hund also panik hat und der clicker positiv aufgebaut wurde sollten wir in diese angst / stress reinclicken.

  • Das in-die-Wade-knipsen hat mir natürlich gleich Sorgen bereitet, sodass wir eine bekannte Hundetrainerin kontaktiert haben. Seitdem arbeiten wir so, dass er bei Besuch an seinem Platz angebunden wird und der Besuch sich schlicht von ihm fernhalten soll. Das haben wir nun seit knapp 6 Monaten so durchgezogen, wobei wir in dieser Zeit nicht sehr oft Besuch hatten, da wir ihn nicht stressen wollen und uns mit Bekannten etc wann immer möglich außerhalb treffen. Nun war heute ein Bekannter da, der schon häufiger da war, Tobi 'kennt' ihn also aus Entfernung. Nun dachten wir, dass ihn nach den 6 Monaten üben mal von der Leine lassen und der Bekannte ihm einfach mal ein paar Leckerlis gibt und sich dann wieder von ihm abwendet und ihn nicht versucht anzufassen etc.


    Das mit den Leckerlis hat soweit auch gut geklappt, er hat sie schwanzwedelnd ohne knurren angenommen. Dachten dann, dass es ok wäre, wenn er sich mit uns im Wohnzimmer aufhalten kann, während Tobi sich im Haus frei bewegen kann. Naja, kaum hat er sich von Tobi abgewendet und wollte an ihm vorbei gehen, kam Tobi von hinten und knipste ihm recht heftig in die Verse.

    Ich kann gut verstehen, dass man als Halter in ein Meideverhalten fällt, wenn man einen beißwilligen Hund hat. Leider löst das eure Probleme wahrscheinlich nicht. M. M. n. hilft einzig und allein das Problem als solches anzunehmen und von nun an daran zu arbeiten. Man sollte also bewusst und verstärkt Besuch empfangen, den Hund mit einem Maulkorb sichern und Menschenbegegnungen im eigenen Haus suchen. Durch den Maulkorb bekommen alle Beteiligten Sicherheit und der Hund - vorausgesetzt der Maulkorb wurde positiv belegt - auch. Der Hund darf mit seinem Verhalten keinen Erfolg mehr haben (in dem z.B. der Gebissene sich zurückzieht), er wird sonst nur bestätigt und die Probleme nehmen zu. Das wichtigste bei Menschenbegegnungen ist es, dem Hund in der Situation deutlich zu machen, dass jedwede gegen Menschen gerichtete Aggression absolut überhaupt nicht geht. Und das muss beim Hund unmissverständlich ankommen. Über das "Wie mache ich das deutlich", sage ich hier nichts, es kommt wie so oft auf die Intensität des Hundes in der Situation, auf den Charakter des Hundes selbst und auch auf euch an (mit welcher Methode könnt ihr am überzeugendsten auftreten?). Seid so emotionslos wie möglich, niemals aggressiv, dem Hund IMMER einen Schritt voraus, macht ihm klar dass Beißen und Schnappen von nun an keine Optionen mehr sind und bietet ihm dann eine Handlungsalternative (in dem ihr ihn z.B. auf den Platz schickt). Das kann natürlich auch euer Besuch tun, wichtig wäre, dass alle Beteiligten sozusagen eine Sprache sprechen und der Hund auf sein Verhalten immer die gleiche Antwort bekommt. Viele Hunde sind erst mal total beeindruckt, wenn ihr "Gegner" sich plötzlich wehrt bzw. sich nicht mehr vertreiben lässt.


    Mit der Um- oder Gegenkonditionierung könnt ihr dann beginnen, wenn der Hund verstanden hat, um was es geht und ein Gefühl für richtig und falsch entwickelt hat. Wenn ihr es richtig macht, hat der Hund nach einigen Malen verstanden, was ihr von ihm wollt und ihr werdet sehen, dass das Empfangen von Besuch wieder richtig Spaß machen kann. Ein Rückzugsort für den Hund, an dem er nicht gestört wird, ist sicherlich immer von Vorteil und hilft ihm. Er muss ja nicht bei den Menschen sein, wenn er das nicht möchte, er darf sich zurückziehen, er darf auch meiden, nur beschädigen darf er nicht. Mit dem Leckerlie füttern würde ich erst mal aufhören. Im ungünstigsten Fall bestätigt ihr ihn für unerwünschtes Verhalten (was im Übrigen beim Fixieren schon der Fall ist).


    Die Vorgeschichte von Tobi, das warum und wieso verhält er sich so etc. ist für die Beurteilung der jeweiligen Situation erst mal völlig unerheblich. Der Hund agiert situativ und rein instinktiv. Er denkt dabei weder an gestern noch an früher. Er hat gelernt, dass er Fremde am besten durch Beißen abwehrt und er hat damit Erfolg gehabt. Folglich wird er dieses Programm in jeder Schlüsselsituation wieder abspielen, wenn ihr nicht gegensteuert.


    Natürlich solltet ihr mit Hilfe eurer Trainerin der Sache auf den Grund gehen und dem Hund helfen, ein entspanntes Leben führen zu können. Aber es ist erst mal wichtig, sozusagen als Sofortmaßnahme, den Hund in diesem Belang zu erziehen. Dann könnt ihr daran arbeiten ihm z.B. seine Angst zu nehmen, ihn besser auszulasten etc. Und ganz sicher werdet ihr auch an euch arbeiten müssen, z.B. bei einem Rangordnungsproblem, bei unklaren Regeln o.ä. Man muss hierbei immer die Hunde-Mensch-Beziehung als Gesamtes beurteilen um gezielte Maßnahmen zu ergreifen, was die Kompetenzen dieses Forums übersteigt.

  • und ich sage aus erfahrung die situationen noch öfter durchleben zu müssen führt zu einer eskalation der situation. egal ob das mit maulkorb ist oder ohne- nein, mit maulkorb ist es noch viel schlimmer. der hund empfindet unsicherheit und angst wegen einem reiz, es ist total natürlich diese situation mittels aggressivem verhalten zu lösen. nun mit dem maulkorb hat der hund diese möglichkeit nicht mehr, das baut ungemein frust auf.


    die angst wird übrigens nicht schwächer wenn sich das gegenüber plötzlich wehrt, sie wird massiv grösser.

  • Genau das schreibe ich doch die ganze Zeit. Ihr geht nicht zu euren Hunden und sagt "oh habt ihr Angst. Müsst ihr aber gar nicht, ist doch nur ein Gitter oder was auch immer, tuzi tuzi" - ihr gebt keine bloße Aufmerksamkeit, ihr bietet einen Lösungsweg an und geht damit nicht auf die Angst eures Hundes ein. Die Angst an sich wird also ignoriert.
    Und genau das denke ich ist im Fall der TS nicht möglich (da stimme ich dir absolut zu lajosz dass dann keine operante Konditionierung möglich ist), da der Hund scheinbar in seiner Angst so gefangen ist. Daher war mein Tipp sein Verhalten dann zu ignorieren, also nicht auf ihn einquasseln, ihn ständig angucken ob auch ja alles ok ist, niederstreicheln usw. Was man natürlich machen kann ist aber Sicherheit geben (Körpersprache), als Bollwerk dienen indem man sich davor setzt oder ähnliches wenn es dem Hund gut tut. Denn auch das ist Kommunikation und ich möchte absolut niemandem raten seinen Hund komplett zu ignorieren. Wenn er freundlichen Kontakt sucht wäre ich die letzte die das ignoriert aber ich würde den Hund bei so einer Situation selbst entscheiden lassen wann er den Kontakt möchte. Und ein Rückzugsort, an dem der Hund nicht betatscht wird und einfach seine Ruhe hat, ist genau diese Option die ich meinem Hund damit geben kann.

    Ja gut, massiv streicheln/zusprechen was auch immer, meinte ich jetzt auch wieder nicht.
    Das nervt einen als Mensch ja auch, wenn man gerade gestresst ist und da kommt einer an und will einen massiv knuddeln oder sonst was. Da würde ich auch aggro werden ;).
    Also hat das in so fern eigentlich nichts mit Vermenschlichung zu tun. Vermenschlichung wäre für mich z.B. dass ich vom Hund erwarten würde, dass er den Inhalt von dem versteht, was ich sage.
    Dann habe ich dich missverstanden.
    Lg,
    Desiree

  • die angst wird übrigens nicht schwächer wenn sich das gegenüber plötzlich wehrt, sie wird massiv grösser.

    Wenn man davon ausgeht, dass der Hund aus Angst so reagiert, kannst du damit vielleicht sogar recht haben. Das wissen wir aber nicht und lässt sich ohne die Situation gesehen zu haben und den Hund zu kennen schlecht beurteilen.


    Es ist für den Umgang mit dem Hund in der Situation bei sozial motiviertem Aggressionsverhalten m.E. auch völlig unerheblich, weshalb er das tut. Er muss lernen, dass er das nicht tun darf. Und er muß Alternativen lernen. Natürlich muss der Besitzer eines ängstlichen Hundes diesen schützen und ihm einen Rückzugsort geben, an dem er sich sicher fühlt. Geht der Hund aber nach vorne und entscheidet von sich aus Kontakt aufzunehmen um dann zu beißen, muss das unmittelbar korrigiert werden.

  • Wenn man davon ausgeht, dass der Hund aus Angst so reagiert, kannst du damit vielleicht sogar recht haben. Das wissen wir aber nicht und lässt sich ohne die Situation gesehen zu haben und den Hund zu kennen schlecht beurteilen.


    Es ist für den Umgang mit dem Hund in der Situation bei sozial motiviertem Aggressionsverhalten m.E. auch völlig unerheblich, weshalb er das tut. Er muss lernen, dass er das nicht tun darf. Und er muß Alternativen lernen. Natürlich muss der Besitzer eines ängstlichen Hundes diesen schützen und ihm einen Rückzugsort geben, an dem er sich sicher fühlt. Geht der Hund aber nach vorne und entscheidet von sich aus Kontakt aufzunehmen um dann zu beißen, muss das unmittelbar korrigiert werden.

    Genau, damit er beim nächsten Mal abwartet bis Frauchen/Herrchen nicht hinschauen und dann von hinten angreifen kann!
    Die Strategie hat nämlich meine Hündin irgendwann entwickelt aus Unsicherheit. Also ist Strafe bei ängstlichen Hunden oder unsicheren Hunden nicht wirklich das wahre.
    Jedenfalls war es das bei meiner nicht :ka:
    Lg,
    Desiree

  • Wenn man davon ausgeht, dass der Hund aus Angst so reagiert, kannst du damit vielleicht sogar recht haben. Das wissen wir aber nicht und lässt sich ohne die Situation gesehen zu haben und den Hund zu kennen schlecht beurteilen.
    Es ist für den Umgang mit dem Hund in der Situation bei sozial motiviertem Aggressionsverhalten m.E. auch völlig unerheblich, weshalb er das tut. Er muss lernen, dass er das nicht tun darf. Und er muß Alternativen lernen. Natürlich muss der Besitzer eines ängstlichen Hundes diesen schützen und ihm einen Rückzugsort geben, an dem er sich sicher fühlt. Geht der Hund aber nach vorne und entscheidet von sich aus Kontakt aufzunehmen um dann zu beißen, muss das unmittelbar korrigiert werden.

    ich bin da konsequenter und verhindere dass es zu solchem verhalten kommt.


    alternativen können nicht erlernt werden bei zu grossem stresslevel. ein mittleres stresslevel fördert das lernen, in der roten zone aber ist lernen unmöglich.

  • Also ist Strafe bei ängstlichen Hunden oder unsicheren Hunden nicht wirklich das wahre.

    Ach so, nein so meine ich das nicht. Vielleicht habe ich es nicht richtig ausgedrückt. Eine Korrektur ist nach meinem Verständnis keine Strafe, sondern ein Kommunikationsmittel um den Hund zu zeigen, dass sein Verhalten nicht erwünscht ist. Es ist hierbei wichtig, einen sofortigen Abbruch des Verhaltens zu erreichen. Ohne Emotion. Ruhig. Und vor allem ohne Aggression. Und natürlich kann man eine Korrektur in anderen reizarmen Situationen aufbauen (nennen wir es mal TABU) und dem Hund diese näherbringen.


    Viel Theorie, aber in der Praxis würde ich es so machen: Ängstlicher Hund (dies ist eine Annahme) wird mit Maulkorb gesichert. Er bekommt einen festen Platz (Decke, Korb, Box) zugewiesen und lernt dort zu bleiben, wenn Besuch da ist. Besucher dürfen sich ihm dort auch nicht nähern, ihn nicht ansprechen oder anschauen (dem Hund wird so Sicherheit vermittelt). Wenn der Hund Anstalten macht Kontakt aufzunehmen, darf er das (natürlich nach vorheriger Freigabe durch den Besitzer). Der Fremde sollte erst mal nicht streicheln und dem Hund wenig Beachtung schenken. Evtl. fällt mal ein Leckerli. Positiv beenden und den Hund wieder auf seinen Platz schicken. Der Halter hat den Hund in dieser Situation der Kontaktaufnahme genau im Auge. Zeigt er Anzeichen von Aggression (das kann eine Bewegung der Ohren sein, ein minimales Zucken der Lippen, ein Knurren, eine Änderung des Blicks usw.) oder geht er bereits nach vorne, weil der Halter zu spät geschaltet hat, wird er umgehend korrigiert und dann direkt auf seinen Platz geschickt (das meine ich mit Alternativverhalten). Bei ängstlichen Hunden ist viel Ruhe nötig - ich kann es nicht oft genug betonen. Durch den Maulkorb kann auch der Besuch total ruhig und entspannt bleiben in der Situation und einfach auf seinem Platz sitzen bleiben und dem Hund so vermitteln, dass ihn sein Angriffsverhalten total unbeeindruckt lässt. Somit lernt der Hund auch, dass er mit seinem Verhalten keinen Erfolg hat. Später kann auch der Besuch den Hund korrigieren, wenn es richtig ausgeführt wird und zum Ziel (Verhaltensabbruch) führt. Das meine ich mit "sich wehren".


    Natürlich muss man bei Territorialverhalten entsprechend anders verfahren. Das TABU, sprich die Korrektur, ist aber immer die gleiche.

  • gerade für hunde mit geringer frustrationstoleranz stelle ich es mir aber sehr sehr unangenehm und frustrierend vor eine solche situation. ich würde sagen dein vorschlag funktioniert bei schwach ängstlichen hunden. hunde welche aber im roten drehen wenn sie einen menschen erblicken werden nie und nimmer wegen einem kommando auf einer decke bleiben.


    gibst du mir ein beispiel wie ein sofortiger abbruch eines verhaltens ohne ganz grobe strafe bei extrem angstaggressiven hunden ausschauen würde?

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